Axel Birkmann

Tödlicher Aufguss


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selbstverständlich. Um Gotteswillen. Würde die Presse davon Wind bekommen, das wäre ein Desaster.«

      »Oder auch nicht«, feixte Melanie, »das könnte auch eine gute Marketingstrategie sein: Aufguss des Todes. Wer will nicht mal an einem echten Tatort sein?«

      »Frau Schütz, wie können Sie nur .....«

      »War nur so eine Idee. Entschuldigung.«

      »Kommen wir zurück zu unserem Anliegen«, sagte Kreithmeier und blickte den Geschäftsführer forschend an, »wir wollen uns einmal den Tatort näher anschauen, und zwar unauffällig, wenn es geht. Und wir wollen den jungen Mann sprechen, der gestern um 12 Uhr die Verantwortung für den Salzaufguss hatte. Hat der heute Dienst?«

      »Nun, zu dem jungen Mann, da muss ich in den Dienstplan sehen, das lässt sich sehr leicht vereinbaren. Wenn er heute Schicht hat, dann lasse ich ihn hier in mein Büro bringen, da sind sie ungestört mit ihm. Was aber den Tatort betrifft, und ich wiederhole noch einmal Ihre eigenen Worte – unauffällig – da kann ich sie nur bitte, mit Saunabekleidung den Wellness Bereich zu betreten. Wie würde das denn aussehen, wenn zwei Leute mit Straßenkleidung durch unseren FKK Bereich stolzieren. Ich helfe Ihnen aus mit zwei Bademänteln und zwei Handtüchern. Mehr kann ich nicht tun. Ihre Straßenkleidung bleibt draußen. Basta.«

      »Aber....«

      »Kein Aber. Und wenn Sie mit der ganzen Polizeidienststelle kommen. Wir haben heute über 2.000 Gäste im Haus. Nehmen Sie mein Angebot an oder lassen Sie es. Sie kommen mit normaler Kleidung nicht rein.«

      »Und wenn wir ...«

      »Der Herr Polizeipräsident ist übrigens ein guter Freund von mir und ein Stammgast unseres Hauses. Auch Staatsanwältin Lehner beansprucht immer wieder mal eine Suite im Royal Daily Spa.«

      Seine letzten Worte hatte er betont langsam ausgesprochen und Alois Kreithmeier hatte schließlich eingesehen, dass es nichts bringen würde, brachial wie mit einer Brechstange die Staatsmacht durchzusetzen. Er gab sich geschlagen.

      »Gut schicken Sie uns den jungen Mann und dann geben Sie halt jedem von uns einen Bademantel. Und der junge Mann soll uns führen, wenn wir mit ihm gesprochen haben. Und etwas zu Trinken. Bitte.«

      Der Geschäftsführer nickte zufrieden und verließ das Büro.

      »Wolltest du wirklich den Betrieb schließen lassen?«, fragte Melanie ihren Kollegen.

      »Wahrscheinlich eher nicht, doch wie die dumme Kuh sich an der Kasse aufgeführt hat.«

      »Sie hat doch nur ihren Job gemacht. Das musst du doch verstehen. Und ich würde uns auch nicht in Straßenschuhen hineinlassen. Das geht doch nicht. Und du warst ganz schön pampig.«

      »Und wie sich der Herr Geschäftsführer aufgespielt hat. Aaah, der Herr Polizeipräsident macht sehr gerne bei uns mit seiner Gattin einen Aufguss. Und Frau Staatsanwältin beehrt uns mit ihrem jungen kroatischen Knackarsch. Die gute Frau bucht immer wieder sehr gerne bei uns die Sodom und Gomorrha Suite, natürlich nur, wenn die Fetischsuite besetzt ist. Aaaaaahhh.«

      »Hör auf jetzt herumzublödeln. Lassen wir das jetzt. Konzentrieren wir uns auf den Saunajünger. Er ist im Moment der einzige Anhaltspunkt. Wir sollten es nicht vergeigen.«

      »Schon gut, schon gut, schon gut.«

      Die Tür öffnete sich und ein junger Mann in knappen Shorts und T-Shirt kam herein und sagte knapp: »Ich soll mich bei Ihnen melden.«

      »Bitte setzen Sie sich. Herr ... Herr ...?«

      »Martin Wildgruber.«

      »Herr Wildgruber, bitte.«

      Kreithmeier zeigte auf einen leeren Besucherstuhl. Der junge Mann kam der Aufforderung nach und schaute neugierig auf die beiden Polizisten. Es war ihm noch nicht klar, warum er hier war.

