J.D. David

Sternenglanz


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Arved, der Herzog von Rethas. „Wir haben einen Boten in Ostwacht aufgegriffen. Die verbliebenen Adeligen Kargats haben die Situation in Hoheneck anscheinend stabilisiert. Bisher hat das Kaiserreich noch keinen großangelegten Angriff unternommen, seit die Truppen im Frühjahr zurückgeschlagen worden waren.“

      Vincent nickte dem jungen Herzog dankend zu. Arved war am ehesten in seinem Alter, und trotz der erbitterten Feindschaft ihrer Väter verstand er sich mit ihm sehr gut. Nicht zuletzt wegen der gemeinsamen Zeit in Taarl, in der Runde mit Luna, Lerke, und ihm. Nachdem Sanja aus ihrer Mitte gerissen worden war.

      „Dann beginnt alles so wie geplant. Also müssen wir uns an die Planung des Hauptangriffes machen. Forgat, Celan, Arved, welche Truppen könnt ihr bis ins Frühjahr zum Eisentor führen?“, fragte er die Herzöge direkt. Über die Truppen der Kronlande hatte er das Kommando und konnte deren Stärke gut einschätzen. Doch wie sich die Armeen der Herzogtümer entwickelt hatten, war ihm zu diesem Moment nicht vollständig klar.

      „Wenn wir nach Süden ziehen, werde ich mehr Männer zum Schutz der Grenzen zurücklassen müssen als für den Sturm auf Elorath.“, sagte Celan. „Ich werde etwa sechshundert Reiter und zweihundert Fußsoldaten anführen können.“

      „Ich werde Tandor mit fünfhundert Fußsoldaten und Bogenschützen ergänzen können. Mehr kann ich nicht aufbringen, wenn wir Ostwacht und die Ostgrenze weiter verteidigen wollen.“, sagte Arved. Obwohl Lerke die eigentliche Erbin und Herzogin war, verantwortete er die meisten militärischen Belange des Herzogtums, während sie in Grünburg regierte.

      „Ich werde in Thorians Namen vierhundert Soldaten führen können, beritten oder schwer gerüstet. Dazu noch Freiwillige und Partisanen.“, ergänzte Forgat. Das Heer Fendrons war durch den Angriff des Kaiserreiches am stärksten dezimiert worden. Andererseits musste Forgat keine Außengrenze verteidigen, nachdem ein stabiler Waffenstillstand mit den Nordmännern bestand. Denn nach der Befreiung Valoriens hatte Celan die einstigen Gebiete wieder an Fendron abgetreten, die im Norden an Valor Kath grenzten.

      Vincent zählte im Kopf zusammen. Mit den Truppen der Kronlande kamen sie auf fast dreitausend Mann. Mit den Urben von Narthas und den kargatianischen Aufständischen vielleicht fünftausend. Sie waren dem Kaiserreich zahlenmäßig noch immer unterlegen, wenn er davon ausging, dass eine vollständige Armee im südlichen Königreich stationiert war. Ihr Vorteil mussten die Partisanen in der Bevölkerung sein, die verhinderten, dass kaiserliche Soldaten auch nur irgendwo in Ruhe rasten konnten. Dennoch lag viel Ungewissheit vor ihnen.

      „Das sind gute Neuigkeiten. Rüstet eure Armeen über den verbleibenden Winter. Mit der Schneeschmelze sammeln wir uns vor Burg Eisentor, um zuzuschlagen.“, befahl der König, wandte sich dann aber an Taskor. „Taskor, deine Hilfe wird jenseits von Valorien benötigt. Arved wird dir einige Männer zur Seite stellen, um über Ostwacht nach Kargat zu reisen. Wir müssen die verbliebenden Truppen in Hoheneck überzeugen, sich uns anzuschließen. Und wir müssen ihnen helfen, ihre Stellung zu halten, falls die Armeen des Kaiserreiches im Frühjahr einen erneuten Vorstoß wagen sollten.“

      Der Angesprochene nickte nur wortlos. Er hatte schon lange vorher gegenüber der Königin seinen Wunsch geäußert, Kargats Widerstand von innen zu unterstützen. Berlan und Sivert waren weniger bekannt, hatten aber in der Bevölkerung weit bessere Beziehungen, durch ihre Kontakte bei einstigen Unterstützern des Nachtrudels. Ihnen war die Aufgabe zugefallen, Unterstützung in den besetzten Städten des Westens zu mobilisieren. Doch trotz der heimlichen Flucht war Taskor immer noch mehr General denn Spion. Die Führung in Hoheneck entsprach eher seinen Fähigkeiten.

      „Ich werde mit Branwulf nach Lyth Valor reisen, um auf die Ankunft von Luna zu warten. Wenn die Königin wieder in Elorath ist, werde ich die verbleibenden Männer zum Eisentor und darüber hinausziehen.“, sagte Geron. Seit Luna weggegangen war, war er auch Vincent mit Rat zur Seite gestanden, wie er es für die Königin getan hätte. Er wusste sie bei Arthur in guten Händen, konnte aber den Tag nicht erwarten, sie wieder im sicheren Valorien zu wissen. Er war gegen diese Reise gewesen, aber Luna hatte gute Argumente auf ihrer Seite gehabt. Und die Macht, als Königin das letzte Wort zu sprechen. So hatte er sich fügen müssen.

