Heike Möller

Weltenwanderer-Chroniken II


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Seine Stimme überschlug sich fast.

      „Wir haben ja ein paar Tage, in denen wir gemeinsam Vala suchen. Da kannst du mir gerne Löcher in den Bauch fragen.“

      Elsir seufzte leicht. „Jae sagte schon, dass du nicht nach Vilgard mitkommen wirst. Schade. Elram hatte sich schon gefreut, dich wieder zu sehen. Er meinte, er hätte dir damals im Rosengarten etwas erzählt und hoffte, dass du dich noch daran erinnern würdest.“

      Sondra bremste ziemlich scharf an der roten Ampel und schluckte. „Hat er dir gesagt, worüber er und ich uns unterhalten hatten?“

      Bijae, der unsanft im Gurt nach vorne geworfen wurde, blickte finster zu seinem Cousin hinüber. Elsir, der ein wenig blass um die Nase war, schüttelte den Kopf. „Nein, hat er nicht. Ich habe ihn ja mehrfach gefragt…“

      „Er meint genervt!“, ergänzte Bijae.

      „… aber Rami wollte nichts sagen. Meinte nur, es wäre sehr persönlich!“

      „Rami?“, fragte Sondra und lächelte süffisant, während sie in die Seitenstraße fuhr, die zu Tom Behrens Geschäft führte.

      „Ich konnte als Kind nicht so gut seinen Namen aussprechen“, nuschelte Elsir verlegen.

      Sondra biss sich auf die Lippen. Sie versuchte sich gerade vorzustellen, wie Klein­Elsir quer durch den Thronsaal „Hey Rami!“ brüllte. Sie kicherte und im Rückspiegel sah sie, wie Bijae ebenfalls schmunzelnd aus dem Fenster blickte.

      Sondra fuhr auf dem Parkplatz hinter dem Fotoatelier und parkte neben dem Auto von Tom. Der Van war eine Spezialanfertigung, die ihn trotz seiner körperlichen Behinderung mobil sein ließ. Als Sondra, Elsir und Bijae ausstiegen, öffnete sich die Hintertür des Ateliers und Tom kam mit seinem Rollstuhl die Rampe herun­tergefahren. Bijaes Augenbrauen zogen sich erstaunt zusammen, die einzige Reak­tion, zu der er sich hinreißen ließ.

      „Was ist das denn?“, fragte Elsir dagegen laut und vernehmlich.

      Bijae stöhnte auf, rollte mit den Augen und schlug sich eine Hand vor sein Gesicht. Tom Behrens grinste breit. Er nahm es Elsir nicht krumm, denn ihm war klar, dass der Elf Rollstühle nicht kannte.

      „Hallo, ich bin Tom. Freut mich total, euch beide kennen zu lernen.“ Er streckte den beiden die Hand entgegen, und die beiden Elfen schüttelten sie sofort. Tom erklärte den beiden in kurzen Worten, weshalb er in dem Rollstuhl saß und wie ihm dieses Gerät half.

      „Oh!“, machte Elsir, wirkte aber nicht betreten, sondern neugierig. „Entschuldige, wenn ich dich mit meinen Fragen bombardiere, aber hast du Schmerzen oder ähm…?“

      Bijae hob seine linke Hand. Es sah aus, als ob er Elsir mit einem weiteren Bann belegen wollte. Sondra stand neben dem Druiden, bemerkte die Handbewegung und umfasste schnell seine Hand.

      „Autsch!“ Der Stromschlag war diesmal etwas unangenehmer. Sie schüttelte schnell ihre Hand. Tom sah sie verwirrt an. „Nur elektrische Aufladung“, log sie.

      >Ich werde Bijae zur Rede stellen müssen! <, dachte sie.

      Während die vier in das Geschäft gingen, beantwortete Tom Elsirs Frage.

      „Aber jetzt habe ich Fragen. Tausend mindestens. Andreas hat mir heute Morgen nicht viel am Telefon gesagt, nur das wesentliche. Wieso seid ihr hier?“

      Während die Elfen die Kleidungsstücke anprobierten, die ein Freund von Tom gebracht hatte, berichteten sie zusammen mit Sondra, um was es ging. Tom hörte aufmerksam zu und unterbrach sie nicht ein einziges Mal. Zum Schluss sah er Sondra nachdenklich an.

      „Und du glaubst, dass Vala irgendwo in den Karpaten ist?“

      „Ja. Meinen Berechnungen zur Folge auf der polnischen oder tschechischen Seite. Ich habe heute morgen kurz gegoogelt, aber nichts Brauchbares gefunden.“

      „Du hilfst den beiden ein wenig mit der Kleidung und ich telefoniere mal kurz“, sagte Tom, drehte seinen Rollstuhl geschickt um und fuhr in den vorderen Bereich des Geschäfts.

