Daniela Zörner

Fürstin des Lichts


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um die Anwendung neuer Software. „Magie ist einfach ein Werkzeug, das sauber angewendet werden muss. Sicherlich kennt ihr die Klagen über fehlende Schlüssel an den von mir verwendeten Handschellen.“

      Halbherziges Gelächter machte die Runde.

      Mit offensichtlichen Rachegelüsten gab Axel den nächsten Querschuss ab. Er knurrte: „Wieso kannst du ohne Schutzweste und Waffe rumlaufen?“

      „Der scheint ja eine dicke Rechnung mit mir offen zu haben.“

      „Neid, Lilia“, kommentierte die Sphäre.

      Wenigstens kam mir ein rettender Gedanke. „Okay, lasst mich kurz ausholen, indem ich eine Gegenfrage stelle. Was geschieht, wenn ihr euch der Sonne aussetzt?“

      „Hoffentlich braun werden.“

      „Und schlapp, müde.“

      „Bei mir läuft das aber anders. Ich werde nicht braun, dafür putzmunter.“

      „Ach, deswegen hast du so ‘ne tolle Haut.“ Typisch Jan.

      „Wenn man ein dickes Metallstück in die Sonne legt, strahlt es später im Schatten noch lange Wärme ab.“

      „Hey, sind wir hier in der Schule? So blöd sind wir nun auch wieder nicht“, fuhr mir John sichtlich genervt in die Parade.

      „Mach hier keine Riesenwelle, da ist sowieso nur mächtiger Hohlraum drunter“, fauchte Katja ihn mit blank liegenden Nerven an.

      Gegen den zu recht einsetzenden Tumult laut anredend, antwortete ich John: „Dann verrate mir bitteschön mal, wie ich euch sonst verklickern soll, dass ich Licht als Energie aufnehmen und gezielt wieder abgeben kann.“

      „Willst du uns verarschen?“

      Das Chaos feierte fröhlich High Fidelity.

      Ich brüllte: „Ruhe! Und wenn mir jetzt gleich einer in Ohnmacht fällt, ist John für die Mund-zu-Mund-Beatmung zuständig. Kapiert?“

      Neuerliches Gejohle und ein weibliches „Iiih!“ schallten durch den Raum.

      Jan schloss die Jalousien und ich begab mich bei gedämpftem Licht in die Mitte der beiden Tischreihen.

      „So, ich demonstriere euch die Abgabe von Energie.“

      Mucksmäuschenstille.

      Während ich allmählich erleuchtete, redete ich betont ruhig weiter. „Dieses Licht schützt meinen Körper vor Kugeln, Messerstichen und ähnlichen Brutalitäten unseres Jobs. Aber es leistet noch mehr. Axel fragte eben nach meiner fehlenden Waffe. Wenn ich will, entsteht aus einem Teil der Energie beispielsweise eine Lichtkugel. Mit so einem Ding habe ich den Täter im Supermarkt geblendet.“ Nebenbei erschien eine Kugel auf meiner ausgestreckten Hand.

      „Ach du Scheiße!“

      „Echt jetzt?!“

      „Ich muss high sein.“

      „Boah, coole Nummer.“

      Wenige Augenblicke später endete meine Darbietung. „Macht mal die Jalousien hoch.“

      „Kannst du das etwa nicht?“, muffelte John.

      „Ich denke, für heute ist euer Bedarf an Magie gedeckt. Obwohl …“, skeptisch blickte ich reihum, „… wollt ihr Sandwiches?“

      Ein vielstimmiges „Haben wir uns verdient“ und „her damit“ kam als Antwort. Also zauberte ich direkt vor ihren Nasen das wohlbekannte Riesentablett herbei.

      Unverkennbar biss der eine oder die andere recht zögerlich in die Köstlichkeit.

      Ich grinste erleichtert über den durchgestandenen Schleudergang. Ehrlich betrachtet, hatten sie höchstens auf die Hälfte ihrer Fragen eine halbwegs akzeptable Antwort erhalten. „Sei auf der Hut“, schärfte ich mir ein.

