Agnes M. Holdborg

Sonnenwarm und Regensanft - Band 3


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auf der Kom­mo­de ne­ben dem Bett lag. »Nee, Ma­ri­us hat mich an­ge­ru­fen und ziem­lich fies an­ge­macht. Er sagt, du hät­test dich to­tal schei­ße be­nom­men. Es wä­re pein­lich ge­we­sen, wie du aus dem Club ge­stürmt und ein­fach ab­ge­hau­en wärst. Dann konn­te er dich nicht er­rei­chen. Tja, da muss­te ich wohl dran glau­ben.«

      Jens be­dach­te sie mit ei­nem be­wun­dern­den Blick aus sei­nen ru­hi­gen grau­en Au­gen. »Coo­le Sa­che, Le­na. So, wie der mich am Te­le­fon an­ge­schnauzt hat, ist es wohl bes­ser, dass du Schluss mit dem ge­macht hast. Der hat sie ja wohl nicht al­le! Das hab ich dem Blöd­mann auch sehr deut­lich zu ver­ste­hen ge­ge­ben.«

      Le­na schnief­te. »Das war’s dann wohl mit Ma­ri­us.« Sie wisch­te sich die Trä­nen mit ih­rem Ta­schen­tuch fort und putz­te sich ge­räusch­voll die Na­se. »Ach was, das wär oh­ne­hin nicht mehr lan­ge gut­ge­gan­gen.«

      In­dem sie nichts wei­ter da­zu sag­te, gab sie ih­rem Bru­der zu ver­ste­hen, dass das The­ma »Ma­ri­us« nun nicht mehr zur Dis­kus­si­on stand. An­statt da­zu noch einen Kom­men­tar ab­zu­ge­ben, nahm Jens sie in den Arm und drück­te sie. Da­nach schob er sich wie­der ein Stü­ck­chen von ihr fort, um sie ge­nau­er zu mus­tern.

      »Wie geht es dir denn sonst so? Hast du den ers­ten El­fen­schock über­wun­den?«

      Le­na war es schreck­lich pein­lich, wie sie am gest­ri­gen Ta­ge so ei­fer­süch­tig und nei­disch hat­te über­re­a­gie­ren kön­nen. Sie spür­te lei­se Rö­te in sich auf­stei­gen.

      »Es geht so. Tut mir leid, dass ich der­art sau­er war. Aber zu­erst er­fah­re ich die­se gan­ze un­glaub­li­che Ge­schich­te und dann muss ich auch noch fest­stel­len, dass du und An­na so was könnt und …«

      »… und du nicht«, voll­en­de­te Jens ih­ren Satz. »Le­na, du bist die tolls­te Schwes­ter, die man sich nur wün­schen kann. So lieb und hübsch und klug. Wir lie­ben dich über al­le Ma­ßen, das weißt du doch. Und dass du die gan­ze El­fen­ge­schich­te erst ein­mal nicht glau­ben woll­test, ist ja wohl das Nor­mals­te über­haupt.« Er leg­te die Hän­de auf ih­re Schul­tern, wäh­rend er sie ein wei­te­res Mal ein­dring­lich an­sah. »Hey, ist es denn so schlimm, dass An­na und ich ein klein we­nig an­ders sind? Bis vor Kur­z­em ha­ben wir es doch selbst nicht ge­wusst.«

      »Nein, ei­gent­lich nicht. Nur hät­te ich es halt toll ge­fun­den, auch so was zu kön­nen, auch was da­von ab­ge­kriegt zu ha­ben. Ist echt nicht schön, wenn man merkt, dass man nicht rich­tig da­zu­ge­hört«, mein­te sie klein­laut.

      »Nicht da­zu­ge­hört?« Er schüt­tel­te den Kopf. »Das ist doch Schwach­sinn. Na­tür­lich ge­hörst du da­zu. Was glaubst du denn, war­um wir es dir er­zählt ha­ben, he? Weil du ab­so­lut da­zu­ge­hörst.« Be­vor er auf­stand, tät­schel­te er ihr lie­be­voll den Arm. »Denk mal dar­über nach.«

      Er woll­te hin­aus­ge­hen, dreh­te sich aber noch ein­mal um. »Vi­tus hat­te kei­ne Ge­le­gen­heit, es dir sel­ber zu sa­gen. Du bist ja ges­tern ein­fach aus dem Wohn­zim­mer ge­rauscht. Ich den­ke, er ist be­stimmt nicht bö­se, wenn ich dir jetzt aus­rich­te, dass du zu sei­ner und Lo­a­nas Hoch­zeit ein­ge­la­den bist.« Jens mach­te ei­ne kur­ze Pau­se. Of­fen­kun­dig freu­te er sich über Le­n­as gro­ße Au­gen, so wie er jetzt schmun­zel­te. »Das ist aber lan­ge noch nicht al­les, mein liebs­tes Schwes­ter­herz«, fuhr er fröh­lich fort. »Du wirst näm­lich zu­sam­men mit An­na, Vik­to­ria und Sil­vi Braut­jung­fer spie­len müs­sen.«

      »Was?« Vor Über­ra­schung fiel Le­na die Kinn­la­de run­ter. Das schien ih­ren Bru­der köst­lich zu amü­sie­ren, wes­halb sie den Mund has­tig wie­der zu­mach­te.

