Jo Caminos

Tempus Z


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so etwas immer so leicht aus. War ja nur Film, und da waren die Zombies doof, nicht ganz so doof wie die Blondinen, die ihnen im Film immer geradewegs in die Arme liefen und dann zerstückelt wurden, aber immerhin ... Roland nahm das Gas weg, ließ den Motor aber laufen.

      „Wir müssen raus!“, sagte er mir rauer Stimme. Er sah zu Charlotte. „Du übernimmst das Steuer. Wenn die Räder wieder greifen, fährst du einfach los. Wir kommen dann hinterher, wenn wir mit den Dingern fertig sind.“

      „Nein!“, erwiderte Charlotte bestimmt. Sie hatte den Beifahrersitz verlassen und war zu einem der Werkzeugkoffer gegangen, in dem sich die Kettensäge befand. Kurz darauf hielt sie sie demonstrativ mit einer Hand vor sich hin. „Wir gehen alle, das sind zu viele da draußen!“

      „Dann gib mir die Säge!“, forderte Roland sie auf. „Sie ist zu schwer für dich.“

      „Blödsinn.“ Charlotte verzog unwirsch die Lippen. „Hast du eine Ahnung, wie oft ich mit dem Ding geübt habe, für den Fall der Fälle ... Du weißt, was ich meine?“

      Natürlich wusste Roland das: Sam.

      „Gut dann. Geh du in die Mitte, nicht, dass wir noch die Säge abbekommen. Peter, du nach rechts zur Tür.“

      „Bereit?“ Rolands Stimme klang seltsam spröde. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals. War er wirklich hier, würde er das jetzt wirklich tun? Konzentrier dich!, befahl er sich. Nun, keiner von ihnen war zum Helden geboren, aber hier ging es auch nicht um Heldentum, hier ging es ums nackte Überleben. Es gab immer ein erstes Mal, selbst wenn dieses erste Mal bedeutete, einem Wesen den Kopf zu spalten ...

      „Jetzt!“, stieß er hervor, und Peter riss die Schiebetür zurück.

      Sofort trat Charlottes Kettensäge in Aktion. Sie schaffte zwei Zombies auf einmal, deren Köpfe plötzlich zu Boden kullerten. Erstaunt registrierte Roland, dass die Kiefer der abgetrennten Köpfe noch immer zuschnappten. Die Bahn war frei für ihn und Peter. Sie schwangen die Äxte, hackten auf Arme, Beine, alles, was ihnen im Weg war, ein. Köpfe wurden gespalten. Gedärm quellte aus aufgeschlitzten Bäuchen hervor.

      Sie sind langsam! Das ist unser Vorteil!, schoss es Peter durch den Kopf. Er wirbelte um die eigene Achse und rammte die Axt in den Schädel eines Glatzköpfigen, dessen Kopf wie eine Kokosnuss zerplatzte. Doch da floss keine Kokosmilch, sondern widerliches, dunkles Blut. Hirnmasse spritzte umher.

      Charlotte huschte vorbei und hetzte wie ein irrsinniger Derwisch mit der Kettensäge auf zwei weitere der Untoten zu. Die Kettensäge fand ihren Weg in die Bäuche der Wesen, und auch hier spritzten Blut und Gedärme hervor. Charlotte bewegte sich unglaublich flink, drehte sich um die eigene Achse, dass es aussah, als vollführe sie eine seltsame Pirouette, und immer wieder fand die Kettensäge ihr Ziel. Roland und Peter hieben auf die verbliebenen Untoten ein.

      „Die Köpfe!“, rief Peter. „Es genügt nicht, ihnen die Köpfe abzuschlagen. Es ist wie Harold und Justin sagten, das Gehirn muss beschädigt werden.“

      „Sag mir was Neues!“, keuchte Roland, dessen schwere Axt in den Kopf eines ehemals wohl ziemlich fetten Mannes einschlug und diesen spaltete.

      Dann war es vorbei. Die drei sahen sich ungläubig an. Das Raunen und Stöhnen hatte aufgehört, als Peter ein langes Messer in den letzten noch wild um sich beißenden Zombiekopf getrieben hatte, dessen Kiefer plötzlich stillstand. Der Wind pfiff durch die Bäume. Erst jetzt bemerkten die drei, dass sie vollkommen durchnässt waren, und es war nicht nur Wasser. Ihre Kleidung war voller Blut. Auch Gedärm und Hirnmasse fanden sich an manchen Stellen ihrer Hosen und Hemden.

      Jetzt müsste ich eigentlich kotzen!, dachte Charlotte, doch streng genommen fühlte sie nur eine grenzenlose Erleichterung und fast so etwas wie Euphorie. Vielleicht war es ein Schock, vielleicht der simple biologische Cocktail, der bei Menschen freigesetzt wird, wenn sie in Gefahr sind. Es war egal. Sie hatten überlebt. Und - was fast noch wichtiger war: Sie hatten gekämpft. Stadtmenschen, die nichts, aber auch überhaupt nichts mit Nahkampf oder Selbstverteidigung zu tun hatten, hatten sich gegen eine Herde von Untoten bewährt.

