Dominik Michalke

Arym Var


Скачать книгу

den Notstromgenerator aktiviert worden war, gar nicht so einfach war. Er drehte sich nicht zu Anjiara um, um einem möglichen weiteren Missgeschick zu entrinnen. Er hörte lediglich, dass sie ihm langsam tapsend folgte.

      Was Kargan an der Station auch nicht leiden konnte, war der seiner Meinung nach konfuse Grundriss. Die Treppe führte nicht durch alle Stockwerke sondern lediglich ins Erdgeschoss. Von dort aus musste man quer durch den Besprechungsraum in den gegenüberliegenden Gang, von wo aus man eine weitere Treppe in die Kelleretagen nehmen musste.

      Als Kargan die letzte Stufe erreicht hatte und sich lässig um das Geländer herum in Richtung des Besprechungsraumes schwingen wollte, rutschte er mit dem linken Fuß ab und konnte sich gerade noch am Geländer abfangen. Dabei verlor er die Pulslampe seines Vaters, die mit einem lauten Geräusch über den Metallboden rollte.

      Kargan fluchte in Gedanken.

      »Mann, ist das dunkel hier. Das ist ja lebensgefährlich«, versuchte er abzulenken, doch in dem Moment fiel sein Blick auf die zu Stillstand gekommene Batteriepulslampe und er hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen.

      Wenn ich sie jetzt anschalte, fällt es erstrecht auf, dachte sich Kargan, während er die Lampe vom Boden aufhob.

      Von Anjiara, die hinter ihm die Treppe heruntergekommen war, war lediglich ein verhaltenes Kichern zu vernehmen.

      Kargan versuchte das Ungeschick zu vergessen und ging zügig durch den Besprechungsraum mit den großen Plasmamonitoren. Als er den Durchgang zu dem dahinter liegenden Gang erreicht hatte, überlegte er sich etwas zu sagen, um die unangenehme Stille zu brechen.

      »Was genau ist ihre Funktion im Team, Anjiara?«, fragte er, als er die Treppe ins Kellergeschoss erreicht hatte.

      »Wie wär’s mit ‚du‘ ?«, antwortete sie und grinste.

      Kargan stand auf dem Schlauch. »Äh, wie jetzt?«

      »Was genau ist deine Funktion im Team, Anjiara.« Sie grinste immer noch.

      »Ach ... so!« Kargan lachte verlegen und schaltete seine Lampe ein. »Ja natürlich. Also Anjiara, was ist deine genaue Funktion im Team?« er ging die Metalltreppe in das erste Kellergeschoss hinunter und leuchtete den Weg mit der Lampe ab. Hinter sich hörte er die tapsenden Schritte von Anjiara.

      »Ich bin einer der vier Wissenschaftler im Terraforming-Team. Marcus Werland ist dort auch Teamleiter.« Sie strich sich die zerzausten Haare glatt.

      »Werland?« Kargan wendete und betrat die zweite Treppe die in das unterste Kellergeschoss hinunter führte. »Tut mir leid, aber Namen sagen mir nichts ... wer ist das?« Er erreichte das unterste Geschoss und leuchtete kurz mit der Lampe hin und her.

      Erneut grinste Anjiara. »Der Expeditionsleiter.«

      Kargan zog eine Braue hoch. »Oh.« Er zuckte fast unmerklich mit der Schulter und betrat einen Seitengang, der zum Generatorraum führte.

      »Und wie ist es dann so, als Funkoffizier oben im Kommunikationsturm ganz alleine zu arbeiten? Schon Signale von einer unbekannten Alienspezies empfangen?« Sie kicherte kurz und sah Kargan mit leicht schief gelegtem Kopf an.

      Sie sieht gar nicht so schlecht aus wenn sie lächelt, dachte Kargan. Er war stehen geblieben und hatte sich zu ihr umgedreht. Nicht ganz unabsichtlich leuchtete er ihr mit der Pulslampe ins Gesicht, so dass sie sich geblendet leicht zur Seite abwandte. »Du hast wohl meine Akte gelesen, Kriminalbeauftragte«, murmelte er mit leicht mürrischem Gesichtsausdruck und wandte die Lampe wieder in Richtung des länglichen Gangs.

      »Ach ... nein, ich habe bloß zugehört als Werland seine Einführungsrede im Besprechungsraum gehalten hat«, erwiderte sie und rieb sich die Augen.

      Kargan atmete lauter aus, als er es beabsichtigt hatte. Es klang fast als wäre er genervt.

      »Hey Kargan, war nicht so gemeint!« der freundschaftliche Schlag von Anjiara auf Kargans Schulter kam für ihn eher unerwartet. »Bei dem wundert mich überhaupt nicht, wenn mal jemand unabsichtlich ein Nickerchen einlegt. Ich sacke ja schon weg wenn er mich anspricht, so eine schläfrige Stimme hat der Typ.«

      Erstaunt über sich selbst lachte Kargan laut los und Anjiara fiel ein.

