Lisa Hummel

Illuminas' Dämonen


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laut aufgeschrien, als Jacque Morten die Nadel in den Körper gejagt hatte und noch immer waren sie blass und sahen mitgenommen aus. Sie taten Jacque sogar ein bisschen leid, heute war ein langer und ereignisreicher Tag für die beiden gewesen.

      Morten beruhigte sich langsam, atmete tief ein und blies die eingesogene Luft aus. Er ließ sich zurück auf den Boden fallen, zitterte leicht und schien Schmerzen zu haben, doch wenigstens war er am Leben.

      „Dein Körper wird noch eine Weile taub sein, aber das kennst du ja schon...“, sagte Jacque.

      Die Anspannung, die Jacque im Klammergriff gehalten hatte, fiel nur langsam von ihm ab. Er atmete bebend aus und lehnte sich gegen einen Baumstamm. Ihm stand ein Schweißfilm auf der Haut, den er mit seinem Handrücken fortwischte. Zumindest den im Gesicht.

      „Was soll das heißen?“, fragte Walburga. „,Aber das kennst du ja schon'. Wie oft musstest du ihn denn schon auf diese Art wiederbeleben?“

      Jacque und Morten tauschten einen Blick.

      „Hmm, vielleicht drei, vier Mal?“, meinte Morten.

      „Mmh... Könnte hinkommen...“

      „Na toll, ihr seid ja welche... Irgendwann wird es schiefgehen und was macht ihr dann?“, sagte Walburga.

      „Tja, so ist das nun mal als Jäger“, entgegnete Jacque. „Willkommen im Jägerberuf.“ Burkhart sah besorgt zu Walburga. „Gewöhn' dich lieber dran“, fuhr Jacque fort, „Die Wahrscheinlichkeit, im Kampf draufzugehen ist sehr hoch. Ich hätte eigentlich gedacht, du wüsstest davon. Vielleicht solltest du doch noch mal überdenken, ob das Jägerdasein tatsächlich etwas für dich ist.“

      Walburga schwieg.

      „Was ist eigentlich mit Nostra?“, fragte Morten.

      Morten lag da wie eine Puppe aus Stroh, da er sich kaum rühren konnte. Er musste noch ein wenig warten, bis sein Herz die Elixiere über das Blut in seinem Körper so weit verteilt hatte, dass der Heilungsprozess richtig einsetzte.

      Jacque, Walburga und Burkhart wandten ihre Köpfe zu der Stelle, an der Nostra zu Boden gegangen war und an der er noch immer lag. Sie wussten nicht, ob er lediglich ohnmächtig oder gar tot war...

      „Nun ja, ehrlich gesagt, wissen wir das gar nicht so genau...“, sagte Burkhart. „Er fiel kurz vor dir und dann haben wir uns ausschließlich um dich gekümmert.“

      Jacque seufzte und erhob sich. „Ich schaue mal nach ihm...“

      Die anderen folgten ihm mit ihren Blicken, während er zu Nostra ging und sich neben ihm in die Hocke sinken ließ, um nach seinem Puls zu fühlen. Noch ehe Jacque ihn berühren konnte, fuhr Nostra in die Höhe und Jacque stolperte misstrauisch einen Schritt zurück, jederzeit dazu bereit, sich im Notfall zu wehren. Wer wusste schon, ob sich Nostra im Fieberwahn befand und etwas Dummes tun würde?

      Unwillkürlich richtete sich auch Morten auf. Es kostete ihn zwar einiges an Kraft, aber er wollte vor Nostra nicht schwach wirken. Er geriet außer Atem, schaffte es jedoch, sich einigermaßen aufrecht – wenn auch gegen einen Baum gelehnt – hinzusetzen.

      Nostras Augen wanderten über die Lichtung, über den niedergestreckten Dämon, über die anderen und über Morten.

      „Na, alles klar bei dir?“, fragte Jacque.

      Nostra musterte ihn kurz und erhob sich.

      „Natürlich. Wie ich sehe, ist das Biest besiegt.“

      „Ja, dank euch beiden.“

      „Hm.“ Nostra klopfte sich Dreck von der Hose und schlenderte zu Morten, der sich nach vorn lehnte und seine Beine überkreuzte. Nostra blieb knapp hinter Burkhart und Walburga stehen und musterte Morten eingehend. „Sieht so aus, als hättest du einiges eingesteckt.“

      Morten zuckte mit den Schultern. „Ist ja nichts Neues.“

      Nostra starrte Morten lange Zeit einfach nur an.

