Z. Bär

Ina


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den Sand, ärgerte sich. Nilia reichte ihr erneut die Hand. Kaum hatte sie Kampfposition bezogen, betrachtete sie den Sand aus der Nähe. Und zum letzten Mal, streckte er ihr seine Hand entgegen, klopfte ihr auf die Schulter: „Sie haben sich tapfer geschlagen.“ Für diese Leistung erhielt er keinen Applaus von seiner Gruppe. Saira verliess den Platz mit gesenktem Haupt. „Danke Sir, dass ich mich blamieren durfte!“

       „Sie haben sich für die Gruppe geopfert.“ Saira stellte sich neben Ina und beobachtete den beginnenden Kampf zwischen Kilven und Galal. „Ich verstehe nicht, wie du die ganze Nacht mit diesem Ekel verbringen konntest.“

       „Das musst du auch nicht“, gab ihr Ina gleichgültig zurück. Für diese Antwort erhielt sie einen verächtlichen Seitenblick. „Du hast eine gute Figur gemacht. – Beim hinfallen.“ Saira schmunzelte: „Gegen Tirken hätte ich eine bessere Figur gemacht.“

       „Vielleicht. – Aber es war nicht deine Entscheidung.“ Der Kampf zwischen Kilven und Galal dauerte nicht lange und Kilven konnte ihn klar für sich entscheiden. Galal hatte einfach die falsche Waffe gewählt. Davut marschierte auf den Platz und bat Kapitän Arton zu sich. „Miss Ina“, Kadir winkte sie zu sich. „Was will er von dir?“ Saira’s Tonfall war verächtlich. Ina lächelte ihr zu und ging zu Kadir. „Sind sie in der Lage zu kämpfen?“ Es war die Frage eines Vorgesetzten zu seinem Soldaten. Ina antwortete ihm mit derselben kühlen Stimme: „Das habe ich bereits bewiesen Sir.“

       „Vigo hat sie nicht ernst genommen und sie konnten die Waffe wählen. Tirken wird sich nicht für den Stab entscheiden. – Ihre Geschwindigkeit und Beweglichkeit garantiert ihnen also nicht den Sieg. Und sie erhielten schon von Vigo einen harten Schlag, dem sie unter anderen Umständen ausgewichen wären. – Also, können sie kämpfen?“ Kadir's autoritärer Ton gefiel Ina ebenso wenig wie er ihr auf der Rekrutenschule gefallen hatte. Aber sie antwortete respektvoll: „Ja Sir. Ich kann kämpfen.“ Er nickte und wandte sich dem Kampf zu. Kadir war so anders als bei der Feier. Was hatte sie getan? Woran konnte sie sich nicht mehr erinnern? „Sir, gilt ihre Sorge mir oder dem Sieg?“ Es war eine direkte Frage und Ina brachte viel Mut auf um sie zu stellen. Aber sie wollte wissen, ob sie der Auslöser für seine schlechte Laune war. Oder lag es vielleicht einfach nur an dem Umstand, dass sie nicht alleine waren? „Dem Sieg“, gab Kadir kurz zurück ohne sie anzusehen. Nun war es klar. Sie hatte etwas getan, das ihn verärgert hatte. Aber was? Bei der Feier hatte er ihr sein Interesse deutlich gemacht. Und nun – nun war er Kapitän Kadir und sie war einfach nur ein Soldat. Es störte sie. Noch vor zwei Tagen wäre es so richtig gewesen. Aber jetzt störte sie etwas daran. „Sir, habe ich etwas getan, das sie verärgert hat?“ Er wandte sein Gesicht zu ihr: „Nein. Nichts.“ Die Offiziere fingen an zu applaudieren. Davut hatte den Kampf verloren. Ilean ging sofort auf den Platz und zeigte auf Vigo. Kapitän Vigo entschied sich für Messer. Dabei kämpfte man mit zwei kurzen Dolchen aus Holz, welche die Verletzungsgefahr reduzieren sollten. Aber von diesen Holzattrappen zog sich Ina bereits viele blaue Flecken zu. Andere Rekruten hatten noch viel ernsthaftere Verletzungen dadurch davon getragen. Die beiden starteten sofort einen erbitterten Kampf. Vigo’s Talent lag zweifellos bei den Dolchen. Aber er wusste nicht, dass es auch Ileans Lieblingswaffe war. Anders als die meisten anderen Kämpfe, ging dieser Kampf auch auf dem Boden weiter. Er war entschieden, wenn einer der Kämpfer den Dolch in Bauch, Brust, Hals oder Rücken hatte. Um die Korrektheit der Treffer sicherzustellen, wurde Sebiha abkommandiert um den Kampf aus der Nähe zu beobachten und solche Treffer anzuzeigen. Vigo war erbarmungslos. Er legte Ilean zu Boden und warf sich auf ihn. Ina wandte ihren Blick ab. „Stoss“, schrie Sebiha: „Vigo ist tot.“ Ina sah wieder zu den beiden. Vigo lag auf Ilean, doch Ilean hatte den ersten Punkt erzielt. Vigo hielt seine Hand in die Seite, es war offenbar ein heftiger Stoss Ilean’s dorthin. Beide streckten sich und gingen dann wieder in Kampfposition, bewegten sich im Kreis, bis Ilean sich duckte und gegen Vigo rannte. Er riss ihn mit voller Wucht zu Boden. Bei diesem Anblick sprangen einige Offiziere von ihren Stühlen und riefen Vigo zu, einen Stoss zu machen. „Stoss. – Vigo ist tot!“ Ertönte Sebiha's Stimme aus der Menge heraus. Die Offiziere verwarfen ihre Hände und gingen zu ihren Stühlen zurück. Vigo blieb noch einige Sekunden im Sand liegen.

