Lisa Hummel

Illuminas' Dämonen


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mal ordentlich notieren. Natürlich kann Walburga nicht zum Unterricht kommen, sie muss ja mit euch mitgehen... Sag mal, wieso finde ich dich auf meiner Liste gar nicht? Normalerweise hätte ja schon viel früher auffallen müssen, dass ihr womöglich sehr wichtige Persönlichkeiten seid. Hat da jemand etwa geschlampt?“

      Steve sah fragend zu Walburga, die nach kurzer Schmoll-Zeit schließlich nachgab und widerwillig antwortete: „Ich habe mich mit dem Nachnamen meiner Mutter angemeldet: ,Graustein'.“

      „Ah ja, ,Graustein', hier haben wir's. Gut...“

      „Ich weiß ja nicht, was daran gut sein soll...“, murmelte Jacque.

      „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr euch schnell an diese neue Situation gewöhnen werdet. Wer weiß, vielleicht profitiert ihr ja alle davon?“

      „Das glaube ich kaum...“, erwiderte Jacque. „Aber schon klar, dass du dich darüber königlich amüsierst, du bist echt einer der miesesten...“

      Steve zog eine Braue nach oben und erwartete geduldig den Rest von Jacques Satz, doch der brummelte den Rest vor sich hin, was vermutlich das Schlaueste war, was Jacque in dieser Situation tun konnte. Stattdessen sagte er: „Warum müssen wir uns eigentlich um die kümmern? Ich bin mir sicher, dass es viel fähigere Jäger gibt, denen du diese Aufgabe anvertrauen kannst.“

      „Hmm, das würde ich jetzt nicht unbedingt sagen. Morten ist immerhin einer der besten Jäger, die wir haben. Außerdem wisst ihr als einzige davon. Euch ist doch sicher bewusst, dass ihr das alles geheim halten müsst?“

      „Wir sind ja keine Deppen...“, murmelte Jacque.

      Morten seufzte frustriert. „Lasst uns das Geld holen und dann...“ Er wechselte einen Blick mit Jacque.

      „... und uns dann besaufen“, vervollständigte er Mortens Satz.

      Steve sah missbilligend drein, sparte sich aber angesichts der schlechten Stimmung, die die anderen vier ausstrahlten, jeden weiteren Kommentar.

      5.

      „Scheiße... Dass uns Steve echt noch so einen verdammten Vertrag unter die Nase gehalten hat, den wir unterschreiben mussten... Als ob wir wirklich einfach die beiden Rotzgören irgendwo in der Stadt hätten abmurksen lassen...“, wetterte Jacque leise vor sich hin.

      Er lief neben Morten, die beiden Geschwister folgten ihnen in einigem Abstand.

      „Hätten wir nicht?“, fragte Morten.

      Jacque zögerte. „Okay, vermutlich nach ein paar Monaten ... oder Wochen ... oder Tagen schon, aber ja nicht gleich sofort...“

      Morten schmunzelte. „Vielleicht hat Steve ja recht und einer von ihnen ist wirklich der Lichtbringer...“

      „Weiß nicht... Du hast mir nur einmal davon erzählt und ich hab das Meiste wieder vergessen. Ich glaub, ich war besoffen. Um was genau geht es da noch gleich? Ich weiß nur noch, dass es etwas Wichtiges war.“ Er spähte über die Schulter. „He, ihr da! Schaut gefälligst, dass ihr nicht verloren geht, sonst schwör' ich, finde ich euch und bring euch um!“

      „Ja, ja, ist ja schon gut“, ertönte es entnervt von hinten.

      „Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Lichtbringer.“

      „Ehrlich gesagt, wissen die Jäger auch nicht so wirklich, was das ist. Aber es gibt in der Bibliothek eine Schrift, ein Buch, in dem die Geschichte der Stadt steht. Es berichtet davon, wann die ersten Dämonen auftauchten und wann die Manrhay in Ungnade fiel...“

      „Was war damals?“

      Morten zögerte, er legte sich die Worte zurecht. „Du weißt, dass negative Gefühle und Gedanken von Menschen Besitz ergreifen können? Vor allem wenn sie schwache Persönlichkeiten haben und sich diesen negativen Empfindungen auch noch hingeben, sind sie irgendwann in der Gefahr, von ihren inneren Dämonen ausgehöhlt zu werden und das sind dann diese vor sich hin vegetierenden Kreaturen, um die wir uns manchmal kümmern. Sie sind nicht wirklich gefährlich, aber auch nicht zu unterschätzen.

