Peter Gnas

Schlussstein


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einfach mordsmäßig darüber geärgert, dass wir nicht weiterkommen. Und da hatte ich erst nur so eine Schnapsidee – ein Bankraub oder etwas Ähnliches.“

      „Und?“

      „Was holt man aus einer Bank raus? Fünftausend, fünfzigtausend, fünfhunderttausend? Hilft uns das?“

      „Das hatte ich auch gedacht“, meinte Kovacic.

      Der Cappuccino wurde gebracht – wieder warteten sie ab, bis die Kellnerin ging.

      „Deswegen hatte ich an einen Geldtransporter gedacht – da können schon mal zwei oder drei Millionen drin sein“, fuhr Kovacic fort.

      „Und? Bringt uns das weiter?“

      „Nicht? Zwei Millionen Eigenkapital – da redet eine Bank schon ganz anders mit uns.“

      „Schon möglich. Das sollte allerdings jeder von uns einzahlen“, antwortete Lenz.

      „Hast du darüber schon mit deinem Kompagnon geredet?“

      „Mit Vogel? Nee, der macht sich doch sofort in die Hose“, erwiderte Lenz. „Mit dem rede ich, wenn wir uns einig sind.“

      Kovacic beugte sich vor und fragte leise, ob Lenz das wirklich durchziehen wolle. Lenz zuckte geheimnisvoll mit den Schultern.

      „Würdest du mitmachen?“

      Kovacic pustete die Luft mit einem Stoß aus und sah Lenz an.

      „Du bist ja ein abgebrühter Hund“, meinte er.

      „Bedeutet das jetzt ja oder nein?“

      Kovacic drehte die Tasse zwischen den Fingern. Er dachte nach.

      „Wenn du das durchziehst, bin ich dabei“, sagte er schließlich.

      Lenz beugte sich vor: „Um jeden Preis?“

      „Was heißt das?“

      „Auch wenn bei der Sache jemand zu Schaden kommt?“, wollte Lenz wissen.

      „Verletzte?“

      Lenz machte eine vieldeutige Augenbewegung.

      „Tote?“, fragte Kovacic flüsternd.

      Lenz machte eine vage Bewegung mit Kopf und Schultern.

      „Was hast du vor?“

      Lenz trank seinen Cappuccino in einem Zug leer. Er gab der Kellnerin ein Zeichen und bestellte noch zwei.

      „Wenn wir zu zögerlich sind, kommt nichts dabei heraus. Wenn wir eine ordentliche Summe kassieren wollen, müssen wir hart sein.“ Lenz sah Kovacic fest in die Augen. „Wenn wir von vornherein zeigen, dass wir es ernst meinen, dann ist der Erfolg garantiert.“

      „Wenn ich dich jetzt richtig interpretiere, denkst du an keinen gewöhnlichen Bankraub und auch an keinen Geldtransporter, oder?“

      „Es sei denn, du kennst eine Bank, bei der wir vierzig oder fünfzig Millionen holen können.“

      „Fünfzig Millionen?“ Kovacic sah ihn verblüfft an: „Dann brauchen wir den Auftrag in Hamburg nicht mehr.“

      „Weiß nicht. Je nachdem, ob wir danach eine bürgerliche Existenz weiterführen wollen oder nicht.“

      „Ach so“, Kovacic trommelte mit den Fingern seiner rechten Hand auf den Tisch – er war sehr angespannt. „Und wenn man uns schnappt?“

      „Wir müssen dafür sorgen, dass das nicht passiert.“

      „Du hast einen konkreten Plan, oder?“

      „Ja“, antwortete Lenz knapp.

      „Also, ich höre.“

      „Ich will dich nur ungern gleich damit überfallen. Ich hatte mir überlegt, dass du eventuell erst mal nach Bremen zurückfährst und darüber Klarheit gewinnst, ob du eine Karriere als Schwerverbrecher starten willst. Und ob du bereit wärst, wirklich knallhart vorzugehen.“

      Lenz sah ihn eindringlich an. Er versuchte, in seinen Augen zu lesen. Die Kellnerin brachte die Cappuccinos.