      Nach der normalen Besprechung unter Katjas einigermaßen entspannter Regie schnappte ich mir das Problemkind.

      „Axel, tritt deinen Neid in die Tonne. Wüsstest du alles über mich, würdest du dich lieber tot wünschen, als mit mir zu tauschen.“

      Er fuhr zusammen, weil ich ihm dicht auf die Pelle rückte und zudem direkt in seine blassblauen Augen schaute.

      Mit ausgestreckter Hand bot ich an: „Komm, lass uns Frieden schließen.“

      Seine schlaffe Hand griff zögerlich zu, dann trollte er sich schleunigst.

      Sofort bat ich die Sternelben um Auskünfte.

      „Axel übt den falschen Job aus. Dabei besitzt er außergewöhnliche Fähigkeiten für virtuelle Technologien. Außerdem sieht er sich im Team sehr starken Frauen gegenüber. Er hingegen konnte sich bislang nicht eingestehen, schwul zu sein.“

      „Wüsstet ihr passende Arbeit für ihn?“

      „Ja, beim Nachrichtendienst. Doch dafür müsste Axel vorab seine eigene Identität finden. Die Eignungsprüfung ist erbarmungslos.“

      Im Tagesverlauf nutzte ich jede freie Sekunde, um mir über Axel den Kopf zu zermartern. „Wie? Wie? Wie?“ Irgendwann rasteten dann doch die richtigen Gehirnverbindungen ein. „Mensch, Jay! Die Lösung liegt direkt vor der Haustür!“ Ich griff zum Handy und wurde flott von Schwester Janine durchgestellt.

      „Hi Lil, was hast du auf dem Herzen?“

      Kurz schilderte ich ihm Axels privates Drama.

      „Also ich würde mit ihm keinesfalls in einschlägige Bars gehen. Oder woran dachtest du?“

      Zaghaft fragte ich: „An einen Besuch bei euch heute Abend in meiner Begleitung?“

      „Hmmh, wäre durchaus eine Möglichkeit. Aber ich kann keine Erfolgsgarantie übernehmen.“

      „Du bist ein Schatz!“

      Gegen Abend beobachtete ich den Kandidaten für mein Überfallkommando unentwegt. Im entscheidenden Moment griff ich beherzt zu. „Hast du schon was vor?“

      Völlig irritiert guckte Axel erst einmal um sich, wer wohl gemeint sein könnte. „Wer? Ich?“

      „Ich möchte mich nochmal in Ruhe mit dir unterhalten. Magst du mitkommen?“

      „Äh, ich habe, ich weiß nicht …“

      „Auf geht’s.“

      „Wohin denn?“, fragte Axel misstrauisch.

      „In mein Haus.“

      Aus unerfindlichen Gründen lief er brav neben mir her und stieg dann auf dem Parkplatz in meinen Wagen.

      Schweigsam brachten wir die Autofahrt hinter uns.

      Erst als wir das Tor zum Gartenhaus passierten, begann mein Kollege sich unruhig umzuschauen.

      „Hier wohne ich.“

      Er glotzte das Haus an. „Toll! Du musst ja Kohle haben.“

      Gemächlich betraten wir mein Zuhause und schließlich die Küche.

      „Ein Wintergarten.“ Axel marschierte los. „Echt gute Pflege. Auch Kakteen-Fan, was?“, kommentierte er mit offensichtlichem Kennerblick.

      „Okay, parlieren wir über Pflanzen, wenn es denn hilft.“

      Während die stacheligen Objekte ihre auftauende Wirkung entfalteten, drückte ich ihm sein Lieblingsbier in die Hand.

      Ein sinnvoller Übergang von Kakteen hin zu IT? „Puh, nee!“ Dann auf die beiläufige Art. „Zufällig weiß ich, wo ein Job zu haben wäre, bei dem du dich richtig austoben kannst.“

      Sein erschrockenes Gesicht schnellte zu mir herum. „Will Katja mich loswerden?“

      „Nein, nichts dergleichen.“