Elle West

Die Partisanen


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Tod in Auftrag gegeben hatte. Dies würde Alejandró viele, vielleicht alle Verbindungen ins Ausland verderben und ihn zu einem unehrenhaften Mann werden lassen. Sollte Orlando jedoch erfolgreich gewesen sein, würde Alejandró bald mächtiger sein können als je zuvor. Die Geschäfte mit den Amerikanern würden ihn auch auf dem letzten, für ihn bedeutenden, Kontinent unterbringen. Nun hing vorerst jedoch alles davon ab, wie Orlando seinen Auftrag ausgeführt hatte und dann lag es an dem Don selbst, die Geschäfte auf Amerika auszuweiten. Der erste Schritt war, die stärkste Konkurrenz auszuschalten.

      „Denkst du schon wieder ans Geschäft, Alejandró?“, fragte Isabella. Sie kannte die Antwort bereits, denn ihr Ehemann dachte in jeder freien Minute, von denen es ohnehin nicht sehr viele gab, an sein Geschäft. Sie hatte sich daran gewöhnt, ihren Mann stets mit etwas teilen zu müssen, was sie nicht verstand, weil man es ihr vorenthielt. Isabella glaubte, dass sowohl ihr Mann, als auch ihr Sohn in Angelegenheiten verstrickt waren, die nicht legal waren. Dennoch stellte sie diesbezüglich lieber keine direkten Fragen mehr, denn keiner der beiden antwortete ihr ehrlich darauf. Sie gab sich einfach Mühe, nicht zu besorgt zu sein. Sie wollte den beiden Männern in ihrem Leben Vertrauen schenken, wie man es von einer guten Ehefrau und Mutter erwarten konnte.

      „Ich hoffe nur, dass unser lieber Sohn bald zurückkommt und mir gute Nachricht bringt.“, antwortete Alejandró, nicht ganz aufmerksam.

      Isabella streichelte seinen Arm. „Unser Sohn ist sehr klug und auch so stark. Wer sollte ihm da Steine in den Weg legen?“, fragte sie, wenngleich sie nicht wusste, wovon ihr Mann sprach. Vielleicht kümmerte sich ihr Sohn im Auftrag seines Vaters um irgendwelche Erledigungen?

      Alejandró lächelte und verbarg seine Nervosität dahinter gekonnt. „Du hast wie immer Recht, meine Liebe.“, sagte er und hoffte, sowohl sie, als auch sich selbst damit zu überzeugen.

      Als sich ihre innere Ruhe gerade auf ihn zu übertragen anfing, trat ein Bediensteter vor und verneigte sich elegant vor seinem Chef.

      „Verzeihen Sie die Störung, Don Alejandró.“, sagte der breit gebaute Mann einleitend. Er war beinahe im gleichen Alter wie sein Boss, nur fünf Jahre jünger, aber körperlich noch um einiges trainierter. Immerhin stand er dem Don auch als eine Art Leibwächter zur Seite. „Sie haben Besuch von einem Señore aus Russland, Don Alejandró. Er sagt, es sei sehr dringend.“

      Alejandró erhob sich augenblicklich. „Bella, geh doch schon ins Bett.“, sagte er und küsste sie auf die Wange.

      Isabella erhob sich nun ebenfalls, aber ihr Gesicht machte ihm deutlich bewusst, dass er sie verstimmt hatte. Dennoch wünschte sie den Herren eine angenehme Nacht und verschwand im Inneren der Villa. Sie war eine Donna, die guten Manieren und Eleganz waren der wichtigste Teil ihrer Erziehung gewesen und so hätte sie ihrem Mann niemals vor anderen Menschen eine Szene gemacht oder ihm widersprochen.

      „Schick mir den Russen raus, Bertosloni.“, wies Alejandró seinen Leibwächter an und dieser gehorchte ihm sogleich.

      Der breite Mann nickte gehorsam. „Darf ich in der Nähe bleiben?“, fragte er vorsorglich.

      Sein Boss lächelte. „Das wäre mir recht, danke.“

      Bertosloni erwiderte das Lächeln und entfernte sich dann, um den Russen zu holen. Er selbst würde sich von nun an im Hintergrund halten, seinen Boss jedoch nicht aus den Augen lassen und notfalls eingreifen.

      Alejandró mochte es nicht, geschäftliche Dinge in seinem Haus zu besprechen, wenn er es nicht so verabredet hatte, weil er seine Familie aus all dem herauszuhalten versuchte. Er mochte es auch nicht, nun Neuigkeiten durch den Russen, anstelle durch seinen Sohn zu erfahren. Doch nun hatte er nun einmal keine Wahl. Der Russe würde ihm sagen, was mit seinem Sohn und Ristova geschehen war und das war augenblicklich das Wichtigste.

