Elke Bulenda

Himmel, Arsch und Hölle!


Скачать книгу

Interesse?«, fragte er listig.

      »Nö, ich habe genug zu trinken! Kratzt die Kurve!«, pöbelte ich zurück.

      »Bist du dir sicher? Mama sagte nämlich, sie habe deine Vorräte weggekippt! Guck mal lieber nach, ist ja nicht so, als würden wir dir keine zweite Chance geben«, klugscheißerte Tutnix aus dem Hörer.

      »Kleinen Moment!«, gab ich zur Antwort und riss meine Hausbar auf. Nichts! Gähnende Leere! Oh, diese infame Zwergin! Dann durchsuchte ich noch ein paar Verstecke, doch auch diese waren geplündert worden! Nur die kostbare Flasche Chateau d´Yquem, Baujahr 1954, lag noch in der Kühlung. - Jetzt kommt mir mal nicht dumm! Von wegen Baujahr, es müsste stattdessen offiziell bei Weinen Jahrgang heißen. Mir doch egal! Steht auf der Flasche nun Chateau drauf und ist das vielleicht kein Bau, oder was?

      … Mit dem Mut der Verzweiflung betätigte ich den Türöffner …

      Morgenstund hat Gold im Mund …

      … Das zumindest besagt das alte Sprichwort. Nur scherte sich so ein Sprichwort nicht im Geringsten über mein Befinden, am heutigen Morgen, nach einer mit Zwergen durchzechten Nacht. Ebenso wenig, wie sich die Zwerge um das Deutsche Reinheitsgebot scherten. Jedenfalls hatte ich einen Geschmack im Mund, als wäre darin jemand gestorben – ein sehr pelziger jemand. Okay, durch meinen Biss waren schon viele umgekommen, nur schmeckten sie nicht annähernd so widerlich. Wie nannten die Kerle das Gebräu? Atom-Pils? Ha, ha! Und mein Schädel war das spaltbare Material, oder was? Und da ich sowieso schon ein Morgenmuffel bin, der am liebsten diese Scheiß-Sonne ausknipsen würde, wurde meine Stimmung auch noch durch diesen überaus netten Weckruf gereizt. Um ein völlig neues Bewusstsein zu erlangen, müsste ich erst einmal mit diesem elendigen Saufen aufhören. Gut, morgen wäre der richtige Termin dafür.

      »Grmpf?!«, sabberte ich in den Hörer und zog mir die Decke über den Kopf.

      »Guten Morgen, Ragnor. Es ist sechs Uhr und die Sonne lacht!«, flötete Jimmy, das Eichhörnchen, durch die Leitung. Wenn ich telepathische Kräfte gehabt hätte, würde er nur noch röcheln. Das tat er leider nicht, sondern ich.

      »Urgh, gmblfx!«, schnaubte ich wütend.

      »Hey, und denk dran! Es ist unfair, den Boten zu töten! Auf Anraten Dr. Dr. Gütigers und meiner Mutter, Trixie Eisenfausts…, soll ich dich wecken. Da du schon wieder undefinierbare Töne von dir geben kannst, gehe ich mal davon aus, meine Aufgabe ist hiermit erfüllt. Ich bin sowieso schon spät dran, muss meine Durchsage machen. Schönen Tag noch!«, sprach´s und legte auf.

      Hölle auch! Alle wussten, dass ich an Schlafstörungen litt und nur besoffen, oder todmüde einschlafen bzw. durchschlafen konnte. Nun war ich wach und es war ihre Schuld!

      Mürrisch schwang ich meine Beine aus dem Bett, um unmittelbar mit dem rechten Fuß in etwas Nasses, Schleimiges zu treten.

      »Arrrgh! Wo bist du, du verfluchtes Katzenvieh!?«, brüllte ich durch das Gebäude. Habe ich erwähnt wie sehr ich Katzen hasse? Vor allem, wenn sie Gras gefressen haben und mir vor meinem Bett ein Fellknäuel auskotzen? Natürlich hatten wir damals in unserer herrschaftlichen Villa Walhalla auch Katzen, oder eher gesagt, in den Stallungen. Doch dort blieben diese auch und betraten nie unser trautes Heim. Wenn die Katzenschwämme zunahm, entsorgte ich die Jungkatzen mittels Weitwurf über den Zaun. So ist es nun mal: Nur die Harten kommen durch! Na ja, später unterließ ich das dann, weil meine Tochter Jule so herzzerreißend weinte. Dafür durfte sie durch die Nachbarschaft pilgern, bewaffnet mit einem Korb voller Kätzchen, und schaffte es jedes Mal, mit ihrem niedlichen und einnehmenden Wesen, für alle ihre Katzenkinder einen Abnehmer zu finden. Dabei war meine Methode doch wesentlich zeitsparender. Falls ich es noch nicht erwähnt habe, ich bin ein waschechter Nordmann. Selbstverständlich hatten wir in unseren Dörfern und auf den Schiffen auch Katzen. Nur waren es Norwegische Waldkatzen. Von ihrem Wesen her waren es aber eher Hunde, also fand ich mich mit diesen langen Katzenhaaren ab und ignorierte sie. Aber was dieser Joey sich geleistet hatte, stieß dem Fass den Boden aus. Nochmals fluchte ich.

