Wolfgang Priedl

COLLEGIUM.


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Verstanden«, antwortete Ophaus mit gedämpfter Stimme. »Ich melde mich, wenn ich noch Fragen habe. Servus, bis morgen Vormittag.«

      Kaum hatte er das Gespräch beendet, ertönte ein kurzer Ping. Peter griff nach seinem Smartphone, das ihm den Erhalt einer SMS signalisierte. Die angezeigte Nummer war ihm nicht bekannt. Kopfschüttelnd legte er das Mobile wieder auf die Mittelablage.

      An der Einfahrt zum Verwaltungsgebäude des Flughafens wurden sie von Karl Stein, dem Flughafensprecher erwartet. Er zwängte sich zu ihnen ins Auto und dirigierte Peter in die Tiefgarage.

      Als sie aus dem Wagen stiegen, schaute Voss auf die Uhr und erkundigte sich, ob das Flugzeug aus Amsterdam bereits gelandet sei.

      Stein zog sein Tablet aus der Tasche.

      »Ja, Sie haben Glück, sie ist eine der wenigen Maschinen, die heute hier landen dürfen. Sie hat soeben aufgesetzt.«

      »Wenn sie nichts dagegen haben, versuche ich meine Frau abzufangen.«

      »Kein Problem. Diese blaue Tür führt in die Ankunftshalle. Sie finden uns nachher in dem Raum dort vorne ... B-18.«

      Voss bedankte sich und eilte davon, während sie zu der großen Halle gingen, in der sich die Gepäckstücke türmten.

      »Sie waren doch gestern in dem Flugzeug. Hatten Sie Gepäck? Wenn ja, dann werden Sie hier fündig.«

      »Danke«, erwiderte Peter und wandte sich an Lucas. »Kannst du bitte meinen Trolley suchen? Vielleicht findest du auch den von Sarah.«

      Perez blähte die Wangen auf und schob den Schirm seiner Baseballkappe in den Nacken. Langsam ließ er seinen Blick entlang der aufgetürmten Gepäckreihen gleiten.

      »Übrigens, wir vermissen zwei Passagiere«, meinte Stein, während er auf sein Tablet tippte. »Oh, Holzinger und Perez habe ich hier stehen. Das sind ja Ihre Namen.« Erstaunt schaute er die beiden Kriminalisten an.

      »Das kann ich erklären. Wir haben unsere Kollegin, Frau Sarah Mutes, die schwer verletzt wurde, in die Krankenstation begleitet.«

      »Natürlich, deshalb wurden Sie nicht registriert.« Er atmete tief ein. »Dann kann ich Sie von der Liste streichen und den Leuten am Flugfeld Bescheid geben, dass sie nicht mehr nach Ihnen suchen sollen.«

      »Sie suchen nach uns? Ich habe bereits am Morgen veranlasst, dass man die Liste korrigiert.«

      »Möglich, wäre nicht die einzige Panne heute«, seufzte Karl Stein. »Hier herrscht ein heilloses Durcheinander. Die Linke weiß nicht, was die Rechte tut.«

      »Brauchst du den noch?«, rief Lucas von Weitem seinem Chef zu, während er mit einem Gehstock winkte.

      Peters Augen leuchteten auf.

      »Her damit!« Er humpelte freudestrahlend auf seinen Freund zu. Stein folgte ihm.

      »Wie ich am Telefon erwähnte, würde ich gerne mit dem Ermittlungsleiter sprechen.«

      »Ja, ich habe ihn verständigt. Herr Major Georg Beller sollte eigentlich schon hier sein.«

      »Gut, dann suchen wir inzwischen nach dem Gepäck«, erwiderte Holzinger.

      Frederica ging zu dem langen Tisch an der Wand, worauf sich Handtaschen, elektronische Geräte, Jacken, Mäntel und Einkaufstaschen türmten. Alles Dinge, die in den Gepäck- oder Sitzablagen des Flugzeuges zurückgelassen worden waren.

      Nach kurzem Suchen fand Holzinger seinen Trolley.

      Gleich daneben stand der von Sarah. Er öffnete das aufgenähte Außenfach und griff hinein. »Unsere Arbeitsunterlagen«, erklärte er Stein, der ihn verwundert anschaute. Der Flughafensprecher nickte.

      Mit einem lauten Quietschen wurde die Hallentür aufgeschoben. Der bullige Chefermittler Georg Beller überließ Frau Voss den Vortritt.

