Heike Möller

Weltenwanderer-Chroniken II


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Menge. Und ich glaube dass du, wenn du ihn kennen lernst, verstehst, warum er soviel weiß. Ein wirklich interessanter Mann, der Herr Graf.“

      Sondra runzelte die Stirn, wusste nicht, was sie von dieser Aussage halten sollte.

      „Also ihr zwei. Jetzt können wir die Fotos machen.“

      Sondra grübelte vor sich hin, während Tom das Passfoto von Elsir schoss. „Hatten seine Eltern zu viel Fernsehen gesehen oder warum heißt dein Freund ausgerechnet Adolar?“

      Tom stutzte einen Moment und blinzelte Sondra über seine Kamera hinweg an. Dann grinste er breit. „Nein, er …. Sein Name hat nichts mit der ungarischen Fernsehserie zu tun. Ich kann dir versichern, dass seine Eltern keinen Fernseher hatten.“

      Sondra fand die Aussage von Tom rätselhaft. „Wie hast du ihn kennen gelernt? Und ist er wirklich ein Graf?“

      „Stellst du immer so viele Fragen, Süße?“ Tom konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit, musste aber trotzdem weiter grinsen.

      „Diese Charaktereigenschaft ist mir an ihr auch schon aufgefallen“, meldete sich Bijae zu Wort. Er nahm Elsirs Platz ein, nachdem Tom „Fertig, Elsir!“ gesagt hatte.

      Sondra schmollte Bijae ein wenig an, konnte ihm aber nicht wirklich böse sein.

      „Du kannst Kolbrink anrufen. In einer halben Stunde sind die Fotos zum Abholen bereit. Ich muss nur noch die Ohren wegretuschieren, sonst gibt es zu viele Fragen.“

      „Und wie soll ich die beiden durch die Kontrollen bekommen? Selbst wenn auf den Fotos keine spitzen Ohren zu sehen sind, was soll ich sagen?“

      Tom Behrens schien heute sehr gute Laune zu haben. Sein Grinsen wurde noch brei­ter.

      „Tom, wenn du keine Ohren hättest, würdest du im Kreis lachen, dass ist dir hoffent­lich bewusst!“ Sondra ärgerte sich ein wenig über die selbstgefällige zur Schau Stel­lung von Toms Ideen, die er aber nicht mit ihr teilte.

      „Zum Ersten hast du einen Diplomaten an deiner Seite. Da werden nicht viele Fragen gestellt. Zum Zweiten ist heute eine Science-Fiction-Convention in Hamburg. Da lau­fen unglaublich viele hirnverbrannte Idioten mit Spock-Ohren herum. Du brauchst nur bei der Passkontrolle sagen, dass Elsir und Bijae Teilnehmer der Convention waren und vergessen haben, ihre Ohren abzunehmen.“

      Sondra starrte den Cousin von Andreas an. „Du bist verdammt gerissen, weißt du das?“

      „Danke, mein Herzblatt. Das fasse ich als vollkommenes Kompliment auf.“

      Holger Kolbrink kam gerade in Toms Geschäft, als der Fotograf mit der Bearbeitung und Entwicklung der Bilder fertig war. Der väterliche Freund von Sondra war wie immer höflich und souverän, als Anwalt und Notar war ihm diese Eigenschaft in Fleisch und Blut übergegangen.

      Sondra bemerkte aber eine Spur Misstrauen, als Holger die beiden Elfen begrüßte.

      „Ich komme gleich zurück“, sagte Sondra zu den drei jungen Männern, als sie Holger nach der Entgegennahme der Fotos zum Auto begleitete.

      „Was ist los, Holger? Dir liegt doch was quer im Magen!“

      Die grauen Augen von Holger Kolbrink blickten betrübt in Sondras. Er hatte ihren Vater altern und quasi sterben sehen, weil Thorben ständig in Vilgard war.

      „Ich finde es nicht gut, dass du wieder nach Vilgard reist.“

      Verblüfft sah Sondra ihn an. „Ich will gar nicht nach Vilgard. Ich helfe Elsir und Bijae nur, ihre Wolfsmenschen-Freundin zu finden und will sicher sein, dass sie durch das Tor verschwinden. Wenn das erledigt ist, komme ich sofort zurück.“

      Zweifelnd sah Holger die junge Frau an, die er schon als Kind kannte, die er zusam­men mit seiner Frau wie eine eigene Tochter behandelt hatte.

      „Das glaube ich erst, wenn du wohlbehalten wieder vor mir stehst, Sondra!“

      Sondra wurde ärgerlich. „Warum glaubt mir niemand!“ Damit drehte sie sich auf den Absatz um und lief in Toms Geschäft zurück.

