Myriam Schenke

Franzis merry little Christmas


Скачать книгу

Mein Opa hat vor einigen Jahren mit den Mistelbeeren rumexperimentiert und jetzt ist bei uns fast jeder Obstbaum befallen.«

      Franzi sah ihn ungläubig an. Sie schüttelte den Kopf und reichte ihm den Zweig zurück. »Trotzdem. Das kommt nicht in Frage. Ich kann das nicht auch noch annehmen. Dabei hätte ich den Zweig wirklich gern.«

      »Okay.« Martin gab nach. »Aber dann bekommst du noch einen Punsch von mir.« Als er Franzis Blick sah, fügte er schnell hinzu: »Du weißt doch, Sonderkonditionen ...«

      Franzi verdrehte die Augen, doch bevor sie etwas sagen konnte, war Martin schon in der Tankstelle verschwunden. Kurz darauf kam er mit zwei dampfenden Pappbechern zurück.

      Sie wärmte ihre eiskalten Hände an dem heißen Getränk. »Danke! Du bist echt ein unglaublicher Geschäftsmann. Sag mal, hast´ du überhaupt schon einen Baum verkauft?«

      Er grinste verschämt. »Nö, eigentlich habe ich letzte Woche nur ein paar Adventskränze verkauft und heute noch einen Mistelzweig. Aber das Autoüberbrückungsgeschäft läuft richtig gut. Ich habe schon dreimal Starthilfe gegeben und einmal sogar Trinkgeld bekommen.«

      »Na prima. Willst du denn mit deinen Bäumen hier stehen bleiben?«

      Martin zuckte mit den Schultern. »Was soll ich machen? Außerdem, es ist ja noch ein bisschen hin bis Heiligabend. Bestimmt entschließt sich der ein oder andere noch, einen Baum zu kaufen.«

      Franzi war sich da nicht so sicher, aber sie wollte ihm auch nicht seine Illusion nehmen. »Also, ich kaufe auf jeden Fall einen Weihnachtsbaum. Nächste Woche such ich mir den Allerschönsten bei dir aus. – So.« Sie versuchte Zweig und Tasche, möglichst geschickt, zusammen zu greifen. »Jetzt muss ich, glaub ich, wirklich los. Vielen Dank für den Zweig, den Punsch und ...«

      Er unterbrach sie: »Da nich´ für!«

      Franzi lächelte, so ein Schnack.

      Leise Weihnachtsmusik war im Hausflur zu hören. Ella Fitz Gerald sang vom Winterwunderland. – Wie schön. Franzi kramte nach ihrem Schlüssel und hielt einen Moment inne. Wer hier wohl Weihnachtsmusik hörte?

      Plötzlich, bevor sie ihren Schlüssel im Schloss drehen konnte, ging die Tür auf und Franzi landete in Felix´ Armen.

      »Hoppla!«, sagte Felix. Er wollte sie gleich an sich drücken, doch sie hielt ihn mit ihrem Mistelzweig auf Abstand und ignorierte seinen Dackelblick. Dabei stand er da wie das personifizierte schlechte Gewissen. »Verzeihst du mir, mein süßer Weihnachtsengel?«

      Mühsam hielt Franzi ihre Mundwinkel unter Kontrolle und schielte um die Ecke. »Erst mal sehen, wie es hier aussieht.« Langsam zog sie ihren Mantel aus, den Felix ihr sofort abnahm und auf einen Bügel an die Garderobe hängte. »Es ist alles wieder picobello, Prinzesschen. Ich habe geschuftet wie ein Ackergaul, und jetzt habe ich ein Küsschen verdient!« Er deutete über sich. »Schau wir stehen direkt unter einem Mistelzweig.«

      Franzi guckte nach oben, wo wirklich ein gewaltiger Mistelzweig an der Decke hing. Er musste der andere Kunde bei Martin gewesen sein, dachte sie und gab ihm endlich seinen ersehnten Kuss. »Mistkerl, blöder!« Sie grinste. »Und wo soll ich jetzt damit hin?« Fragend hielt sie ihm ihren Mistelzweig entgegen.

      »Ach, den hängen wir nachher in den Hausflur, damit sich die Nachbarn auch ein bisschen liebhaben. Aber jetzt komm, ich will dir was zeigen.« Er war zappelig wie ein kleines Kind, das seine Bastelei hinter dem Rücken versteckt hält. Zugegebenermaßen ziemlich neugierig folgte Franzi ihm in die Küche, und die war wirklich kaum wiederzuerkennen. Alles war auf Hochglanz poliert. »Welch seltener Glanz in dieser Hütte, äh Küche«, staunte Franzi. Nichts deutete mehr auf das nächtliche Gelage hin. Lediglich die Eiszapfen hingen noch am Kronleuchter – aber das sah eigentlich richtig gut aus.

