Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!


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uns doch einig, keine Waffen zu benutzen. Glaubst du, die alte Dame macht dich mit Kung Fu nieder, oder was?«, fragte der Fahrer mit ärgerlicher Miene.

      »Man muss auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Ich traue der Dunkelhaarigen nicht. Sie sieht ziemlich fit aus. Und wer sagt denn, dass wir nicht auch ein wenig Spaß bei unserer Arbeit haben dürfen? Die junge Lady hat wirklich sehr ansprechende Kurven und ist bestimmt für ein kleines Tétaté zu haben«, meinte der Beifahrer mit süffisantem Unterton und lachte.

      »Das gefällt mir gar nicht! Wir haben nichts zu befürchten. Der Köter ist zu faul, um anzuschlagen. Du wirst dich zusammenreißen! Hörst du? Wir gehen da rein, schnappen uns den Krempel und hauen ab!«, erwiderte der Fahrer und öffnete die Tür. Zu zweit schlichen sie in geduckter Haltung um das Gebäude. Mit einem Stemmeisen versuchte der Zweifler die rückseitige Terassentür aufzuhebeln, während der Wagemutige Schmiere stand.

      »Und du bist dir sicher, der Alarm ist deaktiviert?«, fragte der Kerl mit dem Stemmeisen und sah sich um. »Verdammt, wo bist du? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst mir Sichtschutz geben und die Lage checken?«, fragte er leicht panisch flüsternd. Sein Kollege kam unmittelbar wieder zum Vorschein und zog sich dabei den Reißverschluss hoch.

      »Nun mal keine Panik, ich musste nur mal dringend eine Stange Wasser in der Ecke abstellen. Nein, der Alarm ist deaktiviert. Ich sagte dir doch schon, dass ich erst vor ein paar Tagen die Alarmanlage gewartet und anschließend manipuliert habe und mich sorgfältig im Haus umsehen konnte. Die Luft ist rein, los mach weiter, ich friere mir die verdammten Füße ab«, grinste der Kerl mit der Knarre. Sein Kumpel machte sich wieder an der Tür zu schaffen, drehte sich aber noch einmal um.

      »Ich sage es nicht gern, aber es ist schon genial mit jemandem vom Wartungsdienst zusammenzuarbeiten. Verdammt! Willst du mich verarschen? Wo bist du denn jetzt schon wieder?« Langsam bekam er es mit der Angst zu tun. Sein Mitarbeiter war nicht nur ein kleiner Dieb und Aufschneider, sondern offensichtlich ziemlich unzuverlässig. Leicht genervt ließ der Maskierte von der Tür ab und untersuchte vorsichtig den Garten. Doch von seinem Kollegen fehlte jede Spur. Für ihn bedeutete es, schnellstens das Terrain zu verlassen. Mit gesteigertem Tempo umrundete er das Haus, um zum Auto zu gelangen und lief in etwas ziemlich Hartes. Sofort wurde ihm schwarz vor Augen...

      ***

      Mit meinem Fang äußerst zufrieden, schnürte ich ein kleines Paket, oder genauer gesagt, zwei kleine Pakete. Die beiden waren noch völlig weggetreten und ahnten nicht, wie ihnen geschah. Es erweist sich immer als außerordentlich nützlich, ein paar Kabelbinder in der Cargohose mit sich zu tragen. Die beiden Burschen sahen im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich angeschlagen aus. Aber warum sollte ich darauf Rücksicht nehmen? Aus ihrem Gespräch konnte ich entnehmen, dass sie definitiv Böses im Schilde führten. Schnell kontrollierte ich, ob die Mützen auch fest genug in ihren Mündern steckten. Danach machte ich aus zwei Päckchen eines, indem ich sie nochmals mit Kabelbindern aneinander schnürte. Schade, leider konnte ich diese kleine Opfergabe nicht direkt vor Amandas Tür ablegen, sozusagen als kleines Präsent meiner Zuneigung zu ihr. Doch ich wollte die Damen nicht des Schönheitsschlafs berauben und ließ sie in Ruhe weiter schlummern.

