Bettina Reiter

Maggie


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dich an, Kleines. Jeder vergleicht dich mit Julia Roberts. Alec tut gut daran, dich zu heiraten, ansonsten wärst du in Null-Komma-Nichts vom Markt.“ Das klang, als wäre sie Ramschware. „Damit will ich nicht sagen, dass du Ramsch bist, aber du weißt schon, wie ich das meine.“

      „Im Augenblick weiß ich gar nichts mehr, Mom“, verschaffte sich Maggie weiter Luft.

      „Bist du sicher, dass du an Alec zweifelst? Mir scheint nämlich, dass du eher an dir selbst zweifelst und nicht mehr weißt, was du willst.“ Vertrauensvoll beugte sich ihre Mutter näher. „Ständig jammerst du, dass du in einer popligen Schreinerei arbeitest und bisher nichts von der Welt gesehen hast.“

      „Das stimmt ja auch.“ Es war schlimm, die eigene Resignation zu hören. Aber verdammt, sie hatte Träume. Am liebsten beschäftigte sie sich mit der Finanzwelt, da sie Zahlen liebte, den Aktienmarkt und alles, was damit verbunden war. Dazu gehörte auch ihre Faszination für die Chefin der Citizen-Bank in Dublin. Diese Frau wurde von allen nur das Phantom genannt.

      „Denkst du wieder an diese Lynch-Päpstin?“, erriet ihre Mom. Sie selbst hatte nie Karrierepläne gehegt und ging völlig in ihrer Selbstständigkeit als Schneiderin auf.

      „Es gibt keine Bilder über diese Frau, nichts Privates, als wäre sie nicht existent“, griff Maggie fasziniert den Faden auf. „Dadurch gilt sie bereits jetzt als Legende. Manche behaupten sogar, Mrs. Lynch wäre eine reine Erfindung und das alles würde zu einer ausgeklügelten Marketing-Strategie gehören. Andere versichern, ihr begegnet zu sein. Respekteinflößend soll sie sein, Angst und Schrecken verbreiten. Obendrein droht sie damit, jeden zu vernichten, der nur den kleinsten Schnipsel über sie veröffentlicht.“

      „Und so eine imponiert dir?“ Ihre Mom schüttelte sich.

      Maggie nickte. „Wie alle Menschen, die etwas aus eigener Kraft schaffen.“

      „Womit wir wieder in unserem kleinen Nest wären, das dir scheinbar zu eng ist. Womöglich hast du meinetwegen diese Flausen im Kopf, weil ich ständig gepredigt habe, dass dir die Welt offensteht. Nun“, sie tätschelte Maggies Hand, „du solltest den Urlaub in St. Agnes nutzen, um herauszufinden, was du willst. Alec oder eine Karriere. Beides wirst du nicht haben können. Zumindest nicht hier in Redruth.“

      „Diese Frage stellt sich nicht für mich, Mom“, erwiderte Maggie voller Überzeugung. „Ich will Alec, zumindest das weiß ich mit grenzenloser Sicherheit.“

      ♥♥♥

      Gegen Nachmittag waren Maggie und ihre Mom aufgebrochen. Mittlerweile hatte sich der Himmel gelichtet und Redruth lag im Sonnenschein. Das hob Maggies Stimmung leider nicht im Geringsten, die in der Stadt geblieben war, um einige Besorgungen zu machen. Ihre Mom war nach Hause gefahren und bereitete das Abendessen vor.

      Unschlüssig verharrte Maggie vor dem Schaufenster eines Dessous-Ladens. Ob sie sich eines dieser verruchten Negligés kaufen sollte? Aber konnte man mit Sex eine Beziehung kitten?

      Erschrocken starrte Maggie auf ihr Spiegelbild. Kitten? Was für blöde Gedanken hegte sie? Alec liebte sie. Auch daran gab es nichts zu rütteln. Für sein seltsames Verhalten musste es plausible Gründe geben. Vielleicht hatte er Streit mit seinem Dad? Hank führte die Farm mit harter Hand, da blieben Reibereien nicht aus und Alec gehörte nicht zu den Menschen, die sich bei anderen ausheulten.

      „Man will immer das, was man nicht bekommen kann“, hörte sie auf einmal eine brummende Stimme. „Jetzt wird die Kleine interessant, nachdem sie dich aus ihrem Leben geworfen hat.“

      Maggie klebte blickmäßig weiterhin am Schaufenster und dem roten, durchsichtigen Negligé, während zwei Männer neben ihr Aufstellung bezogen.