       Erneut gingen sie in Kampfposition, und bevor Ilean wirklich bereit war, hatte ihn Vigo auf den Rücken gerissen und rammte ihm das Holzstück in den Magen. Ilean entwich ein Schmerzensschrei. Er rollte sich seitwärts zusammen und umklammerte seinen Bauch. Ina verzog ihr Gesicht und drehte sich ab. Sie biss in ihre Faust. „Es geht ihm gut“, Kadir war ihre Sorge um Ilean nicht entgangen. „Steht er auf?“ Sie konnte nicht hinsehen. „Ja. Es geht ihm gut“, wiederholte sich Kadir kühl. Ina drehte sich um und sah noch, wie Vigo Ilean das Knie in den Bauch schlug und ihm während seines Sturzes die Attrappe in den Rücken rammte. Ina wandte sich sofort wieder ab. Vigo liess keine Gnade walten. Kadir legte seine Hand auf Ina’s. Sie bemerkte erst jetzt, dass sie sich an seinem Arm festgekrallt hatte. „Er steht wieder.“ Sofort liess ihn los: „Entschuldigen sie Sir.“ Er sah sie lange an: „Machen sie sich um all ihre Freunde solche Sorgen oder ist Ilean eine Ausnahme?“ Ina wusste worauf er hinaus wollte: „Um alle Sir“, dabei sah sie in seine dunklen Augen, aber sein Gesicht zeigte keine merkliche Veränderung. „Stoss! – Vigo ist tot.“ Beide wandten sich bei diesen Worten sofort dem Trainingsplatz zu. Ilean hatte gewonnen. Es stand also unentschieden und nun war Ina an der Reihe. Sie ging Ilean entgegen. Sein Gesicht war noch schmerzverzerrt. Beim vorbeigehen wünschte er ihr viel Glück.

