Bettina Reiter

Maggie


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Sache zwischen euch hat nichts mit mir zu tun, obwohl ich Christin zeitweise gerne wie einen Käfer zerdrückt hätte. Aber ich mag das Mädchen und manchmal macht Liebe eben blind.“

      „Das entschuldigt alles?“

      „Selbstverständlich nicht, doch Christin bereut die Angelegenheit.“

      „Pah, sie wollte bloß reinen Tisch machen, bevor es andere tun.“

      „Wer denn? Polly wollte sich nicht einmischen und Alec hätte dir sowieso nichts gesagt.“

      „Wow, wie einfühlsam du bist, Mom!“

      „Ich sage nur, wie es ist. Ginge es um Lydia, wäre ich auf deiner Seite. Aber Christin hat das Herz auf dem rechten Fleck und niemand, als sie selbst, weiß besser, dass sie weit über das Ziel hinausgeschossen ist.“ Nachdenklich hielt die Mutter ihrem Blick stand. „Und ich für meinen Teil würde mir beide Hände abhacken lassen, ehe ich an Alecs Untreue glaube. Der Junge ist ein ehrlicher Mensch, das müsstest du am besten wissen.“

      Aufseufzend legte Maggie die Bürste weg. „Ich traue ihm sowas ja auch nicht zu.“

      „Dann hör auf dein Herz.“ Ihre Mom erhob sich ächzend, legte die Hände auf Maggies Schultern und hauchte ihr einen Kuss ins Haar. „In St. Agnes habt ihr alle Zeit der Welt, um euch auszusprechen. Im Zorn sollte man ohnehin nicht reagieren. Das führt nur zum Streit.“

      Eine Aussage, die Maggie in den Wind schoss, denn eine halbe Stunde später stand sie Alec in dessen Zimmer gegenüber. Wie könnte sie, erfüllt von den widersprüchlichsten Gefühlen, mit ihm nach St. Agnes fahren und auf heile Welt machen?

      „Wenn es tatsächlich nichts zu bedeuten hatte, weshalb hast du dein Treffen mit Christin nicht erwähnt?“, wiederholte sie ihre Frage.

      Alec stand beim Giebelfenster und erwiderte ihren Blick. Maggie kannte jedes Muttermal an ihm. Die Lachfältchen um seine Augen und jeden Punkt in seiner blauen Iris. Sie wusste, wie zärtlich sein Mund sein konnte. Was er zu offenbaren vermochte. Wie es sich anhörte, wenn er sich über den Dreitagesbart fuhr und wie männlich er roch. Herb und rau, wie Cornwalls Küstenlandschaft. „Warum hätte ich es dir erzählen sollen?“, wand er sich. „Du reagierst allergisch, sobald du bloß ihren Namen hörst. Das wollte ich uns ersparen.“

      „Wow, ein Gentleman, vom Scheitel bis zur Sohle“, spottete Maggie. „Weshalb du dich lieber hinter meinem Rücken mit ihr triffst?“

      „Wie oft denn noch, Mag’. Da läuft nichts, und ob du es glaubst oder nicht, Christin leidet unter der Situation. Genau wie du, sofern du einmal ehrlich in dich gehen würdest. Ihr wart beste Freundinnen. Außerdem ist sie in einen anderen Typen verknallt.“

      „Hat sie dir diesen Bären aufgebunden?“

      „Das ist keine Lüge. Es geht ihr tatsächlich miserabel. Vor allem, da sie dieser Mann ziemlich im Regen stehen lässt. Er scheint ein ziemlicher Playboy zu sein.“

      „Das tut mir schrecklich leid für Christin.“ Maggie versuchte erst gar nicht, ihre Schadenfreude zu verbergen. „Was für ein Segen, dass sie dich hat. Ich wundere mich jedoch darüber, wieso sie sich nicht bei Lydia ausheult. Die ist doch aus demselben Holz geschnitzt und sich ebenfalls für nichts zu schade.“

      Alec wandte sich abrupt zum Fenster um. „Im Grunde geht es weder um Christin noch um sonst wen. Wir beide sind das Problem, oder zumindest einer von uns.“ Er holte tief Luft, als bräuchte er Mut für die nächsten Worte. „Kann es sein, dass du nur nach einem Grund suchst, um die Hochzeit abzublasen?“, ging er zum Gegenangriff über. „Wir konnten uns immer vertrauen. Mittlerweile siehst du hinter allem und jedem eine Bedrohung.“

      „Wundert dich das? Du warst schon mal ehrlicher, Alec.“

      „Danke für die Blumen.“ Er hörte sich verletzt an.

