Roman Ludwig Lukitsch

Tanz der Aranaea


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Mittag spielten Ullrich Wegener und Markus Helmer Empfangs-Komitee am Flugplatz Zürich-Kloten. Helmer sah mich verlegen an und Ullrich Wegener, das kleine fette Energiebündel sprang forsch auf mich zu und mit seinen Bärentatzen schüttelte er meine beiden Hände. Wegener war nicht unsympathisch, im Gegenteil. Seine joviale und leutselige Art gefiel den meisten Menschen. Mir auch. Wir fuhren von Kloten nach Zürich und Wegener lud zum Essen in das Restaurant "Baur au Lac".

      Beim Martini wollte Wegener noch vor dem Hauptmenü seine Fronten abgesteckt wissen. Ich spürte dies und sagte ihm, dass ich alles über meine bevorstehende Reise wüsste, und darüber hinaus auch von seinen Beweggründen unterrichtet sei. Er wollte gar nicht wissen, woher ich diese Informationen erhalten habe. Vermutlich sah er in Zouzou Zizanie die Informantin und schien dies auch als völlig in Ordnung zu sehen. Wegeners dicker Glatzenschädel glänzte wie ein polierter Nonnenbauch, als ich ihm auch mitteilte, dass ich meinen Beitrag zu diesem Unternehmen leisten werde. Markus Helmers Adamsapfel konnte sich nicht mehr beruhigen. Er strahlte, klopfte mir freudig auf meinen Unterarm und war der Annahme, dass der Agentenring um ihn, eine Neugeburt zu vermelden habe Wir besprachen einige Einzelheiten bis zum geplanten Abflug nach Algier und es wurde doch noch ein gelungener kulinarischer Abend.

      Mir blieb keine andere Wahl als gute Mine zum bösen Spiel zu machen. Lehnte ich ab, so würde mich Wegener fristlos aus seinem Laden entfernen. Nicht jetzt, dachte ich, nicht nachdem ich mir endlich ein neues Appartement mit Seeblick und Gästezimmer in Küsnacht zulegte, ein einmaliges Schnäppchen. Wenn die Maler rechtzeitig fertig würden, könnte ich noch vor meiner Reise einziehen. So meine Gedanken.

      »Da wäre noch eine Sache Herr Wegener, die müsste geklärt dringend werden«, sagte ich forsch.

      »Spuck dich aus, mein Junge!« Wegener lachte.

      »Meine relativ schmale Apanage verträgt eine kleine Anpassung!«

      »OK, Francesco, du kommst morgen früh in mein Büro, und dann sehen wir uns mein Budget an. Da ist bestimmt noch etwas für dich zu machen. Übrigens, Solange ist vor einer Woche nach Marseille geflogen, um noch die nötigen Vorbereitungen zu tätigen. Sie wird morgen wieder hier sein. Du holst sie am Flughafen Kloten ab, Francesco, einverstanden? Im Übrigen, du kannst mich Ullrich nennen!«

      »Natürlich hole ich Zouzou von dort ab, Ullrich.«

      »Wo ist eigentlich Willy, Francesco?«, fragte Helmer.

      »Willy wollte unbedingt bei Janine bleiben, sie kauft ihm immer schöne fette Schweinswürste, und er muss nicht die eklig zubereiteten Zouzou-Bio-Törtchen fressen. Janine einen wunderschönen Garten mit riesigen Bäumen darin, und jede Menge freche Katzen, die Willy vor dem Frühstück jagen kann.«

      »Oh je. Zouzou wird dir das nie verzeihen, Francesco«, sagte Ullrich Wegener.

      »Das glaube ich auch, Ullrich«, erwiderte ich.

      Ich fuhr zum Flughafen Zürich-Kloten um Zouzou abzuholen. Morgens war ich bei Wegener und habe mir meine Gehaltserhöhung abgeholt. Ullrich zeigte sich gar nicht kleinlich. Ich war mehr als zufrieden. Danach begab ich mich nach Küsnacht und die Handwerker meinten, dass ich nächste Woche einziehen könne. Alles lief nach Plan. Zouzou sah ich aus dem Flieger steigen und mit suchendem Blick, ob sie auch jemand abholen würde, zelebrierte sie den Aus- und Abstieg aus dem Flugzeug. Zouzou trug weiße Netzstrümpfe, die ihre endlos scheinenden Beine, geschickt betonten. Dazu dunkelblaue "Hot Pants", wie sie in den europäischen Großstädten getragen wurden, und dazu ein blaues Beret Basque. Eine Algerien-Französin, wie aus dem Bilderbuch. Und dann entdeckte sie mich! »Frantschieee!«

      Sie rief es schon von weitem, und ließ dabei ihr Handgepäck zum Entsetzen der Mitreisenden fallen um auf mich zu stürmen. Ich fing sie auf, und sie sprang hoch wie ein kleines Kind, das ihren Papi begrüßte. Sie schwang ihre Beine um meine Hüften und verschränkte sie in hinter meinem Rücken. Von ihrem ungestümen Schwung, kam ich in eine Drehbewegung und fast hätten wir die stehen gebliebene Menschenmenge niedergewalzt.

