Nadja Christin

Natascha


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kichert, »verdammt guter Schlag.«

      »Das war toll, werf noch einen.«

      »Nein!«, Natascha steht mit in die Seite gestemmten Fäusten zwischen ihnen.

      »Wir müssen weiter. Los jetzt.«

      Resigniert lassen die beiden Vampire ihre Schultern sinken, ihr Blick geht beschämt zu Boden.

      »Schade …«, murmelt Stevy, »hat gerade so einen Spaß gemacht.«

      Die schwarzhaarige Vampirin lacht kurz auf.

      »Ich weiß etwas, das noch viel mehr Spaß macht.«

      Die Mienen der Männer hellen sich auf.

      »Was denn?«

      Natascha winkt ihnen.

      »Kommt mit, ich zeige es euch.«

      Die fünf Blutsauger verlassen das Modegeschäft. Es gleicht einem Trümmerhaufen. Anziehsachen liegen verstreut auf dem Boden herum, in der Sportabteilung hängt die Decke herunter, weiterhin sprüht die Stromleitung Funken.

      Zielstrebig gehen sie die Straße entlang. Ben kramt in seiner Tasche nach einem Päckchen Zigaretten. Er findet es schließlich, es ist leer.

      »Verdammt«, flucht er und zerdrückt das Päckchen in seiner Faust.

      »Natascha?« Die Schwarzhaarige dreht sich zu ihm um.

      »Ich brauche dringend was zu rauchen. Hier um die Ecke ist ein Laden.« Sein Blick ist bittend, weiß er doch genau, dass Natascha etwas Bestimmtes vorhat. Es bleibt eigentlich keine Zeit für andere Dinge. Die Vampirin aber zuckt mit den Schultern.

      »Warum nicht«, brummt sie nur.

      Mikka fährt sich durch die kurzen Haare.

      »Etwas Geld könnten wir auch noch gebrauchen.« Er lacht kurz und trocken auf, »die haben doch bestimmt was in den Kassen.«

      »Wozu brauchst du Geld?«

      Nicki sieht den Jungen verwirrt an.

      »Du kannst dir alles nehmen, ohne dafür bezahlen zu müssen.«

      Mikka blickt verlegen zu Boden.

      »Ja, ich weiß. Aber ich würde gerne ein bisschen Papier zwischen den Fingern spüren … das ist alles.«

      »Da vorne ist ein Supermarkt.«

      Nicki deutet auf die andere Straßenseite.

      »Der hat bestimmt mehr Kohle als der kleine Zigarrenladen um die Ecke.«

      Natascha zuckt als Antwort lediglich mit den Schultern und steuert auf das Geschäft zu.

      Die Fünf stürmen den Supermarkt. Ihr Anblick alleine lässt die Menschen laut aufschreien und panisch umher rennen. Mikka ergreift ein blondes Mädchen von vielleicht siebzehn Jahren. Sie windet sich in seiner Umklammerung und weint leise. Mikka leckt ihr genüsslich über den Hals, bevor er seine Zähne in ihre weiche Haut schlägt. Das Mädchen schreit laut auf. Ihre Freundinnen kreischen und fallen übereinander. Jedes wollte in eine andere Richtung fliehen.

      Nicki bricht in rascher Folge drei stattlichen Kerlen das Genick. Er ist so schnell, dass die Männer fast gleichzeitig zu Boden sinken.

      Natascha stürzt sich auf den Geschäftsführer, der zufällig nahe bei der Kasse steht. Sie packt ihn am Kragen seines weißen Kittels.

      »Die Schlüssel«, zischt sie gefährlich leise.

      Der Verantwortliche, ein langer und hagerer Kerl, schluckt angestrengt, sein Adamsapfel hüpft aufgeregt auf und ab. Die Augen, hinter den dicken Brillengläsern zucken ängstlich umher.

      »Aber, aber, meine Herrschaften. Machen Sie doch nicht so einen Wirbel.« Seine Stimme ist hoch und viel zu schrill.

      »Die Schlüssel, und zwar sofort.«

      Noch ehe der Dünne auf Nataschas Aufforderung reagieren kann, packt Ben ihn am Hals.

