K.P. Hand

Willenbrecher


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sauber und in frische Kleidung gehüllt. Ich hätte dir einen Nachttopf hingestellt und dir die Lampe angelassen. Aber du wolltest ja nicht.«

      Hieß das, dass er sie nicht anfassen wollte?

      Mona ertappte sich dabei, das sie sich selbst verfluchte. Hätte sie einfach getan, was er verlangte, müsste sie jetzt nicht nackt an dieser Kette hängen.

      Er stand auf und ragte wieder über ihr.

      Sie petzte die Augen zusammen, als sie hörte, wie er erneut seine Hose öffnete. Mit dem ersten warmen Strahl seines Urins, hielt sie die Luft an. Es dauerte vermutlich nur wenige Sekunden, aber für Mona waren es Jahre. Jahre der Demütigung, die sie nie wieder loswerden würde.

      Als er fertig war und seine Männlichkeit wieder in der Hose verstaut hatte, ging er noch einmal vor ihr in die Hocke und sagte: »Dein Durst wird von Minute zu Minute schlimmer werden. Es wird höllisch wehtun. Deine Kehle wird kratzen und scheuern, als würdest du Sandkörner schlucken. Noch weigerst du dich, aber glaub mir, eher du verdurstest, wirst du mich darum anflehen.«

      Er erhob sich und ging zur Kettenvorrichtung. Mit einem Ruck wurde Monas Körper in die Höhe gerissen. So weit, das ihre Zehenspitzen nur noch leicht den Boden berührten. Sie glaubte, ihre Arme würden abreißen und die kantigen Handstellen schnitten ihr in ihre Handgelenke.

      Dann wurde das Neonlicht ausgemacht.

      Mona sah, wie die Tür geöffnet wurde.

      Bevor er ging, sagte er noch: »Deine Strafe ist vorbei, wenn du trinkst, was ich dir anbiete.«

      Mit diesen Worten ließ er sie alleine in der Dunkelheit hängen.

      3

      »Man sehe und staune!«, rief sein Bruder die große Freitreppe hinunter, grinsend und mit ausgebreiteten Armen nahm er die Treppenstufen nach unten. Wie immer trug er elegante Kleidung, bestehend aus schwarzer Anzughose, schwarzem Sakko und weißem Hemd.»Wer kommt den da zurück? Geliebter Bruder, ich dachte schon, du wärest verschollen!«

      Alessandro verdrehte innerlich die Augen. »Leider nein. Ich war gezwungen, zu dir zurückzukehren, Bruder.«

      Viel Zeit war vergangen, aber sein großer Bruder hatte sich kein bisschen verändert. Seine südländische Haut war noch makellos glatt, trotz das er bereits fünfundvierzig Jahre auf dem Buckel hatte. Er war noch ebenso groß und muskulös gebaut, sein dunkles Haar war noch voll und wies noch keine einzige graue Strähne auf. Und seine blauen Augen hatten noch immer diese durchdringende Schärfe, die andere Männer sofort einschüchterte.

      Amüsiert schnaubend blieb Enio vor Alessandro stehen. Er schnippte einen Bediensteten herbei und trug ihm auf: »Bring das Gepäck meines Bruders auf sein Zimmer. Und sorg dafür, dass seine Kleidung gewaschen und sein Bett frisch bezogen wird!«

      »Natürlich, Sir«, erwiderte der Bursche und schnappte sich Alessandros schwarze Reisetasche, eher er sich verneigend verabschiedete.

      Alessandro seufzte und sah seinem großen Bruder ins Gesicht: »Ich bin durchaus in der Lage, mich selbst um derlei Dinge zu kümmern, Enio.«

      »Sicher, aber warum solltest du?« Enio lachte und legte ihm einen Arm um die Schulter. »Na komm. Du bist rechtzeitig zum Essen eingetroffen.«

      »Danke, aber eigentlich will ich nur duschen und schlafen.«

      »Und das geht mit vollem Magen besser.«

      Ergebend ließ Alessandro sich zum Speisesaal der prunkvollen Villa führen. Wenn sein großer Bruder etwas sagte, war das nie eine Bitte sondern stets ein Befehl. Ein »Nein« würde er niemals akzeptieren. Und auf einen Topsuchtsanfall hatte Alessandro nach der langen Reise keine Lust.

