Tom Bleiring

Die Chronik des Dunklen Reiches -Band 1-


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zusammen.

      >>Zephalot, die Schlange von Zerta, << erwiderte er.

      Die beiden starrten sich an, und es war Zephalot, der das Wort schließlich ergriff.

      >>Wie seid ihr eurem Kerker entkommen? Unser Herr hatte eure Ketten selbst geschmiedet. <<

      >>Euer Herr, << antwortete der Namenlose, >>nicht meiner! <<

      Zephalot reagierte gelassen und fuhr gleichgültig mit der Hand durch die Luft.

      >>Haarspalterei, << erwiderte er, >>mehr ist das nicht. Er ist und bleibt der Gebieter aller Dämonen, und ihr seid noch immer ein Dämon, wie es scheint. Ihr wirkt verändert, das gebe ich gern zu, aber nach drei, vier Zeitaltern in Einzelhaft kann man euch das nicht verübeln. <<

      >>Spart euch euer Mitleid und sprecht nicht so von oben herab mit mir, <

      Zephalot tat über die Maßen erschrocken und legte die entsprechende Miene auf.

      >>Verzeiht mir, hoher Herr, << ich bin unwürdig, ein Wurm, nicht mehr. <<

      Dann spuckte er erneut aus und wurde schlagartig ernst, sein Gesicht verfinsterte sich und in seinen Augen funkelte es zornig.

      >>Ihr wurdet entmachtet, also blast euch nicht auf. Einst mögt ihr niederen Dämonen Befehle gegeben haben, aber die Zeiten sind vorüber. Man nahm euch eure Macht, als man euch euren Namen nahm, ihr seid jetzt ohne Rang und Titel.

      Mit einem Schnippen meiner Finger könnte ich eure Beine zu Asche werden lassen, wenn ich wollte.

      Und vielleicht will ich ja auch. <<

      Er schnippte, doch nichts geschah.

      Der Namenlose stand weiter regungslos ihm gegenüber und sah ihn an.

      Zephalot schnippte erneut, aber das Ergebnis blieb dasselbe.

      >>Scheinbar, << sagte der Namenlose in ruhigem Tonfall, >>irrt ihr euch. Ich möchte nur wissen, was euch hierher verschlagen hat? Dient ihr einem sterblichen Zauberer? Oder hat euch der Gebieter hierher entsandt? Herrscht noch immer Krieg? <<

      Zephalot schien nun begriffen zu haben, dass er doch kein so leichtes Spiel mit seinem Gegenüber haben würde und tat wieder freundlich.

      >>Ihr ward lange fort, Namenloser. Der große Krieg, der noch zu eurer Zeit entbrannt war, wurde beendet. Der Gebieter hat, ich will es nicht verschweigen, eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Die Götter selbst hatten in den Kampf eingegriffen und ihn besiegt, aber nicht vernichtet.

      Sie nahmen ihm einen Großteil seiner Macht, wie er euch kurz vorher die eure nahm, und verbannten ihn ins Dunkle Land.

      Doch inzwischen hat er sich erholt und neue Pläne geschmiedet, um sich die Welt Untertan zu machen. Gerade jetzt, während wir hier miteinander sprechen, erobern seine Truppen die westliche Küste und bereiten sich darauf vor, gegen die Menschen vorzurücken.

      Er verfügt noch nicht wieder über all die Kräfte von einst, doch sein Verbündeter wird dafür sorgen, dass unser Gebieter bald schon wieder seine alte Macht zurückgewonnen haben wird.

      Immer mehr von uns kommen über das große Meer und fassen wieder Fuß in diesem Land, nachdem die Götter uns damals von hier vertrieben hatten.

      Wir ebnen den Weg, der uns zum Sieg über alle sterblichen Völker führen wird.

      Der Gebieter wird erfreut sein zu hören, dass auch ihr wieder zurück seid, ward ihr doch einst sein treuester Gefolgsmann und mächtigster Diener. <<

      Zephalot deutete eine leichte Verbeugung an, doch der Namenlose ging darauf nicht ein.

      >>Ich habe vieles vergessen von dem, was ich einst tat, << gab er zu, >>doch scheinbar könntet ihr mir dabei helfen, meine Erinnerung aufzufrischen.

      Wer war ich, bevor ich gefangen genommen wurde?