      „Dein Heiltrank hat nicht ausreichend genügt“, sagte er schließlich. „Deine Wunden heilen nicht, hören nicht auf zu bluten. Das Gift wirkt.“

      Morten tastete seine Seite ab. Seine Hand war nass von seinem Blut, das noch immer aus der Wunde trat.

      „Du kannst natürlich ein Heilelixier nach dem anderen einschmeißen und hoffen, dass dein Körper die Vergiftung irgendwann übersteht, aber dazu würde ich dir nicht unbedingt raten. Ich will derjenige sein, der dich in die Hölle schickt. Normalerweise würde ich mich sofort auf dich stürzen, doch das wäre hinsichtlich deiner Verletzungen viel zu leicht. Geht zum Bergkloster. Du müsstest wissen, wo das ist. Ungefähr zumindest. Weih' lieber die anderen über den Standpunkt ein. Wenn du doch noch ohnmächtig wirst, können sie dich dorthin schleppen. Vielleicht überlebst du ja.“ Nostra drehte sich um und ging ein paar Schritte, ehe er sich noch einmal zu Morten umwandte und sagte: „Wenn wir uns das nächste Mal sehen, wird einer von uns zur Hölle fahren. Dafür werde ich sorgen. Entweder du oder ich.“

      „Mal sehen...“, murmelte Morten

      Nostra ließ seine Hellebarde an der dafür vorgesehenen Halterung auf seinem Rücken einrasten und verschwand in den dunklen Schatten des Waldes. Nach nur wenigen Sekunden war es so als wäre er nie hier gewesen.

      „Weg ist er...“, flüsterte Burkhart.

      „Besser ist es...“, antwortete Jacque. „Wo Nostra auftaucht, gibt es für gewöhnlich nur Ärger. Wie man ja gesehen hat.“

      „Wo Jäger auftauchen, gibt es für gewöhnlich nur Ärger“, entgegnete Morten. „Nostra ist nur ein Jäger wie die anderen auch...“

      „Verteidige den nicht auch noch“, brummelte Jacque.

      Burkhart sah dabei zu, wie das Blut aus Mortens Seite tropfte. „Was ist das für ein Kloster, von dem Nostra sprach?“

      „Hm?“ Morten sah auf und folgte Burkharts Blick, der noch immer auf seine Wunden und seinen zerfetzten Mantel gerichtet war. Er seufzte und kramte Leinen aus seiner Tasche, die neben ihm auf dem Boden lag.

      Nachdem der Kampf gegen den Dämon zu Ende war und sie zu Morten geeilt waren, hatten Jacque und die anderen die wenigen Besitztümer, die sie mit sich herumschleppten, mitgenommen, um erste Hilfe zu leisten und sicher zu gehen, dass in dem Chaos nichts verloren ging.

      Morten zog seinen Mantel aus, klatschte eine dicke Schicht Wundbalsam auf die Verletzung und verrieb sie mit zusammengebissenen Zähnen. Jacque sah ihm dabei mit hochgezogenen Brauen zu. Morten konnte sehen, dass es ihm äußerst schwerfiel, seinen Senf nicht hinzuzugeben. Unwillkürlich musste er grinsen, zuckte jedoch kurz später zusammen, da seine Wunde äußerst schmerzhaft war. Der Balsam verschaffte ihm zwar etwas Linderung, doch würde es einige Zeit dauern, bis die Wunde verheilen würde. Insofern ihn das Gift nicht eher dahinraffte...

      Nachdem Morten die Kräutermixtur gründlich einmassiert hatte, tränkte er die Leinen in Alkohol und klatschte sie sich auf seine verletzte Seite. Er biss die Zähne zusammen, als seine gesamte rechte Körperhälfte brannte. Langsam wurde seine Schulter taub, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und begann umständlich damit, sich zu verbinden.

      Jacque schüttelte den Kopf, ging zu Morten, schob dessen Hände beiseite und übernahm das Bandagieren. Morten seufzte, ließ es aber über sich ergehen. Mittlerweile hatte Jacque viel Übung darin, Morten zu verarzten...

      „Was ist das nun für ein Kloster, von dem Nostra sprach?“, hakte Burkhart nach.

      Seine Stimme klang leicht quengelig, wie die eines Kindes, das sich darüber ärgerte, das man ihm nicht genügend Aufmerksamkeit schenkte.

      Morten wandte den Blick ab und dachte nach. Schließlich antwortete er: „Das Kloster, das Nostra meint, ist einige Tagesmärsche die Berge hoch. Der Weg ist mehr oder minder beschwerlich und hängt vom Wetter ab. Wir sollten ihn lieber nicht wagen.“

      Morten lehnte sich mit dem Rücken gegen den Baum hinter ihm und streckte die Beine aus.