      »Wir wollen aber einen Wirbel veranstalten, Blutsack.«

      Mit einer ungeheuren Kraft drückt der Vampir zu. Die Augen des Geschäftsführers werden immer größer, quellen fast aus den Höhlen.

      Er gibt nur noch krächzende Laute von sich.

      Natascha lässt die Kittelaufschläge los.

      Der Mensch wird nur noch von Bens eisernem Griff gehalten. Er hebt die Arme, wedelt schwach damit durch die Luft. Kraftlos streifen sie über Bens Unterarme. Nicht mehr lange und der dünne Mann wird sterben.

      »Lass ihn los!«, befiehlt die schwarzhaarige Vampirin in diesem Moment. Bens erstaunter Blick ruht einen Augenblick auf ihr, dann öffnet er die Hand und der Mensch fällt mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.

      Er dreht sich wie von Sinnen auf den kalten Fliesen, beide Hände am Hals hustet er bellend und ringt nach Atem. Die Brille ist ihm von der Nase gerutscht, sie liegt neben ihm, aber der Mann hat kein Interesse daran.

      Erst als Ben einen Schritt nach vorne geht und plötzlich ein knirschendes Geräusch zu hören ist, blickt der Geschäftsführer sich suchend um.

      »Oh, das tut mir aber leid«, murmelt Ben sarkastisch. Er bückt sich, hebt die Brille hoch und setzt sie dem Menschen wieder auf die Nase. Beide Gläser sind zersplittert und einer der Bügel ist völlig schief. Mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck sieht er den Vampir vor sich an. Dieser lacht laut auf.

      Natascha streckt eine Hand vor.

      »Die Schlüssel … bitte.«

      Der Geschäftsführer greift in seine Kitteltasche und zieht ein dickes Schlüsselbund heraus. Seufzend lässt er es in ihre Hand fallen.

      »Danke schön.« Sie richtet sich auf und gibt Ben mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass er jetzt alles mit ihm machen kann, was er will.

      Jeden Schlüssel betrachtend geht sie zur Eingangstüre. Hinter ihr kreischt der Geschäftsführer laut und schmerzhaft auf. Ben hat sich auf ihn gestürzt und seine Zähne in seinen viel zu mageren Hals geschlagen. Der Vampir verfehlt die Ader, und als er seine Zähne zurückzieht, um erneut anzusetzen, spritzt das Blut wild umher. Wie aus einem Gartenschlauch, auf dem zu viel Wasserdruck lastet.

      Die Menschen kreischen laut und hysterisch auf.

      Die Kassiererin, die keine zwei Meter entfernt wie gebannt die Ereignisse verfolgt, fällt mit einem keuchenden Seufzer in Ohnmacht.

      Endlich hat Natascha den richtigen Schlüssel gefunden. Sie verriegelt den Supermarkt, schließt die Menschen ein.

      Damit ist ihr Schicksal eine beschlossene Sache.

      Sie wirft Mikka das Schlüsselbund zu.

      »Geh und such den Tresor, dann hast du auch was Anständiges zwischen deinen Fingern.«

      Vor Erstaunen lässt der junge Vampir fast die Schlüssel fallen, dann aber ist es das tote Mädchen in seinen Armen, welches stattdessen auf den Boden prallt.

      Mikkas Blick geht zwischen seiner Hand und Natascha hin und her. Er sieht aus wie ein Wahnsinniger, Blut läuft ihm aus dem Mund, fließt über sein Kinn und tropft auf den Boden.

      »Mach deine Klappe zu und such den Tresor, bevor ich es mir anders überlege«, knurrt Natascha und will tiefer in den Laden hinein, um sich ebenso an ein paar Menschen satt zu trinken. Da hört sie plötzlich ein erschrecktes Keuchen.

      Rasch dreht sie sich um.

      Hinter den Kassen sieht sie eine junge Mutter, die ihren Sohn ängstlich an den Körper presst, mit einer Hand hält sie ihm den Mund zu. Sie wollte wohl versuchen, der Bande von Blutsaugern zu entkommen. Sich in einem der großen Schränke nahe dem Ausgang verstecken und das Ende des Terrors abwarten, fast hätte sie es geschafft.

      Die Vampirin geht lächelnd auf die beiden zu.

      »Sieh an, ein paar Ausreißer«,