      Sondra kümmerte sich zuerst um Elsir. Eine Jeans und eine warme Hose in schwarz sowie zwei T-Shirts und zwei Pullover waren schnell ausgesucht. Dazu passend fischte Sondra eine Earflap heraus, deren seitliche Ausläufer Elsirs Ohren hervor­ragend bedeckten.

      Bei Bijae war es wie erwartet ein wenig schwieriger. Zwar fand auch er zwei Hosen, die von der Länge her passten, aber eine Hose war im Bund eine Nummer zu weit. Sondra nahm einen Gürtel und fing an, ihn durch die Schlaufen der Hose zu fädeln, die Bijae gerade trug. Hastig drückte der Elf Sondras Arme hinunter.

      „Ich glaube, das schaffe ich alleine.“ An seinen Schläfen zeichneten sich rote Flecke ab.

      Erstaunt sah Sondra ihm in die Augen. „In Ordnung. Ich suche einen Hut für dich.“

      Elsir grinste seinen Cousin frech an. Sondra fand einen Military Tribe Hat und reichte ihn Bijae. Der hatte inzwischen ebenfalls einen Pullover übergestreift und setzte die Mütze auf. Sondra verzog das Gesicht und suchte weiter.

      „Das ist einfach nicht fair. Elsir kann anziehen, was er will und sieht immer gut aus. Und ich sehe wie ein Hofnarr aus.“ Bijae schmollte etwas.

      Sondra nahm ihm den Hut vom Kopf und setzte ihm einen Beanie in dunkelgrau auf. Das stand ihm ausgezeichnet. Zufrieden lächelte Sondra ihn an. „Geht doch!“

      Den Military Tribe Hat reichte sie dann Elsir. „Tausch mal bitte aus.“

      Der Hut stand ihm deutlich besser als der Earflap. Zufrieden nickte sie, als sie die beiden Männer in einigem Abstand musterte.

      „Ihr geht als Menschen durch. Absolut okay.“

      „Was heißt okay?“, fragte Bijae.

      „In Ordnung. Korrekt. Gut. Es gibt viele Bedeutungen.“

      „Ich weiß jetzt, wo sich eure Freundin befindet. Auf etwa zwanzig Quadratkilometer genau.“ Tom kam mit seinem Rollstuhl in den hinteren Teil des Ateliers gerollt. Auf seinem Schoss lagen ein Zettel und das Telefon des Geschäfts. Als er vor Sondra zum Stehen kam, reichte er Sondra das Mobilteil. „Adolar wird euch helfen. Er ist mir was schuldig. Sprich du mit ihm die Formalitäten ab.“

      Sondra fühlte sich ein wenig überrumpelt, sagte aber nichts. Sie war Tom für seine Hilfe dankbar, zumal er nichts in Frage stellte sondern einfach agierte.

      „Hallo? Mein Name ist Sondra Wieland.“

      Die Stimme am anderen Ende war warm und freundlich. Männlich.

      „Freut mich sehr, Frau Wieland. Ich heiße Adolar Cerný.“

      Der Mann sprach ein fließendes Deutsch mit einem winzigen, kaum hörbaren slawi­schen Akzent. Sondra wurde beim Klang der Stimme von Schauer erfasst, die sie sich nicht erklären konnte.

      >Meine Güte, Mädchen! Erst die elektrostatische Aufladung bei Jae und jetzt der Klang einer Stimme. So nötig habe ich es ja nun auch nicht. <

      „Tom sagte, Sie können uns behilflich sein?“

      „Ja. Ich fliege morgen nach Flensburg und hole Sie und Ihre Freunde ab. Ich habe einen Diplomatenpass, somit werden Ihnen keine Fragen gestellt werden. Dann bringe ich Sie in das Gebiet, wo seit einigen Wochen eine graue Wölfin ihr Unwesen treibt und einige Bewohner erschreckt.“

      Sondra konnte ihr Glück kaum fassen. „Ich, ähm… ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist großartig! Vielen Dank! Ich werde alle Vorbereitungen treffen, Herr Cerný.“

      Sie gab ihm noch ihre Handynummer durch und legte dann auf. Überschwänglich gab Sondra Tom Behrens einen Kuss auf die Stirn. „Du bist ein Klassetyp, Tommi!“

      Er grinste breit und die Lachfalten neben seinen Augen gruben sich tief ein. Dann reichte er ihr den Zettel. „Adolar wird euch nach Krakau fliegen. Im Privatjet. Dann wird er euch in ein Gebiet an der südöstlichen Grenze zu Tschechien bringen. Wenn ihr findet, was ihr sucht, wird er eure Abreise aus Polen vortäuschen, so dass