Daniela Zörner

Fürstin des Lichts


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empörte sich Leya, als ich von dem Duft heißen Kakaos aufwachte.

      „Na, eine muss ja nach dem Rechten sehen, ihr Rumtreiberinnen“, konterte ich. „Wo wart ihr denn?“

      „Wir haben bei Tageslicht die Fresken in Santa Christiana bestaunt.“ Leichthin bemerkte die Elbe: „Unsere Fürstin ist ausnehmend gut getroffen.“

      Entgeistert stand mir der Mund offen. „Sie hängt unter der Decke?“

      Die Zwei amüsierten sich königlich. So gegensätzlich waren sie in ihrer Art, dass sie einander wie Magnete anzogen.

      „Wieso sagt mir das keiner?“, nörgelte ich und rief die Malerei in meinem Gedächtnis auf. „Welche ist es denn?“

      „Die Elbe mit der winzigen Krone“, half Elin.

      Die Krone war mir völlig entgangen. „Oh, Joerdis ist … ihre Augen sind …“ Mir fehlten die Worte für das Sehen und Fühlen beim Anblick der überirdisch schönen und stolzen Elbenfürstin. „Aber, sah sie denn wirklich so aus?“

      Beide bestätigten es. Nun konnte ich gar nicht genug von ihrem Antlitz bekommen.

      „Reiß dich mal los, du brauchst doch bloß in den eigenen Spiegel zu schauen“, polterte Leya ungeduldig.

      Das Bild verflog.

      „Du bist echt doof, niemals könnte ein Mensch so wundergeheimschön aussehen.“

      Elin und Leya guckten sich an und brachen in trällerndes Gelächter aus.

      Doch genau mit dieser fatalen Reaktion, so dämmerte Elin wenige Augenblicke später, hatten sie die nächste Chance verspielt, mich von dem real existierenden Double zu überzeugen.

      „Lässt sich mit euch heute noch vernünftig reden? Ich müsste ein paar Fragen loswerden.“

      Ergeben hockten sich die Elben vor mir auf den Rasen und wir begannen unseren Gedankenaustausch.

      „Ja, Lilia, die Dämonen sprechen unsere universelle Sprache, denn wir besitzen einen gemeinsamen Stamm“, beantwortete Elin meine erste Frage.

      „Und ihr verstreuten Elben, wie könnt ihr untereinander Kontakt halten?“

      Überraschend traurig erklärte Leya, dies sei einzig über die Sternelben möglich.

      Das war mir echt zu hoch. „Aber ihr besitzt doch die Fähigkeit, da zu erscheinen, wo immer ihr wollt.“

      „Die Grenzen der Kontinente begrenzen auch unsere Fähigkeit des Seelensprungs von Ort zu Ort. Wir müssten wie die Menschen reisen. Doch ist es uns untersagt, unseren Wirkungsort zu verlassen.“

      Wehmütig fuhr Elin fort: „Du bist Trägerin des letzten verbliebenen Amuletts. Vor langer Zeit dienten diese vor allem unserer Verständigung. Aber sie gingen in den Dämonenschlachten und Menschenkriegen verloren. Die Suche nach verschollenen Amuletten bleibt uns verwehrt, wie Leya dir gerade erklärte.“

      Ein inneres Bild flackerte auf. Es zeigte mich vor einer Festung oder gewaltigen Mauer stehend. Mit spontaner Begeisterung verkündete ich: „Aber ich kann sie suchen!“

      „Nein! Du würdest in unkalkulierbare Gefahren rennen, das ist die Sache nicht wert“, wiegelte Leya energisch ab.

      „Nicht wert? Die wenigen für uns Menschen unschätzbar wertvollen Elben zusammenführen? Das nennst du wertlos?“

      Elin ergänzte beschwichtigend, ich selbst sei für sie wertvoller als die Amulette. Dahinter keimte jedoch ihre Erkenntnis, dass dieser Zug bereits unaufhaltsam rollte.

      „Absolut, Elin! Wenn die Sternelben wissen, wo die Amulette verborgen liegen, hole ich sie.“ Die Gelegenheit, mich mal zu revanchieren, musste beim Schopf gepackt werden.

      „Dickköpfig wie ein Teenager …“, grummelte Leya.

