Wolfgang Priedl

COLLEGIUM.


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schob den Plan des Kongresszentrums in die Mitte des Tisches. »Herr Costa, aufgrund Ihrer ...«, er zögerte einen Augenblick, als würde er nach Worten suchen. »... Andeutungen und der aktuellen Sachlage, schlagen wir Ihnen Folgendes vor: Wir postieren morgen acht Beamte rund um das Kongressgebäude. Wir setzen zusätzlich die Drohnenüberwachung ein. – Und mindestens zwei unserer Kollegen in jedem Veranstaltungsraum.«

      »Damit sind wir einverstanden«, erwiderte Craig, ohne von dem Lageplan aufzuschauen.

      »Okay. Dann kann ich Sie nur bitten, morgen etwas früher am Tagungsort zu sein. Sie haben meine Visitenkarte. Rufen Sie an, wenn Sie noch Fragen haben.«

      Voss' Smartphone brummte.

      Er nahm ab und führte ein kurzes Telefonat.

      »Ich muss mich verabschieden. Ich soll Kirstins Gepäck identifizieren – für den DNA-Abgleich. Außerdem möchte ich sie sehen. Man erwartet mich in Schwechat.«

      »Sind Sie sicher, dass Sie Ihre Tochter sehen möchten? Es handelt sich um eine total verkohlte …«, warf Holzinger ein.

      Voss zuckte mit den Schultern.

      »Vorschlag. Ich nehme Sie mit nach Schwechat. Bei diesem Sauwetter wird es schwer sein, ein Taxi zu bekommen.«

      »Danke«, erwiderte Voss.

      »Darf ich mit?«, fragte Frederica, die das Meeting bisher schweigend verfolgt hatte, während sie Hajo ihre Hand auf die Schultern legte. »Sie war meine beste Freundin.«

      Ihr Bettelarmband klimperte.

      Irritiert folgten Holzingers Augen dem Geräusch. Er entdeckte ein Riesenrad mit roten Gondeln, daneben einen Eiffelturm und zuletzt einen Halbmond. ›Das habe ich doch schon einmal gesehen‹, dachte er und massierte seinen Nasenrücken. Plötzlich erinnerte er sich an die Zugfahrt von Den Haag zum Flughafen, an die junge Frau, die Claudia Bigler zum Verwechseln ähnlichsah.

      »Trug Ihre Tochter einen blonden Ponyhaarschnitt?«, fragte er Voss.

      »Ja. Weshalb?«

      »Ich glaube, dass ich sie im Zug nach Amsterdam gesehen habe …«, antwortete Peter.

      »Gut möglich.«

      Sie erhoben sich.

      »Welche Rolle spielen Sie?«, fragte Richard die Italienerin. »Sind Sie auch Mitglied des Economy-Clubs?«

      »Nein, ich begleite meinen Vater. Eigentlich wollte ich mit Kirstin Voss den Tag verbringen, aber sie ist gestern ...« Nur mit Mühe hielt sie ihre Tränen zurück.

      »Tut mir leid.« Tomacic nickte und folgte seinen Kollegen hinaus in den Korridor.

      Frederico wartete, bis sie alleine im Konferenzzimmer waren. »Ich schlage vor, wir treffen uns nach Weihnachten, im Jänner in meinem Haus auf Sardinien«, schlug er seinen Freunden vor. »Bis dahin haben wir genug Zeit, um unsere Hausaufgaben zu machen. Vielleicht finden wir heraus, wer hinter all dem steckt.«

      »Das ist eine gute Idee. Ich bin dabei. Willst du sonst jemanden einladen?«, fragte Morrison.

      »Ja, wir brauchen einen Nachfolger für Klug. Vorschläge?«

      Seine Freunde verneinten.

      »Gut, dann werde ich mich darum kümmern. Rico, lass uns gehen.«

      *

      »Richard, schön dass du so schnell kommen konntest«, begrüßte Peter seinen Ex-Boss nochmals und drückte ihm einen Heftumschlag in die Hand. »Schau, hier habe ich deinen Konsulentenvertrag. – Hier unterschreiben.« Er tippte mehrmals auf den unteren Rand der letzten Seite.

      Zögerlich griff Tomacic nach dem Hefter und ließ die zahlreichen Blätter wie ein Daumenkino durch seine Finger laufen.

      »Darf ich ihn nicht durchlesen?«, echauffierte sich Richard.

