Agnes M. Holdborg

Sonnenwarm und Regensanft - Band 3


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ihr blei­be, falls ihr schlecht wird.«

      Er woll­te ge­ra­de ge­hen, als er kurz in­ne­hielt. »Ach, Estra, mor­gen früh wür­de ich ger­ne mit die­sem Sen­tran spre­chen. Du hast recht. Er könn­te der Rich­ti­ge sein.«

      Mit der schla­fen­den Lo­a­na im Arm ver­ließ er den Win­ter­gar­ten.

      ***

      Estra hielt Isi­nis wei­ter­hin auf sei­nem Schoß und gab ihr einen lei­den­schaft­li­chen Kuss.

      »Da sind wir al­so un­ver­hofft al­lein, mei­ne Liebs­te. Die Kin­der sind bei ih­ren Freun­den.«

      Er be­sah sei­ne schö­ne Frau mit ei­nem un­ver­hoh­len hung­ri­gen Blick, strich mit den Hän­den über ihr lan­ges hell­blon­des Haar. In all den Jah­ren ih­rer Ehe hat­te sein Be­geh­ren nichts an Stär­ke ein­ge­büßt.

      »Was denkst du, Isi­nis, sol­len wir viel­leicht auch ein we­nig un­se­ren Rausch aus­schla­fen?«

      »Ein biss­chen Ru­he könn­te nicht scha­den«, er­wi­der­te Isi­nis und be­ant­wor­te­te da­bei aus gro­ßen hell­grü­nen Au­gen in glei­cher Wei­se sei­nen Blick. »Ich möch­te aber auch ge­tra­gen wer­den, so wie Lo­a­na.«

      Er­freut hob Estra die Brau­en. Mit den Wor­ten »Dein Wunsch sei mir Be­fehl« trug er sie lä­chelnd da­von.

      ***

      »Chaous, Chaous, Chaous!«, wim­mer­te Lo­a­na in bre­to­ni­scher Spra­che.

      Vi­tus hielt ihr das Haar aus dem Ge­sicht, als sie den Kopf aus dem Bett über einen Ei­mer reck­te und sich zum wie­der­hol­ten Ma­le er­brach. Mit ei­nem feuch­ten Tuch be­tupf­te er ihr Stirn und Mund.

      »Mist, Mist, Mist!«, rief sie er­neut aus, weil sie wie­der wür­gen und spu­cken muss­te. Dann schnauf­te sie kräf­tig durch, nahm Vi­tus das Tuch ab, um sich noch ein­mal gründ­lich das Ge­sicht ab­zu­wi­schen und die Na­se zu put­zen.

      »Du soll­test mich nicht so se­hen, Vi­tus«, stöhn­te sie. »Das ist ja grau­en­voll.«

      »Ja, da stim­me ich dir voll­kom­men zu, Ke­ned«, gab Vi­tus tro­cken zu­rück. »Du hät­test mit so et­was we­nigs­tens war­ten kön­nen, bis wir ver­hei­ra­tet sind.«

      Ihr be­stürz­ter Ge­sichts­aus­druck ver­lei­te­te Vi­tus da­zu, noch einen drauf­zu­set­zen: »Na ja, Lo­a­na, jetzt muss ich mir über­le­gen, ob ich ei­ne Frau ehe­li­chen will, die zu viel trinkt und das nicht ein­mal ver­trägt, son­dern sich nach ge­ra­de mal ein paar Gläs­chen be­reits die See­le aus dem Leib kotzt.« Er neig­te den Kopf. »Es ist wirk­lich frag­lich, ob du die rich­ti­ge Frau für mich bist.«

      Lo­a­na stieß ihm un­sanft in die Rip­pen. »Mach dich bloß nicht lus­tig über mich, du Schuft.«

      Nein, er woll­te sich kei­nes­wegs über sie lus­tig ma­chen, da­zu war er viel zu be­sorgt. Doch sei­ne Sor­ge wür­de ihr auch nicht hel­fen. Da war es ihm schon lie­ber, sie und viel­leicht auch sich selbst mit sei­nen Sprü­chen ein we­nig ab­zu­len­ken. Vi­tus zog die Brau­en zu­sam­men, als er be­merk­te, wie sie schon wie­der tief durch­at­men muss­te, weil sie ei­ne neue Wel­le der Übel­keit über­kam. Doch konn­te sie die­ser an­schei­nend stand­hal­ten.

      »So schlecht ist es mir noch nie er­gan­gen. Das ken­ne ich gar nicht. So einen Obst­ler rüh­re ich un­ter kei­nen Um­stän­den mehr an, nie­mals.«

      »Wie du meinst.« Er sah sie reu­mü­tig an. »Es tut mir üb­ri­gens leid, dass wir dich mit dem Schnaps ab­ge­füllt ha­ben.«

      »Na, das Zeug habt ihr mir ja nicht ge­ra­de ein­trich­tern müs­sen. Das war ich schon selbst, die die­sen, bäh, Obst­ler ge­schluckt hat. Ooh, Chaous! – Mist! Nicht schon wie­der.«

      Ge­dul­dig und ge­ra­de­zu zärt­lich ha­lf Vi­tus ihr, auch noch den letz­ten Rest los­zu­wer­den. Den­noch at­me­te er er­leich­tert auf, weil sie ihm mit­teil­te, dass es end­lich vor­bei wä­re.