      Mit verdeckter Rufnummer tätigte ich einen Anruf beim nächsten Polizeirevier und erzählte ihnen mit verstellter Stimme, etwas ganz Merkwürdiges ginge da vor sich und gab eine Adresse, zwei Straßen weiter an. Danach schulterte ich die bösen Buben, trug sie in Windeseile zum angegebenen Treffpunkt und dekorierte das Päckchen noch liebevoll. Die beiden Einbrecher sahen recht hübsch aus, wie sie da so drapiert auf der Verkehrsinsel lagen, garniert mit ein paar Astern im Haar. Ein wahrlich blumiger Anblick. Danach verschmolz ich wieder mit der Dunkelheit und suchte mir in einer massiven Eiche einen guten Sitzplatz, um das sich anbahnende Schauspiel in Ruhe genießen zu können. Noch vor ein paar Monaten und ein etlichen Therapiestunden weniger, hätte ich den Kerlen bei lebendigem Leib die Herzen und anschließend die Kehlen herausgerissen. Es erweckte den Anschein, als würde ich langsam zu einem braven Bürger und ausgemachten Weichei mutieren. Da sieht man mal wieder, was so eine Hirnwäsche bei Salomons Ring anstellen konnte. Ohnehin bin ich - so oder so - an den vorgegebenen Kodex unserer Vereinigung gebunden, keinem Menschen Schaden zuzufügen. Ach, manchmal traure ich den guten alten Zeiten wirklich hinterher. Dass die beiden Buben zumindest am nächsten Tag gehörige Kopfschmerzen haben würden, war für mich ein schwacher Trost. Der Polizei-Bulli kam angerauscht und gab erst überraschte, dann amüsierte Streifenbeamte frei. Sie ließen es sich nicht nehmen, ein paar aussagekräftige Fotos zu schießen. Amtliche und natürlich auch ein paar mit ihren privaten Handys. Es war ein erhebender Moment, als sie sich die Lachtränen aus den Augen wischten, das Bündel schnappten und so wie es war, in ihren Wagen verfrachteten. Wie schon so oft, wünschte ich mir, eine Tüte Chips bei dieser Vorführung knabbern zu können. Am nächsten Tag war dieser seltsame Vorfall in aller Munde. Wie vermutet, sangen die verwirrten Täter wie die Kanarienvögel. Amandas Haus war nicht das erste, das von diesem dubiosen Paar heimgesucht worden war. Die Ortschaft feierte ihren geheimnisvollen Helden und dichtete ihm eine Aura Robin Hoods an. Eine teils schmeichelhafte, teils beleidigende Äußerung. Schließlich war Robin Hood in meinen Augen eine englische Schwuchtel in Strumpfhosen. Nun, diese Lorbeeren konnte ich offiziell nicht für mich einheimsen, doch ein verschmitztes Lächeln huschte immer wieder über meine ansonsten recht sauertöpfische Miene. Und wie der Zufall es so wollte, war gerade dieser Tag wieder der Tag, an dem meine Gesprächstherapie bei Dr. Dr. Gütiger fällig wurde.

      »Ragnor, ich würde heute gerne mal mit dir über deine Herzensangelegenheiten sprechen«, eröffnete der Doc das Gespräch. »Jeder braucht jemanden, der zu einem gehört. Mit Frau Gütiger bin ich schon dreißig Jahre verheiratet.«, räusperte sich der Doc. »Hast du da eine bestimmte Person im Auge?«, fragte er mich unverblümt.

      … Mit schlechtem Gewissen - Hä? Seit wann hatte ich denn so was? …

      Jedenfalls dachte ich an Molly, die vor der Tür an der Rezeption saß und seit unserem letzten denkwürdigen Gespräch, blass und für mich wenig attraktiv erschien. Ja, sie wirkte sogar regelrecht kränklich. Schon in Paris bemerkte ich ihre nicht gerade vitale Aura, nur dachte ich, es läge an den K.o.Tropfen, die Vincent ihr zwei Nächte zuvor verabreicht hatte.

      »Tja, Doc, Frau Gütiger ist ja offensichtlich nicht mehr zu haben. Aber jetzt im Ernst: Zuletzt gab es mindestens zwei Damen, die mir etwas näher am Herzen lagen. Die eine ist ein Mädchen, also nennen wir sie M. Nicht was du denkst, sie ist schon volljährig. Und die andere ist eine Dame, sagen wir schon so richtig ausgereift, adult, also nenne ich sie A. . .. Mit M. gab es gewissermaßen ein paar Probleme. Wir waren zwar intim miteinander, doch forderte sie etwas von mir, welches ich nicht bereit war ihr zu geben. Das machte sie wütend und verstockt. Überhaupt war sie mir viel zu kompliziert und anstrengend. Deshalb ließ ich es zwischen uns zu einem Bruch kommen.« Der Doc machte sich wieder seine unleserlichen Notizen, wackelte mit dem Kopf und forderte mich auf, ich solle fortfahren. »Ja, Ragnor und die andere?«, fragte er nach.

      Sprachlos blies ich die Backen auf und gestikulierte hilflos mit den Händen.

      »Äh, ja. Bei A. war es quasi Liebe auf den ersten Blick. Zumindest bei mir. Vielleicht lag es auch daran, weil sie etwas Weißes trug. Wahrscheinlich erinnerte sie mich in diesem Moment, als ich sie sah, an meine Ex. Ich weiß es nicht so genau. A. hat echt Klasse, ist gebildet und sehr ansehnlich. Das Problem ist nun Folgendes: Sie hingegen mag mich überhaupt nicht. Je mehr ich sie begehre, desto stärker scheint sie von mir abgestoßen zu sein. Ich gebe zu, dass der Start ein wenig unglücklich mit uns beiden war«, schönte ich die ganze Sache ein bisschen, was die Neugier des Psychologen nur steigerte.

      »Erzähl mir doch mal von den Anfängen«, hakte der Doc nach.

      »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich sah sie und gab ihr gleich zu verstehen, dass ich sie umwerfend finde«, erwiderte ich.

      »Mir würde es schon helfen, wenn du in etwa den Wortlaut formulieren würdest«, bemerkte der Doc, der mich wieder mit seinen Eulenaugen musterte.

      »An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern. Zumindest meinte ich, dass ich attraktiv fände und gerne mit ihr pimpern würde«, sprach ich und guckte auf meine Sneakers, die mir plötzlich enorm interessant vorkamen.