Thomas M Hoffmann

Blutgefährtin 3


Скачать книгу

Monsieur Dupong? Eine Dame, Madame Polignac, möchte sie sprechen. Ja, es scheint dringend zu sein. Äh, sie besteht aber darauf. Jawohl Monsieur.»

      Dann wendet sie sich wieder mir zu. Ein Zittern liegt in ihrer Stimme, das zeigt, dass sie sich der Lebensgefahr bewusst ist, in der sie schwebt, auch wenn sie anscheinend keine Ahnung hat, welcher Art die Gefahr ist.

      «Die nächste Tür rechts, Madame. Monsieur Dupont erwartet sie.»

      Lässig nicke ich ihr zu und wende mich dem Chefzimmer zu. Diese Frau kann mir ja gleichgültig sein, aber wenn der Juniorchef dermaßen unfähige Leute einstellt, wird es diese Firma in Bälde nicht mehr geben. Das Zimmer, das ich betrete, wird von einem riesigen Schreibtisch dominiert, der aus feinstem Holz besteht, ich vermute Mahagoni. Das ganze Büro ist äußerst edel eingerichtet, alles sieht brandneu aus. Hinter dem Schreibtisch sitzt ein recht junger Mann, der mir vage bekannt vorkommt. Irgendwo habe ich den schon einmal gesehen. Er schaut mit gerunzelter Stirn zu mir, sein Gesichtsausdruck deutet darauf hin, dass ich ihn bei irgendetwas Wichtigem gestört habe. Vermutlich beim Tetris Spielen.

      «Was wollen sie?»

      Der Tonfall ist eher unfreundlich und ich bin sowieso schon gereizt. Kein guter Anfang.

      «Ich komme im Auftrag meines Großvaters, James Strong. Wir stehen seit einigen Jahren in einer geschäftlichen Beziehung und sie haben uns vor kurzem einen Brief geschrieben, mit dem sie diese aufkündigen wollen. Ich bin hier, um nach dem Grund zu fragen.»

      Der Mann schaut mich einen Augenblick verblüfft an, dann ändert sich sein Gesichtsausdruck von genervt in höhnisch.

      «Wir können Geschäfte treiben, mit wem wir wollen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Auf Wiedersehen – Madame.»

      Sein Zögern deutet darauf hin, dass er Mademoiselle hat sagen wollen, bevor er sich auf Madame verbessert hat. Offensichtlich kennt er mich auch und zwar aus einer Zeit, als ich noch nicht verheiratet war. Plötzlich fällt es mir wieder ein. Die ziemlich unangenehme Szene von damals erscheint vor meinem geistigen Auge, Mathéo, ein Stand dieser rechtspopulistischen Partei Front Nationale, eine schwarze Frau, der ich geholfen habe.

      Ich trete an den Schreibtisch heran, beuge mich leicht vor und fixiere diesen Kerl mit den Augen.

      «Ich kenne Sie doch. Sind Sie nicht dieser Typ, der sich für die Front Nationale eingesetzt hat? Dieser Freund von dem Kinderschänder Mathéo?»

      Der Mann springt auf und faucht mich ärgerlich an.

      «Bringen sie mich nicht mit diesem Verräter in Verbindung. Monsieur Dubois wurde ordnungsgemäß aus der Partei ausgeschlossen, als seine widernatürlichen Neigungen bekannt geworden waren.»

      Nun, ohne Pierres Bemühungen wären Mathéos widernatürliche Neigungen vermutlich immer noch verborgen. Aber das braucht dieser Kerl nicht zu wissen.

      «Wie auch immer. Warum legen sie ein dermaßen unprofessionelles Verhalten an den Tag?»

      Der Blick von Monsieur Dupont flackert zwischen Widerwillen und Triumph.

      «Das braucht sie nicht zu interessieren.»

      «Es hat doch etwas mit ihrer rechtsradikalen Gesinnung zu tun, nicht wahr?»

      Damit habe ich ins Schwarze getroffen, jetzt überzieht Wut sein Gesicht.

      «Ich warne Sie Madame. Ihre Verleumdungen könnten Sie teuer zu stehen kommen. Mit Leuten ihrer Gesinnung sollten wahre Franzosen keine Geschäfte machen.»

      «Gesinnung, was meinen Sie mit Gesinnung?»

      Meine Stimme hat einen warnenden Unterton angenommen, ich bin kurz davor zu explodieren. Aber diese Made bemerkt das in seiner Wut gar nicht.

      «Ausländer wie Sie richten die Grande Nation zugrunde. Sie lassen diese illegalen Schmarotzer bei sich arbeiten, die guten Franzosen die Arbeitsplätze wegnehmen. Und dann pumpen Sie die auch noch dermaßen voll Geld, dass sie ihrer ganzen Brut zuhause Bescheid sagen, dass es hier jede Menge Gold zu erbeuten gibt. Und so kommen immer mehr von diesen Illegalen und zerstören unser Land.»