      „… und stur wie ein Maulesel“, vollendete Elin klagend den Satz.

      „Na und?“, zuckte ich bloß mit den Schultern. „Falls ihr mich sucht, ich fahre vom Gartenhaus aus sofort nach Santa Christiana.“

      „Wie umständlich“, murmelte Leya deutlich hörbar.

      Selbstverständlich wusste der Sphärenchor etliches über den Verbleib der Amulette. Bloß wollten sie zum x-ten Mal keine Arie über ihre Geheimnisse singen. Ihre vorgeschobene Furcht um meine Sicherheit fand ich zwar nett, mir selbst war sie jedoch total egal.

      Letztlich rang ich ihnen einen einzigen Versuch in Italien ab. Das Land war uralte Heimstätte der Dämonen, kam nebenbei heraus. Und da dachte jeder halbwegs gebildete Mensch bei Italien zuallererst an Kunstschätze, Kirchen und Kardinäle.

      Neben italienisch trichterten mir die Lichtwesen noch ein gerütteltes Maß an guten Ratschlägen ein. Außerdem stellten sie die nicht verhandelbare Bedingung, die komplette Prozedur müsse binnen Tageslichtfrist bewältigt sein. Das bedeutete jetzt im Winter ein arg knappes Zeitbudget.

      Am nächsten Morgen flog ich von Berlin-Tegel aus mit der ersten Maschine nach Rom.

      Die Aktion verlief dermaßen unspektakulär, sprich Amulett am Ufer des Tibers aus dem Schlick aufrufen und wieder zurückfliegen, dass weitere Worte darum nur Papier verschwenden würden.

      Elin und Leya erwarteten mich halb irre vor Sorge und Ungeduld im Feenhaus. Ich glaube, sie hätten mir am liebsten bei Jubelgesängen den blanken Hintern versohlt. Ehrfürchtig brachten sie das blütenförmige, mit Rosenquarz besetzte Schmuckstück wieder auf Hochglanz.

      Übrigens umklammerte mich das Jagdfieber von diesem Tag an so fest wie zusammengeschmiedete Ketten. Doch wie das echte Leben so herumspielt, folgte zunächst eine harte Geduldsprüfung.

      Am heutigen Abend allerdings feierten wir im Feenhaus ausgiebig die Aufhebung von Leyas ewigem Bannmartyrium. Sprich, wir steckten all unsere geballte Frauenpower an Magie in die Wahnsinnsarbeit, ihr Sommerparadies über das Verschwinden des Bannwalls hinaus zu retten.

      In der Silvesternacht hingen wir Drei völlig erledigt, umflattert von Nachtfaltern, in unseren Gartensesseln.

      Am Neujahrstag legten die Sternelben für mich drei elbische Unterrichtstage pro Woche fest. Nämlich montags, mittwochs und samstags von fünf bis sieben Uhr – morgens, versteht sich.

      „Könnte jemand für meine Wenigkeit das Schlafdoubeln übernehmen?“

      „Du warst einverstanden“, summte die Lichtschar.

      „Aber die Amulette …“

      „… gehören an das Listenende deiner Aufgaben.“

      Kleine Prioritätenverschiedenheit unter Freunden.

      Wenn überhaupt, kamen ausschließlich Sonntage für Abenteuertrips infrage, passende Flugverbindungen vorausgesetzt. Wodurch das schwierig zu erreichende Albanien schon mal flach fiel. Um in Nordnorwegen herumzustochern, reichte das dortige Tageslicht nicht aus.

      „Sind das bereits alle erreichbaren Plätze?“, löcherte ich die Sternelben trotz ihrer Planvorstellungen erbarmungslos.

      „In Schottland findest du ein weiteres Amulett.“

      Ihre Auskunft kam im Rückblick sowohl zu freiwillig, als auch zu schnell.

      Klar biss ich fiebrig den Köder ab. „Erste Sahne. Wo?“

      Aus dem Buch „Inghean“

      Die Schicksalsfäden sind in unheilvolle Schwingungen geraten. Weder Lilias menschlicher Seelenteil noch ihr Herz wollen sich unterwerfen.

      Katjas Team startete ausgeruht in das neue Jahr. Die Kollegen