Günter Billy Hollenbach

Die Hexe zum Abschied


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      Willkommen daheim, Frau Hauptkommissarin.

      Ich hänge ihre Jacke an die Garderobe, sammele die Klamotten ein, verstaue ihre Dienstpistole im Tresor im Schlafzimmerschank und setze Teewasser auf.

      Einige Minuten später steht Corinna mit noch feuchten Haaren und großen, ungeschminkten Augen im Rahmen der Küchentür, eingehüllt in meinen schwarzen Frottebademantel.

      „Na, sag schon, was ist, Herzblatt?“

      Als Antwort seufzt sie zum Steinerweichen, kommt langsam näher, legt

      beide Arme um meinen Hals und hakt sich fest.

      „Kein Wort über diese Frau Neskovaja, meine Vera Conrad oder dein Detektivspiel, verstanden,“ flüstert sie gequält in meine Schulter. Mit einem zweiten Seufzer sinkt sie gegen mich, hängt mehr an mir als dass sie steht.

      Ich gehe leicht in die Knie, schnappe mit beiden Händen und einem kleinen „Hepp!“ ihren Po, hebe sie an und trage sie ins Schlafzimmer.

      „Ach, tut das gut,“ streckt sie sich schnaufend auf dem Bett aus.

      „Die Woche war nervig. Ich bin geschafft. Ich weiß auch nicht, Robert; meinst Du, ob das Alter an mir nagt?“

      Während ich – über ihr Gesicht gebeugt – an ihrem rechten Ohrläppchen knabbere.

      „Irrtum, Corinna, das bin ich.“

      Statt einer Antwort darauf grummelt sie seufzend:

      „Ich bin jedes Mal entsetzt, wie weit weg das Private ist, wenn ich wieder im Dienst bin. Oh ne! Wo ist mein Tee?“

      Ich gehe in die Küche zurück, um ihren Tee und ein paar Schokoladenkekse zu holen.

      Corinna sitzt, ganz in Beige, in BH, Slip und dünnem Baumwollhemd, mit müden Augen gegen zwei Kopfkissen gelehnt auf dem Bett. Sie verschlingt einen Keks, schlürft einen langen Schluck Tee. Immerhin bemüht sie sich um ein Lächeln und ein wenig Ironie.

      „Du weißt doch, wenn ich heimkomme, erwarte ich Tee, Kekse und einen Hausmann, der mir jeden Wunsch von den Lippen abliest.“

      „Ah ja! Und welche Lippen wären das?“

      Sie schafft ein kurzes, herzhaftes Lachen.

      „Siehst Du, das ist der Unterschied: Während ich mich unermüdlich im Kampf gegen das Verbrechen aufopfere, hockst Du daheim und wartest bloß darauf, deinen niederen Gelüsten freien Lauf zu lassen.“

      „Tja, Corinna, dein Pech, wenn Du dich mit einem arbeitsscheuen Lüstling wie mir einlässt?! Komm, dreh dich auf den Bauch.“

      Ich massiere ihr den Rücken. Langsam und sanft, gelegentlich auch kräftig knetend, vom Hals bis in die Kniekehlen. Sie entspannt sich nach und nach, macht kleine knurrende und schnurrende Geräusche. Wie sie dabei die Augen schließt und langsam schnaufend tiefer atmet, sieht sie allmählich zufriedener aus. Und wird hübscher.

      Während ich nach einem Küsschen in den Nacken ihre Oberarme streichele, stellt sie wie im Halbschlaf fest:

      „Langsam komme ich mir doof vor.“

      Soll ich jetzt widersprechen?

      „Stimmt doch. In letzter Zeit machen wir das öfter am Freitag.“

      Ob mir das noch nicht aufgefallen ist? Sie, wie eine Scheintote, die wieder in Form gebracht werden muss.

      „Na und? Ist doch ein hübscher Übergang von der Arbeit ins Wochenende. Anschließend eine kleine Verführung, wie wäre das?“

      „Öh, öh, nee. Vielleicht später. Erst die Arbeit, dann das Spiel.”

      Sie richtet sich kurz seitwärts auf.

      „Oh Mann, Robert, ich bin echt geschafft, und weiß nicht mal warum. Tut mir leid. Am liebsten würde ich eine Runde schlafen.“

      Das Geräusch der zufallenden Wohnungstür beendet unsere Zweisamkeit.

