I. Tame

Bestiarium


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Warum konnte er nicht einfach die Finger vom Handy lassen? Verdammte Neugier!

      „Hm?“ Langsam nimmt Ben die Brille ab und legt sie übertrieben sorgfältig auf seine Unterlagen.

      „Ent … schuldige“, murmelt David noch ein wenig leiser als vorhin.

      Ben presst die Lippen aufeinander. „Siehst du! Das ist exakt das Verhalten, das ich meine. Du weißt ganz genau, was ich von dir will und du tust es trotzdem nicht. Wie oft hab‘ ich dir schon befohlen, im ganzen Satz zu fragen und zu antworten? Das muss ja unglaublich schwer sein. Oder du bist einfach zu dumm!?“

      Jetzt steht er auf, stemmt die Hände auf die Tischplatte und beugt sich zu David hinüber.

      „Oder willst du mich provozieren? Bist du ein verfluchter Pushy Bottom, hm? Verarsch‘ mich nicht, David!“

      Vor Schreck wird David kalkweiß im Gesicht.

      „Nein, Ben!“, protestiert er schnell. Was denkt er nur von ihm?

      „Oh! War das tatsächlich ein ganzer Satz? Zählt ‚Nein, Ben‘ als ganzer Satz? Was meinst du, David?“

      Von einer Sekunde auf die andere zittert David am ganzen Körper. Wenn Ben sich so vor ihm aufbaut, ihn ankeift und runtermacht, dann verliert sein Sub ganz schnell die Fassung. Er gibt sich wirklich alle Mühe, doch ein Fehler reiht sich an den nächsten. Es ist wirklich zum Haare raufen. Er stammelt, sein Körper sackt in sich zusammen, er lässt Dinge fallen … welche Aufgabe er auch immer erhält, David vermasselt sie.

      Ben riecht förmlich Daves Angst. Er liebt diese verbalen Spiele. Aber er fühlt sich auch verarscht, wenn sich David keine Mühe gibt. Und in letzter Zeit ist die Bezeichnung ‚keine Mühe geben‘ wirklich untertrieben. Ich muss die Zügel anziehen, sonst tanzt mir mein Süßer auf der Nase rum. Und das dulde ich unter keinen Umständen. Wenn er so weiter macht, werde ich noch ganz andere Saiten aufziehen müssen.

      Langsam sinkt Ben zurück in seinen bequemen Stuhl.

      „Ich mach‘ den Rest alleine. Hau ab und denk‘ über dein Verhalten nach.“ Mit der Rechten wedelt er nachlässig Richtung Türe. Seine Aufmerksamkeit richtet sich bereits wieder auf die vor ihm liegende Aufstellung. Er setzt die Brille auf und fixiert mit gerunzelter Stirn die Dokumente.

      „Ich möchte dir aber gerne helfen“, stößt David verzagt hervor.

      „Nein. Geh‘ nach Hause. Du hast doch schon lange Feierabend. Das hier ist wirklich nicht deine Aufgabe.“ Immer noch sieht Ben ihn nicht an.

      „Zu dir oder zu mir?“, fragt David leise, während er seine Jeansjacke überzieht.

      Jetzt hebt Ben den Blick. „Was habe ich gerade gesagt, David?“ Ben erwartet keine Antwort. „Ich habe gesagt, dass du nach Hause gehen sollst. Ich habe nicht gesagt: Geh‘ in meine Wohnung. Mein Loft ist nicht dein Zuhause, klar?“

      David schießen die Tränen in die Augen. Und warum nicht?, fragt er trotzig – natürlich nur in Gedanken. Er traut sich – wie üblich – nicht eine seiner Fragen laut auszusprechen, wie:

      Meldest du dich?

      Wann sehen wir uns?

      Soll ich morgen vorbeikommen?

      Wirst du mich auch vermissen?

      Denkst du an mich?

      Liebst du mich?

      Wie immer läuft letztendlich jeder Gedanke darauf hinaus: Ben, liebst du mich? Nur einmal, ein einziges Mal, möchte David es aus seinem Munde hören. Aber er sagt es einfach nicht. Er wird es wohl niemals sagen. Nicht, solange ich mich so dämlich benehme. Vielleicht sollte ich ihn einfach mal fragen … laut und deutlich … und im ganzen Satz.

      An der Türe bleibt er noch einmal stehen. Nein! Unmöglich! Traurig dreht er sich um.