      Warum hat mich der Gebieter so vieles vergessen lassen?

      Und wie konnte unser Herr, wie ihr sagt, seine Kräfte verlieren? <<

      Zephalot kratzte sich nachdenklich am Kinn, ehe er antwortete:

      >>Ihr wisst es wirklich nicht mehr, oder? Warum man euch wegsperrte, euch eure Macht nahm?

      Nun, vieles ist selbst für mich ein Rätsel, denn der Gebieter selbst hat euch abgeurteilt.

      Niemand weilte bei ihm, als er euch in euren Kerker warf, euch dort ankettete.

      Doch er sprach häufig in meiner Gegenwart von euch und eurem Verrat an ihm.

      Ihr, der ihr doch sein edelster Gefolgsmann gewesen ward, habt euch den Menschen zugewandt.

      Ihr habt die Hand gegen die Diener gegen andere Dämonen erhoben, um Sterbliche zu schützen.

      Und ihr sollt euer Wissen sogar mit den Hexenmeistern der Menschen und Zwerge geteilt haben, damit diese im Kampf unseren Truppen nicht mehr unterliegen würden.

      Und das alles nur, weil eine Sterbliche, eine Frau aus dem Menschengeschlecht, eure Sinne vernebelt hat! Der Gebieter konnte ihrer Habhaft werden und lockte euch so in eine Falle, um euch gefangen zu nehmen. <<

      Der Namenlose schwieg und versuchte, Bilder in seiner Erinnerung zu finden, die zu der Geschichte seines dämonischen Gegenübers passten, doch es misslang ihm. Dort war nichts außer Leere.

      >>Der Gebieter hat euch vieles vergessen lassen, << sagte Zephalot, als wüsste er, worüber der Namenlose zu grübeln schien.

      >>Immerhin ward ihr eines seiner Geheimnisträger und wusstet viel über ihn, seine Pläne und Absichten. Viele von uns haben nie verstanden, wie ihr den Reizen einer Sterblichen erliegen konntet, wo doch unser Reich jedwede Freude und Wonne für einen Großen wie euch bereitgehalten hätte.

      Nun, kurz nach eurer Inhaftierung gelang es unseren Feinden, den Krieg für sich zu entscheiden.

      Sie entrissen unserem Gebieter seine Kräfte und schlossen sie in einen kleinen Kristall ein, doch dieser hielt der Macht, die in ihm steckte, nicht stand und zerbarst in mehrere Teile.

      Und diese Splitter suchen wir nun, denn erst wenn der Meister alle Teile wieder zusammenfügt, kann er seine alte Macht zurückerhalten.

      Ich bin mir sicher, dass er euch vergeben würde, wenn ihr ihn darum anflehen würdet.

      Seinen größten General, seinen mächtigsten Lord und Diener wieder bei sich zu wissen wäre ein enormer Gewinn für seine Sache und die damit verbundenen Pläne.

      Erinnert ihr euch nicht mehr an die vielen herrlichen Stunden, die ihr in den Gewölben unter Kaan-Olgot verbracht habt? Dort lag euer Reich, welches euch der Gebieter in seiner unermesslichen Güte

      überlassen hatte. Oh, wie vermisse ich die Schreie jener, die in euren Folterkammern litten.

      Ihr ward nicht nur ein großer General, sondern auch der Herr über die Kerker und der oberste Henker, Vollstrecker jeden Befehls unseres Herren. <<

      Der Namenlose zuckte bei dem Wort Henker zusammen, denn als wäre dies ein Schlüsselwort gewesen, drangen neue, finstere Erinnerungen in seinen Verstand ein.

      Die Schreie hunderter gequälter Seelen drangen in sein Ohr, der Geruch warmen Blutes stieg in seine Nase, ebenso wie der von Pech, Schwefel und verbrennendem Fleisch.

      Angewidert wich er von Zephalot fort und schüttelte energisch den Kopf, um die Bilder aus seine Verstand zu bekommen.

      >>Warum spielt ihr den Entsetzten? , << fragte der Alte amüsiert.

      >>Ich kann mich daran erinnern, dass ihr es genossen habt, die gefangenen Menschen und Elfen zu malträtieren und zu foltern. Und ihr kanntet Praktiken, die selbst mir so manches Mal wonnige Schauer bescherten.