      Sondra bezahlte Tom Behrens nicht nur die Passfotos, sondern auch noch die Klei­dungsstücke. Er würde das Geld an den Boutiquenbesitzer weiterleiten.

      „Was ist eigentlich zwischen dir und dieser Stevie vorgefallen?“, fragte Sondra plötzlich. Tom, der gerade die Kasse schließen wollte, erstarrte für einen Moment, dann knallte er mit einer heftigen Bewegung die Lade zu.

      „Das ist kompliziert“, nuschelte er und vermied es, Sondra anzusehen. Er war etwas blasser geworden und rote Flecken hatten sich am Haaransatz seiner Geheim­ratsecken gebildet.

      „Erkläre es mir. Ich bin erstens ein guter Zuhörer und zweitens selbst ein Meister in Komplikationen. Also, spuck´ s aus!“

      Tom blickte nervös zu den Elfen hinüber, die sich gerade Aktfotografien ansahen. Während Elsir sichtlich begeistert war, verzog Bijae mal wieder gequält sein Gesicht.

      „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir gingen zusammen aufs Gymnasium, ich spielte Handball, hatte meinen Unfall, wurde gelähmt und Stevie hat ihr Interesse verloren. Punkt.“

      Sondra schürzte die Lippen. „Warst du in sie verliebt?“

      Tom schluckte kurz und blickte dann in Sondras Augen. „Ja, war ich. Sie hat einen anderen geheiratet. Ist vielleicht auch besser so. Robert ist wenigstens kein Krüppel.“

      Zum ersten Mal, seit Sondra Tom kannte, schien ihm die Behinderung etwas auszu­machen. Er wirkte plötzlich verunsichert, beinahe schüchtern.

      „Hat sie dir gesagt, dass du ein Krüppel wärst oder ähnliches?“

      „Nein!“ Tom reagierte heftig. „Stevie hat sich um mich gekümmert. Nach dem Unfall war sie sehr oft bei mir, hat mir geholfen trotz meiner Abwesenheit den Schulstoff mitzukriegen. Aber ….“

      „Aber was?“

      Tom druckste ein wenig rum. „Ich wollte nicht, dass sie sich nur mit mir beschäftigte. Sie sollte Spaß haben, mit anderen Freunden ausgehen und so. Dann kam die Flach­zange Robert und ich habe nicht verstanden, was sie an ihn findet.“ Seine Stimme zitterte. „Wenn sie jemand anderen genommen hätte, zum Beispiel Andi. Das wäre in Ordnung gewesen. Aber Robert? Mit dem IQ eines Toastbrotes?“

      Sondra musste unwillkürlich grinsen, als Toms Gedankenspiel Stevie mit Andreas verband. „Nimm es mir nicht übel, aber ich bin froh, dass aus Andi und Stevie nichts geworden ist. Sonst hätte ich nicht das Vergnügen mit ihm.“

      Tom starrte Sondra an. „Entschuldige, war nicht so gemeint. Ich bin nur….“

      „Ist schon gut, Tom. Stevie hat wohl gemerkt, dass Robert eine Flachzange ist, wie du ihn nennst.“

      Tom bemühte sich, nicht allzu neugierig auszusehen, aber es gelang ihm nicht. „Wieso?“

      „Andi hat mir erzählt, dass Stevie von Robert geschieden ist. Er hatte sie wohl öfter geschlagen.“

      Toms Nasenflügel blähten sich auf und Zornesfalten bildeten sich auf seiner sonst glatten Stirn. Das kannte Sondra noch nicht an dem sonst immer gut gelaunten Tho­mas Behrens. „Was noch?“

      „Sie hat zwei Kinder. Andi hat sie durch seinen Fall wieder getroffen. Mehr kann ich dir jetzt nicht sagen, weil ich nicht weiß, ob ich dir das sagen darf. Aber Andi steht in Kontakt mit Stevie. Es liegt jetzt an dir!“

      Sondra steckte ihre Geldbörse in den schicken, aber praktischen Cityrucksack.

      „Hast du sie kennen gelernt, Sondra?“ Toms Stimme klang verunsichert.

      „Nein. Aber Andi hat mir ein bisschen von eurem Dreiergespann erzählt. Ehrlich gesagt bin ich neugierig auf sie.“

      Sondra ging um den Tresen herum und beugte sich über den Cousin ihres Verlobten. „Ich danke dir, mein Großer. Du hast mir sehr geholfen.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.

      Tom