      Peter und Roland grinsten Charlotte an.

      „Ganz schön fix, Kleine“, sagte Roland fast zärtlich.

      Charlotte zuckte verschämt die Achseln. Sie mochte zierlich sein, sie mochte durch ihre zurückliegende Krankheit entstellt sein, aber sie hatte immer gekämpft, selbst dann, als sie von sich selbst geglaubt hatte, Sam gegenüber resigniert zu haben. Vielleicht war es gut, dass er mich misshandelt hat!, dachte sie in einem Anfall von Zynismus. So bin ich auf Schmerzen vorbereitet ...

      Ja, das war sie. Sie hatte in den letzten Monaten ihre Fitnessübungen zwar etwas schleifen lassen, aber das ganze Adrenalin - oder war es die Angst? - schien schier unglaubliche Kräfte in ihr freigesetzt zu haben, als sie sich auf die Untoten gestürzt hatte. Es war an der Zeit, ihre Fitness wieder auf Vordermann zu bringen, es könnte über Leben oder Tod entscheiden - in dieser Welt der Untoten ...

      Und was die Schmerzen anging: Ja, damit war sie sehr wohl vertraut. Aber sie wollte jetzt nicht an diese Tage denken, als sie sich kaum auf den Beinen hatte halten können, nach den ganzen OPs und nach der Chemo.

      Peter schlug Roland auf die Schulter. Sie nahmen Charlotte in die Mitte, dann machten sie sich an die Arbeit, die Leichenteile zur Seite zu räumen.

      Duschen! Ich muss unbedingt duschen, sonst dreht sich mir der Magen um, dachte Charlotte angeekelt, als sie mit der Arbeit fertig waren. Sie sah zu Roland und Peter, denen es genau so zu gehen schien.

      Sie wollten gerade in den Camper steigen, als es im Unterholz plötzlich knackte.

      Die drei fuhren herum. Ein Mann trat zwischen den Sträuchern hervor, ein Gewehr lässig auf dem Rücken. Er grinste und zeigte weiße Zähne in einem bärtigen Gesicht.

      „Ich bin Joshua“, sagte er mit tiefer Stimme. „Ich bin ein Freund, und wir Lebenden sollten zusammenhalten.“

      Charlotte und die anderen sahen sich kurz skeptisch an. Irgendetwas sagte ihr, dass von dem Fremden keine Gefahr ausging. Vielleicht lag es an dem offenen Lächeln oder an den leuchtenden Augen, in denen es fast schelmisch blitzte. Der Mann trug einen ziemlich verfilzt aussehenden Bart, der fast das ganze Gesicht bedeckte.

      Charlotte runzelte die Stirn. „Gute Einstellung, Freund ... Und wie lange schaust du uns schon zu? Wir hätten Hilfe gebrauchen können.“

      Joshua lachte. „Nein, du nicht. Und deine Freunde auch nicht. Ihr wisst euch schon gut selbst zu verteidigen.“

      Charlotte grinste plötzlich. Sie warf Roland und Peter einen schnellen Blick zu und wies dann auf die Tür des Campers. „Na dann, willkommen in unserem bescheidenen Zuhause, Freund ... Wie war das noch mal mit der Gastfreundschaft? Darf ich dir etwas zu essen anbieten oder zu trinken?“

      Joshua lachte erneut. „Ein Happen wäre nicht schlecht, und falls ihr etwas für die Kehle habt, und ich meine kein Wasser, sage ich auch nicht Nein. Und mitfahren würde ich auch gerne. Mir tun nämlich die Füße weh. Blasen ...“

      Charlotte lachte. „Jim Beam lauwarm, denn das Eis ist uns irgendwo abhandengekommen“, scherzte sie. Irgendwie mochte sie diesen Kerl. War es die tiefe Stimme? Oder der offene Blick? Es war seltsam. Es gab Menschen, die kannte man seit Jahren und wurde niemals mit ihnen warm. Und bei anderen stimmte die Chemie von Anfang an.

      „Moment“, sagte Roland. Er wandte sich schnell an Charlotte. „Der Kerl hat eine Waffe. Das kommt mir alles etwas plötzlich. Wo kommt er her? Was will er?“

      Joshua lachte kehlig auf. „Die alte Knarre funktioniert nicht. Ich habe sie nur zur Abschreckung mitgeschleppt. Man weiß ja nie, wem man hier draußen so begegnet - und ich meine jetzt nicht die Untoten. Und - der Kerl tut keinem was, aber wenn ihr wollt, könnt ihr die Waffe gerne haben.“

      Roland zögerte einen Moment, dann ließ er sich das Gewehr geben.

      „Los! Machen wir, dass wir in den Camper kommen! Ich traue