      Dann sah Franzi, was er noch für sie angerichtet hatte: Im Küchenfenster hing ein Schwein, ein herrliches Schwein! Es hatte große goldene Engelsflügel, ein Grinsen im Gesicht und es schickte sich an, mit seinem wohlgeformten Hintern eine Arschbombe zu machen. Unter dem Schwein stand, auf der Fensterbank, ein flacher silberner Korb, gefüllt mit einer Wolke aus rosa Zuckerwatte.

      Gerührt drückte Franzi Felix. »Das ist ja schön.«

      Er grinste stolz. »Ja, nicht! Und guck mal hier, ich habe einen Platz für unseren Adventskranz gefunden.« Er deutete auf den Kühlschrank, der durch das grüne Monstrum ganz verändert aussah. »Ich habe extra meine Müsligläser weggeräumt.«

      Oh ha, das war wirklich ein Opfer. Denn sein Müsli, das er jeden Morgen aufs Neue zusammenstellte, war ihm heilig.

      »Das ist ein super Platz, aber wo hast du denn dein Vogelfutter untergebracht?«, fragte Franzi.

      Felix öffnete einen Küchenschrank, in dem die Gläser mit den Nüssen, Kernen und getrockneten Früchten dicht gedrängt und übereinandergestapelt standen. »Ich habe ein bisschen umgeräumt – ist ja nicht für lange?!«

      »Nein, nein, spätestens Anfang März, kannst du alles wieder zurück räumen.«

      Als Franzi sein Gesicht sah, lachte sie. »Ich habe nur Spaß gemacht.«

      Sichtlich erleichtert nahm er sie in den Arm. »Alles wieder gut?«

      »Ja, du lieber Chaot.« Sie gab ihm noch einen Kuss. »Ich glaub, ich war ganz schön empfindlich und hab vielleicht auch ein bisschen übertrieben mit meiner Schmückerei.«

      »Vielleicht ein klitzekleines bisschen.«, sagte Felix, fügte aber schnell hinzu: »Aber hör bloß nicht auf damit. Ich liebe es.«

      »Klar.« Sie schnupperte. »Mm, was riecht denn hier so lecker? Wenn du jetzt auch noch gekocht hast, fall ich gleich hintenüber.«

      Felix war Koch mit Leib, Seele und Leidenschaft. Zu Hause jedoch kochte er nur äußerst selten. Er hatte sein Hobby zum Beruf gemacht und konnte sich so in seiner Freizeit anderen schönen Dingen widmen, meinte er.

      »Ich hab mit dem Gedanken gespielt«, sagte Felix.

      »Nein!«

      »Doch! Aber dann fiel mein Blick auf die Nummer vom Pizzaservice und ich erinnerte mich, dass du schon seit einer Ewigkeit nicht mehr deine Lieblingspizza gegessen hast.«

      Er öffnete den Ofen. »Und hier ist sie – die Spezial Parmaschinken, Pfirsich, Rucola Pizza, frisch wieder aufgebacken. Ta, Ta!«

      Mit dem Tusch stellte er die Pizza auf den Tisch und holte noch eine zweite aus dem Ofen. »Allein Essen ist doof. Holst du Weingläser? Ich habe uns noch einen guten Bordeaux mitgebracht.«

      »Sag mal, woher wusstest du eigentlich, wann ich komme?«, fragte Franzi zwischen zwei Bissen, mit halb vollem Mund – die Pizza war einfach zu köstlich. »Du hast ja direkt hinter der Tür gelauert, als ich aufschließen wollte.«

      Felix setzte sein Glas ab. »Ich habe euch schon eine ganze Weile beobachtet, dich und den netten Weihnachtsbaummenschen.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Wäre der nicht was für dich? Der ist doch echt niedlich.«

      Franzi verdrehte die Augen. »Felix, lass den Quatsch! Er ist wirklich ein netter Mensch – aber nein danke, kein Bedarf.«

      »Na, wer nicht will, der hat schon.« Forschend beobachtete Felix Franzis Gesicht. »Ach nee, Franzi! Doch nicht immer noch der Prof?«

      Ärgerlich, verlegen und leider ziemlich rot, wie Franzi spürte, murmelte sie: »Quatsch! Du verstehst das nicht.«

      Betrübt schüttelte Felix den Kopf. »Stimmt, ich versteh das wirklich nicht.« Als er ihren Blick sah, seufzte er. »Schon gut, vergessen wir das Thema.« Er lehnte sich zurück und sagte betont munter: »Lass uns eine deiner Weihnachtsdrogen gucken.« Womit er Franzis gut sortierte Sammlung von Weihnacht-DVDs meinte. Von Klamauk bis Kitsch war alles vorhanden, was irgendwie mit Weihnachten zu tun hatte. »Mir ist heut so, nach der ganzen Schmückerei. Wir kuscheln uns aufs Sofa und glotzen bis der Bildschirm schneit.«

      »Au ja!« Franzi war schon dabei sich durch ihr Sortiment