Martin Winterle

Brief an Marianne


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ein großer, beleuchteter Spiegel, eine super Auflockerung bieten, müßte klasse aussehen, fanden beide. Drei Schubladen würde der Mittelteil haben, wurde in passender Länge angeboten, damit die Wand perfekt genützt. Wegen dem Fensterunterbau, in möglichst demselben Farbton, wird sie mit Ernst am Mittwoch reden, ihm den Möbelprospekt zeigen. Rechts dasselbe Highboard stellen, wie zwischen den Kästen.

      Eva hatte ihr französisches Bett damals aus dem Internet bestellt. Sie befragte die Homepage ihres Lieferanten. Siehe da, drei Jahre später, immer noch im Angebot. Es würde perfekt in Mariannes neues Reich passen. Der Clou an der Sache – dieses Modell wurde abverkauft, verschleudert zu einem Preis, bei dem Eva blass wurde. Ihres war um die Hälfte teurer gewesen. Eva orderte gleich, als Lieferzeit wurden zwei bis drei Wochen angegeben, würde ja super passen.

      Marianne kam nicht darum herum, ihrer Freundin ein Kompliment nach dem anderen dafür zu machen, wie perfekt sie sich optisch den Raum vorstellen konnte. In Gedanken das komplette Zimmer einrichtete, es sich bereits komplett möbliert, visualisierte.

      Hatte Eva doch persönlich einen komplett anderen Einrichtungsgeschmack als sie. Mit Ausnahme ihrer französischen Liegewiese, einer Hightech Küchenzeile, so wie einer, fernbedienbaren Luxusdusche, gab es bei Eva kein einziges Möbelstück, dass sie nicht aus dem eigenen Familienfundus von Schuppen, Dachboden, Keller requiriert hatte. Bei Antiquitätenhändlern, auf Flohmärkten oder aus Secondhandläden weggeschleppt hatte. Alle diese Stücke hatte Eva eigenhändig abgelaugt, notwendigenfalls repariert. Nach Lust und Laune, durch poppige Farben, eine persönliche, Eva-Linie verpasst.

      Zwischen der elementar wichtigen Frage, ob zwei oder drei Hängeteile notwendig wären, wenn ja, in welchen der vier Kästen sie ihren Platz finden sollten, schlug die altmodische Hausglocke an. Eva´s Eltern waren zum Essen nach Seefeld gefahren, es konnte nur sie betreffen, war ja auch ihre Bimmel gewesen. Sie öffnete das Küchenfenster, sah in den Hof hinunter.

      >Hi Ines, komme gleich, Vater hat die Türe abgesperrt, die sind ausgeflogen. <

      >Macht eh nix, die Ines stört uns ja nicht, oder? <

      Wandte sich Eva an sie, suchte ihren Schüsselbund dort, wo er eigentlich sein sollte, aber natürlich nicht hing.

      >Nein, ganz im Gegenteil, freu mich immer die Ines zu sehen. <

      Mariannes ehrliche Antwort.

      > Hallo Marianne, hab dein Auto im Hof stehen sehen. Mir gedacht, ihr bleibt bei dem Sauwetter sicher bei Eva. Letzte Nacht habe ich ein wenig mit einem neuen Sachertorten Rezept experimentiert, ihr seid jetzt meine Versuchskaninchen. <

      Damit hob sie den Deckel von ihrem runden Kuchenbehälter. Zum Vorschein kam eine märchenhaft duftende Leckerei, Schlagsahneverziert mit für sie nicht untypischen, mystischen Ornamenten.

      >Voila, das Ergebnis, wenn ihr noch extra Schlagobers wollt, springe ich schnell rüber, ich hab eine ganze Schüssel voll davon kalt gestellt. <

      Während Ines tatsächlich noch einmal auf einen Sprung in ihre Wohnung huschte, deckte Marianne den Tisch, Eva setzte ihre Kaffeemaschine unter Dampf. Die Torte war ein Traum, Ines konnte berechtigt, eine Menge ehrlicher Komplimente einheimsen. Nur was war das diesmal für ein Experiment gewesen? Marianne, besonders aber Eva, hatte schon öfter das Vergnügen gehabt, einer von Ines perfekten Torten genussvoll zu Leibe zu rücken. Was hatte sie heute anders gemacht als sonst? Das Geheimnis war schnell gelüftet, der Grund des Experiments gleich verraten. Ines hatte letzte Nacht nicht einschlafen können, eigentlich nur deswegen gebacken. Das Packpulver hatte sie bei ihrem letzten Einkauf, irrtümlich von einem anderen Produzenten genommen. Die Füllung bestand aus Marillenmarmelade, mit einem Rest von Orangenmarmelade, den sie im Kühlschrank nicht mehr sehen konnte…

      >Die fünf Samstagabende stehen bei mir schon rot im Kalender. Danke, dass ihr mich mitnehmt. Wird mit Sicherheit wieder eine Megastimmung sein, wenn nicht, sorgen wir drei für ein Feuerwerk! <

      Ines hatte sich, bereits ganz aufgeregt, bei den Freundinnen für die Handballturniertermine bedankt. Sich an Marianne wendend, fragte sie unsicher, ob sie mit diesem Horst Schluss gemacht habe. Ja, sagte die Angesprochene mit fester Stimme, definitiv. Ines lächelte versonnen, irgendwie tief aus ihrem Inneren heraus, griff impulsiv nach Mariannes Handgelenk, drückte sie fest.

