Tabea Thomson

BEYOND – Eine andere Wirklichkeit


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tatsächlich weiter zulaufen. … Doch mit einem Mal, er war schon am unteren Steg angekommen, schien vor seinen Füßen ein unsichtbares Seil gespannt zu sein. Mit einem wuchtigen rums schlug er, wie ein morscher Baumstamm im Sturm, der Länge nach hin.

      Delune war zuerst bei Sorel. Er beugte sich zu ihm hinunter. Sorels Haut glühte dunkelgrau–grün.

      »Notfallstation! Wir haben hier einen Zusammenbruch.« Währenddessen er sprach, tätschelte er Sorels Wangen.

      Delune's schweißiger Körpergeruch und das herbsüße mit ranziger Minze und Pomeranze übersättigtes Deo kratzten gewaltig in Sorels Kehle. Linderung brachte der Duft im Ärmelstoff. Dass, was um ihn herum geschah, prallte von ihm ab. Er sah alles wie hinter einem rosaroten, lieblich duftenden Schleier. Selbst die junge dynamische Stimme von Doktor Pieter McSpleen hörte sich wie in Watte gepackt an. ›Captain ein diensthabender Heiler ist bereits auf der Brücke. Nehmen Sie bitte den kurzen Dienstweg ...‹ Der restliche Satz entging Sorel, er driftete beinahe in eine Ohnmacht, Delune's unangenehmes riechendes Deo wirkte wie ekliges Riechsalz.

      Während Doktor McSpleen sprach, drückte Delune am nächsten Terminalplatz den Interface Verbindungsknopf zum Captains Bereitschaftsraum. »Mister Gwen. Drogen. Zusammenbruch!«

      »Bin unterwegs!«, schallte Captain Lennard Minn's besonnene Stimme.

      Sein ankommender Blick schweifte suchend über den Fußboden. Zu seiner Beruhigung befand sich nicht, wie sonst üblich, bereits eine Sartor oder einer der Berufskollegen bei dem Patienten. Innerlich jubelte er und in Gedanken sprach er: »Sophie hatte somit auch in diesem Punkt die Wahrheit gesagt, dass die reale Heilercrew mir wieder echte Patienten an vertraut.«

      Von seinem Gedanken angesteckt brummte Minn geradezu euphorisch: »Sorel soll Drogen genommen haben, das kann nicht sein!« Zu der Behauptung eilte er zum Patienten.

      »Nach Alkohol stinkt er jedenfalls nicht!«, keifte Delune.

      Diese Mutmaßung überhörte Minn. Er begutachtete stattdessen das Gesicht seines Patienten, das war glühend heiß.

      Als Sorel die sanfte Berührung spürte, hauchte er: »Ponhrir.«

      Dieses "Liebste" ließ Minn überlegen lächeln. Delune allerdings erhielt von ihm einen abstrafenden Blick.

      »Sie Blindflug, lassen sie was am Geruchssinn machen.«

      Bevor Delune zum Gegenschlag ansetzen konnte, gab Minn mit Handzeichen zu verstehen, das er mit anpacken soll.

      Gemeinsam schleppten sie den Zweiten an einen der unbesetzten schulterbreiten Terminals.

      Sorel saß auf den Fußboden, der Rücken lehnte an einem Terminal Rahmen. Delune saß daneben auf den Sessel, seine Körperhaltung verweilte in einer Lauerstellung und er wetterte über Minn's spitzen Kommentar.

      »Sind sie dann endlich still!«, fauchte Minn barsch. Obwohl er genau spürte, das Delune hinter seinem Rücken Grimassen macht, nahm er den Blick nicht von Sorel. Der Schwager hatte die Nase im Overall Ärmel versengt und schniefte genüsslich. Sein leicht geöffneter Mund schmeckte dass, was die Nasenflügel zuvor einatmeten.

      Minn schmunzelte und dabei zog er weitere Schlüsse. Die dazugehörigen Bestätigungen fand er in Sorels vor verlangen triefenden Augen.

      Zu sich selber sprach Minn: »Oh ha!, mit der hohen Imitat Dosis wollte jemand auf Nummer sicher gehen.«

      Sorel hob flüchtig den Blick. »Cybord Jagd«, flüsterte er.

      Minn tätschelte seine linke Schulter. »Sobald wir hier fertig sind, gehen wir auf die Jagd!«

      Gleichlaufend griff er gewohnheitsgemäß an den Hosenbund, jedoch, an der Stelle, wo sonst sein Mehas – medizinischer Handscanner – eingeklinkt war, befand sich nichts. Wie sollte es auch. Er trug, wie auf der Brücke üblich, einen anschmiegsamen Overall.