      Melanie begann die Befragung: »Sie wissen anscheinend noch nicht, warum wir Sie sehen wollen.«

      Er schüttelte mit dem Kopf.

      »Wir sind von der Mordkommission. Und wir haben einige Fragen an Sie.«

      »Mordkommission?«

      »Ja. Es geht um den gestrigen Tag. Und zwar um den Aufguss im Solestollen um 12 Uhr. Denn haben Sie doch durchgeführt. Richtig?«

      »Ja, das habe ich. Geht es um den toten Mann in der Sauna?«

      »Die Fragen stellen wir«, antwortete Kreithmeier. Ein verschärfter Blick Melanies gab ihm ziemlich deutlich zu verstehen, er solle sich etwas zurückhalten.

      »Sie haben vollkommen Recht«, sagte sie. »Es geht um diesen Mann. Wenn Sie uns bitte einmal aus Ihrer Sicht der Dinge erzählen könnten, was am Montag so alles geschehen ist.«

      »Nun, ich bin wie immer pünktlich zum Dienst erschienen. So gegen halb Zwölf habe ich dann im Personalbereich das Salz für den Aufguss zusammengemischt. Meersalz und ein Öl aus Eukalyptus und Menthol. Es brennt zwar leicht auf der Haut, befreit aber die Atemwege und entschlackt den Körper.«

      »Hat jemand anderes Zutritt zu Ihrem Personalbereich?«

      »Jeder, der hier arbeitet. Man braucht dazu aber einen Schlüssel.«

      »Erzählen Sie bitte, wie ging es weiter.«

      »Das Übliche. Nichts Besonderes.«

      »Bitte!«

      »Ich habe die Glastür zum Stollen geöffnet«, fuhr der junge Mann fort, »habe mit dem Handtuch frische Luft hineingefächert, dann eine kurze Begrüßung an die Gäste: Vorstellung, Regeln und Ablauf. Türe auf, den Eimer genommen und mit einer Holzkelle jedem Salz auf die Hand geschaufelt.«

      »Hat der Mann auch Salz von Ihnen bekommen?«

      »Mit Sicherheit, aber speziell an ihn kann ich mich nicht so genau erinnern.«

      »Haben Sie gesehen, wie er sich mit dem Salz eingerieben hat?«

      »Das Licht ist im Vorraum gedämmt. Da ist es schwierig, etwas exakt zu erkennen.«

      »Wer hat dem Mann den Rücken eingerieben?«

      »Ich bin mir nicht sicher, aber er war allein da. Er saß in der Sauna neben zwei jungen Frauen. Die gehörten nicht zu ihm. Ich glaube, er hat sich von einem anderen Gast den Rücken einreiben lassen. Das ist bei uns so üblich, wenn man alleine kommt, und es nicht selbst machen kann oder will.«

      »Und wer war das?«, fragte der Kommissar und unterbrach Melanies Befragung.

      »Ich glaube eine Frau.«

      »Herrgott noch einmal. Ich glaube, ich glaube, ich glaube. Glauben kann man in der Kirche. Haben Sie denn etwas gesehen?« Kreithmeier wurde ungeduldig und fauchte Martin Wildgruber giftig an.

      Melanie beschwichtigte ihn sofort: »Bitte strengen Sie sich an. Das kleinste Detail könnte uns helfen.«

      »Es war eine Frau. Eine Schwarzhaarige.«

      »Na geht doch«, blökte Kreithmeier.

      »Alois, bitte. Herr Wildgruber, können Sie die Frau beschreiben?«

      »Sie war bildhübsch. Dunkle Augen. Schwarzer Lippenstift. Schwarzer Nagellack. Sie saß in der Sauna auf einem der heißesten Plätze, direkt neben dem Ofen. Genau gegenüber dem Herrn. Wie war sein Name noch mal?«

      »Wir haben ihn noch nicht genannt. Er hieß Markus Backhaus.« Melanie ließ den Namen einen kurzen Moment wirken, dann fragte sie: »Kennen Sie ihn oder besser kannten Sie ihn?«

      »Nein, den Namen höre ich heute zum ersten Mal. Ich habe auch den Mann vorher noch nie gesehen.«

      »Und die Frau?«

      »Das kann schon sein. Sie trägt an der Hüfte am Rücken ein kleines Tattoo. Eine schwarze Lilie.«

      »Warum ist Ihnen das aufgefallen?«, hakte Melanie nach.

      »Weil