Heike Möller

Weltenwanderer-Chroniken II


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ging jetzt in einem Hustenanfall über.

      „Du siehst so drollig aus, Jae!“ Elsir liefen Tränen über das Gesicht. „Schade, dass wir davon kein Bild malen können. Das wäre ….“

      Weiter kam er nicht. „Watare!“, murmelte Bijae und machte eine kurze Hand­bewegung. Elsir blieb in der Haltung, in der er sich gerade befand, wie erstarrt liegen.

      „Das ist nicht komisch, Elsir!“, knurrte der Druide seinen Cousin an. Dessen Augen blinzelten hilflos. „Denke mal ein paar Minuten über deinen kleinen Lachanfall nach!“

      Sondra klappte der Unterkiefer runter, als ihr bewusst wurde, dass Bijae gerade Magie angewendet hatte, um Elsir zum Schweigen zu bringen. „Er wird doch keinen Schaden davontragen, oder?“

      Bijae schüttelte den Kopf. „Er wird nur ein wenig Muskelkater haben wegen der ver­krampften Haltung.“ Er nahm sein Leinenhemd und streifte es sich über. Sondra konnte nicht anders als die Figur ihres Gastes erneut zu bewundern. Er hatte einen athletischen und muskulösen Oberkörper, wie bei einem Schwimmer oder Leicht­athleten.

      Nachdem Sondra mit den Elfen gefrühstückt hatte – Andreas hatte schon sehr früh das Haus verlassen und war zu seiner Dienststelle gefahren -, zeigte sie ihnen, wie eine Dusche funktionierte. Während die beiden duschten, ging sie in das Arbeits­zimmer, dass sie nach dem Tod ihres Vaters renoviert und umdekoriert hatte. Statt dunkler Vorhänge und Möbel war jetzt alles hell und freundlich. Nur der alte und große Schreibtisch aus Eiche war erhalten geblieben.

      Auf ihm stand ein neuerer Computer mit Flachbildmonitor, Scanner, Drucker und was sonst noch dazu gehörte. Sie schaltete ihn an und ging ins Netz. Sondra gab die Wörter ´News`, ´Karpaten`, ´Wölfe` und ´außergewöhnliche Sichtungen` ein. Tatsächlich gab es einige Berichte, sie waren jedoch zumeist auf Polnisch oder Tschechisch. Sie gab den Translatorbefehl ein und wartete.

      „Was ist das für ein Zauberkasten?“, fragte eine dunkle Stimme hinter ihr.

      Mit einem kleinen Aufschrei zuckte Sondra zusammen und fuhr herum. Bijae stand in der Tür, nur mit einem Handtuch um seine Hüfte geschlungen. Sondra presste ihre Hand auf ihr klopfendes Herz, das nicht nur raste, weil sie einen gehörigen Schreck bekommen hatte.

      „Willst du, dass mein Herz stehen bleibt?“ Dabei dachte sie: >Wenn Michelangelo den David neu erschaffen würde, wäre Jae vielleicht heute sein Model. <

      „Entschuldige, Sondra.“ Seine Stimme klang tatsächlich ein wenig schuldbewusst. Er trat hinter sie und betrachtete den Computer. „Was ist das?“, fragte er erneut.

      Geduldig erklärte Sondra Bijae den Computer und welche Funktion er in ihrer Welt ausübte. Sie erklärte ihm auch, wonach sie gerade suchte.

      „Ich verstehe, glaube ich. Aber dieses Gerät kann dir nicht genau sagen, wo Vala sich befindet.“

      „Nein, aber es engt das Suchgebiet vielleicht ein. Mit ein wenig Glück und deiner Magie können wir sie vielleicht bis zum Wochenende aufspüren und ihr drei könnt nach Shilfar zurückkehren.“

      Überrascht sah Bijae zu Sondra herunter. Er war inzwischen dicht neben sie getreten und seine langen, feuchten Haare berührten Sondras Gesicht. Wieder hatte sie das Gefühl, einen elektrischen Schlag zu bekommen. „Du kommst nicht mit nach Vilgard?“, fragte er.

      Sondra, die dieses Gefühl langsam mehr als verwirrend fand, schüttelte den Kopf und versuchte Abstand zu Bijae aufzubauen. „Ich kann nicht. Andi braucht mich im Moment hier dringender als ihr mich in Vilgard oder Shilfar. Vielleicht hat dein Vater dir ja erzählt, dass Andreas eine Art Wächter ist, ein Polizist. Er und seine Kollegen, also andere Polizisten, haben einen sehr bösen Mann gefangen. Dieser Mann wird nächste Woche vor Gericht gestellt und bekommt hoffentlich ein sehr hartes Urteil. Es ist wichtig, dass ich für Andi da bin.“

      Bijae betrachtete Sondra mit einem undefinierbaren Blick aus seinen Augen aus goldenem Bernstein. Dann nickte er. „Er kann sich glücklich schätzen, eine Frau wie dich an seiner Seite zu haben“, sagte er leise. Er öffnete seine linke Hand, in der er die ganze Zeit einen Gegenstand festgehalten hatte. Es war ein Lederband mit einer braunen Feder, dass er sich jetzt um seinen Hals band.

