Rozalia Wnuk

Piotr, der Zwangsarbeiter


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      Die schon vorher im Dienst der Kirche arbeiteten Männer waren Feuer und Flamme für diesen Vorschlag. War es doch wieder ein großartiges Projekt, was sie da angehen wollten. Dieses Mal aber würden alle Dorfbewohner und nicht nur eine Großfamilie sich an der Arbeit beteiligen.

      Die Familie Lato, der Vater von Władek, Jan Pawel vorneweg, versprach auch hierfür einen Teil des Holzes. Erbat aber auch, weil sein Bestand nun doch einiges hergeben musste, dass auch andere Forstbesitzer ihren Teil dazu beisteuern sollten. Für diese Bitte gab es reichlich Zustimmung und der Besitzer der großen elektrischen Säge war mit dabei und verkündete, dass schon ab Montag für das Projekt bei ihm diese Maschine bereit gehalten würde. Sie sollten nur kommen und ihr Holz anrücken, damit die gute Sache schleunigst ihren Anfang nahm. Immerhin profitierten alle von der Nutzung einer Brücke.

      Władysławs Cousin Jacek pflichtete seinem Onkel Jan Pawel bei und bot zu diesem Zweck an, sich den Plan anzuschauen, auf dem er schon eine Brücke entworfen hatte, die dem gewünschten Objekt nahe käme.

      Was war die Freude groß, als man dieses Angebot hörte. Voller Vorfreude beschloss man noch am gleichen Nachmittag, noch vor dem abendlichen Melken, sich bei ihm in seinem Haus hinter dem Friedhof zu treffen und diesen Plan zu prüfen und zu besprechen.

      So lange ja manches dauern kann in einem Dorf wie Leszkowice, so schnell können Ideen umgesetzt werden, sobald die Zündung dafür läuft. Nun beschleunigten sie ihre Schritte in Richtung der eigenen Häuser, um das Mittagessen zu bereiten und zu genießen. Am liebsten wären im Hause Lato alle mit ihrem Vater mitgegangen, um den gezeichneten Entwurf der Brücke einzusehen. Dieser ließ es aber nicht zu, dass die neugierige Plage ihn so bedrängte und hielt sie an, ihre noch offenen Arbeiten zu verrichten.

      Er ging unterdessen in Richtung Landstraße, kehrte am Friedhof ein, um das Grab seiner Großeltern und seines erst kürzlich totgeborenen Söhnchens zu besuchen, sprach ein kurzes Gebet und zündete Kerzen an. Dann ging er über das angrenzende freie Feld hinaus Richtung Osten, um in das Haus seines Cousins zu gelangen. Dort waren schon einige Männer des Ortes versammelt. Jacek breitete den schon vorbereiteten Plan einer schönen geschwungenen hölzernen Brücke vor ihnen aus. Sie mutete wie eine japanische Gartenbrücke an, sah aber solider aus und sollte honigfarben lackiert werden. Sie musste ja allerhand aushalten, wenn sie mal fertig war. Es sollten starke, dicke Bohlen sein, die dieser Brücke die Pfeiler stellten.

      Die anwesenden Herren fanden den Plan hervorragend und somit wurde beschlossen, dass genau dieser leicht gebogene Brückenbau in Zukunft die Wieprz überspannen sollte. Die Freude war groß, dass man auch noch zu einem so kostengünstigen Entwurf kam, denn natürlich wollte sich Jacek die Arbeit nicht bezahlen lassen. Es sei denn, jemand hatte Holz übrig für seinen Holzschober oder sonstige Naturalien, die er gerne als Dank entgegen nehmen wollte. Immerhin hatte einer seiner Söhne erst kürzlich geheiratet und dieser fehlte ihm jetzt in der Landwirtschaft, weil er selbst ein Stück zu bearbeiten hatte und ein Enkelkindchen war auch schon unterwegs. Dass man ihm die beim Ausbau der Kirche investierte Zeit und die der Erstellung eines Plans nun irgendwie mit Gaben anerkennen wollte, freute ihn besonders.

      Schon bald zogen einige Pferdegespanne Richtung der kleinen Wäldchen, an der östlichen Grenze gelegen. Die schweren Gäule gingen nur langsam. Den harten Winter noch in den Knochen, zogen sie ihrem Arbeitsplatz entgegen, wohl wissend, dass es nun hieß, wieder Holzstämme zu rücken. Auch Familie Lato zog mit ihrem Gespann und dem endlich von der Schule befreiten Edward und einem Neffen, dem Sohn der Schwester seiner Frau, der auch Edek gerufen wurde los, um doch noch genügend Holz rücken zu können. Die Vorräte des eigenen Schobers mussten aufgefüllt werden. Cousin Edek, sollte seinen Teil Holz, als Lohn für seine Hilfe erhalten. Nach der Arbeit würden sie mit Rozalia zu ihrer Schwester Marianna fahren, die in unmittelbarer Nähe eingeheiratet hatte. Die beiden Familien waren sich immer herzlich zugetan und die Schwestern teilten oftmals ihre Sorgen um diese miteinander.