      Hallo, ist jemand zuhause? tönt es im Flur.

      Nach zwei Takten Stille: Treibt ihr es wenigstens miteinander?

      Kurz darauf erscheint Mona in der halboffenen Schlafzimmertür.

      „Das wird nichts, in der Lage,“ stellt sie fest, kniet sich vor mir neben das Bett und drückt ihrer Mutter ein Küsschen hinters Ohr.

      „Wenn das nicht hilft, Mammi, bist Du nicht mehr zu retten.“

      „Mona, Du Nervensäge, wie schön, dich zu sehen.“

      Derart herausgefordert, steht die auf, setzt ihr schönstes Gramgesicht auf, wirft die Arme in die Luft.

      „Hach, mein Mieder bringt mich um!,“ stöhnt sie theatralisch. „Und diese Migräne! Entsetzlich! Ein Fall für dringende Nothilfe drüben im meinem Zimmer. Berkamp, so tu doch etwas! Ich brauche sofort Mund-zu-Mund-Beatmung und eine Ganzkörpermassage. Anderenfalls springe ich aus dem Fenster.“

      Corinna haut ihrer Tochter gegen den Jeanshintern.

      „Hau ab, Du Biest. Statt deiner vom Behördenkrieg gezeichneten Mutter gebührend Mitgefühl zu schenken, raubst Du mir den letzten ...“

      „Von wegen. Jetzt bin ich dran. Ich habe auch hart gearbeitet. Berkamp, wage nicht, daran Zweifel zu äußern. Wozu sonst haben wir denn einen Hausmann wie dich.“

      „Raus, alle beide!,“ befiehlt Corinna bäuchlings in ihr Kissen.

      „Von mir aus treibt es miteinander! Aber nicht so doll, hört ihr! Ich habe noch keine Lust auf Oma. Los, raus!“

      27

      Gewohnt heiterer Beginn des Wochenendes. Mona freut sich bübisch.

      „Na, was ist, Berkamp?,“ piekst sie mit dem Zeigefinger gegen meinen Bauch; „Du weißt doch; nach der Arbeitswoche bin ich immer ungeheuer zuwendungsbedürftig.“

      Sie verdreht kess die Augen, sieht richtig süß aus.

      „Einfach so, Mona? Nö! Aber ohne Mieder und in Reizwäsche ...“

      „Woraufhin ich sofort dusche und mich umziehe.“

      Gemäß meinen Pflichten als Hausmann sitze ich zehn Minuten später neben Mona auf ihrem Bett. Die streckt sich in einem zweifarbig grauen Gymnastik-Outfit auf dem Bauch aus.

      „Und bitte ganz zärtlich und liebevoll, wie mir das zusteht,“ gurrt sie und schließt die Augen.

      Anders als bei Corinna streichele und knete ich nur ihre Schulter- und Rückengegend. Zu den Rundungen ihres strammen Gesäßes halten meine Hände Abstand.

      „Na, erzähl mal; was gab es Aufregendes bei der Arbeit?“

      „Pah, nix Wichtiges,“ lautet die umgehende Antwort. „Außerdem ist Wochenende. Arbeit ist jetzt abgemeldet, claro?!“

      Nach zwei wohligen Stoßseufzern säuselt sie ins Kopfkissen.

      „Sie schickt dich einfach so weg?! Das darf sie mit dir machen?“

      „Mona!“

      Wie zufällig mit den Grenzen spielen, das sieht ihr ähnlich.

      Und ich spiele immer wieder gern mit.

      Kleine Entschädigung für meine Wochentage des Alleinseins. Nur; sie streicheln, ihre Schultern massieren, dazu neckische Bemerkungen – mehr kommt für mich nicht in Frage.

      Das reizt Mona natürlich.

      „Was ist, traust Du dich nicht? ... Mein Gesäß fühlt sich zu Unrecht benachteiligt. ... Hast Du etwa Angst? Oder wieso meidest Du diese Gegend, obwohl sie einladend wie selten und total wohlgeformt ist. Gestehe, ich habe einen hübschen Po, Berkamp!“

      Mir wird, vor allem in der Hose,