Tabea Thomson

BEYOND – Eine andere Wirklichkeit


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      Obwohl Delune annahm, der Zweite sprach im Fieberwahn, nickte er und dazu strich er Sorel übern Oberarm.

      Den Zweiten entriss es ein heißeres Stöhnen. Reflexhaft klammerte er sich an Delune's Arm. »Ich muss schnellstens in eine echte Gatten Abteilung.«

      »Ja natürlich, wohin den sonst.« Gleichlaufend drückte Delune erneut auf den Lift Rufknopf. Wie zuvor blieb seine Anforderung unbeantwortet. Er griff Sorel unter die Arme und bugsierte ihn auf die interne Portierplattform. Sie verweigerte ebenfalls den Dienst.

      Delune sind derlei Ausfälle nichts Unbekanntes, mit gelangweilter Mimik kontaktierte er die Techniker.

      »Mister Potts hat wiedermal Unruhe stiftende Geister losgelassen«, spöttelte er mit spitzer Zunge.

      »Wir kümmern uns!«, es klang wie stets genervt.

      Ein ›sofort‹ hätte Delune verwundert.

      Er griff Sorel unter die Arme, im langsamen Schritt schlenderten sie zurück.

      Unten verfrachtete er Sorel an die Stelle, wo er zuvor saß. Im Anschluss hastete er im Sturmschritt zum Captain Bereitschaftsraum, ihm vorauseilte Sorels pon lee Wolke.

      »Sire, die Transporttechnik streikt.«

      Minn's sah ihn finster an. »Wo ist Sorel?«

      »Alte Position.«

      Delune reichte Minn im Vorbeirennen den Einsatzkoffer.

      Bereits von weitem musterte er den Patienten, allein die vor Verlangen glühenden Augen genügten, dass er seine Diagnose nannte: »Du siehst echt wie auf kalten Entzug aus!«

      Delune bekam es prompt in den falschen Hals: »Also hat er doch was ge ...«

      »Quatsch!«, schmiss Minn dazwischen, »Er hat bloß Liebeskummer.«

      »Aha!« Delune's Erinnerungen drifteten jählings zur letzten Freundin. – »Die Liebe ist die unsichtbare Gefahr einer anderen Art …« Es hörte sich so an, als hätte er, vor nicht allzu langer Zeit, solche Begegnung gehabt. »… Zuerst bringen sie dich um den Verstand dann lassen sie dich fallen, dass es dir das Herz in der Brust zerfetzt.« Die zischende Stimme verlieh dem Gesagten eine Prise Bitternis –, sein nächster Atemzug fegte sie hinweg. Mit nachdenklicher Mimik beobachtete er die beiden zu seinen Füßen.

      Minn wandte sich zum Einsatzkoffer. An der Vorderseite klimperte es metallen und an einer dünnen Metallkette, sie war am Henkel befestigt, baumelte ein ovales Schildchen. Als er den Koffer aufklappte, wurde eine Gravur sichtbar:

      Reale Heiler Crew. Lennard MaccMinn.

      Aber das, war Nebensache, sein geübter Blick erfasste bereits den Inhalt, in Gedanken wetterte er: »Die testen mich noch immer.«

      Seine Verärgerung war durchaus gerechtfertigt, denn die Ampullen bestanden vorwiegend aus Placebos, lediglich vier Ampullen hatten eine für Sorel verwertbare Mixtur. Die mit dem kühlenden und beruhigenden Mittel legte Minn in die Amphisprayhülle.

      »Das verschafft dir einen klaren Kopf«, sprach er beim verabreichen.

      Einige Sprühstöße genügten und Sorels Lider klappten herunter.

      Kopfschüttelnd wandte sich Delune zu Minn. »... Liebeskummer«, in seiner Flüsterstimme lag Zweifel, »Können die überhaupt außerhalb ihres Zyklus irgendwelche Empfindungen haben«, es hörte sich mehr nach einem Selbstgespräch, als eine an Minn gerichtete Frage an.

      Anstelle einer Antwort bekam Delune von der Brückencrew schneidende Buhrufe.

      Minn's Stimmbänder wiederum kringelten sich vor Lachen, und als Delune's erzürnter Blick ihn streifte, flüsterte er: »Genau wie ihre Spezies, können wir Shumerer Mischlinge es ausleben, wann immer wir dazu Lust verspüren.«

      An Minn's Satzende entsprangen Sorels Kehle genüssliche Atemgeräusche.

