Heike Möller

Weltenwanderer-Chroniken II


Скачать книгу

ihr heraus und sie fiel ihrem Liebsten um den Hals.

      Die Reaktionen der anderen am Tisch bekam sie nicht mit, da Sondra damit be­schäftigt war, Andreas zu küssen. Irgendwann hörte sie dann aber doch Tom.

      „Lass ihn leben, Sondra!“, rief er lachend. Er applaudierte.

      Andreas schob den Ring über den Ringfinger von Sondras linker Hand. „Meine Ver­lobte!“, sagte er glücklich.

      Sondra strahlte ihn an. Sie wusste, dass sie sich gerade sehr beherrschen musste, um ihre Barrieren nicht fallen zu lassen. Ihre Haut hätte wahrscheinlich dazugeführt, dass alle Anwesenden in dem Zimmer die Sonnenbrillen raus geholt hätten. Oder sie wäre mit Fragen konfrontiert worden, die sie nicht beantworten konnte.

      Taumelnd vor Glück stand sie auf und nahm die Umarmungen von Silke, Olav, Petra, Jonas und Peter entgegen. Ingrid, Mark und Jeremy gaben höflich die Hand und gra­tulierten.

      „Jetzt brauche ich aber wirklich einen Schnaps!“, sagte Sondra und griff nach dem Magenbitter. Sie mochte das Zeug eigentlich nicht, aber nach dem schweren Essen und dem kleinen angenehmen Schock war das die Medizin, die sie benötigte.

      Irgendwann setzte sie sich wieder hin. Andreas nahm neben ihr Platz und rückte dicht mit seinem Stuhl an sie heran, nahm sie in den Arm. Sondra betrachtete den Ring. Er war aus Weißgold mit gelb-goldenen Intarsien. Eine Greifenschwinge, an deren Wurzel ein stilisierter Greifenkopf zu sehen war. Das Auge des Greifs bestand aus einem winzigen Diamanten.

      „Der Ring ist wunderschön, Andi!“, sagte sie leise und vergrub ihren Kopf an seinem Hals.

      „Tom hat mir bei dem Entwurf geholfen.“

      Sondra sah zu dem immer noch breit grinsenden Tom Behrens hinüber. „Andi hat mir gesagt, wie er sich den Ring in etwa vorstellt und ich habe ein paar Zeichnungen ge­macht.“ Toms Augen funkelten belustigt. „Wir haben einige Entwürfe quasi zusam­men geschmissen und dann ist er zu einem Goldschmied gegangen. Seit zwei Mona­ten hat er den Ring bei sich, Sondra!“

      Überrascht sah Sondra ihren Verlobten an. „Seit zwei Monaten?“

      „Hhm! Ich habe auf den richtigen Augenblick gewartet. Ich glaube, das war er einfach.“

      „Du bist so süß“, hauchte Sondra und küsste ihn zärtlich.

      „Wann wollt ihr denn heiraten?“, fragte Olav. Er blickte seinen Sohn und Sondra stolz und zufrieden an.

      „Sie hat doch gerade erst mal ja gesagt“, lachte Andreas. „Über den Rest müssen wir uns noch unterhalten. Vielleicht im nächsten Frühjahr oder Sommer, keine Ahnung!“

      Sondra sah zu Petra. „Hast du davon gewusst?“

      „Nicht die Bohne! Bin gerade genauso platt wie du. Aber ich freue mich total da­rüber.“ Petra strahlte über ihr ganzes Gesicht. Ingrid blickte ein wenig sauertöpfisch, aber Sondra ignorierte es. Nichts konnte im Moment ihr Glück schmälern.

      Zwei Stunden später fuhren Sondra und Andreas zurück zum Cottage. Sondra hatte sich in dem Beifahrersitz eingekuschelt und blickte immer wieder zu Andreas rüber. Irgendwann kicherte sie.

      „Was ist so lustig?“, fragte Andreas.

      „Mein Verlobter!“ Sie genoss es richtig, diese Worte zu sagen. „Das klingt soviel besser als ´mein Freund` oder ´mein Lebensgefährte`. Was Holger und Renate wohl dazu sagen?“

      Andreas grinste. „Ich hatte mir erlaubt, im Vorfeld Holger um deine Hand zu bitten, da er praktisch so eine Art Vater für dich ist. Er und Renate hatten mir ihren Segen gegeben.“

      „Du bist ja ganz schön abgebrüht.“

      „Nein, bin ich ganz und gar nicht. Was glaubst du, was ich für einen Bammel hatte? Ich hatte die Befürchtung, du würdest meinen Antrag ablehnen. Moment mal, hattest du vorhin ´Scheiße, ja` gesagt?“

      Sondra lachte hell auf. „Ich glaube schon. Ich war in Panik und in meinem Mund war Wüste. Da ist mir das erste Wort einfach so raus gerutscht.“

      Sie kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy.

