Harley Barker

Love and Crime


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ihr euch sehr ähnlich seit.“

       „Aber ob das für eine Beziehung reichen würde?“ Meine Stimme klingt skeptisch. Und genau das bin ich auch. In meinen Augen gehört eindeutig mehr dazu. Dennoch bin ich nicht abgeneigt, Jacob näher kennenzulernen. Und wenn es nur darum geht, einen neuen Freund hier zu finden. Von denen kann man bekanntlich nicht genug haben.

       „Selbst wenn es nicht so ist, lass deinem Vater die Vorstellung, dass es vielleicht ja werden könnte. Er will nur, dass du einen guten Start hier hast.“

       Mir schwirrt der Kopf. Doch nach allem, was ich bis jetzt heute erfahren habe, ist das wahrscheinlich normal. Selbst bei den Autohändlern wurde ich mit Daten bombardiert, die ich mir unmöglich alle merken kann. Und ich bezweifle, dass ich sie mir alle merken muss, sodass ich überhaupt nicht mehr zugehört habe.

       „Ich glaube, wir sollten langsam aufräumen“, sage ich also und zeige auf den ganzen Müll. Es ist mir egal, ob sie durchschaut, dass ich das Thema wechseln will.

       Gerade ist mir alles lieber, als mich über mein Liebesleben zu unterhalten, oder das, was es vielleicht einmal werden könnte.

      8

       Während der nächsten zwei Tage versuche ich mich so gut es geht auf meinen Probearbeitstag vorzubereiten. Obwohl ich keine Idee habe, wie ich das machen soll, da ich keine Ahnung habe, was mich eigentlich erwartet. Deswegen ist es nicht einfach. An Katie und Monica probiere ich noch einmal unterschiedliche Frisuren aus. Außerdem versuche ich sie zu neuen Haarfarben zu überreden, wobei ich aber nicht soviel Glück habe. Da es nur ein Damensalon ist, brauche ich wenigstens meinen Dad nicht als Versuchskaninchen zu nehmen. Auch wenn ich zugeben muss, dass es mich schon ein wenig reizt. Mein Gefühl sagt mir aber, dass er ganz froh darüber. Er war noch nie einer von denjenigen, der gerne zum Friseur geht. Auch nicht zu seiner eigenen Tochter. Eigentlich lässt er sich nur die Haare schneiden, wenn es gar nicht mehr anders geht. Für ihn ist es verschwendete Zeit. Ich nehme ihm das nicht übel. Jetzt, wo ich hier wohne, muss er ja nicht einmal mehr das Haus verlassen, um eine vernünftige Frisur zu haben.

       „Die werden dich lieben und dir sofort den Vertrag unter die Nase halten. Sie wären schön blöd, wenn sie es nicht machen“, begrüßt mich Monica, als ich morgens die Treppen herunterkomme.

       Schnell ziehe ich mir meine Schuhe an, ehe ich mir ihr zuwende. Tief atme ich durch und straffe ich meine Schultern.

       „Es wäre cool, wenn es gleich beim ersten Versuch klappen würde. Ich könnte die restlichen Gespräche absagen und mich um den nächsten Punkt auf meiner Liste kümmern.“ Ich tue so gelassen, wie es nur geht. Innerlich sieht es anders aus.

       Ich bin nervös, obwohl das noch untertrieben ist. Gerade fällt mir kein anderer Ausdruck für meinen Zustand ein. Innerlich zittere ich, auch wenn man es mir äußerlich nicht ansieht. Mein Herz schlägt so wild, als würde es sich aus meiner Brust befreien wollen. Und mir ist schlecht.

       „Hier ist dein Kaffee, damit du auch wirklich wach bist. Und nun mach´ dich auf den Weg. Nicht, dass du an deinem ersten Tag noch zu spät kommst.“ Sie zwinkert mir zu, als hätte ich den ersten Schultag an einer neuen Schule vor mir. Aber es kommt mir auch so vor.

       Ein leises Lachen entfährt mir. Und auch wenn ich gedacht habe, dass es eh nichts bringt, so sorgt es dafür, dass sich meine angespannten Muskeln ein wenig lösen und ich mich besser konzentrieren kann. Ja, ein wenig kommt es mir so vor, als hätte man mir eine kleine Last von den Schultern genommen.

       „Danke“, erwidere ich, umarme sie kurz und greife nach meiner Tasche, um das Haus zu verlassen. Draußen bleibe ich noch stehen, genieße die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut und atme ein letztes Mal tief durch, bevor ich mich mit entschlossenen Schritten auf den Weg mache.

       Als ich den Laden erreiche, herrscht dort Hochbetrieb, das kann ich sogar von außen erkennen. Alle Plätze sind belegt. Die Angestellten schwirren um die Kundinnen herum und zeigen ihnen verschiedene Farbproben und Bilder von Beispielen. Bevor ich es mir anders überlegen kann, öffne ich die Tür und mache einen Schritt hinein. Die Luft ist erfüllt von dem Geruch nach Haarfarbe, Shampoo und dem Gelächter der Frauen, die sich um mich herum befinden. Alle scheinen gute Laune zu haben und ausgelassen zu sein.

