Rubinius Rabenrot

... und dann für immer!


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      „Großartig!“, sagte Ralf und hing dem Genuss eine Weile nach.

      „Nicht wahr! Ein Juwel!“, rief Owen.

      „Mister Owen, noch nie habe ich einen göttlicheren Whisky getrunken.“

      „Wie wäre es, wenn wir endlich mit dem Per-Sie-Getue aufhören würden. Nennen sie mich Gerald.“

      „Gerne, Gerald. Ralf.“ Er reichte dem Älteren erfreut die Hand.

      „Besser als immer Rossler zu sagen und zu wissen, dass es nicht korrekt ausgesprochen ist. Auf den Vertrag, Ralf. Sehr gut haben Sie für den alten Henning gekämpft. Sie gefallen mir sehr.“

      Was für ein Tag und was für eine Begegnung! Jetzt konnte das Wochenende beginnen.

      Nachdem er aus dem Luxusschlitten ausgestiegen war, ging Ralf gemächlich durch die Hallen des Flughafens, checkte ein und begab sich an das Gate, von dem aus er an Bord gehen konnte.

      Freitag, 14.06., um 18:30 Uhr. In Janas Wohnung

      Mit einem Glas Wasser setzte sich Jana auf den Balkon. Lebendig ging es unten auf der Straße zu. Autos hupten. Lautes, fröhliches Geschrei. Die Arbeitswoche neigte sich dem Ende zu. Der Englische Garten war wie immer mit Menschen belebt an solchen Tagen. Die kleinen Fluchten aus den aufgeheizten Häusern der Stadt. Für viele war die Arbeitswoche bereits beendet. Die Leute gönnten sich das Sonnenbad auf den Wiesenauen und erfrischten ihre Füße im kühlen Wasser der Bäche, das zwanglos durch den die Gartenanlage plätscherte. War für Ralf Rössler auch schon Wochenende, fragte sie sich.

      Höchstwahrscheinlich nicht. Gewiss hatte Ralf Rössler noch in London bis spät in den Abend zu tun. Vielleicht aber, saß er wie sie selbst schon gemütlich zu Hause.

      ‚Wie er wohl wohnt, der Rössler‘, dachte Jana und um ihren Mund spielte ein kokettes Lächeln.

      Fraglos lebte Ralf irgendwo bei München, in einem Häuschen im Grünen. Vermutlich spielten seine Kinder auf der Terrasse und im Garten, während seine Frau für den geliebten Gemahl alles für den Feierabend und das Wochenende hergerichtet hatte.

      Ihr Herz war fast stehen geblieben. Dieser Gedanke erschreckte Jana. Es war so hoffnungslos. Auch wenn sie ihn fand, den Mann ihrer Träume- denkbar war doch, dass Ralf Rössler bereits vergeben war.

      Heute Abend konnte sie es zu Hause nicht aushalten. Sie musste raus. Ins Kino und oder sonst was machen. Sie wollte sich berieseln lassen. Einfach ablenken von den Gedanken an Ralf Rössler. Jana eilte ins Wohnzimmer, nahm die Tageszeitung und setzte sich auf den Balkon.

      „Wird sein, wie es ist. Mach dir nicht zu viele Hoffnungen, Mädel“, sagte sie etwas zu laut und erschrak über ihren laut ausgesprochenen Gedanken.

      Wie war es möglich, dass sie sich gedanklich so in diese Geschichte rein steigerte? Es war so gar nicht ihre Art. Wie auch immer. Sie musste heute raus, unter Leute. Sollte sie doch zum Chinesischen Turm gehen? Dort feierten ihre Kollegen und wahrscheinlich würde es ja spaßig werden. Aber noch während sie den Gedanken dachte, war ihr klar, dass es das Letzte war, was sie wollte.

      Jana schlug die Zeitung auf. Im Kino in der Neuhauser Straße gab es um acht Uhr „Aimée & Jaguar“. Diesen Film wollte sie sich schon immer mal anschauen. Leider war er immer dann zu sehen, wenn es für sie nicht passte. Eine Liebesbeziehung. Ob das förderlich für ihren Gemütszustand war? Sie wagte, es zu bezweifeln. Was für eine Schnapsidee! Sich bei absolutem Liebeskummer mit einer Liebesgeschichte ablenken zu wollen. Sie wischte den Gedanken weg. Entschied, dass heute der der richtige Zeitpunkt war.

      Sie zog sich die Levis an und das orangefarbene Poloshirt. Steckte sich dreißig Euro in die Gesäßtasche der Jeans und verließ die Wohnung.

