ihr bleibe, falls ihr schlecht wird.«
Er wollte gerade gehen, als er kurz innehielt. »Ach, Estra, morgen früh würde ich gerne mit diesem Sentran sprechen. Du hast recht. Er könnte der Richtige sein.«
Mit der schlafenden Loana im Arm verließ er den Wintergarten.
***
Estra hielt Isinis weiterhin auf seinem Schoß und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.
»Da sind wir also unverhofft allein, meine Liebste. Die Kinder sind bei ihren Freunden.«
Er besah seine schöne Frau mit einem unverhohlen hungrigen Blick, strich mit den Händen über ihr langes hellblondes Haar. In all den Jahren ihrer Ehe hatte sein Begehren nichts an Stärke eingebüßt.
»Was denkst du, Isinis, sollen wir vielleicht auch ein wenig unseren Rausch ausschlafen?«
»Ein bisschen Ruhe könnte nicht schaden«, erwiderte Isinis und beantwortete dabei aus großen hellgrünen Augen in gleicher Weise seinen Blick. »Ich möchte aber auch getragen werden, so wie Loana.«
Erfreut hob Estra die Brauen. Mit den Worten »Dein Wunsch sei mir Befehl« trug er sie lächelnd davon.
***
»Chaous, Chaous, Chaous!«, wimmerte Loana in bretonischer Sprache.
Vitus hielt ihr das Haar aus dem Gesicht, als sie den Kopf aus dem Bett über einen Eimer reckte und sich zum wiederholten Male erbrach. Mit einem feuchten Tuch betupfte er ihr Stirn und Mund.
»Mist, Mist, Mist!«, rief sie erneut aus, weil sie wieder würgen und spucken musste. Dann schnaufte sie kräftig durch, nahm Vitus das Tuch ab, um sich noch einmal gründlich das Gesicht abzuwischen und die Nase zu putzen.
»Du solltest mich nicht so sehen, Vitus«, stöhnte sie. »Das ist ja grauenvoll.«
»Ja, da stimme ich dir vollkommen zu, Kened«, gab Vitus trocken zurück. »Du hättest mit so etwas wenigstens warten können, bis wir verheiratet sind.«
Ihr bestürzter Gesichtsausdruck verleitete Vitus dazu, noch einen draufzusetzen: »Na ja, Loana, jetzt muss ich mir überlegen, ob ich eine Frau ehelichen will, die zu viel trinkt und das nicht einmal verträgt, sondern sich nach gerade mal ein paar Gläschen bereits die Seele aus dem Leib kotzt.« Er neigte den Kopf. »Es ist wirklich fraglich, ob du die richtige Frau für mich bist.«
Loana stieß ihm unsanft in die Rippen. »Mach dich bloß nicht lustig über mich, du Schuft.«
Nein, er wollte sich keineswegs über sie lustig machen, dazu war er viel zu besorgt. Doch seine Sorge würde ihr auch nicht helfen. Da war es ihm schon lieber, sie und vielleicht auch sich selbst mit seinen Sprüchen ein wenig abzulenken. Vitus zog die Brauen zusammen, als er bemerkte, wie sie schon wieder tief durchatmen musste, weil sie eine neue Welle der Übelkeit überkam. Doch konnte sie dieser anscheinend standhalten.
»So schlecht ist es mir noch nie ergangen. Das kenne ich gar nicht. So einen Obstler rühre ich unter keinen Umständen mehr an, niemals.«
»Wie du meinst.« Er sah sie reumütig an. »Es tut mir übrigens leid, dass wir dich mit dem Schnaps abgefüllt haben.«
»Na, das Zeug habt ihr mir ja nicht gerade eintrichtern müssen. Das war ich schon selbst, die diesen, bäh, Obstler geschluckt hat. Ooh, Chaous! – Mist! Nicht schon wieder.«
Geduldig und geradezu zärtlich half Vitus ihr, auch noch den letzten Rest loszuwerden. Dennoch atmete er erleichtert auf, weil sie ihm mitteilte, dass es endlich vorbei wäre.
Als er dann begann, ihr die Kleider auszuziehen, schreckte Loana zusammen. »Was tust du denn da? Du willst doch nicht etwa jetzt? Ich meine, ich bin ganz …«
»Meine schöne Loana«, entgegnete ihr Vitus, »ich bin dein Verlobter, kein Monster. Ich will dich nur ins Bad bringen, damit du duschen oder baden kannst, ganz wie du möchtest. Ich dachte, das würde dir guttun. Wenn du nicht willst …«
»Tut mir leid, Vitus«, kam es verlegen zurück. »Ich komme mir furchtbar, ähm, schmutzig vor und ich rieche bestimmt nicht gut. Es ist mir halt peinlich, wenn du mir jetzt so nahekommst.«
Vitus aber hatte Loana im Nu entkleidet und brachte sie ins Bad. »Drum machen wir dich jetzt ein bisschen sauber.«
Er sah ihren entsetzten Blick. »Loana, nun komm schon, das ist doch nichts Schlimmes. Du hast den starken Alkohol nicht vertragen. Nun ist er raus. Kein Grund, sich zu schämen. Hauptsache, es geht dir besser.«
Mit diesen Worten stellte er sie frech grinsend unter die Dusche und – drehte das kalte Wasser an.
»Aaah, Vitus!« Eine reichhaltige Auswahl bretonischer Flüche verließ ihren Mund und Geist, während sie ihn am Kragen seines Hemdes zu fassen bekam und mit sich unter den eiskalten Wasserstrahl zog. Dabei spürte er ihre Gedanken:
Sie musste sich entscheiden, was sie nun zuerst tun sollte, das Wasser warm stellen oder ihm die Kleider vom Leibe reißen. Sie befand, dass sie beides auf einmal schaffen könnte.
***
»Geht es dir gut, Loana?«, erkundigte sich Isinis am Frühstückstisch. »Du wirkst ein bisschen blass um die Nase.«
»Es ging mir schon mal deutlich besser«, stöhnte die. »Ich habe schreckliche Kopfschmerzen und mein Magen fühlt sich immer noch flau an. Na ja, ich bin ja selbst schuld. Aber es geht mir schon viel besser als gestern. Danke.«
»Trink das, Kened.« Vitus hielt ihr ein kleines Glas mit einer merkwürdig aussehenden Flüssigkeit hin.
»Nann! Nein! Was ist denn das schon wieder für ein Teufelszeug? Das rühre ich auf keinen Fall an!«
Als Loana aufsprang, um wieselflink an Vitus vorbeizuhuschen, fing er sie blitzschnell mit dem Arm um ihre Taille ein und hielt sie erbarmungslos fest.
»Trink das, du bretonischer Sturschädel«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Das ist ein altes Hausrezept. Es wird deinen Kater vertreiben.« Er rückte noch näher an Loanas Ohr, weil sie ihre Lippen fest zusammenpresste. »Es wird dir guttun. Nun mach schon, oder muss ich es dir etwa einflößen?«
Loanas Augen verengten sich gefährlich. »Du wagst es nicht, Vitus. Da …«
Augenblicklich ergriff er die sich ihm bietende Gelegenheit: Er kippte das Gebräu kurzerhand in ihren geöffneten Mund und hielt ihn solange zu, bis sie schluckte.
»So ist es brav«, meinte er zufrieden, ließ sie los und setzte sich.
Er hatte Loana keine Zeit gelassen, um zu reagieren. Nun, da sie den Trank unfreiwillig hinuntergewürgt