      Alejandró nahm auf einem gewichtigen Holzstuhl vor dem Pool, wenn auch in einiger Entfernung, und unter dem Vordach der Veranda Platz. Er blickte abwartend zur Tür. Hatte Orlando sich nicht gemeldet, weil ihm etwas zugestoßen war? Kam der Russe vielleicht, um ihn mit dem Leben seines Sohnes zu erpressen? Vielleicht versucht man auch nur, mich umzubringen, weil die Russen die Wahrheit herausgefunden haben, dachte er misstrauisch. Allerdings würde Orlando vermutlich auch unter der schlimmsten Folter nichts verraten. Doch auch diese Vorstellung war nicht dazu angehalten, ihn zu beruhigen. Alejandró erhob sich noch einmal und nahm sich seine Pistole. Damit setzte er sich wieder. Die Waffe hielt er schussbereit unter der Holzplatte des Tisches und auf die Terrassentür gerichtet.

      In diesem Moment trat ein Mann auf die Veranda. Er war sehr groß, vielleicht beinahe so groß wie Orlando, und sehr schlank, was bei seiner Körpergröße lächerlich wirkte. Augenblicklich entspannte Alejandró sich ein wenig und sicherte auch seine Waffe vorsichtshalber. Dieser Mann war ihm körperlich so sehr unterlegen, dass es einem Selbstmord gliche, würde er einen Mordversuch an Alejandró unternehmen. Vor diesem Mann konnte er sich nicht fürchten.

      Der Russe trat vor den Tisch und deutete eine Verneigung an, ehe er sich setzte.

      „Mein russischer Freund!“, sagte Alejandró beinahe überschwänglich. Es ärgerte ihn sogleich und so fuhr er mit gemäßigter Stimme fort. „Mein Leibwächter richtete mir aus, dass Ihr Anliegen dringend sei, aber dennoch bin ich höchst ungehalten, zu so später Stunde in meinem eigenen Haus aufgesucht zu werden. Hat Ihnen niemand mitgeteilt, dass ich es schätze, Geschäftliches von Privatem zu trennen?“

      Der Russe wirkte etwas verunsichert und eben dies hatte Alejandró bezwecken wollen. Er setzte eine mitfühlende Miene auf und beugte sich zu dem Mann vor. Erst jetzt bemerkte er, dass der Mann vom Weinen gerötete Augen hatte. Orlando, du hast es geschafft, dachte er triumphierend und auch stolz. „Nun denn, was ist so dringend, mein Freund?“, fragte er, obwohl er bereits die Antwort zu kennen glaubte. „Mir scheint es, als gehe es Ihnen nicht gut.“

      Der Russe blickte auf und nickte schwer. „Mein Name ist Wladimir Vostinov. Ich bin der Bruder von Roberto Ristova. Ich nehme an, der letzte Name wird Ihnen ein Begriff sein.“

      Alejandró nickte und beobachtete den Mann, der nun nicht mehr schüchtern, sondern wild entschlossen aussah. Ristova hatte also einen Bruder. Das hatte Alejandró nicht gewusst. Die unterschiedlichen Nachnamen hatten dafür gesorgt, dass er es nicht herausgefunden hatte, als er sich vorsorglich über Ristova informiert hatte. Diese Tatsache könnte seine Situation ändern. Allerdings wirkte Ristovas Bruder nicht so, als könne er das Imperium seines Bruders halten. „Roberto und ich teilen uns den Drogenmarkt in Teilen von Asien und besonders in Frankreich.“, sagte Alejandró und musste sich ermahnen, nicht die Vergangenheitsform zu nutzen. Immerhin musste er vorgeben, nichts mit dem Attentat zu tun zu haben. Er musste wie ein besorgter, aber misstrauischer Mann wirken. „Sie sagten, Sie seien Robertos Bruder? Was wollen Sie von mir und warum wendet sich Roberto nicht selbst an mich?“

      Der Russe blickte für einen Moment traurig in die Ferne und richtete seine kühlen Augen dann auf Alejandró. „Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen, Don Alejandró.“, sagte er einleitend. „Mein Bruder ist vor einigen Tagen einem Attentat zum Opfer gefallen und nun treffe ich mich mit seinen Geschäftspartnern, um das Lebenswerk meines Bruders nicht untergehen zu lassen.“

      Alejandró hätte schreien mögen, doch er blickte ihn stattdessen bestürzt an und legte seine Waffe auf die Tischplatte um sein gespieltes Misstrauen zu verbildlichen. „Roberto Ristova ist ein sehr bedeutender Mann und ich kann mir kaum vorstellen, dass die Franzosen es gewagt haben, ihre Drohung wahr zu machen.“ Alejandró richtete den Lauf seiner Waffe auf Vostinov. „Woher weiß ich, dass Sie mir die Wahrheit sagen? Ich kann Ihnen nicht trauen.“

      Der Russe nickte, sichtlich verständnisvoll. „Ich bin mit Ihnen zufrieden.“, sagte er, geradeso, als wüsste er, dass es Alejandró darauf ankäme. „Offensichtlich sind Sie so klug, wie man mir berichtete. Wenn Sie Beweise wollen, lade ich Sie hiermit zu der Beerdigung meines Bruders ein. Roberto wird morgen Abend in Moskau beigesetzt. Ich glaube, er hätte Sie gerne als einen seiner Gäste gewünscht.“

      Alejandró dachte, dass er das ganz bestimmt nicht gewollt hätte, nachdem was Alejandró ihm hatte antun lassen. Aber er sagte: „Sie meinen das