Rubinius Rabenrot

... und dann für immer!


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wird´s mir.“

      „Ach, du bist einfach wunderbar, mein Lieber.“

      Schweigend gingen sie durch das Flughafengebäude, hin zum Ausgang. An einem Zeitungskiosk blieb Ralf plötzlich stehen.

      „Wart mal.“ Er stellte den Trolley ab und ging in den Kiosk.

      „Bitt´schön, die Abendzeitung“, sagte er der Verkäuferin.

      „Aber gern, mein Herr.“ Sie reichte ihm die Zeitung.

      Er klappte das Blatt zusammen und ging zurück zu Lisa.

      „Was liest du denn für a Revolverblattl. Ich dachte, du hast die Süddeutsche Zeitung abonniert?“

      „Lisa, weißt es genau. Ich lese doch überhaupt keine Zeitungen, außer dem Handelsblatt, der Welt, dem Spiegel, manchmal den Focus, und eher seltener die Washington Post.“

      Lisa schaute ihn zweifelnd an. „Verarschst mich, oder?“

      „Is´ nur a Witz. Ich les nur Onlinezeitungen, bis auf den Samstag, wenn ich in München bin. Dann kauf ich mir die SZ.“

      „Beruhigt mich. Aber warum heut die Abendzeitung?“

      „Hab´ eine Anzeige aufgegeben, gestern Nacht.“

      „Na, was du nicht sagst. Lass schauen.“

      Noch vor dem Zeitungskiosk, mitten in der Halle, suchten sie nach der Annonce in der Zeitung.

      „Da, sieh!“ Ralf zeigte auf das Inserat. „Genau so sollte die Anzeige aussehen. Wunderbar!“

      „Umgeben von Schokoladenduft habe ich dich im Aufzug gesehen. Deine smaragdgrünen Augen gehen mir nicht mehr aus dem Sinn. Bitte melde dich.“

      „Wow, Ralfi, du bist ja a Poet.“

      „Gefällt‘ s dir?“

      „Klasse hast des gmacht! Die Frage ist nur: Liest sie eine Zeitung und dann noch: welche der dreien in München?“

      „Ja, hab ich auch schon drüber nachgedacht und wenn: Würde sie überhaupt Anzeigen lesen? Ich hab noch nie Annoncen gelesen.“

      Sie schauten sich an. Lisa fing an zu lachen.

      „Ralf, so sehr hat´s dich getroffen?“, fragte Lisa feixend. Irritierte Blicke Reisender musterten die beiden, die sich bequemten mitten im Weg stehen zu bleiben und, bitte schön, alles aufzuhalten und auch noch zu lachen.

      „Heftigst! Das kann ich dir sagen“, antwortete er, nachdem sich Lisa wieder beruhigt hatte.

      „Na dann! Ich hab mir auch Gedanken gemacht. Lass uns zum Auto gehen und zum Italiener auf der Leopoldstraße fahren. Hab einen Bärenhunger.“

      Draußen auf dem Vorplatz des Flughafens atmete Ralf tief die Münchner Luft ein.

      „Schön ist es, wieder hier zu sein“, sagte er und schloss für einen Moment die Augen.

      „Hat natürlich nur geregnet in London, oder?“

      „Graue Suppe, aber wunderbar war es.“

      Sie stiegen in Lisas vermilionroten, metallikfarbenen 1er BMW, verließen den Parkplatz des Flughafens und fuhren Richtung Innenstadt. Ralf erzählte Lisa von Gerald Owen, von seiner Träumerei und wie Owen ihn auf das ‚Verliebtsein’ angesprochen hatte. Lisa hörte einfach nur zu, schmunzelte und warf ihm ab und zu einen Seitenblick zu. Konzentriert fuhr sie den Wagen durch den sommerlichen Abend.

      „Danke, dass du mich abgeholt hast.“

      „De nada“, sagte sie.

      „Danke, Lisa.“

      Die Stadt kam näher. Er war gerne mit Lisa zusammen. Aber ein Liebespaar konnten sie keinesfalls werden, weil er sie mochte, aber nie auf die Idee gekommen wäre, sich in sie zu verlieben. Wahrscheinlich deswegen, weil Lisa sich eher zu Frauen hingezogen fühlte, war er niemals auf eine solche abstruse Idee gekommen. So lange Ralf Lisa kannte, hatte er sie niemals mit einem Mann flirten sehen. Sie kannten sich schon 15 Jahre lang, wahrscheinlich sogar noch länger. Sie waren zusammen auf dem Gymnasium gewesen, hatten gemeinsam das Abitur durchgezogen. Vom Grundkurs auf der Tanzschule bis zum Goldstar hatten sie alle Kurse miteinander durchtanzt und auch während der Zeit in Hannover blieben sie immer freundschaftlich verbunden. Lisa von Gräfing, stammte von einem verarmten Adelsgeschlecht ab und sie war schlicht sein bester Freund.