      »Zouzou, die Leute«, flüsterte ich ihr atemlos ins Ohr, und konnte es nicht verkneifen, ihr ins Ohrläppchen zu beißen.

      »Ich mache eine Pipi auf die Leute, Frantschi«, sagte sie laut.

      »Du machst was? – Zouzou, also bitte!«

      »Eine Pipi! Ich zeige mit die Finger an die Gehirn und mache eine Pipi-Vögelchen!«

      »Ein Pieps-Vögelchen«, sagte ich erleichtert, »ich dachte schon, du machst ein Pipi auf die Leute, wie Willy an die Radkappen der Autos.«

      »Du hast eine Pipi, Frantschi, eine ganz große Pipi sogar. Lass mich jetzt runter, ich habe Hunger. Wo ist denn Willy, mein süßer Toutou? Du hast ihm hoffentlich nichts Böses getan!«

      »Ich bin Willys Freund, wie könnte ich. Was du von mir denkst. Willy wollte seinen Urlaub am Genfer See verbringen, wegen der vielen Katzen dort, die in Janine' Garten in Nyon herumlaufen. Du hättest seine Augen sehen sollen, die glänzten vor Glück und ich will doch auch, dass Willy glückliche Ferien verbringt. Du musst wissen, dass deine Tante Janine ihm auf keinen Fall fette eklige Schweinswürste servieren wird. Schau mich nicht so an, Zouzou. Willy kann dort russisch lernen, sie ist Russin!«

      »Janine ist aus der Ukraine, Herr Vancelli. Sie ist keine Russin!«

      »Ich schäme mich vor dir, Zouzou, du bist so edel und ich bin ein Schuft! Glaube mir, Willy ist glücklich und Janine auch!«

      »Ich weiß, dass Janine glücklich ist, ich habe mit ihr von Marseille aus telefoniert. Ihr beiden habt euch ja gut amüsiert, wie ich feststellte. Janine ist eine sehr schöne Frau. Schwamm drüber, Frantschi. Was machen wir, hast du eine Programm?«

      »Ja, zuerst gehen wir in das Restaurant Baur au Lac, ich habe nämlich eine Gehaltserhöhung von Wegener bekommen, und dann fahren wir nach Küsnacht in mein neues Appartement. Nächste Woche ziehen wir ein. Du bekommst ein eigenes Zimmer!«

      »Ich bleibe nicht für immer bei dir, Frantschi!«

      »Macht nichts, Zouzou. Du kannst kommen und gehen, wann immer du willst. Du bist an nichts gebunden! Das Zimmer wird eine Anlaufstation für dich sein, wenn du willst!<<

      Von Kloten fuhren wir mit einem Taxi nach Zürich. Zouzou kuschelte sich ganz eng an mich und wir waren ausgelassenen, wie kleine Kinder. Wir erzählten uns nur dummes Zeug und als der Taxifahrer in einen Verkehrsstau geriet, und anfing in seiner Nase zu pollen, gab es für uns keinen Halt mehr. Ich stupste Zouzou und gab ihr mit den Augen einen Hinweis zu Taxidrivers schändlichem Tun.

      »Wusstest du, liebster Frantschi, dass neunzig Prozent aller Männer bei Verkehrsstau oder an die Ampel bei Rot in die Nase drin bohren?«

      »Sind es so viele, Zouzou? Ich mache es in der Badewanne! Und außerdem weiß ich, dass es in der Südsee eine Insel gibt, da fressen die Eingeborenen anschließend dieses Zeug!«

      »Iehhh - Igitt, Frantschi, du bist eine kleine rosiges Trüffelschwein!«

      Der arme Taxifahrer bekam knallrote Ohren und ließ uns bei Baur au Lac, aussteigen. Ich war mir sicher, dass er Zouzous Gelächter sein Leben lang nicht mehr vergessen wird. Nach dem Essen fuhren wir nach Küsnacht, zu meinem neuen Appartement. Zouzou war sichtlich begeistert und durfte sich nach freier Wahl ihr Zimmer aussuchen. Natürlich nahm sie sich das beste Zimmer - das mit Seeblick!

      »Ach, Frantschi, ich möchte für immer bei dir bleiben können!«

      »Kannst du ja!«

      »Kann ich nicht Frantschi und werde ich nicht. Ich dachte, dass hättest du endlich gefressen!«

      »Mir ist es lieber, du kannst nicht wenn du willst, als wenn du willst und du kannst es nicht!«

      »Deine Grammatik springt auch von die Schaufel runter manchmal, mein lieber süßer Frantschi. Nicht nur meine Grammatik!«

      »Hast du eigentlich eine Tante in Grenoble, Zouzou?«

      »Ich habe viele Tanten, mein Herr. In Limoges, Vichy, Paris, St. Etienne