      »Ich hasse Katzen! Außer Schrödingers Katze! Und wenn ich dich in die Finger bekomme, wirst ebenfalls eine werden!«

      Wutschnaubend wischte ich mir den Kotz vom Fuß und schlurfte ins Bad, um mir Wasser ins Gesicht zu schütten, die Zähne zu putzen und meine obligatorische Morgenlatte niederzukämpfen. Später öffnete ich meine allmorgendliche Glückskapsel:

      »Und frag ich und sinn ich,

      Wieso mir geschehn?: -

      Mein Liebchen herzinnig,

      Das soll ich heut sehn!

      (Joseph von Eichendorff)«

      Was für eine gequirlte Scheiße!

      »Tja, Jupp, wenn du das sagst? ...«, brummte ich noch immer kopfschüttelnd und warf mich in meine Sportkluft, griff nach meinem Handy und Schlüssel.

      Auf allen Vieren freudig hüpfend, kam Ernestine ins Zimmer, ihre Leine hatte sie im Maul und sah mich erwartungsvoll Schwanz wedelnd an.

      »Nee, tut mir leid, Ernestine, ich gehe außerhalb laufen. Wenn ich wieder da bin, nehme ich dich mit zu diesem Hat-Schi, oder wie das heißt, okay?«

      Enttäuscht spuckte das Socken-Monster die Leine wieder aus und blickte mich aus vorwurfsvollen Augen an, grummelte undefinierbare Laute und nickte. Dafür durfte sie in mein Bett schlüpfen und eine Runde knacken. Wenigstens eine, die noch ein bisschen im Bett bleiben durfte. Vor der Haustür machte ich ein wenig Stretching und lief bis zum Tor, das, - ich glaube der Kerl hieß Carl-, für mich öffnete. Unser Grundstück ist für die Öffentlichkeit gesperrt und hochgesichert. Wer ein-, oder ausgelassen werden will, muss entweder einen guten Grund, oder einen Firmenausweis haben. Nachdem ich das Gelände verlassen hatte, schlug ich einen Wanderweg ein und lief durch die Buchenwälder. Da ich nicht preisgeben darf, wo sich unsere Zentrale befindet, sage ich nur so viel, dass sich gleich in der Nähe ein Kurort befindet, umgeben von flauschigen Buchenwäldern, die wie Broccoli aussehen, und etlichen Kurkliniken für gehobene Ansprüche. In dieser Gegend gehen so viele Fremde ein und aus, da fällt meine Visage auch nicht weiter auf.

      Der nächste, größere Flughafen befindet sich nicht einmal eine Stunde Fahrzeit entfernt. Bei eiligem Bedarf, werden wir direkt mit einem Helikopter ausgeflogen. Und wer glaubt, dass so eine Organisation wie unsere, sich nur in unmittelbarer Nähe einer Großstadt befinden kann, der darf uns mal suchen.

      Die Luft war herrlich und noch kühl. Ab und an sah ich ein Reh oder einen Hirsch. Wildschweine sah ich ebenfalls und kämpfte meine Instinkte nieder, sofort auf die Jagd zu gehen. Obwohl – Schwein habe ich schon lange keins mehr gehabt. Doch ließ ich mich nicht ablenken und lief weiter. Langsam zeigten sich die ersten verfärbten Blätter im Laub. Nicht mehr lange und der Herbst würde hier Einzug halten. Aber zuerst gäbe es noch einen heiteren September, den ich in vollen Zügen genießen würde. Äh, nein - ich habe keine BahnCard, wie kommt ihr denn darauf? Langsam wurde ich müde vom Laufen, hielt aber durch. So in Gedanken versunken, überquerte ich die Straße, die das Waldgebiet durchschnitt, als sich ein blauer Opel Meriva näherte. Weil ich schon auf der anderen Seite war, vergaß ich ihn gleich wieder. Weswegen ich ziemlich ungehalten wurde, als er mir hinterher hupte und anhielt. Wütend drehte ich mich um und wollte meinen Stinkefinger zeigen, bremste jedoch diesen Vorgang, weil ich erkannte, dass sich eine Dame in dem Fahrzeug befand. Ach, so. Wahrscheinlich bewunderte sie meine ansprechende Rückseite. Immerhin war ich nur mit Boxershorts und einem Muscle-Shirt bekleidet. Als sich das Fahrerfenster absenkte, erkannte ich Amanda. Und schon meldete sich wieder mein kleiner Sportsfreund zu Wort. Ach, verflucht! Was wollte die denn von mir? Und wollte mir vorhin der Eichendorff etwas orakelnd mitteilen?

      »Ragnor?«, fragte sie. Und mir blieb nichts anderes übrig als umzukehren. Ich bückte mich, damit mir die Tür ausreichend Deckung für mein morgendliches Ärgernis bot, lugte in den Wagen, sog den warmen Mandelduft ein und hoffte, dass die Tür hinterher keine Delle abbekam.

      »Äh, gibt´s Probleme?«, fragte ich ganz unschuldig.

      »So wie du dich