Nadja Christin

Natascha


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deine Bestrafung«, knurrt Natascha.

      Sie sieht zu Ben.

      »Der Rest ist deine Sache.« Der Vampir grinst nur hämisch.

      Natascha sieht sich um.

      Mikka und Stevy saugen gerade zwei Mädchen aus. Die Hosen, die um die Knöchel der Vampire liegen, erzählen von den Qualen, die die Mädchen vor ihrem Tod ertragen mussten.

      Nicki verfolgt gerade einen jungen Kerl, der auf Händen und Knien vor ihm flüchten will. Der alte Vampir macht sich einen Jux daraus, dass er immer wieder dem Mann auf die offenen Schnürsenkel tritt und so seine Flucht kurzfristig unterbricht. Aber auch dieser Spaß hat irgendwann ein Ende und Nicki fällt brüllend über den jungen Kerl her, um ihm sein Blut zu nehmen.

      Ben lässt seine ganze Wut an der jungen Mutter aus. Niemand lässt sich gerne in die Weichteile treten. Mittlerweile hängt sie nur noch schlaff in seinen Armen, aus unzähligen Bissstellen tritt Blut aus.

      Bald ist sie wieder mit ihrem Söhnchen vereint. Ihre Trauer, die Verzweiflung und das Entsetzen, über seinen viel zu frühen Tod muss sie nicht lange ertragen.

      Auch in Natascha regt sich jetzt der Blutdurst. Sie packt sich den nächstbesten Kerl und schlägt ihm ihre Zähne in den Hals. Trinkt das Blut, bis sein Herz aufhört zu schlagen. Sie lässt ihn achtlos fallen, um sich auf den Nächsten zu stürzen.

      Die fünf Vampire richten ein regelrechtes Massaker an. Erst als sie denken, alle Menschen in dem Supermarkt erwischt zu haben, geben sie auf.

      Ben nimmt sich einige Zigarettenpäckchen aus dem Verkaufsständer und steckt sie in seine Jackentaschen.

      Auch Stevy öffnet eines der Päckchen und zündet sich eine Zigarette an.

      Sein Blick schweift umher. Überall Blut und die verunstalteten Leichen der Menschen.

      Wir haben ganze Arbeit geleistet, denkt der bullige Vampir. Mit Natascha an unserer Seite können wir machen, was immer uns einfällt. Dank ihrer Dunkelheit steht uns noch ein lustiges Dasein bevor. Ich wollte schon immer tun und lassen können, was ich wollte.

      Satt und zufrieden verlassen die fünf Vampire den Laden.

      »Das war echt klasse«, kräht Mikka und schlägt in Bens offen hingehaltene Hand ein.

      »Das müssen wir öfters machen.«

      Natascha grinst wissend und verschließt sorgfältig die Türen zum Supermarkt. Den Schlüssel lässt sie einfach im Schloss stecken.

      Vor dem Laden parkt ein Mustang, ein V6 Coupé. In dem glänzendem, schwarzem Lack spiegelt sich das Licht der Straßenlaterne. Natascha streicht mit den Fingern fast zärtlich über das Metall.

      »Wow, der ist heiß«, meint Ben und probiert die Türverriegelung. Der Mustang ist tatsächlich nicht abgeschlossen.

      Ben will sich gerade auf den Fahrersitz schieben, als ihn Natascha mit einem lauten Ausruf aufhält.

      »Denkt nicht einmal daran. Das Baby fahre ich oder keiner.«

      »Okay …«, brummt Ben und hält ihr demonstrativ die Fahrertüre offen.

      Bedrohlich knurrend zwängt sie sich an dem Vampir vorbei und gleitet auf den Sitz.

      Herrlich weich sind die hellen Ledersitze, die gesamte Inneneinrichtung ist brandneu und riecht auch so. Zum Erstaunen aller, streckt der Schlüssel im Zündschloss.

      Mit einem Grinsen auf den Lippen betrachtet Natascha das große Schlüsselbund. Neben verschiedenen großen und kleinen Schlüsseln hängen ein umgedrehtes Kreuz, ein Pentagramm und ein gelblich verfärbter Zahn an dem Bund.

      »Verdammt, wem gehört das Auto? Dem Teufel persönlich?« Nicki schließt die Beifahrertüre, die anderen haben es sich auf der engen Rücksitzbank bequem gemacht. Natascha zuckt mit den Schultern, startet den Wagen.