      Er war um die halbe Welt geflogen. Hatte sich unzählige falsche Pässe besorgen müssen um überhaupt aus diesem Drecksloch ausreisen zu können, in dem er für einige Zeit untergetaucht war. Er hatte sich nicht einmal den Namen merken können, aber er glaubte, dass er auf einer Insel gewesen war. Alessandro würde es allerdings nicht beschwören. Seine Erinnerung an die Zeit dort war ... vernebelt. Zu viel Alkohol. Zu viel harter Sex. Er erinnerte sich an die Holzhütte, an den Strand und die urwaldähnliche Umgebung. Traumhaft, wenn man über die Armut in den Straßen der Dörfern hinwegsah.

      Es hatte alles so schnell gehen müssen, als er auf der Flucht war, er hatte sich voll und ganz auf seinen Komplizen verlassen. Witzigerweise war es nun dieser, der in irgendeinem Land oder auf irgendeiner Insel, in irgendeinem namenlosen Knast verrottete.

      Na ja, Alessandro sollte es egal sein, die Welt war ohne diesen irren Typ besser dran. Er dachte auch gar nicht daran, ihn rauszuholen. Erstens, überstieg das seine Möglichkeiten und zweitens, wäre es unklug, den Kerl aus dem Knast zu holen, den man absichtlich zurückgelassen hatte, um selbst fliehen zu können.

      Jedenfalls war Alessandro froh, wieder unter seinem echten Namen in seinem eigenem Land zu sein. Nicht das Land seiner Herkunft, sondern einfach das Land, das seine Heimat war.

      Seine Familie kam ursprünglich aus dem Süden, was man an den dunklen Haaren und dem guten Aussehen der Brüder erkennen konnte, aber seine Eltern, sowie er und sein Bruder, waren in Deutschland aufgewachsen. Und für Alessandro gab es kein anderes Land, das er seine Heimat nennen konnte. Das hier war sein Zuhause! Denn hier musste man nicht aufpassen, im Schlaf von lästigen Mücken halb aufgefressen zu werden.

      Er liebte seine Heimatstadt, aber die Umstände, die ihn hergebracht hatten, hasste er.

      »Wie war deine ... Reise?«, fragte Enio amüsiert. »Wo bist du überall gewesen?«

      »In der Hölle«, brummte Alessandro trocken. »Und ... in der Hölle, der Hölle.«

      Sein älterer Bruder lachte in sich hinein, während sie noch immer in Richtung Speisesaal gingen.

      »Ich habe jetzt noch an unmöglichen Körperstellen Mückenstiche und ich fürchte, dass ich nie wieder festen Stuhlgang haben werde. – Wenn es nicht brennt, dann juckt es.««

      Enio lachte noch vergnügter und klopfte ihm auf die Schulter. »Also alles wie gehabt, Bruder!«

      »Alles wie gehabt«, schmunzelte Alessandro.

      Sie bogen in den Speisesaal ein. Drei Männer saßen am großen Esszimmertisch. Einer im teuren Anzug, mit goldblondem Haar und eisblauen Augen. Die anderen beiden in lässige Jeans und schwarze Shirts gekleidet. Beide hatten dunkles Haar, aber einer groß und durchtrainiert mit graublauen Augen und Ziegenbärtchen und der andere klein und schmächtig wie ein junger Bursche mit dem unschuldigen Gesicht eines Engels.

      »Seht mal, wer endlich heimgekommen ist«, verkündete Enio.

      Alessandro nickte dem Mann mit dem Ziegenbärtchen zu. »Brian.«

      Dieser war über eine Suppe gebeugt, die er gerade schlürfte, und nickte zurück.

      »Florenz«, begrüßte Alessandro den kleinen Mann, der Brian gegenüber saß.

      Dann ging er zielstrebig auf den Mann mit den goldblonden Haaren zu, der sich von seinem Stuhl erhoben hatte und ihn brüderlich in die Arme schloss.

      »Ich hatte schon befürchtet, dir wäre etwas zugestoßen, alter Freund«, flüsterte ihm Alarich zu.

      »Nein. Alles gut gelaufen«, gab Alessandro leise zurück und löste sich aus der Umarmung.

      »Wo ist dein Partner?«, fragte Brian interessiert.

      Alessandro seufzte: »Weg.«

      »Tod?«, fragte Enio.

      »Leider nein.«

      »Leider?«

      Alessandro zuckte mit den Achseln. »Was soll ich sagen? Ein toter Mann wäre wenigstens nicht nachtragend, oder?«

      »Nun, selbst wenn tote Männer nachtragend währen, würde das die lebenden Männer wenig interessieren«, gab Florenz lächelnd zu bedenken.