Jürgen H. Ruhr

Reise - Begleitung


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uns jetzt eigentlich hierhin bemüht? Jonathan hat doch alles im Griff!“

      Bernd! Mein Kollege, Freund, Chef - Bernd Heisters. Nach und nach tauchten in meinem Sichtfeld Polizisten auf, dann erkannte ich Christine und zuletzt Birgit. Prima hatte sie es wirklich geschafft. War ja doch ganz taff, das Mädel.

      „Wir brauchen zwei Krankenwagen und einen Notarzt“, übernahm Bernd das Kommando. Er hatte die Situation binnen Sekunden überblickt. Ich sah, wie Chrissi ihr Handy zückte. Die Polizisten fesselten inzwischen die Gangster. Bernd grinste mich an: „Das habe ich auch nicht anders erwartet, Jonathan. Mit den paar Schießbudenfiguren wirst du doch leicht fertig. Hast du den Dicken angeschossen?“

      Ich erklärte ihm mit kurzen Worten, wie die gesamte Aktion abgelaufen war. Einen Teil davon kannte er von Birgits Bericht her schon. „Gut Jonathan. Prima Arbeit. Ich möchte in den nächsten Tagen einen detaillierten Bericht von dir. Allein schon für die Akten. Außerdem habe ich natürlich den Staatsanwalt Eberson eingeschaltet, sonst wäre es unter Umständen schwieriger geworden, so schnell einige Beamte hier heraus zu bekommen.“

      „Wo sind wir überhaupt?“, fragte ich.

      „Korschenbroich. Die Typen haben offensichtlich hier ihr zentrales Lager. Deinem Bericht nach, war ja Kaufstatt nicht das einzige Kaufhaus, das sie ausgenommen haben. Aber die Details wird die Kriminalpolizei herausbekommen. Eigentlich sollte ja ein Kriminalbeamter hier jetzt zugegen sein, aber ich wollte nicht länger auf ihn warten.“

      Kaum hatte Bernd die Worte ausgesprochen, als an der Türe ein Tumult entstand. Eine herrische Frauenstimme schrie unüberhörbar zunächst einige unflätige Worte und danach in mir bekannter Art: „Nun nehmen sie ihre dreckigen Finger weg. Hier, sie Glotzkopf, was ist das hier in meiner Hand? Richtig, sie Schlaumeier, eine Dienstmarke. Ich bin Kriminalhauptkommissarin Unruh, Elisabeth Unruh. Und jetzt gehen sie mir aus dem Weg. Ich habe schließlich keine Zeit, mich mit den Dorfpolizisten hier herumzuärgern. Verdammt, was war denn hier los?“

      Ich verdrehte die Augen. Meine spezielle Freundin Kriminalhauptkommissarin Elisabeth Unruh. Die hatte mir gerade noch gefehlt! Ich erinnerte mich, wie ich der Dame eine Nacht in Polizeigewahrsam zu verdanken hatte. Das war kurz nach meiner Rückkehr in meine Heimatstadt Mönchengladbach gewesen.

      „Bernd, ich muss los. Sorry.“ Ich wollte mich abwenden und irgendwo im Dunkel der Lagerhalle verschwinden, als ich Bernds Grinsen bemerkte. Das sagte mir alles: es war zu spät.

      „Hier sind noch zwei der Gangster“, kreischte es lautstark neben mir. Frau Unruh fuchtelte auch schon mit einer übergroßen Pistole herum. Dachte die Dame denn nicht für fünf Cent nach? Wären wir ebenfalls Gangster, dann hätten uns doch ihre Kollegen schon längst in Gewahrsam.

      „Weg mit der Waffe, weg mit der Waffe!“, schrie sie nun erneut und mir direkt ins Ohr. Ich ließ den Revolver zu Boden fallen.

      „Frau Unruh, ich bin Bernd Heisters und dies ist Jonathan Lärpers. Herr Lärpers hat die Ganoven überführt“, versuchte Bernd zu erklären, erntete aber lediglich einen skeptischen Blick.

      „Diese Verbrechervisage kenne ich“, krakeelte die Unruh und zeigte mit ihrer Waffe auf mein Gesicht. Allmählich wurde ich sauer. Wieso musste ausgerechnet die am wenigsten geeignete Polizistin hier vor Ort sein?

      „Würden sie bitte die Waffe fortnehmen und nicht andauernd vor meinem Gesicht herumfuchteln? Ich bin Privatdetektiv und Herr Heisters ist mein Chef. Wir gehören nicht zu der Verbrecherbande, sondern haben sie überführt. Sind sie denn über den Fall gar nicht informiert?“

      Kriminalhauptkommissarin Unruh schüttelte den Kopf: „Nein, bin ich nicht. Eigentlich sollte Pöting ja hier sein, aber ich war schneller. Schließlich bin ich besser geeignet - als Kriminalhauptkommissarin!“

      Pöting. Damit meinte sie Kriminalkommissar Albert Pöting. Ein ehemaliger Schulkollege von mir und bestimmt eher geeignet, sich dieses Falles anzunehmen. Im Stillen wünschte ich mir Pöting jetzt hierhin und musste verwundert den Kopf schütteln, als ich meinte seine Stimme zu vernehmen. Ging denn mein Wunschdenken schon so weit, dass mir selbst Stimmen suggeriert wurden?