      „Ralf, ich hab eine Idee“, sagte Lisa wieder und brach das Schweigen.

      „Erzähl.“

      „Du kennst doch die Rosa? Die ist Geschäftsführerin vom Radio Schickeria.“

      „Nur von Erzählungen“, antwortete er und sah sie mit einem skeptischen Seitenblick an.

      „Ich hab sie angerufen und gefragt, was für ein Kostenaufwand auf dich zukäme, wenn du einen Spot bei ihr im Sender machst. Ein Aufruf, von einem Verliebten der verzweifelt versucht, seine Angebetete zu finden, von der er keinen Schimmer hat. Sie war so begeistert von der Idee, dass sie eine Sendung einführen will, die sich nur mit der Suche von Verliebten beschäftigt. Sie will dir nichts berechnen, wenn du mit deinem Spot den Anfang machst. Sie hat vorgeschlagen, dass der Suchende, in diesem Fall du, den Text selber im Radio spricht. Rosa hätte am Samstag um die Mittagszeit für uns Zeit. Sie würde den Spot mit dir aufnehmen und das ganze Wochenende über senden. Was sagt du dazu?“

      „Nein, Lisa. Das geht nicht. Stell dir vor, die Hennings würden den Spot mitkriegen. Das kann ich nicht machen, Lisa.“

      „Aber ehrlich, Ralf. Was ist dir wichtiger? Dein vergreister Chef und die Schickse von Tochter, die der Herrgott mit so wenig Intelligenz wie möglich gesegnet hat, dass sie bequem durchs Leben streifen kann, oder das Mädel, dass du liebst? Übrigens: Ich glaube kaum, dass der alte Henning oder Cindy jemals Radio Schickeria hören.“

      „Lisa, aber dieses München ist doch das reinste Kuhdorf, wenn es um den Klatsch geht. Ja, und wer garantiert mir, dass die Unbekannte den Schickimicki-Sender überhaupt hört?“

      „Keiner, mein Lieber. Aber wenn du sie finden möchtest, dann musst du dich anstrengen und etwas bewegen.“

      Ralf atmete tief durch und hob verzweifelt die Hände. „Costa quanto?“, fragte Ralf und rieb dabei den Zeigefinger an den Daumen.

      „Nada, mi corazón. Absoluter Freundschaftsdienst, weil du´ s bist und ein Netter.“

      „Na, sauber. Aus der Nummer komm ich wohl nicht mehr raus.“

      Beide schwiegen eine Zeitlang.

      „Ich mach´s.“ Ralfs Stimme hatte einen schelmischen Unterton.

      „Gut, morgen um zwölf bei Rosa.“

      „Gut, Morgen um zwölf. Na, das wird ja fatal enden mit so einem verliebten Deppen wie mir.“

      „Versündig di net, Ralf. Sei froh, dass du lieben kannst und mit deinem Aussehen auch ein fesches Madl finden wirst“, ermahnte sie ihn ernst.

      Erschrocken, wegen der Heftigkeit in ihrer Stimme, sah Ralf sie an. Erst als sie merkte, dass Ralf sie ansah, lächelte sie und tätschelte ihn liebevoll seinen Schenkel.

      Direkt vor dem Restaurant war zufällig ein Parkplatz frei geworden.

      „Gott, das ist ein Zeichen. Hier müssen wir essen“, rief Lisa theatralisch und parkte den BMW ein.

      „Schön´s Auto.“

      „Lebst du immer noch autofrei?“, fragte sie Ralf.

      „Mit dem Auto kann ich nicht nach Tokio fahren und in München selber brauch ich keins.“

      Beide lachten und stiegen aus. Sehr belebt waren die Bürgersteige der Leopoldstraße an diesem sommerlichen Freitagabend. Gemächlich schlenderten sie durch den Vorgarten des italienischen Restaurants. Viele der kleinen Tische im Innern der Pizzeria waren nicht besetzt. Sie setzten sich an einem Tisch, direkt