       Ich schaue mir alles genau an. Gleichzeitig halte ich Ausschau nach Hannah, die ich im hintersten Bereich entdecken kann. Sie spricht gerade mit einer anderen Frau. In dem Moment, in dem ich nach ihr rufen will, dreht sie sich in meine Richtung.

       „Hi“, begrüßt sie mich gut gelaunt, als sie mich entdeckt. Gleichzeitig teilt sie die Haare der Frau, die in dem Stuhl sitzt, in mehrere breite Strähnen, bevor sie Farbe großzügig verteilt.

       „Guten Morgen“, erwidere ich und schaue mich noch einmal um.

       „So läuft das hier immer ab. Ich kann mich nicht an einen einzigen Tag erinnern, bei dem es um diese Uhrzeit nicht so war. Der ganz normale morgendliche Wahnsinn“, erklärt sie und sieht sich einmal um. „Du könntest bei Mrs. Morrison anfangen. Sie kommt einmal im Monat. Normalerweise lässt sie sich die Haare nur schneiden und nur selten färben. Ihre Haare sind ihr heilig. Aber vorhin hat sie angedeutet, dass sie eventuell eine neue Haarfarbe haben möchte.“ Hannah zuckt mit den Schultern. „Dir geht jetzt wahrscheinlich durch den Kopf, dass sie total zickig ist, aber was das angeht kann ich dich beruhigen.“

       Ich betrachte die Frau, auf die sie zeigt. Sie ist vielleicht zehn Jahre älter als ich. Sofort kann ich erkennen, dass sie sehr auf ihr Äußeres achtet. Ich schlucke und versuche so den Kloß aus meinem Hals zu entfernen, den der Gedanke mir bereitet, dass ich sie bedienen soll. Sofort kommen mir verschiedene Szenarien in den Kopf, was alles schiefgehen kann. Und je nachdem, was sie möchte, ist das eine ganze Menge.

       Doch die schiebe ich schnell wieder zur Seite. Sie helfen mir kein Stück weiter. Ganz im Gegenteil. Sie lassen meine Nervosität wieder aufleben, was ich gerade aber nicht gebrauchen kann.

       Nein, ich muss klar denken können, damit mir genau solche Fehler nicht passieren.

       „Ist es wirklich in Ordnung, wenn ich das mache?“, erkundige ich mich ein letztes Mal. „Ich meine, ich arbeite hier nicht. Ist es da nicht ein wenig riskant das zu machen?“

       „Du meinst wohl, du arbeitest hier noch nicht“, verbessert sie mich. „Das ist nur noch eine reine Formalität. Sally kommt erst in ein paar Stunden. Aber ich bin mir sicher, dass sie den Vertrag direkt mitbringt und ihn dich sofort unterschreiben lässt. Sie hat ein Händchen für Talente. Und würde sie an dir zweifeln, hätte sie dich nicht für heute eingeladen. Ich bin mir sicher, dass sie sich ein Talent nicht durch die Finger gleiten lassen wird. Das hat sie bis jetzt noch nie und ich kann mir keinen Grund vorstellen, wieso sie jetzt damit anfangen sollte.“

       Hannah grinst mich frech an. Ich würde gerne erfahren, woher sie den Optimismus nimmt. Ich beschließe, dass ich mich ihr anschließen werde. Schließlich kennt sie ihre Chefin und wird daher wissen, wie sie arbeitet oder wonach sie ihre Angestellten aussucht.

       „Bring deine Sachen einfach in den Aufenthaltsraum. Da vorne steht Daisy, solltest du ein Problem haben und ich kann gerade nicht, kannst du dich an sie wenden. Sie freut sich darauf, mit dir zusammenzuarbeiten.“ Sie zeigt in die Richtung einer weiteren Blondine, die nur wenige Schritte entfernt steht. Ich betrachte sie, bevor ich nicke und verschwinde.

       Während ich meine Sachen im Aufenthaltsraum ablege, versuche ich meine aufgebrachten Nerven zu beruhigen, oder wenigstens zu überspielen. Außerdem wiederhole ich in meinen Gedanken immer wieder, dass ich nicht so einen guten Abschluss gemacht hätte, wenn ich es nicht könnte. Und das stimmt. Ich war eine der besten meines Jahrgangs. Ich würde jetzt nicht hier stehen, wenn Sally Zweifel hätte.

       Deswegen verlasse ich den Raum wieder mit gestrafften Schultern und gehe mit großen Schritten auf die Kundin zu, die geduldig in ihrem Stuhl sitzt und dort wartet.

       „Mrs. Morrison?“, frage ich sie, nachdem ich hinter ihr stehen geblieben bin und ziehe so ihre Aufmerksamkeit auf mich.