      »Cool, nicht wahr? Du wirst ei­ne wich­ti­ge Rol­le auf ei­ner kö­nig­li­chen El­fen­hoch­zeit spie­len. Al­so, an­statt dich mit so ei­nem düs­te­ren Zeugs, wie Ei­fer­sucht und Neid, ver­rückt zu ma­chen, soll­test du dich schleu­nigst mit den an­de­ren drei Braut­jung­fern zu­sam­men­tun und über Gar­de­ro­be, Fri­sur und so’n Mä­dels­kram nach­den­ken.« Er öff­ne­te die Tür. »Nacht, mei­ne Sü­ße.«

      Jens spa­zier­te hin­aus und ließ ei­ne sehr nach­denk­li­che, al­ler­dings längst nicht mehr so trau­ri­ge Le­na zu­rück.

      ***

      Wäh­rend­des­sen er­hol­te sich An­na Nell von dem stür­mi­schen Lie­bes­s­piel mit Vik­tor. Die letz­ten knis­tern­den Fun­ken und ro­ten Wir­bel in sei­nem Zim­mer zeug­ten da­von – und An­na, die lei­se keu­chend nach Luft rang.

      »Ir­gend­wann brin­gen wir uns um! Ir­gend­wann über­le­ben wir das nicht!«

      Vik­tor sah sie heiß­blü­tig an, be­deck­te dar­auf­hin ihr Ge­sicht mit fe­der­leich­ten Küs­sen.

      »Doch, doch, An­na. Es gibt ei­ne ge­rin­ge Über­le­bens­chan­ce, wenn wir jetzt viel­leicht ein biss­chen schla­fen.« Er lä­chel­te, was im­mer ei­ne fas­zi­nie­ren­de Wir­kung auf An­na hat­te.

      … Sie lieb­te ih­ren hal­bel­fi­schen Freund sehr. Al­les an ihm. Sein fei­nes Ge­sicht. So schön, mit dem herr­lich ge­schwun­ge­nen köst­li­chen Mund. Sei­ne in­ten­siv leuch­ten­den dun­kel­blau­en Au­gen. Sei­ne wir­ren brau­nen Lo­cken mit dem ma­ha­go­ni­fa­r­be­nen Licht­spiel dar­in. Sei­nen lan­gen, ge­ra­de­zu per­fek­ten Kör­per. Sei­ne Lei­den­schaft. Sei­ne Son­ne. Sei­ne Lie­bens­wür­dig­keit und, und, und – selbst sei­ne vom stän­di­gen Ba­r­fuß­lau­fen im­mer et­was schwie­li­gen Fü­ße.

      Doch wenn er lä­chel­te und sich da­bei die bei­den Grüb­chen auf sei­nen Wan­gen zeig­ten, schmolz sie re­gel­recht da­hin. …

      »Vik­tor Mül­ler! Du re­dest von Schlaf und denkst statt­des­sen schon wie­der an Sex! Das ist doch wohl nicht dein Ernst?«

      Al­len An­schein nach ließ Vik­tor sich von An­nas Ge­dan­ken be­ein­dru­cken. »Okay, okay, du hast mich mal wie­der durch­schaut. Ich be­ken­ne mich schul­dig.« Er roll­te sich vor­sich­tig von ihr her­un­ter. »Dar­an zu den­ken wird ja wohl noch er­laubt sein, Klei­nes.«

      Er dreh­te sich zur Sei­te, strich mit dem Fin­ger ver­füh­re­risch den Kon­tu­ren ih­res Lei­bes nach und stell­te mit ei­nem wei­te­ren, nun zu­frie­de­nen Lä­cheln fest, wie sich bei ihr ei­ne Gän­se­haut bil­de­te und die Brust­wa­r­zen auf­stell­ten.

      »Mei­ne Gü­te, An­na, wie soll ich an was an­de­res den­ken, wenn ich dich so se­he.«

      Er senk­te sei­nen Mund auf einen der sich ihm ent­ge­gen­re­cken­den Nip­pel und knab­ber­te kurz dar­an.

      »Ich bin ein­fach kom­plett ver­rückt nach dir.«

      »Du lie­ber Him­mel, Vik­tor! Ich sag ja, wir über­le­ben das nicht.«

      »Du hast recht, An­na. Wir sind ver­lo­ren.«

      Am frü­hen nächs­ten Mor­gen ver­such­te An­na wie so häu­fig, sich ihm zu ent­win­den. Meis­tens wach­te sie spä­ter auf als er. Wenn es doch ein­mal um­ge­kehrt war, dann er­gab sich stets das­sel­be Pro­blem:

      Vik­tor hat­te Ar­me und Bei­ne eng um sie ge­schlun­gen. So­bald er be­merk­te, dass sie sich von ihm lö­sen woll­te, hielt er sie um­so fes­ter. So auch an die­sem Mor­gen.

      »Hey, wo willst du hin, klei­ne An­na«, knurr­te er schlaf­trun­ken, oh­ne ein Au­ge auf­zu­tun. »Es ist