Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!


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auch noch die Welt der motorisierten Fahrzeuge. Inzwischen konnte ich nicht nur einen Jeep mein Eigen nennen, sondern war obendrein noch der stolze Besitzer einer fast museumsreifen Harley Davidson, die ich so aufrüstete, damit sie nicht die gesamte Ortschaft mit ihrem Knattern in Alarmbereitschaft versetzte. Als ich eines Tages den Jeep in meiner Garage parken wollte, bemerkte ich einen weiteren Wagen, der unter einer Abdeckplane verborgen war. Aus Platzmangel wurde er einfach so bei mir abgestellt. Nach weiterer Befragung erfuhr ich, der Wagen sei nicht mehr fahrtüchtig und niemand fand sich bereit, ihn zu reparieren. Sofort meldete ich mich dafür, aber nur unter der Bedingung, das Gefährt anschließend in meinen Besitz übergehen zu lassen. Den Jungs aus dem Fuhrpark war es total egal, was mit dem schönen und eleganten Mercedes passierte. In ihren Augen war er nicht mehr, als ein Haufen Schrott und längst abgeschrieben. Ein Jeep mag ja ein Fun-Mobil für den Sommer sein, doch im Winter war er reichlich zugig. Obendrein machte ein Mercedes SEC 500 schon ganz schön was her. Okay, Baujahr 1984, dazu ein echter Bonzen-Wagen, aber bestens in Schuss und nur wenige Kilometer gefahren.

      Amandas Aufforderungen zur Untersuchung kam ich nicht nach. Wenn es schon sein musste, dann unter meinen Bedingungen. Das Kriegsbeil, das zwischen uns noch immer nicht begraben war, hing über meinem Schädel, wie das Schwert des Damokles. Selbstredend ging es mir nicht gut. Die Kopfschmerzen waren die pure Hölle und das Nasenbluten wurde auch nicht besser. Doch ehe ich mich in die Krallen der Kanaille begab, behandelte ich mein Unwohlsein lieber selbst mit Paracetamol und Ibuprofen. Ich machte es mir zur Gewohnheit, die vielen Schmerztabletten, ohne die ich kaum einen Tag überstehen konnte, weiträumig in verschiedenen Apotheken zu kaufen, damit der Verdacht eines Schmerzmittelmissbrauchs erst gar nicht aufkeimte. Manchmal erwachte ich irgendwo und wusste nicht, wie ich überhaupt dort hingekommen war. Einmal sogar in meiner Badewanne, unter Wasser. Und das Wasser war schon lange nicht mehr warm. Obwohl das alles ein wenig beunruhigend war, ignorierte ich es geflissentlich und tat, als ginge es mir gut und ansonsten sei nichts gewesen.

      Weiterhin ging ich brav zu Dr. Dr. Gütigers Gesprächstherapie, wobei es sich nicht umgehen ließ, dabei immer wieder Molly über den Weg zu laufen.

      Gerade als ich abends das Haus verlassen wollte, um meinem neuen Hobby zu frönen, ging der Monitor mit Signalton an und zeigte eine entschlossen wirkende Molly, die schnurstracks auf meine Haustür zu marschierte. Sie hatte wieder ihre unheimliche Handtasche dabei, von der man nur unschwer sagen konnte, welche Überraschung sie diesmal wieder beherbergte. Nach kurzer Bedenkzeit beschloss ich nicht die Flucht über den Balkon anzutreten, sondern mich der Konfrontation zu stellen. Ständig vertröstete ich Molly auf ein andermal und konnte ein wenig verstehen, warum sie nun äußerst angefressen war. Nur der Zeitpunkt schmeckte mir gar nicht. Sie schellte an der Tür. Unschuld vortäuschend fragte ich: »Ja? Wer dort?«

      »Das weißt du ganz genau, du Idiot! Lass mich rein! Wir müssen reden!«, zischte Molly in die Sprechanlage, was mich sofort bereuen ließ, überhaupt auf ihr Klingeln reagiert zu haben.

      »Wir können auch so reden, deshalb musst du nicht reinkommen.«

      »Na, toll! Du lässt mich einfach hier draußen herumstehen?«, fragte sie ungläubig.

      »Jepp, ist besser so. Du weißt genau, was passiert, wenn du rauf kommst. Alles dreht sich wieder um das eine leidige Thema; dass ich dich zum Vampir wandeln soll. Wundert mich wirklich, dass du keinen Notar im Schlepptau hast. Natürlich sage ich wie immer nein zu deiner Forderung und darauf heulst du und nennst mich einen Egoisten. Anschließend landen wir wieder gemeinsam im Bett und pudern eine Runde. Und das alles will ich nicht mehr«, konterte ich. Beim letzten Mal zog sie ein Einwilligungsschreiben aus ihrer Handtasche, welches mir erlaubte, sie in einen Vampir zu verwandeln. Ehrlich, das ist doch lächerlich! Um sie im Glauben zu lassen, ihren Willen bekommen zu haben, täuschte ich nur die Wandlung bei ihr vor, was sie mir wiederum nur schwer verzeihen konnte. Am nächsten Abend lauerte sie mir mit einem Golfschläger vor der Hotelzimmertür auf und wollte mir den Schädel spalten. Seitdem bin ich bei Molly ein wenig vorsichtiger.