      »Doch, doch. Nimm ihn mit, ackere ihn des nächtens durch und gib ihn mir morgen«, erwiderte Peter, ließ sich in seinen quietschenden Drehstuhl fallen und schwang sein gesundes Bein auf die Tischplatte.

      Der Pensionist rümpfte seine breite Hakennase und schaute ihn vorwurfsvoll an. »Kleiner, Manieren lernst du wohl nie mehr. Wie oft habe ich dir gesagt, dass deine Westernstiefel nichts auf dem Tisch verloren haben?«

      Peter verschränkte seine Hände hinter dem Kopf und schmunzelte: »Richard, mein liebster Alter, du wirst unsere Drehscheibe hier im Haus sein. Besorge uns eine Sekretärin. Dann fordere die Beamten für morgen an. Ich würde sagen 25 Mann, damit uns 20 zugeteilt werden. Sollten reichen. Wenn noch Zeit übrig ist, ruf bei den Firmen an oder schaue hinüber ins Plaza, denn dort wohnen viele, von denen wir wissen müssen, ob sie Erpresserbriefe erhalten haben. Hier die Liste. Lucas und ich nehmen Voss und Costas Tochter mit nach Schwechat. Ich möchte mit dem Ermittlungsleiter Major Georg Beller sprechen. Anschließend bin ich in Laxenburg und schaue mir die Örtlichkeit an. – Meine Telefonnummer hast du.«

      Richard schüttelte fast unmerklich den Kopf und strich seinem Schnauzbart entlang.

      Imitierte ihn sein Exschützling?

      Schnell verdrängte er den Gedanken.

      »Punkt 1.: Ich habe meine Kaffeemaschine dabei und drücke mir jetzt eine Kapsel herunter. Punkt 2.: Sag, wo habt ihr die Kaffeeschalen versteckt?«, erkundigte sich Tomacic, der bewusst nicht auf Peters Anweisungen einging.

      Holzinger schaute ihn ungläubig an.

      »Hast du gehört, was ich gesagt habe? Fragen?«

      Tomacic spitzte seine wulstigen Lippen.

      »Habe ich dir nicht stets Höflichkeit gepredigt. Zu deiner Erinnerung: Wenn man etwas von einem anderen will, dann verwendet man das Zauberwort: bitte! So viel Zeit muss sein, Herr Oberstleutnant.«

      »Dann hattest du nie Zeit, als du noch aktiv warst«, gab Peter zurück, winkte abfällig mit dem Arm und schnappte sich seinen Flipstick.

      »Alles zu seiner Zeit«, feixte er und stürmte humpelnd aus dem Zimmer.

      Vom Flur rief er: »Ich verlasse mich auf dich!«

      »Lass mir den Schorsch, den Pitbull, schön grüßen!«

      Lucas hatte in der Zwischenzeit seinen Rucksack gepackt und stand abfahrbereit mit Hajo und Frederica am Gang.

      *

      Auf der salznassen Straße fuhren sie den Donaukanal entlang Richtung Flughafen. Peter wählte über die Freisprecheinrichtung Ophaus' Nummer.

      »Wer stört?«, tönte es aus den Lautsprechern.

      »Rudolf, du sehnst dich ja nach Frischluft. Du und Hene, ihr seid morgen zur Drohnenüberwachung in Laxenburg eingeteilt. Tomacic erledigt gerade den Papierkram.«

      »Wie bitte? Bei diesem Wetter?«

      »Dir kann man nichts recht machen ...«, seufzte Peter.

      »Schon gut. Du sagtest morgen?«

      »Ja. – Hörst du mir nicht zu?«

      »Doch, doch.« Rudolf räusperte sich. »Laut Wettervorhersage wird sich an den nächsten beiden Tagen nichts ändern.«

      »Ein Problem?«

      »Nein«, antwortete er zögerlich. »Wehe, wenn mir der Arsch abfriert.«

      »Wird dir der Arsch abfrieren?«

      »Ist schon gut ... Wir werden unsere Winterklamotten auspacken. Für welche Uhrzeit ist der Beginn festgelegt?«

      »Die Tagung wird um 16:00 Uhr eröffnet. Ihr müsst also am Vormittag mit eurer Arbeit starten. Es wird alles andere als ein Spaziergang, denn die Konferenz hängt mit dem Flugzeugabsturz zusammen. Jedenfalls spricht einiges