      „Ich wünsch' dir einen schönen Abend, Ben!“

      „Ich wünsch' dir auch einen schönen Abend, David. Und üb' schön fleißig in ganzen Sätzen zu reden. Das macht dich echt sexy!“

      Für einen kurzen Moment entgleist ihm ein Mundwinkel zu einem leisen Grinsen. Aber nicht so kurz, dass David es nicht mitbekäme. Ein kleiner Trost. Doch in dem Moment, als die Türe fast hinter ihm ins Schloss fällt, hört er das gemurmelte „Ich ruf‘ dich an“. So leise, dass es kaum für Dave gedacht sein konnte. Oder doch? Diese Unsicherheit. So oft erlebt Dave diese Momente, in denen er am liebsten – wie ein Schüler – umkehren und noch mal nachhaken würde. Hast Du mit mir geredet? Bedeutet das, du würdest mich wirklich gerne sehen? Oder stellt dein Gemurmel nur eine höfliche Geste dar?! Ben! Mach‘ mich nicht wahnsinnig!

      Doch so ist David nicht. Er traut sich einfach nicht. Ein solch' selbstbewusstes Verhalten entspricht nicht seinem Naturell. Jede Nachfrage, jeder Schritt zurück in dieses Büro würde ihn nur noch dümmer dastehen lassen; noch lächerlicher machen.

      Bens Verhalten macht ihn verrückt. Doch David ist ebenso bewusst, dass er süchtig nach diesen Situationen ist. Er verzehrt sich danach. Ja! Stell‘ mich bloß! Mach‘ mich runter! Behandle mich wie einen dummen Jungen. Ich tu‘ alles für dich!

      Langsam verlässt David das ‚Kolosseum‘. Seine Gedanken wandern zu Mika. Sie sind Seelenverwandte … völlig klar. Doch im Gegensatz zu Mika wird David schon hart, wenn er nur an das Wort „Erziehung“ denkt.

      Vor einigen Tagen war Ben bereits ziemlich streng mit ihm umgesprungen. Dave kniete vor seinem Dom. Nackt bis auf sein Lederhalsband mit dem Ring, Fußfesseln, Gag-Ball und auf dem Rücken fixierten Händen. Mit den engen Handschellen konnte er kaum das Gleichgewicht halten. Von seinem übel gelaunten Meister hagelte es Tadel und Beschimpfungen. Schließlich packte Ben den ihm hilflos ausgelieferten Sub im Nacken, zwang dessen Kopf auf die Brust und knurrte ihn an.

      „Ich werde nicht zulassen, dass du mich vor aller Welt blamierst, hast du verstanden?“

      „Ja, Herr!“, stieß David gedämpft durch den Knebel hervor.

      „Wie lange spielen wir das Spiel bereits, David, hm? Wie lange?! Ich hatte schon einmal die Nase voll von deinem Verhalten. Du pisst auf mich, gibst einen Dreck auf meine Befehle. Nicht nur, dass es mich langweilt. Langsam nervt es mich. Ich guck‘ es mir nicht mehr lange an! Wenn du nichts lernen WILLST, dann bin ich der falsche Mann für dich! Topping from the bottom kommt bei mir nicht in Frage!“

      Von einer Sekunde auf die andere wurde David starr vor Entsetzen. Das war schon das zweite Mal in letzter Zeit, dass Ben ganz klar seine Ungeduld und sein Unverständnis zum Ausdruck brachte.

      Mit einem deftigen Klaps auf den Hinterkopf ließ sein Meister ihn los.

      Hinter Davids Rücken kramte er in irgendwelchen Sachen herum. Dessen Emotionen wechselten in irrwitziger Geschwindigkeit von Entsetzen zu Entzücken. Er wird mich züchtigen. Oh ja!! Bitte Herr, züchtige mich für mein Unvermögen, dir zu gefallen. Selbst in Gedanken stolperte David über seine Worte.

      Im nächsten Moment beugte sich Ben erneut zu ihm runter.

      „Ich treib‘ dir deine Widerspenstigkeit aus, mein Freund. Nimm gefälligst eine gerade Haltung an. Ab heute wird deine Erziehung erheblich verschärft.“

      Kaum hatte er seine Drohung ausgesprochen, holte Ben aus und traktierte Davids Rücken mit Schlägen. Die ausgewählte Peitsche hinterließ satte rote Striemen. Diese Strafe katapultierte Bens Opfer von Null auf Hundert in einen Zustand der Euphorie, die nur ein echter Sub nachvollziehen kann. Dabei hallten in seinem Kopf ständig die von Ben gegrollten Worte nach. Von ihm unterworfen zu werden ist für David der Himmel auf Erden. Bei dieser rüden Bestrafungsaktion kam David, ohne sich selbst anzufassen. Dass er sein Sperma hinterher auflecken musste, war selbstverständlich. Sobald Ben ihm die Handschellen abnahm, stürzte sich David auf die Flecken am Boden. Dafür bekam er sein erstes Lob an diesem Abend.

      Als David sein Auto erreicht, schließt er es schnell auf und lässt sich mit einem Stoßseufzer in den Fahrersitz fallen. Genüsslich