      „Es macht eben Spaß, mit ihr zusammen zu sein.“

      „Das Mädchen will mehr, siehst du das denn nicht? Du wirst sie nur verletzen. Wer weiß, was sie sich dann einfallen lassen wird. Verletzte Frauen können zu Furien werden!“

      „Wenn sie eins dieser sexy Dessous auspackt, wird sie anderes zu tun haben. Die Kleine ist dankbar für jede Aufmerksamkeit und schnurrt wie ein Kätzchen, sobald ich nur die Hand nach ihr ausstrecke.“ Was für ein Kotzbrocken! „Also erspar mir deine Weisheiten, Dex.“

      „Immerhin weiß ich, wovon ich rede.“

      „Ach ja?“

      „Falls du es vergessen haben solltest: Ich bin Psychologe und ein verdammt teurer. Sei froh, dass ich dich gratis berate. Deshalb erlaube mir die Bemerkung, dass ich deine berufliche Auszeit nicht gutheiße. Du befindest dich gerade auf dem Zenit deiner Karriere und wirfst alles hin. Das ist mehr als bescheuert.“

      „Lass das meine Sorge sein.“

      „Deine Sorgen sind meine Sorgen.“

      „Du bist nicht meine Ehefrau.“

      „Aber dein bester Freund.“

      „Nicht mehr lange, wenn du so weitermachst.“

      „Sobald du nicht mehr in fremden Betten liegst, sondern aufrecht hinter deinem Schreibtisch sitzt, hörst du kein Sterbenswort mehr von mir. Nutz die Zeit endlich, um dir neue Perspektiven zu suchen. Bislang hast du nämlich keinen Finger krumm gemacht.“

      „Dafür bewegt sich ein anderes Körperteil umso mehr.“

      „Bist du etwa stolz auf diese nichtssagenden Abenteuer?“ Maggie schielte leicht nach rechts. Ein untersetzter Mann mit rotem Kraushaar spiegelte sich neben ihr. Der andere war nur von der Schulter abwärts zu sehen. Großgewachsen, muskulös und die Stimme hatte einen melodischen Klang. Leider ging dieser winzige Pluspunkt gänzlich in dem Mist unter, den der Casanova von sich gab. „Du brichst ein Frauenherz nach dem anderen. Irgendwann wirst du teures Lehrgeld bezahlen. Besonders bei diesem Mädchen. Lass besser die Finger von ihr, denn nach allem was du über sie erzählt hast, lässt das lediglich einen Schluss zu: Ich sage nur Rose!“

       Ein klangvolles Lachen ertönte. „Fängst du schon wieder mit deiner Lieblingsserie Two And A Half Men an?“, amüsierte sich der andere. „Aber sei beruhigt. Ich bin weder Charly Harper noch hat die Kleine irgendeine Ähnlichkeit mit der verrückten Rose.“

      „Rose ist nicht verrückt“, fiel ihm der Rothaarige prompt ins Wort, „sondern verliebt. Wobei sich das manchmal überschneidet, sofern Liebe zur Manie wird.“

      „Es ist eine Serie, falls du es nicht gemerkt haben solltest.“

      „Na und? In meiner Praxis erlebe ich sowas ständig und könnte haufenweise Drehbücher schreiben. Einer liebt eben immer mehr. Und jetzt komm, wir müssen das Hochzeitsgeschenk besorgen. In diesem Laden werden wir kaum fündig werden.“

      „Du vielleicht nicht …“

      „Wenn du in dein Unglück rennen willst, kauf meinetwegen den Laden leer. Aber ohne mich. Außerdem habe ich gleich einen Termin, weshalb die Zeit drängt. Lass uns schleunigst in das Porzellan-Geschäft gehen und dieses Service besorgen, das sich die beiden wünschen.“

      „Wenn du meinst“, fügte sich der Großgewachsene, bevor sie hinter Maggie vorbeieilten, die sich erst nach einigen Sekunden traute, ihnen nachzuschauen. Der Psychologe watschelte wie eine Ente neben dem arroganten Don Juan, dessen geschmeidiger Gang dem eines Luchses glich. Zumindest seine Kleidung konnte sich sehen lassen. Der ultramarinblaue Anzug wirkte teuer und sein leicht gelocktes aschblondes Haar glänzte, als er vom Schatten der Häuser ins Licht tauchte.

      Auf einmal bemerkte Maggie, wie sich die Schultern des Unbekannten anspannten. Flugs wandte sie sich der Scheibe zu. In der Ahnung, dass er sich umgedreht hatte. Vielleicht hatte er ihren giftigen Blick gespürt.

      Männer konnten wirklich Schweine sein! Dieser Adonis begattete sicherlich alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Das verdeutlichte ihr umso mehr, wie gut sie es mit Alec getroffen hatte, weshalb sie entschlossen in den Laden ging und sich das aufreizende Teil leistete.

      Danach holte sie Kopfschmerztabletten