      „Kapitän Tirken. Bitte“, bei diesen Worten lächelte Ina ihn freundlich an. Er lächelte zurück und ging zu den Waffen. Dort stand er einige Sekunden, drehte sich zu Ina, betrachtete sie von oben bis unten, ging dann ohne Waffe auf sie zu: „Nahkampf.“ Ina nickte und begab sich wie er in Position. Sie bewegten sich einmal im Kreis ehe Tirken einen Angriff startete. Er hob sein Bein und wollte sie im Magen treffen, allerdings hatte sie seinen Angriff durchschaut ehe sein Bein hoch genug war. Ina machte einen Schritt zur Seite, bewegte ihr Bein unter sein angreifendes Bein, und stemmte es mit aller Kraft hoch, Tirken verlor das Gleichgewicht und landete auf seinem Rücken. Die Offiziere lachten laut über seinen tölpelhaften Angriff, was Ina beinahe dazu verleitete Mitleid mit ihm zu haben. Wieder in Kampfposition wollte Tirken ihr einen Schlag mit seinem linken Bein in die Seite versetzen, diesen blockte Ina ab und konterte mit dem anderen Bein in seine Seite, führte den Angriff weiter und landete einige gute Treffer. Aber Tirken ging nicht zu Boden. Er griff sie wieder an, sie wich aus und schlug mit ihrem Bein in Richtung seines Kopfes und – traf ihn obwohl sie nicht damit rechnete. Tirken taumelte zu Boden und blieb liegen. Ina sah ihn einige Sekunden an. Aber er machte keine Bewegung. Hatte sie ihn verletzt? Sie richtete ihren Blick zu Kilven, der zehn Schritte entfernt stand. Mit einer Handbewegung gab er ihr zu verstehen abzuwarten. Aber Tirken bewegte sich nicht. Es war totenstill. Die Offiziere veränderten ihre Sitzpositionen, sahen besorgt aus. Ina ging langsam auf ihn zu: „Kapitän Tirken?“ Keine Reaktion. Also ging sie näher und war im Begriff sich neben ihm hinzuknien, als er sich am Boden drehte, mit seinen Beinen ihre umklammerte und sie zu Boden riss. Ina landete unsanft auf der Seite. Er legte sich auf sie und drückte ihren Kopf in den Sand: „Nicht so klug wie du glaubst Tuma!“ Er kam mit seinem Kopf näher zu ihrem, sodass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht fühlen konnte: „Du wirst verlieren! Oder du wirst es bereuen!“ Dann stemmte er sich an ihren Schultern hoch und spuckte neben ihr auf den Boden. Es war ein Regulärer Punkt den er erzielte. Die Einwände von Davut hatten keinen Sinn. Es war ein nicht würdiger Punkt. Das ein Kapitän es nötig hatte auf diese Weise zu Punkten, empfand sie als – Es war schäbig. Aber was er noch dazu tat! Die Art und Weise wie er es sagte! Ina stand auf, wischte sich den Sand von den Kleidern und drehte ihm dabei den Rücken zu. Sebiha beobachtete sie genau. Er empfand es ebenso wie sie, als erbärmlich und nicht würdig. „Wollen sie nicht noch einen schäbigen Punkt erzielen, Kapitän Tirken?“ Sie sagte es so laut, dass sie von allen gehört wurde. Diese Aussage löste leises Gemurmel aus. Bei den Offizieren und bei ihrer eigenen Gruppe. „Es ist ein Regulärer Punkt“, entgegnete Tirken unbeirrt. Ina richtete ihr Hemd und drehte sich langsam um. „Es steht ihnen frei, dasselbe zu tun. Wenn sie in der Lage sind“, es lag noch mehr auf seiner Zunge. Doch den Rest schien er im Stillen auskosten zu wollen. Ina kochte vor Wut. – Sie würde es tun. Wieder bezogen sie Position. Ina liess sich ein par Mal von ihm treffen, bis er endlich einen Schlag machte, der es Wert war, sich fallen zu lassen. Sie lag vor ihm auf dem Boden und blickte