Jörn Holtz

Paradies am Teich


Скачать книгу

sie Schwanger ist!“, sagte Angela kurz darauf bewundernd, ehe sie im nächsten Moment Annes Top einfach ein Stück hochzog. „Ja, wenn das mal kein süßer Spitzbauch ist!“, legte sie daraufhin ihre rechte Hand auf Annes Bauch und streichelte diesen dann mit zarten, aber festen Kreisbewegungen. „Da wird sich der Vater aber freuen!“, sah sie Anne vordergründig grinsend ins Gesicht, bevor sie anfügte: „Apropos, wo wir gerade von dem Vater reden, ist Ole eigentlich auch da?“.

      „Du weißt genau das Ole nicht der Vater des Kindes ist! Also was soll das?“, nahm Anne Angelas Hand von ihrem Bauch. „Und nein, Ole ist nicht da! Er arbeitet mit den anderen Männern den Maibaum auf“, fügte sie so wütend wie schon lange nicht mehr hinzu, während sie sich sorgsam wieder bedeckte. Dabei fixierte sie Angela aus dem Augenwinkel heraus. ‚Nein, sie hatte Angela und ihre Spielchen wirklich nicht vermisst!‘, grollte sie innerlich, bevor sie kurz bewusst tief bis in den Bauch hinein atmete.

      „Also dann“, besann sie sich wieder auf ihren eigentlichen Plan, wobei sie Angela mehr breit grinsend als lächelnd ansah. „Willkommen auf La Gomera! Soll ich dir vielleicht mit dem Gepäck helfen?“

      „Nein danke!“, lächelte Angela ebenso zurück, ehe sie ihr Gepäck aufhob.

      Mit schnellen, raumgreifenden Schritten ging Angela zur Finka hinüber, wobei sie schon von weitem die Deads mit Touch of Grey aus der Wohnküche Dröhnen hörte. Dort angekommen huschte ihr ein diebisches Lächeln übers Gesicht, während sie bewusst leise von hinten auf Leonora zuging, die am Arbeitstisch in die Musik versunken Brotteig knetete und dabei leise mitsummte. Kaum das sie hinter Leonora getreten war, legte Angela ohne Vorwarnung ihre Arme einfach um Leonoras Hüften, wobei sie sanft ihren Nacken küsste, bevor sie ihr laut ins Ohr schrie: „Hallo Lennie, hier hat sich ja wirklich gar nichts verändert!“.

      Wie von Blitz getroffen, zuckte Leonora kurz zusammen, bevor sie ihre Hände aus dem Teig zog und diese so nach oben schnellen ließ, als ob sie sich ergeben wollte. Mit kreidebleichem Gesicht und stark pochendem Herzen drehte sie sich daraufhin langsam nach hinten um. „Angela, du? Du hast mich ja eben fast zu Tode erschreckt, so etwas kannst du doch nicht machen!“, sagte sie erbost, ehe auch sie zu Lächeln anfing. „Oh wie schön, dass du es doch noch rechtzeitig geschafft hast! Warte bitte einen Moment! Der Teig ist eh gleich fertig und kann dann gehen“, sah sie kurz hilflos auf ihre mit Brotteig verschmierten Hände, ehe sie ein paar abschließende Knetbewegungen machte und den Teich noch ein paar Mal mit Schwung auf die Arbeitsplatte knallte. Daraufhin ging sie zur Spüle und drehte den Wasserhahn auf, über den ein Schild klebte mit der Aufschrift: agua de lluvia, und wusch sich gründlich die Hände. Nachdem sie dann auch noch die Musik leiser gedreht hatte, wandte sie sich wieder Angela zu und nahm sie überschwänglich in den Arm. „Gut siehst du aus! Sag, wie geht es dir?“, dabei drückte sie sie fest an sich.

      „Danke Lennie, wie immer alles in bester Unordnung. Unkraut vergeht halt nicht!“, erwiderte Angela die Umarmung. „Auch wenn ich nicht glauben kann, dass ich im Moment gut aussehe! Ehrlich gesagt, habe ich seit Tagen nicht geduscht, da ich auf der Fähre keine Kabine mehr bekommen habe. Doch das war mir egal, ich wollte doch unbedingt heute hier ankommen! Heute ist doch Beltane, oder?“

      „Sicher Kind, sicher! In einer Stunde ziehen wir los. Nimm dir etwas zu essen und dann ab unter die Dusche! Beltane ist immerhin das Fest der Reinigung und dass solltest du nicht so begehen!“, griff sie sich an die Nase und winkte mit ihrer rechten Hand in Richtung des Badezimmers.

      „Okay, ich geh mich dann mal frisch machen“, gab Angela ihr einen Kuss auf die Wange, bevor sie ihre Sachen von Boden aufsammelte und ging.

      Wie bei einem Kind rieb Sophia Martin liebevoll mit einem frischen, harten Handtuch über den Rücken, die Brust und den Armen, wobei sie gleichzeitig immer wieder seinen Nacken küsste.