      „Wen willst du anrufen?“, fragte Andreas.

      „Holger und Renate. Wenn die zwei eingeweiht sind, sollen sie wenigstens wissen, dass ich ´Ja` gesagt habe.“

      Holger und Renate Kolbrink hatten Sondra immer bei sich aufgenommen, wenn ihr Vater, Thorben Wieland, auf ´Geschäftsreise` war. Allerdings gingen die Reisen fast immer nach Vilgard und Holger, der auch noch Anwalt und Notar war und die Interessen erst von Thorben, jetzt auch von Sondra vertrat, lieferte ihm über dreißig Jahre Alibis über die Aufenthaltsorte.

      Karin, die Tochter der Kolbrinks, war Sondra eine sehr enge Freundin geworden. Vor einigen Jahren war sie aber an Leukämie verstorben. Der Verlust traf alle sehr hart.

      Umso mehr kümmerten sich die Kolbrinks um das Wohlergehen von Sondra. Als Andreas Laurenz in das Leben ihres Schützlings trat, waren sie von Anfang an begeistert. Der junge Kriminalkommissar war aufrecht und ehrlich und entwickelte zusätzlich schnell einen Beschützerinstinkt für Sondra. Das war vor allem wegen der Familie des verstorbenen Thorben Wieland wichtig. Der Patriarch, Sondras Groß­vater, hatte schon zu Lebzeiten seines Sohnes versucht, Kontrolle über Sondra und ihr Leben zu Erlangen. Nach Thorbens Tod verstärkte er seine Anstrengungen noch. Aber Sondra ließ sich nicht einschüchtern. Mit Andreas, Holger und Renate an ihrer Seite und einem klar ausgesprochenen Erbe zu ihren Gunsten konnte der Patriarch Hagen Wieland nichts unternehmen, um seine Enkeltochter nebst gewaltigem Vermögen einzuverleiben.

      „Hallo, Onkel Holger. Ich habe ´Ja` gesagt!“

      Andreas konnte hören, wie der väterliche Freund Sondras am anderen Ende vor Freude jubelte und es seiner Frau zurief.

      „Ja, ich glaube, ich kann morgen mal vorbeikommen…. Andreas muss leider wieder ins Präsidium…. Richtig, der geheimnisvolle Fall…. Nein, Holger, dass holen wir nach…. Ganz sicher…. Ja, du auch. Und gib Renate einen dicken Kuss von mir….“ Andreas hob kurz die Hand und wies mit dem Daumen auf sich. „Von Andi auch. Ich hab euch lieb! Bis bald.“

      Lächelnd beendete sie das Gespräch und steckte das Handy wieder in ihre Hand­tasche.

      „Wir könnten nächstes Wochenende die beiden in ein schickes Restaurant führen. Was hältst du davon?“ Andreas fuhr von der Autobahn runter. Jetzt lagen noch etwa eine halbe Stunde Landstraßen vor ihnen.

      „Das ist eine gute Idee. Wir beide müssen auch noch viel Besprechen. Ich brauche zum Beispiel deinen Rat, für welche Uni ich mich entscheiden sollte, wer welchen Namen nach der Hochzeit trägt und ob es auch kirchlich sein muss. Aber das machen wir alles, wenn dein Fall erledigt ist, in Ordnung?“

      „Ja, das klingt gut. Dann habe ich den Kopf frei und kümmere mich nur noch um dich, mein Herz.“

      Eine Weile fuhren sie schweigend, die langsam untergehende Sonne im Rücken. Die Silhouette des Cottage war zu erkennen, als Andreas von der Landstraße in einen Privatweg einbog.

      „Home sweet home!“, murmelte Andreas und parkte den Wagen im Carport neben Sondras alten VW Käfer. Als er den Schlüssel im Zündschloss umdrehte, fiel sein Blick auf Sondras Knie, das unter ihrem Rock hervor guckte. Ohne zu überlegen, einem Impuls folgend, beugte er sich über das Knie und küsste es. Seine Hand fuhr an ihrer Kniekehle hinauf zwischen ihren Schenkeln.

      „Aber Herr Kriminalkommissar Laurenz!“ Sondra spielte die Entrüstete. „Was ist, wenn uns jemand sieht?“

      Andreas beugte sich noch tiefer über Sondras Schoß, während er ihr den Rock hoch­schob. „Dann wird er eine Erleuchtung haben, schätze ich“, sagte er heiser. Prompt fing Sondras Haut an zu funkeln. Andreas grinste Sondra von unten her an. „Wollen wir lieber reingehen?“

      „Aber so was von schnell!“, quietschte Sondra und sprang aus dem Wagen. Während Sondra mit zitternden