Nadja Christin

Natascha


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laufen.

      Die drei Freunde überqueren einen Platz, gehen durch enge Gassen, schleichen an Häusern vorbei.

      Bis plötzlich Mikka, der an der Spitze dieser merkwürdigsten Prozession aller Zeiten läuft, ruckartig stehen bleibt.

      Zwei Vampire stehen vor ihnen, eng umschlungen. Jeder hat die Zähne dem anderen in das kalte, tote Fleisch geschlagen. Ihre drei Artgenossen können hören, wie sie gierig das Blut trinken.

      Fasziniert sehen sie diesem seltsamen Schauspiel zu. Erst als Ben seinen Blick umherschweifen lässt, erblickt er plötzlich noch einen von ihrer Sorte.

      »Verdammt«, zischt er und schlägt Stevy derb in die Seite.

      »Da liegt ja Joshua.«

      Seinem ausgestreckten Finger folgend, sehen seine Freunde in die gleiche Richtung.

      Mikka ringt um Atem, will seinem Entsetzen Luft machen.

      Da lösen sich die eng Umschlungenen voneinander, sie lächeln, boshaft und kalt.

      Diese Augen, denkt Ben bei sich, das darf es doch gar nicht geben. Diese Schwärze und Dunkelheit … bei beiden, das habe ich noch niemals gesehen.

      Die Vampire bieten einen schaurigen Anblick, der Kerl hat seinen Arm um die kleine Schönheit gelegt, grinst hämisch über das ganze Gesicht.

      Ihre Münder blutverschmiert, die Zähne viel zu lang und messerscharf. Aber die Augen erst verleihen ihnen das Aussehen von Monstern.

      Sie sind böse, denkt der grimmige Stevy und versucht seine aufkeimende Furcht hinunter zu schlucken. Alle beide sind das Böse. Niemals will ich ihr Feind sein, ich muss alles daran setzen, um ihre Gunst zu erwerben. Wer den Fehler begeht und sie wütend macht, dem widerfährt ein schlimmeres Schicksal, als es der Tod je sein könnte.

      »Hallo ihr drei«, meint in diesem Augenblick das schwarzhaarige Mädchen, Natascha. Sie löst sich von dem jungen Kerl, der sie scheinbar nur ungern loslässt.

      Locker geht sie ein paar Schritte auf die Jungs zu, bleibt stehen, lächelt lasziv. Ihre Augen glühen auf, funkeln einen kurzen Moment wie Sterne.

      Bösartige und gemeine Himmelskörper, die nur von einem Gedanken angetrieben werden: Alles um sie herum muss vernichtet werden. Jeder sollte einen Tod erfahren, der an Grausamkeit und Brutalität seinesgleichen sucht.

      Kaum bleibt sie stehen, ist Nicki auch schon wieder bei ihr, umarmt sie von hinten, küsst Natascha auf den Hals.

      Sie lächelt weiterhin, streichelt seinen nackten Unterarm. Ihr Blick fixiert die Blutsauger. Als Nicki mit seinen Zähnen über ihre Halsseite streicht, neigt sie den Kopf etwas zur Seite, dabei lässt sie ihre Gegenüber nicht aus den Augen.

      Mit offenen Mündern verfolgen Stevy, Mikka und Ben das Geschehen vor ihnen. Die dunklen Blicke, die unendliche Tiefe und Grausamkeit, die darin zu liegen scheint, fesselt sie und gleichzeitig ihre Gedanken. Sie verschwenden keine Sekunde, um darüber nachzudenken, was mit dem armen Josh vielleicht geschehen sein könnte, oder was die beiden vor ihnen im Schilde führen. Es ist eher so, als warten sie auf Anweisungen, auf einen Befehl, den sie bereit sind sofort auszuführen, wie immer er auch lauten mag.

      Ein lautes Grollen weckt die Feuerwehrmänner aus ihrer Starre. Sie sehen, wie Nicki seine unnatürlich langen Zähne in Nataschas Hals schlägt. Sie zuckt kurz zusammen, dann lächelt sie wieder wie vorher.

      Anzüglich und einladend.

      Ein Rinnsal Blut fließt aus Nickis Mund, läuft über ihre weiße Haut und verschwindet unter dem Stoff ihres T-Shirts.

      Die Vampire verfolgen mit den Augen gierig den roten Lebenssaft, sie schlucken trocken. Ohne dass sie es beeinflussen könnten, wachsen ihre Zähne, die Augen werden raubtierähnlich, ihr dumpfes Knurren vermischt sich mit Nickis Grollen.