      Martin saß währenddessen auf dem Wannenrand und genoss das behaglich, sinnliche Gefühl, welches sie mit dem Handtuch auf seiner Haut und in ihm auslöste. Doch als sie anfing seine Stümpfe vorsichtig zu trocknen, und zu betasten, öffnete er die Augen und sagte: „Nicht, dass mag ich gar nicht!“. Dabei legte er seine Hand auf ihre, um sie so am Weitermachen zu hindern.

      „Oh, entschuldige bitte!“, sah sie überrascht und ein wenig gekränkt zu ihm hoch. „Das tut mir leid! Ich wollte diesen schönen Moment nicht zerstören“, erhob sie sich langsam und nahm sein Gesicht in ihre Hände, um zärtlich seine gekräuselten Lippen zu küssen, bevor sie sein Gesicht in ihren vollen Busen presste.

      Kurz genoss Martin das Gefühl darin zu versinken, und ihren lieblichen Geruch in sich aufzusaugen. Doch dann mit einem Mal legte er seine Hände gegen ihr Becken und stieß sie unsanft von sich weg. „Danke, das reicht!“, sagte er dabei schroff, ohne aufzuschauen, wobei er schwer ein- und ausatmete.

      „Ach Martin, nun komm schon! Ich hatte mich doch schon entschuldigt!“, sah sie mit einer Mischung aus Mitleid und Unverständnis zu ihm hinunter, bevor sie sich unsicher neben ihn auf den Wannenrand setzte, wobei sie den Wunsch unterdrückte, ihn in den Arm zu nehmen. Stattdessen legte sie ihren Kopf zur Seite und betrachtete ihn eine Zeitlang, bis sie die angespannte Stille nicht länger ertrug: „Weißt du, ich mag dich einfach so, wie du bist!“.

      „Danke, dass ist nett! Nur, was weißt du denn schon großartig von mir. Außer das du mich vorhin hier vorgefunden hast, wobei es ziemlich offensichtlich war, dass ich die Nacht mit deiner Mutter verbracht habe“, sah er ihr ungläubig in die Augen, bevor er sich unsicher von ihr abwandte.

      „Und das sagt mir, dass sie einen ziemlich guten Eindruck von dir haben muss. Ansonsten hätte sie dich nicht eingeladen über Nacht zu bleiben. Sie hat nämlich eine ziemlich gute Menschenkenntnis und hat bestimmt ebenso deine sehr schöne Aura bemerkt“, rückte sie vorsichtig ein Stück näher an ihn heran und küsste ihn sanft über den Rücken.

      „Das ist ja man interessant! Ich habe also eine sehr schöne Aura und was genau siehst du darin?“, sah er sie irritiert an.

      „Oh, du meinst, was ich genau darin sehe?“, lächelte sie ihn an, bevor sich konzentriert ihre Stirn kräuselte. „Also, zunächst einmal spüre ich nur deine Astralaura und die hat zurzeit sehr starke Blautöne, welche die darunterliegenden Purpurroten Töne überdecken.“

      „Ach so, ja dann, dann ist ja alles klar!“, lachte Martin plötzlich spöttisch, während er sich daran machte seine Prothesen anzulegen. „Und ich kann mir denken das ist nichts Gutes, oder Hippiekind?“, drehte er sich zu ihr hin und warf ihr einen kurzen kritischen Blick zu.

      Bei dem Wort Hippiekind musste Sophia grinsen, war ihr Vater doch der Antihippie schlecht hin und wie ihre Eltern zueinander finden konnten und sie dabei herauskommen konnte, ist ihr bis heute ein Rätsel. So gab sie sich mittlerweile mit der Annahme zufrieden, dass dies eigentlich nur mit Drogen zu tun haben konnte. Unabhängig davon konzentrierte sie sich weiter darauf, Martins Frage zu beantworten: „Okay, kurz zusammengefasst: Du bist ein spiritueller, kreativer und zielorientierter Mensch, nur neigst du zur manischen Depression und Isolation!“.

      „Na super, dann hat deine Mutter dir also doch von mir erzählt. Das ist ja…“, fing er gerade an sich aufzuregen, da wurde er mitten im Satz dadurch unterbrochen, dass sich erneut die Wohnungstür öffnete.

      Kopfschüttelnd sah Leonora Angela amüsiert hinterher, wobei sie Anne bemerkte, die die Begrüßung der beiden aus einigem Abstand beobachtet hatte. Kurz betrachtete sie Anne eingehend, ehe sie sagte: „Irgendwie verspüre ich gerade eine Spannung in der Luft, die noch nicht da gewesen ist, bevor Angela hier aufgetaucht ist. Hast du dafür vielleicht eine Erklärung?“.

      „Ich, nein wieso?“, schüttelte Anne verneinend ihren Kopf, während sie dabei abwehrend ihre Arme vor der Brust verschränkte und auf den Boden starrte.

      „Schade, denn ich wüsste nur zu gerne, warum Angela in dir so viele negative Gefühle auslöst“, setzte Leonora ein mütterliches Lächeln auf und ging ein paar Schritte auf Anne zu.

      „Häh, wie kommst du denn auf so was?“, wurde Annes Stimme mit einem Mal eine Nuance tiefer und aggressiver.

      „Oh, das ist nicht