      >Habt ihr ein besonderes Gesprächsthema ihr beiden, wobei ich euch vorhin gestört habe? <

      Wollte Ines mit einem Blick auf die verstreut herumliegenden Möbelprospekte wissen. Marianne erzählte ausführlich, was sich in ihrem Leben in den letzten Tagen verändert hatte, vor allem, was noch alles bevorstand.

      >Also Türstöcke abschrubben und neu lackieren, darf bitte ich machen, würd´ gerne auch beim Putzen helfen, oder was halt ansteht, wo ihr mich brauchen könnt. Bitte lasst mich mithelfen! <

      Marianne warf Ines einen dankbaren Blick zu. Ja, die Türstöcke hätten es alle nötig. Also, alle Türstöcke gingen an Ines.

      >Die Wände werde ich vorspachteln, etwas anschleifen, weiß ausmalen, den Plafond natürlich auch, ist das ok, Marianne? <

      Eva´s Anteil somit fixiert. Hatte als besonderen Gag die Idee eingebracht, einen Teil der Wand hinter dem Bett, einen weiteren über dem Highboard neben der Türe, in hellen Pastelltönen zu malen. Nicht bündig, von Wand zu Wand, sondern auf jeder Seite, einen breiten Streifen, weiß zu lassen. Eventuell in zartem altrosa, sonnengelb, mintgrün, milchigblau. Die Nuance war noch zu diskutieren. Die Malerarbeiten wurden somit an Eva vergeben.

      >Was mach dann ich, welche Rolle habt ihr mir zugedacht? <

      Mariannes scherzhafte Frage.

      >Du spielst die Jausentante und die Chefin! <

      Ines und Eva wie aus einem Mund.

      Eva hatte einen Notizblock geholt, in Ernst, Marianne, Ines und Eva unterteilt. Dann wurde aufgeschrieben, wer was zu tun hatte. Die benötigten Werkzeuge und Materialien notiert.

      Der ganze Nachmittag verging mit produktivem Denken, festhalten der zu erledigenden Aufgaben. Marianne würde gleich morgen mit dem Möbelhaus Kontakt aufnehmen, einen Mitarbeiter zum exakten ausmessen in ihre Wohnung bestellen. Das Bett hatte Eva bereits geordert, die Auftragsbestätigung würde morgen auf ihr Handy kommen.

      Am Mittwoch hatte dann der Ernst(nicht der Horst…), einen Termin mit und bei Marianne…

      Zwei Männer an einem Mittwochnachmittag, sie hatte sich echt gesteigert, die gute Marianne!

      Um 14 Uhr kam der erste, hieß Peter, war kaum älter als ihr Sohn. Schon war sie mit ihm im Schlafzimmer verschwunden, Marianne, Marianne!

      Nach einer guten halben Stunde, standen sie sich wieder im Flur gegenüber, machten beide einen recht zufriedenen Eindruck. War auch eine ausgesprochen gelungene Aktion gewesen, hatten perfekt zusammengespielt, die zwei. Er hatte alle ihre Träume umgesetzt, sie ihm noch eine kostenlose Montage herausgelockt. Aber erst in vier Wochen, schneller gings beim besten Willen nicht. Sie musste sich etwas erholen, bei einer Tasse Kaffee, auf ihrem Balkon. Heute schien wieder einmal die Sonne für sie, nicht nur äußerlich…

      Punkt 17 Uhr kam der Ernst, Mittwochnachmittag Mann Nummer zwei. In Fahrt, wie sie nun schon einmal war, schleppe sie auch den Ernst in ihre Kemenate. Einen Dimmer Schalter, drei neue Steckdosen, in einem fetzigen Design, sollte Marianne selber aussuchen. Kaufen wo sie was ansprechendes entdeckte. Am besten gleich mit der Deckenbeleuchtung ihrer Wahl, er wird dann alles montieren und installieren, wirklich keine Hexerei. Den Überbau für das erweiterte Blumenfenster, wird er ihr nach Maß machen. Erst wenn die Möbel montiert sind, dann exakt im selben Furnier tischlern. Für den Parkettboden schrieb er Marianne auf einen Zettel, Firma und Ansprechpartner, wohin sie sich wenden sollte. Notierte die benötigte Masse, den Untergrund, Länge der Randleisten. Der Verkäufer, Ernsts Bekannter, soll ihr einen guten Preis machen, das Material gleich in ihre Wohnung liefern. Den alten Teppich schneidet er streifenweise heraus, nimmt den Müll in seinem Firmenbus mit, entsorgt ihn für sie. Den alten Lüster hatte er gleich abgeklemmt, das Kabel isoliert. Jetzt konnte Eva gefahrlos, nach Herzenslust malen.