      Als er dann be­gann, ihr die Klei­der aus­zu­zie­hen, schreck­te Lo­a­na zu­sam­men. »Was tust du denn da? Du willst doch nicht et­wa jetzt? Ich mei­ne, ich bin ganz …«

      »Mei­ne schö­ne Lo­a­na«, ent­geg­ne­te ihr Vi­tus, »ich bin dein Ver­lob­ter, kein Mons­ter. Ich will dich nur ins Bad brin­gen, da­mit du du­schen oder ba­den kannst, ganz wie du möch­test. Ich dach­te, das wür­de dir gut­tun. Wenn du nicht willst …«

      »Tut mir leid, Vi­tus«, kam es ver­le­gen zu­rück. »Ich kom­me mir furcht­bar, ähm, schmut­zig vor und ich rie­che be­stimmt nicht gut. Es ist mir halt pein­lich, wenn du mir jetzt so na­he­kommst.«

      Vi­tus aber hat­te Lo­a­na im Nu ent­klei­det und brach­te sie ins Bad. »Drum ma­chen wir dich jetzt ein biss­chen sau­ber.«

      Er sah ih­ren ent­setz­ten Blick. »Lo­a­na, nun komm schon, das ist doch nichts Schlim­mes. Du hast den star­ken Al­ko­hol nicht ver­tra­gen. Nun ist er raus. Kein Grund, sich zu schä­men. Haupt­sa­che, es geht dir bes­ser.«

      Mit die­sen Wor­ten stell­te er sie frech grin­send un­ter die Du­sche und – dreh­te das kal­te Was­ser an.

      »Aaah, Vi­tus!« Ei­ne reich­hal­ti­ge Aus­wahl bre­to­ni­scher Flü­che ver­ließ ih­ren Mund und Geist, wäh­rend sie ihn am Kra­gen sei­nes Hem­des zu fas­sen be­kam und mit sich un­ter den eis­kal­ten Was­ser­strahl zog. Da­bei spür­te er ih­re Ge­dan­ken:

      Sie muss­te sich ent­schei­den, was sie nun zu­erst tun soll­te, das Was­ser warm stel­len oder ihm die Klei­der vom Lei­be rei­ßen. Sie be­fand, dass sie bei­des auf ein­mal schaf­fen könn­te.

      ***

      »Geht es dir gut, Lo­a­na?«, er­kun­dig­te sich Isi­nis am Früh­stücks­tisch. »Du wirkst ein biss­chen blass um die Na­se.«

      »Es ging mir schon mal deut­lich bes­ser«, stöhn­te die. »Ich ha­be schreck­li­che Kopf­schmer­zen und mein Ma­gen fühlt sich im­mer noch flau an. Na ja, ich bin ja selbst schuld. Aber es geht mir schon viel bes­ser als ges­tern. Dan­ke.«

      »Trink das, Ke­ned.« Vi­tus hielt ihr ein klei­nes Glas mit ei­ner merk­wür­dig aus­se­hen­den Flüs­sig­keit hin.

      »Nann! Nein! Was ist denn das schon wie­der für ein Teu­fels­zeug? Das rüh­re ich auf kei­nen Fall an!«

      Als Lo­a­na auf­sprang, um wie­sel­flink an Vi­tus vor­bei­zu­hu­schen, fing er sie blitz­schnell mit dem Arm um ih­re Tail­le ein und hielt sie er­bar­mungs­los fest.

      »Trink das, du bre­to­ni­scher Stur­schä­del«, flüs­ter­te er ihr ins Ohr. »Das ist ein al­tes Haus­re­zept. Es wird dei­nen Ka­ter ver­trei­ben.« Er rück­te noch nä­her an Lo­a­nas Ohr, weil sie ih­re Lip­pen fest zu­sam­men­press­te. »Es wird dir gut­tun. Nun mach schon, oder muss ich es dir et­wa ein­flö­ßen?«

      Lo­a­nas Au­gen ver­eng­ten sich ge­fähr­lich. »Du wagst es nicht, Vi­tus. Da …«

      Au­gen­blick­lich er­griff er die sich ihm bie­ten­de Ge­le­gen­heit: Er kipp­te das Ge­bräu kur­zer­hand in ih­ren ge­öff­ne­ten Mund und hielt ihn so­lan­ge zu, bis sie schluck­te.

      »So ist es brav«, mein­te er zu­frie­den, ließ sie los und setz­te sich.

      Er hat­te Lo­a­na kei­ne Zeit ge­las­sen, um zu re­a­gie­ren. Nun, da sie den Trank un­frei­wil­lig hin­un­ter­ge­würgt