      »Aber du sagtest, du würdest mich wandeln. Halte dein Versprechen, du Wortbrüchiger!«, fauchte sie ungehalten.

      »Moment! Verdammt, ich weiß selbst nicht mehr so genau, was ich sagte. Aber soweit ich mich erinnern kann, meinte ich, du solltest erst einmal ein wenig leben. Hör zu, Mädchen. Ich mag dich wirklich sehr und will dich nicht kränken. Aber schlimmer als untot zu sein ist, ein Leben nicht gelebt zu haben. Noch heute magst du der Meinung sein, es gäbe nichts Wichtigeres als eine Vampirin zu werden. Doch morgen bereust du, dass du keine Kinder bekommen konntest und ein endlos langes Leben in Verdammnis führen zu müssen«, erklärte ich ihr geduldig.

      »Gut, dann eben nicht heute. Wenn nicht heute, hast du vielleicht morgen Zeit?«, fragte sie listig. Sofort witterte ich wieder eine Falle.

      »Molly, ich schwöre bei meinen Göttern, dass mindestens noch zehn Jahre ins Land ziehen müssen, damit du das bekommst, was du willst. Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Und jetzt geh, bevor mir der Geduldsfaden reißt! Mir graut es ohnehin schon davor, die nächsten Tausend Jahre mit so etwas wie dir abgestraft zu werden!«, antwortete ich nicht mehr ganz so freundlich.

      »Zehn Jahre? Ragnor, dann bin ich eine alte Frau! Mit Zweiunddreißig ist man doch schon fast Dünger!«, meinte sie entsetzt. »Kann ich nicht doch noch rauf kommen und mir deine neue Hütte ansehen?«, fragte sie mit schnurrendem Unterton. Allerdings bedeutet dies bei ihr, man muss mit gesteigerter Vorsicht ans Werk gehen. Diesen Ton kannte ich nur zu gut.

      »Nope! Und jetzt schwing´ die Haxen, oder sattle die Hühner und reite nach Kentucky, aber lass mir meine Ruhe!«, knurrte ich.

      »Du bist ein verfluchter Scheißkerl! Zu feige es mir direkt von Angesicht zu Angesicht zu sagen! Dann machst du also Schluss mit mir? Durch eine Sprechanlage? Das ist noch ein Tick feiger, als per SMS!«, regte sich Molly fürchterlich auf.

      »Hey, Moment mal! Ich mache mit dir Schluss? Wir haben ja noch nicht mal eine Beziehung gehabt, Fräulein! Wer sagte in New York, dass du nur ein wenig bumsen wolltest, als ich meinte, keine Beziehung eingehen zu wollen? Ja, da glotzt du aber jetzt blöd! Ich sage es ein letztes Mal, verzieh dich!«

      Wie nicht anders zu erwarten, und als hätte ich es nicht schon geahnt, öffnete Molly ihre unheilbringende Handtasche...

      »Molly, was willst du mit dem Hammer?« Doofe Frage, eigentlich überflüssig, denn sie holte damit aus und begann das Glas der Eingangstür zu bearbeiten.

      »Das wirst du gleich sehen, was ich damit will. Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk, nur für dich!«, fauchte sie völlig außer sich. Ganz zu ihrer Enttäuschung gab das Glas nicht nach; ich wäre schön blöd, kein Sicherheitsglas in der Tür zu haben.

      »Molly, lass das sein, sonst wirst du es tierisch bedauern!«, warnte ich nochmals. Doch sie ließ sich nicht davon abbringen. Deshalb bediente ich die Sprinkleranlage, die ich zuvor installiert hatte. Zwar nützt Weihwasser bei einer tobsüchtigen Molly Flannigan rein gar nichts, doch selbst kämpfende Hunde konnte man damit jederzeit von ihrem Vorhaben abbringen.

      »Du Arschgesicht! Mein Make up, meine Frisur!«, keifte die Kleine und hielt trotz allem nicht ein. Sie schien sogar noch aggressiver zu werden, weil sie Stunden ohnegleichen für ihr Outfit benötigt haben musste. Die Mascara floss ihr in dunklen Bächen die Wangen hinab. Ein wahrlich scheußlicher Anblick. Weiterhin schwang sie den Hammer und mühte sich ab. Als letzten Ausweg betätigte ich das Türgitter, welches unter ihr nachgab und sie um einen halben Meter tieferlegte.

      »Argh! Ich hasse dich!«, kreischte sie hysterisch, kletterte wieder aus dem Lichtschacht, schollerte den Hammer wütend in den Garten, und trabte nass wie eine ertränkte Katze, ihres Weges. Nun, sie hatte es offenbar nicht anders gewollt. Das Gitter des Lichtschachts hob sich automatisch wieder auf seine ursprüngliche Position. Fast tat Molly mir ein wenig leid, aber nur fast ...

      ***

      »Aha, die junge Frau und er haben Streit! Der Haussegen hängt offensichtlich etwas schief. Er ist folglich noch im Haus. Ich sollte an ihm dran bleiben«, stellte eine überaus hübsche Spitzmaus mit glänzendem Fell fest. Anders konnte Suriel sich dem Haus nicht nähern. Als Kleintier