      Sie gibt ein paar Mal Gas, der Motor röhrt.

      »Und wenn schon«, knurrt sie und lässt die Kupplung kommen. Der Mustang grölt, brummt unter ihnen und setzt sich in Bewegung.

      Natascha fährt die Jungs in eine Gegend, die ziemlich verrufen ist. Hier hat eine Bande das Sagen, Gewalt und Kanonen bestimmen den Tagesablauf. Wer aufmuckt, bekommt eine Antwort, eine tödliche.

      Einige Mitglieder der Gruppe sind Vampire. Freie Blutsauger, die sich einen Dreck um den Pakt oder die Regeln des Hohen Rates scheren. Sie leben allein und für sich. Nur ab und zu treten sie mit der Menschenwelt in Verbindung. Meist um einen von ihnen zu töten, bevor sie sich wieder in die Abgeschiedenheit ihrer Gang zurückziehen.

      Ihre Bleibe ist ein altes, halb verfallenes Gebäude, unten am Fluss, das schon längst abgerissen werden sollte. Aber der Stadtrat hat andere Probleme und so wird es immer wieder vor sich hergeschoben.

      Sie parken den Mustang genau vor dem morschen Haus, steigen aus.

      »Hast du deinen Schläger dabei?«, fragt Stevy, an Nicki gewandt. Der nickt nur und grinst grimmig.

      »Ich hoffe nicht, dass wir einige Schädel einschlagen müssen«, meint Mikka, woraufhin Nicki hämisch auflacht.

      »Warum? Angst vor ein bisschen Blut, das durch die Gegend spritzt?«

      »Nein, aber ich habe lieber Blut im Mund, als im Gesicht.« Der junge Vampir presst trotzig die Lippen zusammen.

      Natascha schlägt ihm leicht auf die Schulter, geht an ihm vorbei und murmelt:

      »Keine Sorge Junge, du wirst so viel trinken können, wie noch nie in deinem Dasein.«

      »Hm, das hört sich gut an …«

      »Die Burschen veranstalten heute eine Party«, knurrt Natascha und entsichert die MP-5, die sie mitgenommen hat.

      »Wir kommen also genau zur richtigen Zeit.«

      »Super«, rufen Ben und Stevy, sie hüpfen vor Freude fast in die Höhe. Natascha lächelt flüchtig über die Vorfreude der beiden Vampire.

      »Denkt dran«, knurrt sie, bevor ihr Gefolge auch nur einen Fuß auf die ausgetretene Holztreppe stellen kann.

      »Tötet die Menschen und beißt die Vampire …«, sie legt eine bedrohliche Pause ein. Die vier Kerle nicken rasch zustimmend.

      »Mehr verlange ich nicht. Alles andere ist euch überlassen.«

      Natascha grinst gehässig.

      »Gehen wir!«

      Die fünf Blutsauger stürmen durch die Türe, erschrocken drehen sich die Köpfe zu ihnen herum.

      Die Bande, selbst ungefähr zwanzig Mann stark, hat sich heute Abend einige Freunde eingeladen. Viele Mädchen, einige junge Kerle aber nur wenige Vampire.

      Natascha feuert eine Salve aus ihrer Maschinenpistole in die Decke. Die Menschen gehen sofort kreischend in Deckung, verstecken sich, wo sie stehen.

      Nur die Unsterblichen stehen noch.

      Ein drohendes Knurren ist zu hören, auf beiden Seiten.

      »Was wollt ihr hier?«, ein Bulle von einem Kerl schiebt sich in den Vordergrund, baut sich vor der kleinen Vampirin auf.

      »Hier sind Waffen verboten. Also macht, dass ihr hier raus kommt.«

      Natascha deutet auf seinen Mund, auf die spitzen Eckzähne, die darin augenfällig hervortreten.

      »Und was soll das sein? Für die Dinger brauchst du eigentlich einen Waffenschein.«

      Hinter ihr lachen ihre Jungs laut auf.

      »Verschwindet!«, donnert der bullige Vampir und dreht sich einfach um.

      Blitzschnell legt Natascha ihm ihre Hand auf die Schulter, fast lautlos haucht sie:

      »Ich bitte mir ein bisschen mehr Respekt aus.«

      Er dreht sich um, aus zusammengekniffenen Augen