Daniela Zörner

Fürstin des Lichts


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Talente und deine Zukunft.“

      Seine Neugierde siegte tatsächlich. „Was für ein Job?“

      Meine Beschreibung brachte seine Augen zum Leuchten. „Das wäre der Hammer!“

      „Tja, bliebe der zweite Akt zu bewältigen.“ Auch wenn Beiläufigkeit als Taktik eben gescheitert war, musste sie nochmals ran. „Gleich bin ich mit lieben Freunden zum Essen verabredet. Die beiden wissen bereits, dass du mitkommst.“

      Totale Unsicherheit waberte. „Einfach so? Ohne mich zu kennen?“

      „Einfach so.“

      Erst als der komplette halbe Liter Bier sein Gehirn minimal beruhigte, zogen wir los. Da ich am Auto vorbei in Richtung des Brunnens strebte, blieb mein Kollege plötzlich wie angewurzelt stehen.

      Hinter mir ertönte: „Zu Fuß? Echt?“

      Ganz früher einmal hätte ich als Antwort sarkastisch Lauflernschuhe zur Ausleihe angeboten. Stattdessen deutete ich auf das hell erleuchtete Vorderhaus und erklärte: „Dort wohnen sie.“

      Wenige Schritte vor ihrer Haustür zündete ich einen perfekten Rohrkrepierer. „Meine Freunde heißen übrigens Jay und Schorsch.“

      Bei jedem Schwulen würde es auf der Stelle klicken. Von Axel hingegen kam keine Reaktion.

      „Das wird entweder ein extrem langer Abend oder ein totales Fiasko. Habe ich Recht?“

      Die Sternelben pflichteten mir bei.

      Doch meine Freunde verhielten sich absolut brillant. Ihr ganz normales, lockeres Paarleben lief vor Axels wachsamen Augen ab. Diese Selbstverständlichkeit löste irgendwann während der nächsten drei Stunden sachte jenen Schalter, der im Innenleben meines Kollegen klemmte. Als sein Gesicht vor Glück glühte, atmete ich auf.

      Schorsch behielt bis zum Schluss fest die Zügel in seiner Hand. „Morgen Abend gehen wir mit ein paar Freunden ins Kino. Wie wär’s, kommst du mit, Axel?“

      „Ja, super Idee und echt ein dickes Danke für den tollen Abend bei euch.“

      Das bestellte Taxi verschluckte den Bierseeligen und ich stöhnte: „Gebt mir mehr Wein.“

      Jay und Schorsch bogen sich vor Lachen.

      Dann aber wurde Schorsch unerwartet ernst. „Ich weiß aus eigener Erfahrung genau, was Axel durchmacht. Und da er ein netter Kerl zu sein scheint, sollten wir ihn vorerst unter unsere Fittiche nehmen. Oder, Jay?“

      Meine Freunde klatschten ab, und ich fiel ihnen dankbar um den Hals. Manche Menschen besaßen eben ihre ganz eigene, wunderbare Magie.

      Die verlockende Aussicht, noch vor Mitternacht freie Zeit für mich zu haben, erwies sich beim Verlassen ihres Hauses als Trugschluss. Vor dem Tor wieselte Konny herum.

      „Wie sehr Katja und er sich manchmal ähneln!“ Alarmiert fragte ich nur: „Wo brennt es?“

      Verlegen entgegnete er: „Ich könnte deine Spürnase gebrauchen, inoffiziell.“

      Noch während wir den Kiesweg entlang gingen, sprudelte sein Anliegen ohne Punkt und Komma heraus. Konny berichtete von einem Informanten, der behauptete, an brisantes Material über einen globalen Konzern gelangt zu sein.

      „Du willst wissen, ob an der Sache was dran ist“, riet ich und öffnete dabei „menschlich“ die Haustür.

      „Na ja, das wäre ein ziemlicher Brocken, vorsichtig formuliert.“

      „Schon kapiert. Hast du Hunger?“

      „Ehrlich gesagt, mein Magen klebt unter der Schuhsohle. Ich habe mal was von deinen genialen Sandwiches läuten hören“, meinte er hoffnungsvoll.