      Rote Schlieren durchziehen meinen Blick. Er spielt auf die Saisonarbeiter an, die jeder Weinbauer während der Lese benötigt. Großvater achtet immer darauf, dass alle eine Arbeitserlaubnis haben, und zahlt den nicht sehr hohen, aber offiziell festgelegten Mindestlohn. Bei besonderen Leistungen, wie bei der Ernte des Spätlesefeldes, zahlen wir auch Zuschläge. Doch aus dem Mund dieses Dreckskerls hört sich das an, wie ein Verbrechen.

      In einem Augenblick bin ich um den Schreibtisch herum. Ein Knurren entspringt meiner Brust und eine unbändige Lust am Töten durchströmt mich. Er hat nur noch Zeit für ein kurzes Japsen, dann sind meine Hand an seiner Kehle und mein Mund in der Nähe seines Halses. Mein Mund verändert sich, die Gier nach seinem Blut erfüllt mich. Aber der Ekel, von einem solchen Menschen zu trinken, lässt mich im letzten Augenblick zögern.

      Mit unglaublicher Mühe zwinge ich meine Reißzähne wieder zurück, ganz langsam gewinne ich die Kontrolle über das Monster, das in mir erwacht ist. Er versucht sich zu befreien, der Mann ist breiter und massiger als ich. Aber gegen meine vampirischen Kräfte kommt er nicht an.

      «Wie ich sehe hat die kleine erzieherische Maßnahme meines Mannes bei ihnen nicht gewirkt.»

      In meiner Stimme liegt immer noch ein Knurren, das das Tier in mir zum Ausdruck bringt. Jetzt zappelt der Kerl in Todesangst, ein Tod, den ich ihm nur zu gerne gewähren würde. Einen Augenblick lang habe ich das Gefühl, als würde meine Vampirin die Oberhand gewinnen. Schnell stoße ich ihn von mir. Er fällt in seinen Schreibtischstuhl, durch den Schwung bis zur Wand rollend. Entsetzt greift er sich an den Hals und starrt mich an.

      Ich bin Trish, ich bin noch menschlich.

      Ich.

      Bin.

      Noch.

      Menschlich.

      Ich bin keine Mörderin, die Vampirin beherrscht mich nicht. Sie dient mir, nicht ich ihr. Ich bin noch menschlich, menschlich. Ich bin kein Tier.

      Durch die ständige Wiederholung des Mantras dränge ich die Vampirin immer weiter nach hinten. Kaltes Grauen überdeckt die Wut, die mich erfüllt. Schließlich vermag ich wieder auf diesen Mann zu blicken, ohne mir vorzustellen, wie er als Leiche vor mir liegt.

      «Sie haben Recht, Monsieur. Unsere Firmen haben keinerlei Geschäftsgrundlage mehr. Beten Sie, dass wir uns nicht mehr über den Weg laufen.»

      Diesmal klingt meine Stimme nur noch kälter als Eis. Abrupt wende ich mich ab und verlasse das Zimmer, bevor er sich erholen und nach der Polizei rufen kann. Auch die Blondine beachte ich nicht. Stattdessen stürme ich an die frische Luft und ziehe gierig den Atem ein. Aber die Schatten in meinem Inneren kann das nicht vertreiben.

      3. Valerie

      Ich brauche den gesamten Rückweg zum Chateau, um meine Vampirin endgültig unter Kontrolle zu bringen. Mein Gott, so nahe war ich noch niemals dran gewesen, jemanden kaltblütig und vorsätzlich zu ermorden. Die drei Männer, die ich bei meiner Flucht vor Baxter umgebracht habe, waren die Opfer meiner Panik gewesen, meiner Angst vor dem Verräter. Aber das hier wäre etwas anderes gewesen. Nicht, dass es dieser Kerl nicht verdient hätte, aber bei den Menschen ist es nicht verboten, ein Mistkerl zu sein. Es ist noch nicht einmal verboten, ein Rassist zu sein. Aber es ist verboten, jemanden umzubringen, weil er ein Rassist ist.

      Für einen Moment freue ich mich, eine Vampirin zu sein. Ein Vampir ist keinen Gesetzen unterworfen, außer den Gesetzen des Stärkeren und dem Gesetz der Auserwählten. Aber dann schaudert mich. Gregori war ein Stärkerer, Baxter war ein Stärkerer. Sie haben sich genommen, was sie wollten. Will ich tatsächlich so werden, wie sie waren? Was ist bloß los mit mir? Die Trish, die ich vor noch nicht einmal einem Jahr gewesen bin, hätte sich auch über diesen FN Typen geärgert, aber diesen überwältigenden Wunsch zu töten, den hatte ich früher nicht.

      Als