      „Frau Unruh, was machen sie denn hier?“ Das war eindeutig Albert Pöting. Junior, denn Alberts Vater hieß ebenfalls Albert. Und mit Nachnamen Pöting. Aber halt Senior. Albert Pöting Senior. Jetzt aber stand plötzlich Albert Pöting Junior vor der Kriminalhauptkommissarin Unruh und deutete auf die Waffe. „Stecken sie die Pistole weg, Frau Unruh. Und dann erklären sie mir bitte einmal, was sie hier machen. Sie wissen doch genau, dass dies mein Fall ist. Oberstaatsanwalt Eberson hat sie doch schließlich informiert!“

      Die Unruh steckte missmutig ihre Waffe ein. „Ich bin Kriminalhauptkommissarin. Der Fall hat mich halt interessiert. Da muss man eben ganzen Einsatz zeigen. Sie waren ja nicht auffindbar ...“

      „Frau Unruh, sie sind an mir vorbei aus der Polizeiwache gestürmt. Sie müssen mich doch gesehen haben. Und dann rauschten sie mit dem auf mich wartenden Dienstwagen einfach davon. Was denken sie sich denn überhaupt? Sie handeln gegen die ausdrückliche Anweisung des Oberstaatsanwaltes!“

      Bernd unterhielt enge Beziehungen zu dem Oberstaatsanwalt Eberson, zumal wir von ihm unsere ‚nicht ganz so legalen’ Aufträge bekamen. Nach unserer Beschwerde über die Frau Unruh, hatte er uns zugesagt, diese Dame aus unseren Aufträgen herauszuhalten. Das nützte natürlich dann auch nicht sonderlich viel, wenn Frau Unruh seinen Anweisungen zuwiderhandelte. Ich musste grinsen, denn ihr Verhalten hier und jetzt würde wieder einen saftigen Rüffel des Oberstaatsanwaltes nach sich ziehen.

      „Ich muss mich um die Gefangenen kümmern“, stieß sie dann auch aus und drehte sich um. „Ach ja“, meinte sie noch, „überprüfen sie lieber einmal, ob es sich bei diesen beiden da nicht doch um gesuchte Verbrecher handelt. Das Gesicht des einen kommt mir so bekannt vor ...“ Dann war sie endlich verschwunden.

      Albert Pöting Junior stöhnte auf: „Den Tag, an dem sie meine Kollegin wurde, verfluche ich heute noch. Hallo Jonathan, hallo Herr Heisters. Sie haben gute Arbeit geleistet.“

      Bernd lächelte: „Allein Jonathans Verdienst - na ja und auch der von Frau Zickler.“ - „Zickler? Ist das die mit den bunten Haaren?“, erkundigte Albert sich.

      „Ja, Fräulein Zickler arbeitet neuerdings mit in der Detektei. Als Azubi sozusagen. Jonathan hatte sie bei dem Kaufstatt Auftrag unter seine Fittiche genommen.“

      Albert nickte: „Nettes Mädchen. Jedenfalls wusste sie, was sie wollte und wovon sie redete. Ich habe vorhin kurz mit ihr gesprochen, bevor ich Unruhs Stimme hier drin vernahm. Da musste ich dann natürlich direkt zu ihnen kommen, schließlich konnte ich mir denken, was die Hauptkommissarin wieder für Unsinn anstellen würde. Nun, ich werde Eberson auf jeden Fall detailliert darüber berichten. Und von dir, Jonathan, brauche ich noch eine genaue Schilderung des Vorganges.“

      Bernd nickte und sah zu mir herüber: „Ich kann ihnen den Bericht Jonathans zukommen lassen. In den nächsten Tagen, er muss sowieso einen anfertigen.“ - „Prima, dann wäre ja soweit alles geklärt. Und falls ich noch Fragen haben sollte, kann ich Jonathan und sie ja erreichen.“

      Wir nickten. Ohnehin standen wir in ständigem Kontakt mit der Polizei und dem Oberstaatsanwalt. Ich nickte Albert noch einmal zu, dann begab ich mich vor die Halle zu den anderen.

      Mittlerweile wurden der fette Chef und sein Mitarbeiter Pönkel vom Notarzt versorgt. Zwei Krankenwagen standen bereit und warteten auf ihre Fahrgäste. Mehrere Polizisten schleppten Kisten mit Akten, Computerteilen und anderem Büroinventar zu wartenden Wagen. Albert Pöting schien alles im Griff zu haben; hier wurde jetzt ordentlich aufgeräumt.

      „Ah, da ist ja unser Held.“ Christine blickte mir grinsend entgegen. Sie stand zusammen mit Birgit ein wenig abseits des Geschehens und die beiden unterhielten sich leise. Als ich zu ihnen trat, verstummten sie.

      „Gut gemacht, Birgit“, lobte ich meine Kollegin und erntete ein strahlendes Lächeln. Zum ersten Mal, seitdem wir zusammen arbeiteten. Glaubte ich zumindest.

      „Danke, Jonathan. Aber du hast auch wirklich gute