      Warm war es. Sie schlenderte vor bis zur Ludwigsstraße und weiter bis zur Feldherrnhalle. Dort spendierte sie sich bei Gino ein Eis. Vanille und eine Kugel Schokolade. Jana liebte den Schokogeschmack und den Hauch der Vanille. Was für ein Glück, dass sie in einer Schokoladenfabrik arbeiten durfte!

      Während sie langsam das Eis mit dem Plastiklöffelchen aß, schaute sie sich die kunstvoll dekorierten Schaufenster in der Theatinerstraße an. Jana überquerte die Gleise der Straßenbahn an der Perusastraße und ging weiter bis zum Rathaus. Sie liebte die Fußgängerzone und den Marienplatz mit dem Glockenspiel und den Touristen aus der gesamten Welt.

      Weil sie zeitig dran war und noch gut Zeit hatte, hörte sie eine Zeit lang dem Straßenmusiker zu, der gekonnt Lieder von Elton John sang. Gut, dass sie losgegangen war. Zu Hause wäre sie närrisch geworden. Ob Ralf Rössler überhaupt mit ihr zu Fuß ins Kino gegangen wäre?

      Verrückt! Sie wusste nichts von ihm und trotzdem flatterten Jana mannigfaltige Schmetterlinge im Bauch. Womöglich fand er sie, Jana Blume, total blöde. Wie saudumm von ihr, rückwärts aus dem Aufzug zu gehen und ihm wie ein Kleinkind mit der Hand zuzuwinken.

      An der Kasse des Kinos kaufte sie die Eintrittskarte, schaute sich die Fotos im Schaukasten an und las einige Kritiken über den Film, den sie sich gleich ansehen wollte.

      Kurz nach acht warf sie den leeren Pappbecher und den Plastiklöffel in den Mülleimer, ging durch das Foyer, die Treppe hoch zum Kino. Der Saal war bereit dunkel. Die Werbung lief bereits. Ihre Augen gewöhnten sich nur allmählich an die Dunkelheit im Kinosaal. Sie fand ihre Reihe und schließlich den Sitzplatz.

      Freitag, 14.06., um 18:25 Uhr. Flughafen München

      Schon bald nach dem Start des Flugzeugs der British Airways war Ralf in einen tiefen Schlaf gefallen. Die Stewardess weckte ihn kurz vor der Landung, damit er sich wieder anschnallen konnte.

      In eine konfuse Traumwelt war Ralf hineingestürzt. Das Lachen von Gerald Owen war ihm vom Traum her in Erinnerung geblieben und der Blick, die grünen Augen des Feenwesens und ihre Hand, als sie ihm zuwinkte.

      Das Flugzeug setzte mit einem Ruck auf der Betonpiste auf. Immer langsamer fuhr der Flieger und rollte auf das vorgesehene Gate zu.

      Als der Airbus zum Stehen kam, klickten um Ralf herum die Sicherheitsgurte. Hektisches Treiben unter den Fluggästen setzte ein. Geschäftig nahmen die Reisenden ihre Trolleys aus den Gepäckfächern und drängten zu den Ausgängen. Gelassen saß Ralf auf dem Sitz und beobachtete das Drängen der Passagiere.

      Als das Flugzeug leer war, erhob sich Ralf, nahm, immer noch ein wenig verschlafen, sein Gepäck und ging entspannt durch den Mittelgang und nahm das Lächeln der Stewardessen mit sich auf den Weg. Er ging am Zoll vorbei, hin zur Schiebetür, die in die Ankunftshalle führte.

      „Ralf“, hörte er Lisas Stimme. Er schaute sich um und da stand sie. Eine imposante Erscheinung. Groß, schlank und das lange blonde Haar.

      Er hob die Hand, lächelte und winkte ihr zu.

      „Lisa, was machsten du hier?“, fragte er sie lächelnd.

      „Ich wollt dich abholen, weil ich eine Idee für dich hab.“ Sie breitete die Arme aus und drückte ihn an sich.

      „Eine Idee für mich?“, fragte er sie und küsste ihr zärtlich die Wange.

      „Ja, erzähl ich dir im Auto“, sagte sie während sich wieder von Ralf löste und ihm in die Augen sah. „Hast du schon dein Gepäck?“

      „Klar.“ Er deutete auf seinen Trolley. „Weißt ja: Zahnbürste, Unterhose. Mehr braucht Mann nicht.“ Beide lachten.

      „Wie war’s in London?“

      „Megagut, sag ich dir.“

      Er reichte ihr den Arm. Lisa hakte sich bei ihm ein, aber sie bemerkte auch die nachdenkliche Ernsthaftigkeit in Ralfs Blick.

      „Hat der Engländer den Vertrag unterschrieben?“, fragte sie und sah ihn an.

      „Muss ich dir erzählen. Hab wirklich gedacht, dass ich es verpatzt