Z. Bär

Ina


Скачать книгу

sich nur vage an das Geschehene erinnern. Ein fahles Gefühl im Magen bestätigte ihre Vermutung, dass sie mehr als eine Nacht geschlafen hatte. Auf der Kommode, hatte Map Kleider zu Recht gelegt. Ein paar schwarze Hosen, und ein beiges Hemd. Ina zog sich an. Ihre Kette lag auf dem Tisch neben den Früchten. Nachdem sie sich die Kette umgelegt hatte, nahm sie sich noch eine Frucht und ging zum Fenster zurück. Der Kampf war beendet. Ihre Augen machten Nilia aus, der dem Sieger anerkennend auf die Schulter klopfte. Es war wahrscheinlich Kilven. Aber sie erkannte nicht gegen wen er gewonnen hatte. Zwei andere Personen stellten sich zum Kampf auf, auch diese beiden erkannte sie nicht. Ihre Augen hatten sich noch nicht an das Licht gewöhnt. Es schien zwei Gruppen zu geben, die gegeneinander antraten. Solche Kämpfe waren eine beliebte Unterhaltung bei Treffen dieser Art. Man kam nicht aus der Übung, man erkannte die Fähigkeiten junger Soldaten und Offiziere, schlechte Redner konnten sich durch ihre Kampfkunst etablieren und zuletzt, bereitete es einfach Vergnügen. Mit der angebissenen Frucht machte sich Ina auf den Weg hinunter. Im Wohnzimmer begegnete ihr Map. „Geht es dir besser?“

       „Ja. – Wie lange habe ich geschlafen?“

       „Seit gestern früh“, dabei nahm ihr Map die Frucht aus der Hand und strich ihr die Haare hinter die Ohren: „Es sind wichtige Leute da.“

       „Seit wann?“ Wollte Ina wissen. Vielleicht blieb es ihr erspart, sich dieser Gesellschaft anzuschliessen. „Seit einer Stunde“, antwortete Map und beerdigte damit Ina's Hoffnung. „Map, - Wie kam ich her?“ Sie konnte sich nur vage erinnern. Hoffte, dass nicht wirklich er sie her gebracht hatte. „Kapitän Kadir brachte dich her. – Weißt du das nicht mehr?“ Map wirkte etwas entsetzt. Ina wusste es schon irgendwie. Sie beantwortete Map’s Frage mit einem Lächeln und ging weiter, die Tür hinaus, beging die drei Stufen auf den Rasen und Schritt in gemütlichem Tempo zum Trainingsplatz.

      Nilia und Kilven erkannte sie sofort. Der Seraner in der Robe eines Botschafters war Sebiha, neben ihm sass Kadir. Saira und Davut bekämpften einander gerade, Ilean unterhielt sich mit einem Kapitän und den Rest der Anwesenden kannte Ina nicht. Als sie ihren Blick wieder zu Kilven richtete, ging er ihr bereits entgegen. Voreinander blieben sie stehen. „Besser?“ fragte Kilven kurz. „Ja“, antwortete Ina ebenso kurz. „Schlecht geschlafen?“ Dabei legte er seine Hände auf ihre Schultern. Ina runzelte ihre Stirn: „Nein.“ Kilven neigte seinen Kopf und hielt ihren Augenkontakt: „Schlecht geträumt?“

       „Nein. – Ich habe nicht geträumt. – Oder?“ Nun drehte er seinen Kopf ein wenig zur Seite: „Du hast geschrieen.“ Ina sah ihn fragend an. Sie konnte sich nicht an ihren Traum erinnern. „Keine Angst. Nilia hat nichts davon mitbekommen. Du hast nur mich geweckt. – Und Map – Sie schlief auf einem Stuhl neben deinem Bett. – Wie eine besorgte Mutter.“ Ina wandte ihren Blick zum Boden. Kilven gab ihr einen Kuss auf die Stirn: „Wir können später reden.“ Nebeneinander gingen sie zum Trainingsplatz. Ina wurde von allen Anwesenden interessiert beäugt. Nilia’s Blick streifte sie nur kurz und wenig interessiert. Botschafter Sebiha erhob sich und ging ihr entgegen. Er begrüsste sie mit demselben Prozedere, das er schon bei der Feier verwendete. Nahm ihre Hand, drehte sie, schob den Ärmel zurück und küsste ihr Handgelenk: „Ich hoffe sie haben sich gut erholt. Ich habe gehört was vorgefallen ist.“ Grossartig. Vielleicht wusste jeder der Anwesenden was passiert war. Nur sie selbst nicht richtig. „Danke Botschafter. Es geht mir gut.“ Sebiha liess ihre Hand nicht los. Er legte sie unter seinen Arm und ging mit ihr zu seinem Stuhl neben Kadir und gab ihr durch eine Geste zu verstehen sich dort hinzusetzen. Für sich selbst holte er einen neuen Stuhl den er neben ihr platzierte. Ina hätte einen Platz neben Kilven, Ilean, Davut oder Saira vorgezogen aber sie wurde nicht gefragt und es wäre unhöflich gewesen, sich Sebiha’s Einladung zu widersetzen. Die Stühle waren halbkreisförmig entlang des Kampfplatzes aufgestellt, sodass jeder eine gute Sicht auf die Kämpfenden hatte. „Geht es ihnen gut?“ Kadir’s Frage war kühl, als ob er nur aus Anstand fragen würde und sein Blick auf den Kampf gerichtet. „Ja. Danke Sir“, Ina war verwirrt. Wie sollte sie sich ihm gegenüber verhalten? Sie wusste nicht genau was geschehen war. Er brachte sie her, aber wie? „Danke Sir.“ Kadir richtete seinen Blick zu ihr: „Wofür?“