      »Verdammt!« Ebenda materialisierte neben ihm ein Heiler-Einsatzkoffer. Auf dem ersten Blick war der reichhaltig bestückt, nur ein Mehas fehlte. Verärgert klappte er den Einsatzkoffer zu. Normalerweise zitiert er in so einer Situation einen von der Citraa erzeugten Scanstrahl herbei. Aber hier fruchtet der Befehl mit Bestimmtheit nicht.

      Er improvisierte wie sooft in den letzten Monaten. »Delune haben Sie hier einem technischen Handscanner?«

      »Einen Tehas? Ja sicher«, zischte Delune gallig.

      »Ja und?«, knurrte Minn zurück.

      Widerwillig erhob sich Delune vom Sessel – ebenso schlenderte er in den Bereitschaftsraum.

      Die Sekunden rasten, Delune blieb verschollen. Minn platzte der Geduldsfaden. Er rappelte sich auf, und als er sich umdrehte, stand Delune mit dem Gerät neben ihm.

      »Hier!«, quetschte er zwischen die Zähne hindurch.

      Minn riss ihm den Tehas aus den Händen und sogleich stellte er das ultraflache, handflächengroße Gerät auf organische Materie. Als er das bestätigende Signal erhielt, materialisierte auf dem Einsatzkoffer ein echter roter Mehas. Über dem schwebte ein holographischer Schriftzug: ›Entschuldigung!‹

      Mürrisch blickend griff Minn das Ding, sein Fokus lag auf einen der an der Decke parkenden I P S. »N–a!? Im Beobachtungswahn das Wichtigste vergessen«, posaunte er in Gälisch, es ist eine der Heimatwelten sprachen.

      »Bitte in alt Sumer«, forderte Delune.

      Minn verkniff sich einen Kommentar, aber die Rache folgte auf dem Fuß. In geradezu Zeit vergessenden Eifer scannte er den Patienten. Sein Schwager hatte, wie erwartet keine Spur von Drogen oder Alkohol im Blut. Und Mal abgesehen von einigen Bodenstoffen und dem Dopamin Ausstoß, der mehr als erhöht war, ging es Sorel berauschend gut. Mit anderen Worten, er schwebte auf einer dicken pon le Wolke und empfand alles rund um sich rosarot sowie knuffig. Daran würde sich, solange er in seinen Overallärmeln noch Sophies pon le findet, nichts ändern. Damit das so blieb, vergrub er seine Nase tief im Ärmel, und dazu schwenkten seine weiten und tiefgründigen Pupillen abwechselnd zu den zwei Captains.

      Minn wiederum belauschte Sorels Gedanken. ›... trotz Anraten meines Heilers, gabst du mir nur wenige Tage Heimaturlaub. Delune dir verpasse ich einen Denkzettel! ...‹

      Minn lachte in Gedanken. Ihm gefiel die Idee so gut, dass er die Gelegenheit beim Schopfe packte und dem ewigen Querulanten auf der Stelle einen Schlag vorm Bug versetzt.

      »Gwen hat keinerlei Drecks Drogen genommen«, er sagte es so ausdrucksstark, dass augenblicklich alle Anwesenden auf Delune stierten, »Ab sofort ist mein Patient, in den von mir genehmigten zusätzlichen Erholungsurlaub!«

      »Ich sagte doch!, ich bin sauber!«, schnaufte Sorel. Er stand dabei mit Minn's Unterstützung auf. Seine Beine waren zwar wacklig, dennoch boten sie Halt. Es entlockte ihm einen überdrehten Freudenschrei und im nächsten Moment huschte ein selbstsicheres Grinsen über seine Mundwinkel.

      »Also dann, man sieht sich.« Tapsig und schwankend lief er auf den Steg zu, sein Blick raste dabei über die Terminals Reihen. … Bevor er den ersten Fuß auf den Steg setzte, verharrte er. »Captain Delune steht dein Angebot noch?«

      Delune war ihm gefolgt. »Ja klar doch!«, der Stimme hörte man die Erleichterung an, dass er sich zuvor irrte.

      ~

      Währenddessen Delune einen Brückenlift anforderte, lehnte Sorel an der Wand neben der Lifttür. In einem Moment mit klaren Gedanken flüsterte er: »Matise! Hier stimmt was nicht ...«

      Delune trat zu ihm heran: »Schon gut. Entschuldige, dass ich dich zu Unrecht als Junkie abstempelte.«

      Sorels Blick sauste scheu über die Oberbrücke. »Nein, nein!, das ist es nicht«, es katapultierte heraus. »Matise, wenn wir im Lift sind, musst du«, er hob seinen rechten Arm an, »das vor den Sensor halten.«

      Delune sah verwundert auf das Armband. »Hübsch!, wozu ist das?«

      »Da–mit wir ...«, eine unbedachte Armbewegung wirbelte eine