      Es war ein lustiges Bild, die vielen Gespanne die lange Dorfstraße hin und her fahren zu sehen. Es ging nun hin und her. Für den kleinen Brückenbau war die kleine Gemeinde in großer Aufruhr. Nebenher musste noch die tägliche Arbeit geleistet werden, die den Fortbestand und das Auskommen der Familien sicherte. >>Wofür hat man denn die fleißigen Frauen?<< Fragte so mancher Adam der göttlichen Schöpfung beim abendlichen Treffen, wenn es nach ein paar Gläschen Wodka lustig wurde?

      Ja, sie hatten durchweg fleißige, brave und sehr ehrbare Frauen. Das musste man ihnen lassen. Sie wussten, dass sie sich auf ihre Familien verlassen konnten und dass das Familienoberhaupt auch nach außen hin der Mann blieb, wie in den meisten Familien der Welt. Doch den inneren Halt gab die Mutter einer jeden Familie. Sollte auf einem Hof noch ein Teil der Großeltern oder gar beide mit im gleichen Haus wohnen, so gebührte ihnen der größte Respekt und ihre Meinung galt.

      Unsere Gemeinde war nach acht Tagen mit Holzrücken fertig. Nun wurde auf die Sägearbeit ein Augenmerk gelegt. Die Arbeit dort ging schneller voran, als sie dachten. Schon wenige Tage später erhielten sie die ersten nach Plan zugeschnittenen Bohlen für die Pfeiler der Brücke. Einigen ging das jetzt zu schnell. Besonders Piotrowski, fing an zu meckern. Er fühlte sich übergangen. Man gab ihm zu verstehen, dass er doch für das bevorstehende Fest ohnehin genug zu tun hätte. Er sollte sich mit seinen Kollegen der umliegenden Ortschaften besprechen, damit für absolute Sicherheit und gutes Gelingen gesorgt wäre. Außerdem war er doch kein Handwerker; - wurde unter der Hand getuschelt.

      Anstatt er über seine verantwortungsvolle Aufgabe, froh war, beklagte er sich ständig. Es sollte doch jeder das tun können, wofür er eine Begabung hatte. So war es gedacht. Er hatte keine handwerkliche Begabung, dieser Mann, das stand fest. Schon öfter hatte er es bewiesen und man musste seine Arbeiten nacharbeiten. Dieser Mensch war ein Bürokrat und sollte seinen Neigungen entsprechend dankbar sein, dass man ihm die Sicherheitsfrage überließ. Nun ja, nicht jeden Menschen kann man zufrieden stellen und in ihn hineinsehen.

      Wie wahr das noch in seinem Fall werden würde, werde ich erzählen.

      Die Stärksten unter ihnen begaben sich mit großen Schaufeln an den Fluss hinunter. Der Platz, an den die Brücke kam, musste gut gewählt sein, um für alle Bewohner des Dorfes nützlich und gut erreichbar zu sein. Ungefähr die Hälfte des zum Ort gehörenden Flusslaufs wählte man, um die großen Gruben auszuheben in welche die schweren Holzbalken gerammt wurden, die die Brücke letztendlich trugen. Auf beiden Seiten der Wieprz begann nun eine rege Betriebsamkeit. Auf der Dorf abgewandten Seite grünten die Wiesen, die bald schon die Kühe und das restliche Vieh ernähren sollten. Die Äcker lagen grob umgepflügt in brauner, lehmiger Scholle, damit der Frost sie gut durchfrieren konnte.

      Doch nun sah man vereinzelt schon Fuhrwerke dahinziehen, die den Boden für die kommende Saat vorbereiteten. Noch einige Tage mit diesem „Herrgotts Wetter“ und es durfte gesät werden.

      Dann kämen auch Jożef und Solanka zum helfen. Auch für das große Fest wurden sie von der Familie erwartet. Auf dieses Wiedersehen freute man sich ungemein. Alle kamen zusammen. Die Dorffrauen besprachen ihre Vorbereitungen meist in kleinen Gruppen während der Reinigung des Gotteshauses oder des Schulgebäudes. So bekamen alle Nachricht darüber, wie und was es aufzutischen gäbe und wer was machen sollte. Sie konnten fix und mit wenigen Umständen organisieren.

      Es musste mit vielen, sehr vielen Essern gerechnet werden und jede Familie übernahm die Aufgabe, große Töpfe voller Bigos, große Schüsseln mit würzigem Kapusta Gemüse und Salat und natürlich der geliebten Żurek Suppe zu bereiten. In verschiedenen Arbeitsgruppen wurden kiloweise Pierogi hergestellt, gefüllt mit den verschiedensten Leckereien. Die Herstellung der Backwaren übernahmen meist die jüngeren Frauen des Ortes. Sie liebten noch die Herstellung kleiner bunter Törtchen und sie mit Geduld herrlich zu verzieren. Den jüngeren Töchtern wurde die Binderei der Blumengestecke aufgetragen, unter Aufsicht natürlich, ihrer jeweiligen Mütter, Lehrerinnen oder Babcias, den erfahrenen Großmüttern. Die Jungen Burschen kümmerten sich um die Bereitstellung des Holzes zum Heizen und zur Zubereitung der Speisen. Zu guter Letzt waren die köstlichen Getränke den Männern überlassen, sowie die Beschaffung von Fleisch, Fischen, Wurst und Schinken. Auch die Zubereitung des immer und zu jeder Tageszeit beliebten Tranks, des schwarzen Tees, blieb den Frauen überlassen.