      Sein Blick fiel auf ihre nackten Füße. »Ist dir eigentlich nicht kalt, so barfuß über den Metallboden von Andragon Outrange 15 zu tapsen?« fragte er grinsend.

      Anjiaras Lächeln wich langsam aus ihrem Gesicht. »Einer meiner ... Nebeneffekte. Lass’ uns ein andermal darüber reden.«

      Kargan nickte fast unmerklich und wandte sich unsicher von ihr ab, um den Weg wieder aufzunehmen.

      Nach wenigen Infidelis-Sekunden hatten sie den Generatorraum erreicht.

      Auf den ersten Blick war kein Schaden zu erkennen, als Kargan den Generator beleuchtete. Der Raum mit einer Größe von etwa achtzig Quadratmetern hatte eine Stahlkonstruktion im Zentrum, in der der Fusionsgenerator installiert war. Über dem Stahlgerüst befand sich die lange, meterbreite Flarretglasröhre, in der normalerweise der Fusionsstrom in grellem, weißviolettem Licht in einer Aufwärtsbewegung strömte. Dieser Fusionsstrom wurde als Flux bezeichnet. Der Strom war zum Stillstand gekommen und pulsierte in schwachem dunkellila. In einer Ecke des Raumes stand ein kleiner Kasten, den Kargan als Notstromaggregat identifizierte.

      Die vielen Anzeigen, die an Konsolen rund um den Hauptgenerator angeordnet waren, sagten Kargan im Moment nichts, doch er meinte, die roten Blinklichter an mehreren Stellen als Fehlfunktion interpretieren zu können.

      »Als der Generator letztens nicht funktioniert hat, hatte sich lediglich eine Kühlspirale überhitzt und der Stromfluss musste durch einige Knopfdrücke umgeleitet werden.« Kargan beugte sich über eine der Konsolen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Anjiara schon wieder ungehemmt gähnte, ohne sich die Hand vorzuhalten. Wo hat diese Frau nur ihre Manieren gelernt, dachte er sich und schüttelte den Kopf.

      »Du scheinst dich ja wenigstens auszukennen. Wenn ich hier allein wäre, hätte ich nicht die geringste Ahnung. Ich beherrsche zwar über acht Terraforming-Simulationsprogramme, aber was diese Technik hier angeht, muss ich passen.« Anjiara verzog den Mund zu einer Grimasse.

      Kargan betätigte einige Knöpfe auf der Konsole und blickte mehrmals auf, um eine eventuelle Bewegung im Flux festzustellen. Nichts tat sich. Er runzelte die Stirn und drückte unvorsichtig einige Knöpfe in eher willkürlicher Reihenfolge. Ein lauter brummender Ton kündigte eine Fehleingabe an. Von Anjiaras Richtung war ein leises Kichern zu vernehmen.

      Kargan sah mürrisch auf, konnte sich dann aber ein Schmunzeln nicht verkneifen.

      »Warte doch mal, Kargan.« Anjiara deutete unter eine Konsole links von ihm. »Was ist das da unten?«

      Der Funkoffizier trat einen Schritt von seiner Konsole zurück und leuchtete mit der Pulslampe an die Stelle, auf die Anjiara deutete. Dort, wo sich ein flaches Flarretstahlgitter zum Schutz der Innereien des Generators hatte befinden sollen, war nur eine viereckige Öffnung. Elektronische Bauteile und viele Kabelstränge waren dahinter zu erkennen.

      Als Kargan sich herunterbeugte, schlug ihm der Geruch von verschmorter Elektronik entgegen. »Gut entdeckt«, murmelte er und kniete sich vor die Öffnung.

      Anjiara schnalzte mit der Zunge als Antwort.

      Dann sah Kargan den Grund für den Ausfall des Generators. »Anjiara, das solltest du dir ansehen«, sagte er geistesabwesend ohne den Blick von dem dicken durchtrennten Kabelstrang abzuwenden.

      Anjiara ging in die Hocke und sah auf das, was die Pulslampe entblößte.

      Kargan drehte sich in ihre Richtung und zuckte leicht zurück als er feststellte, dass ihr Kopf sich nur etwa zehn Zentimeter von seinem entfernt befand.

      Der angenehme Geruch einer Gesichtscreme stieg ihm in die Nase und schien den verschmorten Geruch zu verdrängen.

      »Was ist da?« fragte sie erwartungsvoll, drehte ihren Kopf zu Kargan und schien sein Gesicht zu mustern.

      Verlegen drehte er sich wieder