Dagmar Isabell Schmidbauer

Todesfalle Campus


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Es gefiel ihm, wenn seine imaginären Opfer laut aufschrien, weil sie erkannten, dass sie in seiner Gewalt waren und dass er mit ihnen machen konnte, was immer er wollte. Oder sie schrien, weil sie begriffen, dass sie keine Chance hatten, ihm zu entkommen, was auf das Gleiche hinauslief. Sie schrien und er wollte sie zum Schweigen bringen. Und je mehr sie schrien, desto lustvoller ließ er sie verstummen. Zu viel schreien durften sie nämlich auch nicht, weil er sich dann nicht auf das konzentrieren konnte, was ihn befriedigte und den Zug in seinem Kopf zumindest langsamer werden ließ.

      Es hatte ihm gefallen, sie nicht gleich zu töten, sondern erst noch ein bisschen ranzunehmen. Er sah sie wieder vor sich und bekam prompt einen Steifen, weil das so ein Wahnsinnsgefühl gewesen war. Ohne zuvor etwas anderes zu tun, einfach rein und raus und wieder rein und immer tiefer rein, bis sie lauter und immer lauter schrie und sich zu wehren versuchte, bis er sie gewürgt hatte, damit sie aufhörte zu schreien, ohne Mitleid, denn letztlich war sie ja selber schuld gewesen, er hatte sich ja nur genommen, was sie ihm angeboten hatte und somit hatte sie es ja auch nicht anders verdient gehabt.

      Er nahm die Hände von den Ohren und bemerkte, dass das Rattern nachgelassen hatte. Es hatte ihm unglaublich gut gefallen, wie sie schrie und sich wehren wollte, obwohl er sie da schon gefesselt hatte. Aber das war dann erst später gewesen.

      Gleich als sie in sein Blickfeld geraten war, hatte er einen ordentlichen Ständer bekommen. Er hatte sie ein bisschen schreien lassen und dann … Aber dafür hatte er ja die Eisenstange dabei. Sie sackte einfach zusammen und er konnte sie in aller Ruhe verschnüren.

      Mann, war das geil! Als sie gefesselt da lag und langsam wieder wach wurde und erkannte, was er mit ihr vorhatte und dass sie nicht abhauen konnte. Erst hatten sich ihre Augen geweitet und dann hatte sie geschrien. Er hätte ihr den Mund zuhalten können, aber das wäre dann nicht mehr so schön gewesen. Stattdessen hatte er sie einfach rangenommen. Erst vorn und dann hinten. Und wenn sie zu laut wurde, hatte er sie einfach wieder gewürgt, bis sie still war.

      Und dann war sein Blick auf die Eisenstange gefallen. Er grinste bei dieser Erinnerung und öffnete endlich seine Hose. Das war ein Fest. Das musste er unbedingt wiederholen. Seine Bewegungen waren jetzt gleichmäßig und je mehr er an sie dachte, desto mehr nahmen sie an Intensität zu.

      Wie sie um Gnade gewinselt hatte und er sie wieder und wieder … „Oooh!“, entfuhr ihm ein langer tiefer Seufzer. Das ist jetzt aber schnell gegangen, dachte er und wusste, dass er sich noch sehr oft an diesen Moment erinnern würde, den Moment, in dem sie gewusst hatte, dass sie ihm nicht mehr entkommen würde und ihre ganze Schreierei umsonst gewesen war. Dass die ihn noch zusätzlich angemacht hatte.

      Als er die Stange aus ihr herausgeholt hatte, war sie voller Blut gewesen. Eine richtige Sauerei. Das wollte dann auch gar nicht mehr aufhören. Bis ihm die Idee mit dem Messer gekommen war. Eigentlich wollte er sie ja sowieso abstechen. Das hatte er auch extra geübt. Aber dann hatte er es sich ganz spontan anders überlegt, ihre Haare gepackt und zack – war es vorbei mit ihr! Aber die wäre ja sowieso nicht mehr zu gebrauchen gewesen, nachdem er die Eisenstange … Er lachte, und sein Blick fiel hinüber zu der Tüte auf dem Boden, in der das Teil steckte und schon wurde er wieder ganz scharf. Vielleicht sollte er darüber doch noch einmal ausgiebig nachdenken, jetzt wo der größte Druck weg war. Denn je länger er sich in seiner Erinnerung damit beschäftigte, desto langsamer wurde der Zug und kam manchmal sogar ganz zum Stillstand.

      Kriminalhauptkommissar Josef Schneidlinger hatte den neuen Fall und sein Vorgehen gleich bei Dienstbeginn mit Oberstaatsanwalt Dr. Dieter Schwertfeger besprechen wollen, dabei jedoch erfahren, dass dieser im Urlaub war und er sich mit dessen Urlaubsvertretung arrangieren musste. Dass die Gnädigste, wie er sie später freundlich titulierte, nicht die Richtige war, erkannte er sofort. Lydia Ehrenberger hatte weder Interesse an einer gut geführten Teamarbeit noch war sie bereit, persönlich aus dem am Domplatz gelegenen Heinrichsbau zu ihnen in die Nibelungenstraße herüberzukommen.