      Aber zum eigentlichen Punkt: Vor dreihundert Jahren gab es einen Mann, dessen Charakter so verdorben war, dass ungeheure Dämonen entstanden, die ihn eines Tages von innen heraus zerrissen. Jedes noch so kleine Bruchstück seines boshaften Charakters mutierte zu einem Dämon und einer war mächtiger als der andere. Selbst seine positiven Eigenschaften wurden zu Dämonen, wenn auch nur zu kleinen.

      Als die Dämonen, die Manrhay und seine Bewohner terrorisierten, sich mehr und mehr verbreiteten, die Sonne sich immer mehr zurückzog und Wolken, Nebel und Dunkelheit langsam die Oberhand gewannen und Angst und Hoffnungslosigkeit von mehr und mehr Menschen Besitz ergriffen, begannen manche damit, die dunklen Kreaturen zu bekämpfen und so bildeten sich die ersten Jägergilden, die schließlich in den Dienst der Kirche eintraten und die Akademie gegründet wurde, um weitere Kämpfer auszubilden.

      Leider war das noch nicht genug. Wie du ja weißt, gibt es Dämonen zu genüge und immer weniger Jäger, die sich um die Plage kümmern.

      Im Theorieunterricht erfahren die Schüler zum ersten Mal von dem Buch und von den Hintergründen der Dämonenvorkommen. Darin steht auch, dass ein Lichtbringer das alles, das ganze verdammte Chaos, beenden wird, aber eigentlich glaubt kein Jäger wirklich daran, dass es so etwas wie einen Lichtbringer tatsächlich gibt. Wir leisten einfach nur unseren Schwur, ihn zu finden und zu beschützen, weil es von uns erwartet wird. Für die meisten von uns steckt nicht mehr dahinter als eine alberne Geschichte.“

      „Glaubst du denn daran?“

      Morten schüttelte den Kopf.

      „Wohin gehen wir überhaupt?“, wollte Walburga wissen. „Da wir ja jetzt aneinander gebunden zu sein scheinen, würden wir das gerne mal wissen.“

      „Na ja, wir sollten euch vielleicht zurück zu euren Eltern bringen... und dann mal schauen“, sagte Morten.

      „Das wird schwer, unsere Eltern sind tot“, erwiderte Walburga trocken.

      „Müssen wir uns gegenseitig jetzt so ankeifen?“, fragte Morten entnervt. „Wir hängen da jetzt nun mal gemeinsam drin, gewöhn' dich dran. Wir sind genauso wenig glücklich darüber wie ihr.“

      Walburga schwieg und wandte sich ab.

      „Du bist Morten Nebelwandler, richtig?“, fragte Burkhart.

      Morten betrachtete den schlaksigen jungen Erwachsenen. Er war größer als seine Schwester, aber dünner, ziemlich blass.

      „Ja“, sagte Morten.

      „Wir haben dich gesehen. Im Wirtshaus. Als du hinunter kamst. Und deinen Kampf gegen den Dämon.“

      Morten schwieg.

      „Und?“, fragte Jacque. „Was ist damit?“

      „Du bist der Welt eine Frage“, antwortete Burkhart an Morten gewandt.

      Morten zuckte mit den Lidern. Nur unmerklich. „Ich bin ein Jäger., sagte er leise. „Natürlich bin ich eine Frage für die Welt.“

      Burkhart schüttelte den Kopf. „Nein. Du bist anders als andere Jäger. Noch schwerer einzuschätzen.“

      „Wie kommst du darauf?“, fragte Jacque. „Du solltest doch selbst wissen, was für einen Ruf Jäger haben. Viele Stadtbewohner bezeichnen Jäger als ,verfluchte Bestien' und für viele sind Jäger fast genauso wie Dämonen. Falls sie da überhaupt eine Unterscheidung machen.“

      Burkhart zögerte. „Die Leute im Wirtshaus haben über Morten geredet. Dass er undurchschaubar wäre. Dass die Leute nicht wüssten, was er für eine Person sei ... und andere Dinge.“

      „Lass dein Psychogequatsche.“, erwiderte Jacque. „Über alle Jäger wird so geredet. Da gibt es keinen Unterschied.“

      „Rede nicht so mit meinem Bruder!“

      „Jetzt