      Die attraktive Niederländerin war gut zehn Jahre jünger als ihr Ehemann. Ihr schwarzes Kleid unter dem dünnen Mantel ließ sie noch schlanker erscheinen. Oberhalb der eingefallenen Wangen leuchteten gütige Augen, die von den Tränen gerötet waren. Mit hängenden Schultern lehnte sie sich an ihren Mann, der seinen Arm um ihre Hüften schlang.

      Stein stellte die Anwesenden einander vor.

      »Wie bereits erwähnt, Herr Voss, suchen Sie bitte den Koffer Ihrer Tochter, damit wir sie einwandfrei mittels DNA-Abgleich identifizieren können«, meinte Major Beller und zeigte auf die Gepäckstücke.

      »Ich möchte Kirstin ein letztes Mal sehen ...«, schluchzte Sylvia laut auf.

      »Gnädige Frau, das verstehe ich. – Wir würden Ihnen gerne den Anblick ersparen. Behalten Sie Ihre Tochter lebendig in Erinnerung, so wie Sie sie zuletzt gesehen haben.« In Bellers Stimme lag eine gehörige Portion Empathie, die man ihm niemals zugetraut hätte.

      Frau Voss stieß einen spitzen Schrei aus und verbarg ihr Gesicht an der Schulter ihres Mannes. Liebevoll strich Hajo ihr am Rücken entlang. Schließlich nickte Sylvia und half bei der Suche nach Kirstins Koffer.

      »Herr Major Beller, ich würde mich gerne über Ihren derzeitigen Ermittlungsstand unterhalten.«

      Beller schob Holzinger zum Tisch und setzte sich auf die Tischplatte. »Ich bin seit gestern in der Früh auf den Beinen«, entschuldigte er sich. »Ich habe noch nicht viel Zeit im Sitzen verbracht.«

      Peter winkte ab und tat es ihm gleich.

      In der darauffolgenden Viertelstunde hielt Beller einen Monolog, während Holzinger eine Notiz nach der anderen in sein kleines Büchlein schrieb.

      Lucas bevorzugte die Sprachapp auf seinem Smartphone.

      Als sich der Flughafensprecher zu ihnen gesellte, fragte Peter, ohne vorher darüber nachgedacht zu haben: »Hat der Flughafen einen Erpresserbrief erhalten?«. Holzinger zog eine Kopie aus der Innentasche.

      »Erpresserbrief?« Stein und Beller warfen einen Blick darauf und runzelten die Stirn.

      »Ja, so etwas Ähnliches. Ich erinnere mich dunkel.« Der Chefermittler wiegte seinen Kopf.

      »Wann?«

      Stein biss sich auf die Unterlippe. »Der Brief kam vor ungefähr einem Monat. Haben wir sofort der Polizei übergeben.«

      Er schaute zu Beller, der ihm zustimmte.

      »Und gestern gab es noch zusätzlich eine Terrordrohung. Sie kam aber zwei Stunden nach dem Flugzeugcrash. Eigenartig.«

      »Kö … Können Sie uns Ihr Original des Schreibens zur Verfügung stellen?«, fragte Lucas.

      »Kein Problem, es liegt in der Asservatenkammer. Wir haben damals nachgeforscht und nichts Relevantes gefunden. Es handelte sich um eine einmalige Geschichte. Es gab auch keine Nachforderungen. Wieso fragen Sie?«

      »Ist nur ein Gedanke; ein Bauchgefühl. Vorab würde uns eine Kopie genügen, um zu sehen, ob es in der gleichen Art und Weise verfasst ist«, antwortete Holzinger.

      »Ein PDF können Sie in der nächsten halben Stunde haben. Ich veranlasse es. Übrigens, eine Bitte: Es wäre nett, wenn Sie mich über Ihren Ermittlungsstand am Laufenden halten.«

      »Mache ich gerne. Sollte sich bei Ihnen etwas …«

      » … ist selbstverständlich«, fiel ihm der Ermittler ins Wort.

      »Vielen Dank, Herr Beller.«

      »Ach ja, noch etwas: Die Geschichte mit der Drohne werden wir vorerst nicht veröffentlichen. Leider hat KURIER-TV bereits Wind davon bekommen und Frau Bigler lässt nicht locker. Wir wollen nicht zu viel Aufsehen erregen und halten aus ermittlungstechnischen Gründen den Umstand unter Verschluss.«

      »Bigler? – Seien sie vorsichtig. Ich kenne sie nur zu gut. Wenn sich die in eine Sache verbissen hat, dann lässt sie nicht locker. Ihre Botschaft ist angekommen. Von mir erfährt sie nichts.