       „Dass sie mich hergebracht haben.“ Er tat es mit einer Handbewegung ab und konzentrierte sich wieder auf den Kampf. Wieso tat er das? Wollte er nicht mit ihr sprechen? Bei der Feier gab er sich die grösste Mühe und jetzt. – Hatte sie ihn verärgert? „Ich hoffe, sie mussten mich nicht tragen. Sir.“ Das wäre ihr wirklich peinlich gewesen. Kadir drehte seinen Kopf erneut zu ihr und drückte seine Augen etwas zusammen: „Wissen sie das nicht mehr?“ Ina schluckte leer: „Nein Sir. Ich hoffe, es ist nichts vorgefallen, wofür ich mich entschuldigen sollte.“ Und hoffentlich musste er sie nicht tragen! Er schüttelte seinen Kopf: „Nein. Nichts.“ Und wandte sich wieder dem Platz zu, wo Davut und Saira noch ihr Bestes gaben. Irgendetwas musste vorgefallen sein, dass er so abweisend und kühl war. Wenn sie sich nur erinnern könnte. Davut warf Saira zu Boden, da es bereits das dritte Mal war, hatte er damit gewonnen und erntete anerkennenden Applaus von einer Hälfte der Anwesenden. Die andere Hälfte, zu dessen Gruppe Saira gehörte, ärgerte sich über ihr Versagen. Beide verliessen den Platz und ein Offizier betrat ihn. „Botschafter“, rief er: „Sie sind an der Reihe.“

       Sebiha, der in ein Gespräch mit seinem Nachbarn verwickelt war, sah auf: „Miss Ina wird für mich antreten.“ Ina wusste gar nicht wie ihr geschah. „Sie sollten den Kampf für uns entscheiden Miss Ina. Alles andere wäre nicht akzeptabel“, Sebiha belächelte sie charmant. „Aber damit schenken sie uns den Sieg Botschafter“, der Offizier auf dem Platz spottete über Ina, obwohl er sie nicht kannte. „Sie soll eine bessere Kämpferin sein als ich“, gab ihm Sebiha zurück. – Besser als ein Botschafter war wohl jeder in dieser Beziehung. Ina biss sich auf die Lippen. Es war ihr zuwider vor so vielen Zuschauern einen Kampf auszutragen. Aber es war Sebiha’s Wunsch und der Offizier trug mit seinem Spott wesentlich zu ihrer Entscheidung bei. Sie stand auf und ging zu den Kampfgeräten. Kilven ging zu ihr: „Ich werde für dich kämpfen“, seine Hand legte er an ihren Rücken. „Nein“, erwiderte sie. „Ina, du kannst noch nicht kämpfen.“

       „Auf der Rekrutenschule hat man auch nie Rücksicht darauf genommen. Und abgesehen davon, bist du in seiner Gruppe“, sie zog das Band aus ihrem linken Ärmel und band sich ihre Haare zusammen, zog ihre Kette über den Kopf und reichte sie ihm. Kilven hielt sie in den Händen und betrachtete sie: „Geh einfach zu Boden.“ Ina’s Blick traf ihn wie ein Schlag. Er machte sich Sorgen. Aber ein solcher Rat! Sie hatte nicht vor zu verlieren! „Danke für deinen Rat! Und nun geh wieder zu deiner Gruppe!“

       „Ina...“ Sie unterbrach ihn: „Geh!“ Sie wollte nicht hören, was er zu sagen hatte. Sein Rat, einfach zu Boden zu gehen, hatte sie beleidigt. Sie wandte sich wieder den Kampfgeräten zu und entschied sich für ihre Lieblingswaffe. Den Stab. Er war etwas länger als ihr eigener Körper. Sie drehte ihn in ihren Händen um das Gefühl für ihn zu bekommen, um zu sehen ob das Gewicht gleichmässig verteilt war, um die Schwingung wahrzunehmen. Dann begab sie sich in die Mitte des Trainingsplatzes. „Sie haben den ersten Schlag“ der Offizier machte sich über sie lustig. „Das ist nicht nötig Sir.“

       „Ach sie sind angeschlagen. Der Kampf ist ohnehin schon entschieden.“ Ina schlug mit dem Stab auf den Boden, das Zeichen für den Beginn des Kampfes. Aber der Offizier, Kapitän Vigo, blieb gerade vor ihr stehen. Ina schwang den Stab in ihren Händen, doch er reagierte nicht darauf, blieb einfach stehen. Sie ging in die Knie und schlug ihm die Beine weg. Vigo landete auf der Seite. Der erste Sturz von drei benötigten. Sebiha applaudierte, die Gruppe des Offiziers ärgerte sich über seine Dummheit und er selbst hatte noch nicht realisiert was genau geschehen war. „Eins. Sir“, dabei blickte Ina auf ihn hinunter. Es war zu einfach. Vigo stand auf und blitzte sie an. Dann setzte er ein künstliches Lachen auf: „Sie benötigen einen Vorsprung.“ Beide begaben sich in Position. Jetzt nahm er sie ernst, zumindest mehr als vor seinem Sturz. Vigo führte den ersten Schlag. Ihre Stäbe trafen sich, Ina führte eine Drehung aus und rammte ihm das Ende ihres Stabes in den Magen. Die Wucht des Schlages, hätte ihn zum Sturz bringen sollen, doch er konnte sich auf seinen Beinen halten, griff sofort wieder an, zielte auf ihre Schulter, sie duckte sich, führte einen Gegenschlag in seine Seite, führte die Bewegung fort und schlug ihm erneut die Beine weg. Er ging zu Boden. „Zwei Sir.“ Ina erkannte die Wut