      So lotste ich den zweiten Gast dieses überlangen Abends in meine Küche. „Setz dich doch.“

      Um ihn keine Magie sehen zu lassen, holte ich die gezauberten Sandwiches mitsamt der Milchflasche aus dem Kühlschrank.

      „Milch?!“, sagte Konny exakt so, als würde ich ihn für einen Dreijährigen halten.

      „Immer das gleiche Theater“, dachte ich meine Augen verdrehend. „Absolut Milch. Du stärkst dich und ich benötige ein paar Minuten zum Denken.“ Damit zog ich mich in den Wintergarten zurück.

      Dort begann ich auf und ab zu schlendern, derweil die Sternschalte anlief.

      „Seid ihr für Wirtschaftskriminalität überhaupt zuständig?“

      „Sehr komisch, Lilia. Das ist keine klassische Wirtschaftskriminalität. An den Händen des Konzernvorstands klebt literweise Blut. Konrad könnte in ernste Gefahr geraten, wenn seine Ermittlungen durchsickern.“

      „Soll ich Konny abraten?“

      „Nein, du musst jedoch auf sein Team achtgeben.“

      „Habt Ihr Informationen für mich?“

      „Selbstverständlich“, brummten sie, „aber öffne zuerst deinen Zauberkasten, sonst stehst du heute früh noch hier.“

      Mit einer frisch geöffneten Worddatei setzte ich mich Konny gegenüber. Bevor er fragen konnte, versetzte ich: „Sei bitte still, bis ich wieder rede.“

      Entspannt griff der Kommissar nach dem letzten Sandwich. Sein Milchglas war übrigens fast geleert.

      So ungefähr musste sich ein Durchlauferhitzer im Betrieb fühlen. Es dauerte und dauerte und dauerte. Gedankenversunken orderte ich magisch Tee. Konny zuckte zusammen.

      „Tschuldigung.“

      Tapfer blinzelte der Kommissar seine starke Irritation weg.

      Unumwunden bekam er nun das Ausmaß seines Vorhabens geschildert. Danach zog ich ein Fazit: „Im Klartext erwarten dich Killer, Korruption und Lebensgefahr für jeden von euch, der es wagt, in dem Sumpf herumzuschnüffeln. Auf der Habenseite stehen für den Anfang 153 Dateien.“

      „Für den Anfang?“, rief Konny geschockt aus.

      „Für den Überblick, wie fett der Fall ist. Um es deutlich zu betonen, bislang warten die Seelen von sechs Leichen auf Gerechtigkeit. Wenn überhaupt, lässt sich die Hälfte davon als Mord nachweisen.“

      Erschüttert kam nur: „Hast du was Hartes im Haus?“

      Hinter seinem Rücken zauberte ich Grappa herbei.

      Nach einer Runde des Schweigens mit zwei hinunter gekippten Gläsern fragte ich: „Besser?“

      „Geht schon.“

      „Konny, schlaf erst mal drüber. Aber hör vorab noch meinen dringenden Rat: Bevor du diese Daten bei euch aufspielst, wende dich unbedingt an Axel. Lass ihn zunächst ein absolut wasserdichtes internes Kommunikationssystem für dein Team einrichten.“

      „Mein alter Axel?“, überlegte er ungläubig.

      „Eben jener“, bekräftigte ich, „eine IT-Perle am falschen Platz.“

      Total groggy schaute ich auf die Küchenuhr, kaum dass die Haustür hinter Konny ins Schloss fiel. Beinahe 2 Uhr morgens. Gerade als ich gähnend wie ein Scheunentor die Treppe bettwärts erklimmen wollte, läuteten die Sternelben zur Late Night Show.

      Am ersten zu verhindernden Tatort in der City West fand ich sogar eine freie Parkbucht. Noch bevor der Wagen drin stand, drang würgeverdächtiger Gestank durch die Lüftungsschlitze ins Innere. Schockartig fiel mir ein, wer hinter dem Kloakengestank steckte – und haute auf die automatische Türverriegelung.

      Bereits vor Längerem bekundeten die Sternelben, dass mein Auto kein luxuriöser Schnickschnack war, sondern bei Dunkelheit als ein galvanischer Käfig gegen die schwarzen Monster dienen sollte. Das würde aber nur bei geschlossenen Türen und laufendem Motor funktionieren, hatten sie mir