      „Du hast übrigens nichts über deinen Junggesellenabschied erzählt“, ignorierte Maggie seine Reaktion. Zu stark pochte auch diese Angelegenheit in ihrem Hinterkopf.

      „Wie kommst du plötzlich darauf?“ Alec fuhr sich durch das Haar. „Aber um es kurz zu machen: Der Abend war nett.“

      Nett! Wie schön. Dann wusste sie ja alles, was sie wissen musste. „Ich hörte, dass es mehr war als nett“, ließ Maggie nicht locker.

      „Wer sagt das?“

      „Mein Chef.“

      „Ernie? Der war doch gar nicht dabei.“

      „Umso schlimmer, dass die Sache bereits Kreise zieht.“

      „Was glaubst du denn, was passiert ist?“, wurde Alec unerwartet wütend und wirbelte zu ihr herum. „Dass ich dich betrogen habe? Ist dir eigentlich bewusst, wie lächerlich dieses Detektivspiel ist?“

      „Ich habe nur eine simple Frage gestellt. Kein Grund sich so aufzuregen.“

      „Ah ja, und du bist die Ruhe selbst oder weshalb streiten wir uns?“

      „Wer streitet denn?“

      „Du.“

      „Sieh an, jetzt bin ich an allem schuld. Zumal sich die Frage stellt, wieso du so plötzlich nach St. Agnes willst. Möchtest du mich vor der Hochzeit aus der Schusslinie haben? Damit mir niemand weitere Details erzählen kann?“, redete sich Maggie in Rage, obwohl sie ahnte, dass sie zu weit ging. Bedauerlicherweise hatte sie zu viel Fahrt aufgenommen, um sich stoppen oder auf ihren Verstand hören zu können.

      „Warum stellst du auf einmal alles in Frage, was ich aus Liebe mache?“, fuhr Alec sie an. „Muss jeder Mann zwangsläufig belügen oder betrügen, wenn er schlicht und ergreifend Zeit mit seiner Verlobten verbringen will?“

      „Nein.“

      „Eben. Dann hör endlich damit auf, mich mit sinnlosen Fragen zu löchern.“

      „Sinnlose Fragen? In den letzten Wochen warst du angeblich zu beschäftigt, um mich zu sehen. Dann dieser blöde Junggesellenabschied und dein Treffen mit Christin, was sicherlich nicht zum ersten Mal stattgefunden hat. Noch dazu hast du behauptet, dass du gerade die Arbeit am Zaun beendet hast. Eine glatte Lüge, da du fünf Minuten vorher mit Christin in der Gasse verschwunden bist. Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll, Alec.“

      „Weshalb du mir wer-weiß-was unterstellst?“

      „Du redest ja nicht mit mir.“

      „Worüber denn?“, hallte seine Stimme durch das Zimmer. „Mein Gott, Maggie, ich frage mich ernsthaft, was in deinem Kopf vor sich geht, doch falls du annimmst, dass ich dich betrügen würde, bist du auf einem völlig falschen Dampfer. Das würde ich niemals tun, weil du die Frau meines Lebens bist.“

      „Da ist Lydia anderer Meinung.“

      Mit fahrigen Fingern öffnete Alec das Fenster, als bräuchte er frische Luft. „Was hat sie damit zu tun?“

      „Das frage ich dich. Sie meinte, ich soll dich und Christin im Auge behalten.“

      „Und das glaubst du ihr?“ Alec fixierte sie mit wundem Blick.

      „Immerhin habe ich dich mit Christin gesehen.“

      „Na und? Wir sind Freunde.“ Seine Worte verhallten im Raum. „Mag sein“, fuhr er mit bebender Stimme fort, „dass ich in letzter Zeit nicht der Mann bin, den du verdienst, aber ich liebe dich, Maggie. Mehr, als du ermessen kannst.“

      Erneut beherrschte Stille den Raum.

      „Was ist mit uns geschehen, Alec?“, wisperte Maggie und fühlte sich plötzlich unsagbar erschöpft. „Seit wann haben wir uns aus den Augen verloren?“

      Er wirkte gequält, traurig und als würde jegliche Last dieser Welt auf seinen Schultern liegen. „Seitdem wir unglücklich sind. Du bist es in der Schreinerei, was du oft genug erwähnst, und ich habe keine Ahnung, ob ich die Farm tatsächlich übernehmen will.“

      Verblüfft