      Natascha stöhnt leise auf, streichelt ihrem Gefährten über die Wange. An die Drei vor ihr gewandt, flüstert sie:

      »Wollt ihr Jungs auch … etwas trinken?«

      Hörbar klappen ihre Münder zu, ein rascher Blick wird untereinander getauscht. Mikka, wenn auch der jüngste, so scheint er doch jetzt ihr Anführer zu sein, meint breit grinsend:

      »Oh ja, Baby. Nichts lieber als das.«

      Die Vampire setzen sich in Bewegung. Natascha breitet die Arme aus, empfängt sie mit Freude und voller Gier in den schwarzen, toten Augen.

      *

      Einige Zeit später gehen fünf Vampire lautlos durch die ruhigen Straßen ihrer Stadt. Natascha, neben ihr ein glücklich wirkender Nicki, hinter ihnen die drei Vampirfreunde.

      Ihre Augen sind nicht mehr braun oder blau, wie sie es vorher waren. Sie erscheinen in den viel zu weißen Gesichtern noch schwärzer, noch dunkler und gemeiner.

      Die Vereinigung der Dunkelheit hat begonnen.

      *

       Eine Horde Vampire:

      Die fünf Blutsauger gehen zielstrebig durch die Stadt. Natascha an ihrer Spitze, sie führt diese kleine Gruppe an, die anderen folgen ihr.

      An einem Modegeschäft mitten in der City halten sie an, stürmen den Laden. Um diese Uhrzeit befinden sich kaum Kunden in dem Geschäft, so haben die Vampire ein leichtes Spiel. Sie töten den Kassierer und drei Verkäufer. Mikka verscheucht eine Kundin einzig durch seinen Anblick, laut kreischend rennt sie weg.

      Natascha stöbert in der Damenabteilung, nacheinander zerrt sie einige schwarze Sachen heraus, zieht sie an. Ihre eigene Hose und das T-Shirt sind ihr am Leib fast verbrannt. Sie benötigt dringend etwas Neues zum Anziehen. Ebenso die drei anderen Vampire, kamen sie doch von einem Feuerwehreinsatz. Wenn auch alles andere an ihnen zum Fürchten ist, ihre Kleidung ist es nicht.

      Nicki sucht sich lediglich einen Mantel heraus, einen schwarzen Ledermantel. Mehrmals dreht er sich damit vor dem Spiegel hin und her.

      »Klasse«, murmelt er, »so einen wollte ich schon immer haben.«

      Natascha umarmt ihn von hinten, sieht ihn in dem Spiegel lächelnd an.

      »Du kannst alles haben, Niklaus. Alles was du dir jemals erträumt hast.«

      Im Spiegel blickt er in ihre dunklen, leeren Augen.

      »Alles …?«, fragt er knurrend.

      »Sicher«, sie küsst ihn auf den Hals, dreht ihn zu sich herum. Ihre Hände um seine Mitte geschlungen haucht sie verführerisch:

      »Gibt es einen Wunsch, der dir noch nicht erfüllt wurde?«

      Nicki nimmt ihre kalten Arme, drückt sie von sich weg.

      »Da wäre noch so einiges«, knurrt er und geht.

      Er lässt Natascha vor dem Spiegel stehen und begibt sich in die kleine Sportabteilung.

      Hier wirft er suchende Blicke um sich, wühlt ein wenig herum, bis er das findet, was er schon lange wollte.

      Nicki grinst über das ganze Gesicht, ein paar Mal lässt er den Schläger durch die Luft pfeifen.

      Einen Meter hartes Holz, was er trifft, steht nie wieder auf.

      Mit solch einem Baseballschläger kann man einen Menschen töten. Mit der nötigen Kraft und Geschicklichkeit sogar einen Blutsauger.

      Nicki lässt die Spitze des Schlägers auf den Boden klicken, er hebt den Blick. Einige Meter von ihm entfernt steht Stevy, der einen kleinen Ball in der Hand hält.

      »Hey«, ruft Nicki, Stevy hebt neugierig den Kopf.

      Er versteht sofort, holt aus zu einem gewaltigen Wurf. Der kleine Ball zischt durch die Luft. Es entsteht ein lautes Geräusch, als er das Holz trifft, prallt ab, fliegt mit einem hohen Surren in Richtung Decke.

      Es knallt, Funken fliegen umher. Die in die Decke eingelassene Lampe prallt auf den Boden, Teile der Deckenverkleidung