      „Du hast eine Feder von Fnir?“, fragte Sondra erstaunt.

      Bijae nickte. „Elsir hat auch eine. Fnir sagte, dass, wenn wir wieder zurück sind und Schwierigkeiten haben sollten, ihn sofort damit rufen sollen. Er sagte, du hättest ebenfalls eine Feder.“

      Sondra lächelte, als sie an den Moment dachte, in der Fnir es ihr erlaubte, eine Feder von seinem Kopf zu rupfen. „Ja“, sagte sie nur.

      Sie vermisste ihren außergewöhnlichen Freund.

      Elsir kam jetzt ebenfalls frisch geduscht in das Arbeitszimmer. Im Gegensatz zu Bijae hatte er allerdings sein Handtuch lediglich locker um seinen Hals gelegt.

      „Ähm“, sagte Sondra und zog eine Augenbraue hoch.

      „Bedecke dich gefälligst!“, fauchte Bijae seinen Cousin an.

      Elsir grinste. „Wer hat, der hat, mein Hübscher!“ Mit einem Augenzwinkern zu Son­dra schlang er in einer einzigen flüssigen Bewegung ebenfalls sein Handtuch um die Hüfte.

      „Mit ihm wird es wohl nie langweilig, nicht wahr?“, fragte Sondra den Druiden.

      „Niemals“, erwiderte Bijae resignierend.

      „Andreas hat gestern etwas gesagt, was ich nicht so ganz verstanden habe. Er braucht Bilder von uns? Wofür?“ Elsir sah sich einige Bilder im Arbeitszimmer an. Es waren überwiegend Fotos von Sondra mit ihrem Vater, aber auch ein gerahmtes Foto von Andreas bei seiner Abschlussfeier auf der Polizeischule.

      „Um bei uns in ein anderes Land reisen zu können, braucht man einen Pass. Das ist ein Dokument, in dem dein Name, deine Herkunft und zum Beispiel die Farbe deiner Augen drin stehen. Zusätzlich benötigt man noch ein Bild, eine Fotografie. Das werden wir nachher anfertigen lassen und ich bringe es dann schnell zu Andi.“

      „Was ist eine Fotografie?“, wollte Bijae wissen.

      Sondra stand auf und nahm das Bild von Andreas von der Wand. „Eine Fotografie ist ein Bild, das innerhalb einer Sekunde entsteht. Ein Gerät, wir nennen es Fotoapparat oder Kamera, macht diese Momentaufnahmen. Das tut nicht weh und schadet auch nicht. Und es geht deutlich schneller, als wenn ein Maler sich hinstellt und eine Leinwand bemalt.“

      Sondra hatte das Foto vorsichtig aus dem Rahmen genommen und überreichte es Bijae. Erstaunt besah er sich das Bild von allen Seiten, ertastete das Papier.

      „Wirklich erstaunlich!“

      Sondra holte eine Digital-Kamera aus der Schreibtischschublade. „Das ist eine moderne Kamera. Bei der kann man sofort sehen, was fotografiert wurde.“

      „Bedeutet das, als Jae vorhin so verboten komisch aussah, hättest du mit so einem Fotodings ein Bild von ihm machen können?“, fragte Elsir.

      Sondra versuchte ernst zu bleiben, als sie sich den Anblick von vorhin ins Gedächtnis zurückrief. „Ja, hätte ich machen können. Aber das wäre doch nicht fair gewesen, nicht wahr?“

      Bijae sah seinen Cousin erneut finster an und knurrte.

      „Darf ich von euch ein Foto machen? Als Probe für nachher, damit ihr wisst, dass das ganz harmlos ist.“

      Elsir nickte begeistert, Jae war ein wenig zögerlich. Sondra bemerkte es und sagte: „Ich mache erst einmal ein Foto von dir, Elsir.“ Sie schaltete die Kamera ein, nahm den dunkelblonden Elf ins Visier und drückte ab. Dann speicherte sie das Bild und lud es zum Ansehen hoch.

      „Sieh mal.“ Sondra zeigte es dem Elf.

      „Bin ich jetzt da drin gefangen?“, fragte Elsir. Er wirkte allerdings nicht ängstlich.

      „Nein. Wenn von dir ein Bild gemalt wird, bist du doch auch nicht in diesem Bildnis gefangen. Es ist nur eine Projektion von dir, nicht du selbst.“ Sie zeigte das Bild auch Bijae, der es vorsichtig