      „In Ordnung. Wir werden in den nächsten Tagen die weitere Planung konkretisieren. Seid alle bis dahin meine Gäste in der Kronburg.“, sagte Vincent und erhob sich.

      „Gewicht weniger auf den vorderen Fuß. Du willst mir doch ausweichen können. Balance halten. Steh nicht da wie ein Ackergaul. Du musst schnell sein, wie eine Katze.“ Florenzos Tadel begann schon bei der Grundhaltung des jungen Knappen. Obwohl Richard von Fendron eigentlich bei Herzog Arved von Rethas in der Knappschaft stand, hatte der Besuch in Elorath ihm die zweifelhafte Ehre eingebracht, vom südländischen Fechter ausgebildet zu werden. Mit seinen braunen Locken und blonden Strähnen war er seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur dass die verschwitzen Haare im aufgrund der Anstrengung im Gesicht klebten. Seit seiner Ankunft hatte sich Florenzo schnell zum Fechtlehrer vieler Adeliger und Krieger entwickelt. Er brachte Elemente in eine Lehrstunde, die kaum ein valorischer Streiter vermitteln konnte. Balance. Körperspannung. Beinarbeit. Die Kunst, ein feine Klinge tödlich zu führen. So war es kein Wunder, dass Florenzo stets wissbegierige Schüler hatte. Oder eben Schüler, deren Herren sie zu den Lehrstunden beim strengen Lehrer verdonnert hatten.

      „Nun deine Hand. Du greifst die Klinge viel zu fest, verkrampft. Du sollst das Heft nicht zerquetschen. Die Klinge muss eins werden mit deinem Arm.“, fuhr Florenzo fort und korrigierte währenddessen Richards Griff der Klinge. Dann trat er einige Schritte zurück und hob seine eigene Klinge.

      „Also dann, nächste Runde. Und denk daran, Richard. Du musst die Klinge führen, wie das Liebesspiel mit einer Frau. Zärtlich, vorsichtig, und dennoch bestimmt und führend.“, sagte Florenzo. Bevor er zum Kampf ansetzen konnte, hörte man deutlich das Räuspern von Forgat, der den beiden zuschaute. Er blickte ernst zu Florenzo, der mit einem Lächeln antwortete. „Obwohl du natürlich das Liebesspiel noch gar nicht kennst.“, fügte er mit einem Zwinkern hinzu. Dann trat er nach vorne und die Klingen prallten aufeinander.

      „Der Junge macht sich gut.“ Forgat drehte sich um und erkannte Geron, der näher an ihn herantrat.

      „Ja. Er hat gute Lehrer.“, stellte der Herzog fest. So schmerzlich der Verlust von Victor gewesen war, so erfreulich die Entwicklung des neuen Erben Richard. Als er selbst gefangen gewesen war, hatte der jüngere Sohn die Rolle des ersten Mann Fendrons angenommen, und sich als Stütze für das ganze Herzogtum entwickelt, um auch seiner Mutter zu helfen. Nach der Krönungszeremonie hatte Forgat den jungen Herzog von Rethas gebeten, die Ausbildung seines Sohnes abzuschließen, nachdem dieser bisher von ihm selbst in Tjemin geschult worden war. Seitdem stand Richard in der Knappschaft von Arved, und schien jeden Monat mehr zum Mann heranzuwachsen.

      „Nein, nein, nein.“ Florenzos Ausspruch hallte über den Hof, als die Übungsklinge von Richard klirrend zu Boden gefallen war. „Du sollst mit deinem ganzen Körper die Wucht des Schlages abfedern, nicht das Heft loslassen.“, tadelte der Lehrer den Knappen, nachdem er mit einer Drehung seiner Klinge das Schwert des Jungen aus dem Griff gelöst hatte.

      „Und er hat noch viel zu lernen.“, sagte Forgat leise zu Geron, während Richard die Klinge aufhob und sich demütig vor seinem Gegner verneigte.

      „Gönnst du meinem Knappen eine kurze Pause? Der Junge scheint erschöpft.“, sagte dann Arved und erhob sich von der Kiste, auf der er am Rand gesessen und zugeschaut hatte. Er ging auf Richard zu und klopfte ihm auf die Schulter. „Gut gemacht. Gib mir deine Klinge.“, sagte er und reichte dem jungen Mann im Gegenzug seinen dicken Fellmantel. Richard warf sich diesen sofort um, denn ohne die Bewegung kroch die Kälte sofort in die Knochen. Arved hingegen trat durch den Schnee vor Florenzo und hob die Klinge.

      „Erweist du auch mir die Ehre?“

      „Mit Vergnügen, Euer Gnaden.“, antwortete Florenzo, verneigte sich leicht, und preschte dann nach vorne. Der Kampf der beiden Männer war ein vollkommen anderes Schauspiel. Florenzos Kampfkunst basierte auf Finesse und Balance, einer schnellen Beinarbeit, und gezielten Stichen und Hieben mit der Klinge. Doch Arved stand dem in nichts nach. Während er nicht die blanke Kraft seines Vaters