      „Natürlich klären wir diesen Fall in Windeseile auf, gnädige Frau“, murmelte er, als er an Ramona vorbei zum Besprechungsraum ging, um die dort wartenden Kollegen zu instruieren. Die Sekretärin hatte seinen Satz aufgeschnappt und fragte sofort, ob sie etwas für ihn tun könne.

      „Bringen Sie der ganzen Truppe Kaffee, den werden wir brauchen“, erklärte er und versuchte sich in einem freundlichen Lächeln. Schließlich konnte die Sekretärin nichts dafür, dass sich die Staatsanwaltschaft hinter Floskeln verschanzte.

      Nun war Kriminalhauptkommissar Josef Schneidlinger seit seinem Dienstantritt bei der Passauer Mordkommission dafür bekannt, dass er seinen Kaffee am liebsten selbst zubereitete und anschließend, zur Reflexion der Lage, auch das Geschirr selbst spülte. Wenn er also ohne seinen eigenen, und wie Franziska gern spottete, heiligen Kaffeeautomaten unter dem Arm an Ramona vorbeiging und die Kaffeezubereitung delegierte, dann musste schon ein ganz besonderer Druck auf ihm lasten.

      „Dr. Schwertfeger genießt seinen wohlverdienten Urlaub, und die Staatsanwältin, die ihn vertritt, hat heute bereits einen Anruf von der Universitätsleitung bekommen“, erklärte er seiner Truppe und blickte einen nach dem anderen an. „Sie wissen, was das heißt?“

      „Dass der Täter seit gestern in seiner Zelle sitzen sollte“, schmunzelte Obermüller gelassen. Der Ermittler, dessen Körperbau man früher mit den Ausmaßen eines Kleiderschrankes verglichen hätte, war seit dreißig Jahren bei der Kripo. Bisher hatten ihn derartige Anforderungen noch nie aus der Ruhe gebracht. Ein tragischer Fall konnte ihn um den Schlaf bringen, oder die Sorge um die Kollegen. Aber eine Drohung der Staatsanwaltschaft sicher nicht.

      „Was war mit der Wohnung?“, fragte der Chef, ohne auf diesen flapsigen Kommentar einzugehen. Er mochte von Lydia Ehrenberger halten was er wollte, trotzdem würde er den Beweis antreten, dass er und sein Team einen Ruf zu verlieren hatten.

      „Praktisch nichts. Wir haben zwar nicht jedes Buch umgedreht, aber was wir gesichtet haben, wies auf keinerlei Beziehung hin“, erklärte Franziska.

      „Gut, dann soll die KTU jedes Buch umdrehen!“

      Annemarie verschluckte sich fast an einem Keks, an dem sie knabberte und hustete daher heftig, bevor sie nickte.

      „Was ist mit dem Handy?“

      Wieder nickte sie. „Wir sind dran, wobei derjenige, der es zerstören wollte, ganze Arbeit geleistet hat.“

      Schneidlinger blickte eher durch Obermüller hindurch als er anwies: „Gut, dann gehen Sie mit dem Kollegen Gruber auf den Campus und befragen Kommilitonen und Professoren. Gehen Sie in Uniform, zeigen Sie Präsenz. Finden Sie heraus, mit wem Vanessa Auerbach studierte oder sich sonst getroffen hat. Wer hat sie gekannt, wer weiß etwas über sie?“

      Jetzt blickte der Chef zu Franziska und Hannes. „Wer hatte Zugang zu dem Raum, in dem sie gefunden wurde? Wie sind Täter und Opfer hinein gekommen? Et cetera pp. Ich werde sehen, ob wir Verstärkung bekommen können, aber Sie wissen ja selbst, seit Passau das neue Lampedusa für alle Flüchtlinge ist, die über die Balkanroute nach Deutschland kommen, sieht es in dieser Hinsicht schlecht aus.“

      Als Ramona gleich darauf die Tür aufstieß, um das beladene Tablett hereinzubalancieren, gönnte er allen eine kurze Pause, die Franziska nutzte.

      „Wir haben zwar keinen Hinweis auf eine Männerbekanntschaft, aber ein Foto, das Vanessa beim Abschluss ihrer Schulzeit zeigt und ein weiteres unkommentiertes, vielleicht mit ihrer Clique.“ Sie schob beide Fotos über den Tisch. „Und zudem habe ich gestern Abend noch mit dem Bibliothekar über einen möglichen Zugang zum Tatort gesprochen.“

      Sie lächelte ein wenig zufrieden, weil auch Hannes sie erstaunt ansah und fuhr dann fort. „Durch die Bibliothek wäre nur jemand mit einem Generalschlüssel in dieses Dublettenmagazin gekommen. Der Bibliothekar war sich aber nicht sicher, ob nicht er selbst den Raum unverschlossen verlassen hat. Er ist wegen dieser Sache ziemlich zerknirscht“, berichtete die Kommissarin und dachte an seine umständliche Begründung. Dieser Bibliothekar war genau der Typ Mann, der seine Abende lieber an seinem Arbeitsplatz, in der Kneipe oder