      Er klappte daraufhin den Einsatzkoffer zu, und als er den anhob, sprach er mit gedämpfter Stimme: »Bestens. Er schläft seinen Rausch aus und wir können unserer Arbeit nachgehen.« Zu Delune gewandt fügte er an: »Sie kommen mit mir!«

      Hinter diesem Satz vermutete Delune wieder irgendeine Gemeinheit, argwöhnisch blickend folgte er dem Neuen in den Bereitschaftsraum.

      Zu Delune's Verwunderung erzählte und zeigte ihm der neue Captain so einiges von seinem Heimatplaneten Advenu und von der Stadt Sinu i. Und Minn – ä – Lennard schlug sogar vor, gemeinsam Sinu i zu besichtigen.

      Delune – oh Pardon! – Matise nahm freudig die Einladung an.

      Danach schwebten vor und über ihren Köpfen etliche virtuelle Displays mit Straßenkarten von den Städten Sinu i und Dahl brie. Ein Fingerzeig von Lennard genügte und das Abbild von seinem Geburtshaus in der Stadt Dahl brie schwebte vor den beiden. … Weiter ging es mit der Stadt Sinu i. In den verwinkelten Gassen haben unzählige Kunsthandwerker ihre Ateliers.

      »Feilsche niemals um den Preis«, Lennard legte das Matise ans Herz, »er ist fair kalkuliert. Und portiere niemals eines der erstandenen Stücke. Bitte stets darum, dass man es dir zustellt. Die Zustellgebühr ist bereits im Kaufpreis eingerechnet. Und du wirst sehen, meist liegt deiner Ware eine weitere Arbeitsprobe bei.«

      Matise, der geradezu fasziniert ist von den Shumerer sowie den unbekannten Planeten Advenu, schwor, dass er sich beim Einkaufsbummel daran hält.

      * *

      Während die Captains in ihren Einkaufsvorbereitungen steckten, trug Kerun die schlummernde Schwiegertochter ins Gästezimmer von Sorels Wohnturm.

      »Wo ist dein Sohn?«, rief Keruns Eheweib Eda mit bangem Tonfall. Sie lief aufgebracht auf ihn zu. –

      Oben im Gästezimmer legte Kerun die Schwiegertochter aufs Bett, dann erzählte er von den Vorkommnissen an Bord, und er gestand endlich ein, dass er auf den ahl pii von Sophie süchtig ist.

      Für Eda brach sichtbar eine Welt zusammen.

      Kerun nahm sie in die Arme. »Du bist mein ein und alles«, hauchte er mit schmeichelnder Stimme. »Ich liebe nur dich ...«, der restliche Satz wurde von ihren fordernden Schnurren verschluckt. Er stimmte heißblütig mit ein.

      *

      Nach diesem gefühlvollen Vergnügen flogen Kerun und sein treuer Aiws Torks, in einem Zubringer Shuttle zur Visitor zurück.

      * * *

      KAPITEL 10

       Visitor alpha U P.

       Brücken Bereitschaftsraum.

      Die Captains Minn und Delune verweilen seit nunmehr fünfundvierzig Minuten im Bereitschaftsraum und sie planen die gemeinsame Einkaufstour.

      ~

      Die virtuelle Besichtigungstour unterbrach die hereinstürmende Sicherheitsoffizierin Miss Burana.

      »Sire wir brauchen Sie. Die Interface Verbindung und die Holotransmeter funktionieren nicht. Wir bekommen auch keine Verbindung zu den Technikern. Aber der Hauptgrund ist ...« Burana trat dichter an die Captains heran. »Über Mister Gwens Haut liegt ein hauchzarter Raureif. Er sitzt regungslos da, seine Atmung geht stoßweise. Er murmelt ständig einen Satz, aber außer Cybord Klon verstehen wir nichts.«

      »Rau–reif?!« Lennards Nackenhaare stellten sich aufrecht. Ein Kälteschauer rieselte über ihn hinweg, sein Sicherheitssystem schaltete von dem nervigen Stand-by auf aktiviert. (Den menschlichen Systemfehler hatte er, seitdem ihm ein Cybord das Sys Organ zerstörte.) An die Kälteschauer hatte er sich unbewusst gewöhnt. Aber, dass der sichtbar auf seiner Haut liegt, das ist neu.

      Burana bewegte, in sicherer Entfernung, einen Finger über Lennards Hand. Feine Raureif Kristalle, sie glitzerten wie Diamanten, wirbelten wie ein Schneegestöber auf.

      »Sire, es