      „Ich bin kein Mensch, der mit anderen eine besonders starke persönliche Bindung eingeht. Ich mag meine Mitmenschen nicht sonderlich. Ich will vorankommen und suche mir Leute, die mir nützen oder solche, die das gleiche Ziel haben. Ich bin unverheiratet, weil mir das Weibergesülze auf die Nerven geht. Irgendwann fangen die Frauen immer an mit Heim und Familie. Kinder sind das, was ich am wenigsten will.“ Lenz machte eine Pause, ohne den Blick von Kovacic zu nehmen. „Ich habe dich in der letzten Zeit beobachtet, dir zugehört und dich ein wenig kennengelernt. Wenn ich mich nicht gänzlich täusche, sind wir uns da ähnlich, oder?“

      Kovacic nickte und sah vor sich auf den Tisch. Lenz hatte Recht. Auch er war so. Seine Eltern waren Familienmenschen. Sie hatten sich immer gewünscht, dass er heiraten möge und ihnen Enkelkinder schenke. Das war nicht Kovacic’ Leben. Sein Vater starb ohne Enkelkind und die Mutter hatte gelernt damit zu leben, wie er war. Sie schätzte sich schon glücklich, im selben Haus wohnen zu dürfen.

      Kovacic war es nicht gewohnt, persönliche Dinge zu besprechen. Er herrschte in der Firma und hatte nicht mal zu seiner Sekretärin ein vertrauensvolles Verhältnis. Die erste Sekretärin hatte er gefickt. Und als sie mehr wollte, schmiss er sie raus. Lenz hatte ihn richtig eingeschätzt – sie waren sich ähnlich.

      „Ich will auf keinen Fall bis zum Ende meiner Tage diesen Elektroscheiß einbauen“, sagte Kovacic schließlich. „Ich wollte vorankommen, um möglichst schnell unabhängig zu sein. Bei einer guten Idee, bin ich dabei – auch wenn sie Härte erfordert. Gefällt es mir nicht, sage ich es dir. Dann steige ich aus und halte die Klappe. Okay?“

      Lenz stimmte zu: „Okay.“

      Er rückte zu Kovacic um den Tisch herum, so dass sie übereck saßen.

      „Das Problem bei Überfällen ist, dass nie genügend Geld geholt werden kann. Dort, wo man viel aus einer Bank geholt hat, waren etliche Leute beteiligt. Je mehr Täter, desto eher plappert einer etwas aus.“

      Kovacic nickte.

      „Wir sind zu zweit oder maximal zu dritt. Da kannst du solche Dinge wie Tunnel graben vergessen. Man kann ja schlecht mit den Baumaschinen anrollen“, fuhr Lenz fort. „Meines Erachtens kommt nur eine Entführung oder eine Erpressung infrage.“

      Kovacic schwieg einen Moment und nahm mit dem Löffel ein wenig Schaum vom Cappuccino: „Dabei gibt es immer das Problem der Geldübergabe.“

      „Richtig, dafür gibt es aber eine Lösung.“

      „Was hast du dir überlegt?“

      „Härte!“, sagte Lenz. „Wir erpressen jemanden, der über ausreichend Geld verfügt“

      „Wen?“

      „Eine Stadt, ein Bundesland oder die Bundesrepublik. Und zwar dort, wo es am meisten wehtut“, Lenz sah Kovacic in die Augen.

      „Du willst mit irgendetwas drohen. Wenn nicht gezahlt wird, knallt es.“

      „Fast. Erst knallt es, dann stellen wir die Forderung. Wenn sie uns hinhalten wollen, knallt es gleich nochmal. Dann wissen sie von vornherein, dass wir ernst machen.“

      Lenz erläuterte seinen Plan. Kovacic war über dessen Entschlossenheit erstaunt. Dass er auf die Banker sauer war, hatte er mitbekommen, dass ihm aber jetzt alles egal zu sein schien, überraschte ihn. Er fragte, an welche Summe Lenz gedacht habe.

      „Fünfzig oder hundert Millionen. Mehr wird man kaum transportieren können.“

      Kovacic rieb sich mit den Handflächen übers Gesicht. „Und die Übergabe?“

      An Details hatte Lenz noch nicht gedacht. Sie würden noch über viel nachdenken müssen. Kovacic bat darum, eine Nacht darüber zu schlafen. Er wollte am nächsten Morgen anrufen.

      Bremen,