Mila Brenner

Wolkenschwäne


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dafür zu direkt. Dinge schonend auf den Punkt zu bringen, war nicht Abbys Stärke.

      „Gräme dich nicht, Schätzchen“, Abby lachte. „Das sind die Hormone einer Schwangeren. Dagegen können wir nur verlieren.“

      „Was soll das denn heißen?“, empörte sich Grace und hatte dabei ein strahlendes Lächeln im Gesicht. Sie zeigte es nicht deutlicher, aber das Lächeln verriet mir ausreichend, wie sehr sie sich auf den Familienzuwachs freute. Wie glücklich sie war. Das Bild der weinenden und völlig aufgelösten Grace verschwand und obwohl ich den Stich Eifersucht merklich spürte, war ich froh. Froh das Bild gehen zu lassen. Die Welt war wieder im Gleichgewicht. Alles wie immer. Abby beherrschte das Chaos und schien damit zufrieden, ihr Leben in der eigenen Hand zu haben. Nicht mal ein Tornado könnte ihr Angst machen. Henna lebte ihr konservatives Leben, um das sie jeder beneidete, egal wie langweilig es war. Denn obwohl nie etwas Aufregendes passierte, war sie offensichtlich glücklich. Michelle war eben Michelle. Erfolgreich, gutaussehend und trotzdem sie in einem Monat vierzig wurde, ließ sie dieser runde Geburtstag völlig kalt. Sie hatte alles, was sie wollte und dank mexikanischem Blut lief in Sachen Leidenschaft im Bett alles blendend. Das hatte sie uns beim letzten Treffen versichert, nachdem sie ein paar Cocktails zu viel getrunken hatte. Wir zweifelten es nicht an. Und Tamsyn? War wie immer auf der Suche nach dem großen Glück. Ich wusste, dass ich von allen Frauen aktuell mit ihr am meisten gemeinsam hatte. Und dennoch trennte uns so viel. Tammy hatte lange gewartet und sich ganz auf ihren Beruf konzentriert und bei ihrer Suche nach Mr. Right besaß sie scheinbar nicht das glücklichste Händchen. Ich war schon einmal glücklich gewesen. Mein Leben war genauso langweilig, schlicht und doch perfekt, wie das von Henna oder Grace gewesen. Aber dann hatte sich alles verändert. Es war schwer nach etwas zu suchen, wenn man wusste, dass man es verloren hatte. Worin lag da noch der Sinn?

      „Eden?“

      Ich schreckte aus meinen weit abgedrifteten Gedanken auf und fand zurück ins Jetzt. Grace warf mir einen kritischen Blick zu. Ich ahnte, was sie dachte. Wie sie versuchte einzuschätzen, ob sie mir nicht zu viel zugemutet hatte, als sie mich gefragt hatte, ob ich helfen wolle.

      Es war Zeit zu handeln, bevor meine Tarnung als neue Eden, mit der alles in bester Ordnung war, aufflog. Gerade in Abygails Gegenwart konnte ich es mir nicht leisten, auch nur das leiseste Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Wenn ich Abby auf meine Fährte brachte, hätte sie mich bestimmt innerhalb von Minuten entlarvt und zudem versucht, genau zu analysieren, warum ich mich fühlte, wie ich mich fühlte. Und das wollte ich auf keinen Fall. Ich hatte die letzten Monate zu hart dafür gearbeitet, diese Fassade aufzubauen. Und es funktionierte. Es machte den Umgang mit meinen Mitmenschen einfacher. Ich konnte wieder Freude an der Arbeit empfinden, und scheute den Kontakt zu meiner Kundschaft nicht länger. Es machte mir wieder Spaß zu kochen und zu essen. Ich überlegte mir sogar, was ich morgens anzog und war beim Friseur gewesen. Die neue Eden war innen vielleicht nicht vollständig, sondern fühlte sich einsam und unecht an, aber nach außen tat sie mir gut. Ich brauchte sie und konnte nicht zulassen, dass meine Freundinnen sie mir wegnahmen. Nicht mal aus Fürsorge.

      „Schon gut. Ich war für einen Moment beeindruckt von deiner Organisation. Das sieht ja fast wie bei einem richtigen Umzugsunternehmen aus.“

      Abygail sprang auf meine Worte an. „Na klar. Du weißt ja, wie Grace ist. Das wird vorher im Internet recherchiert und dann komplett durchgeplant. Sie hat sogar Alec einen Zettel ausgedruckt auf dem steht, in welcher Reihenfolge die Männer die Kisten in die Wagen tragen sollen.“

      Lachend kam ich endlich in den Raum und wandte mich an Rina.

      „Hi, wir kennen uns noch nicht. Ich bin Eden.“

      Die Blonde griff meine Hand und drückte sie. Ihr Lächeln war schüchtern, aber es ließ ihre hellen Augen warm leuchten. „Ich bin Rina. Die Floristin.“

      „Das dachte ich mir.“ Ich stemmte die Hände in die Hüften und musterte Grace. „Und was hast du für mich vorgesehen?“

      „Kannst du eventuell im Kinderzimmer die Sachen packen? Die Kleidung ist bereits verpackt, das habe ich gestern schon gemacht, aber die Spielsachen und Bücher habe ich nicht mehr geschafft.“ Sie erklärte mir, dass die Männer mit dem Keller und der Garage angefangen hatten. „Danach nehmen sie sich das Wohnzimmer, das Bad unten und das Büro vor.“

      „Was ist mit den Möbeln?“, fragte ich nach. „Du weißt handwerklich begabt bin ich so gar nicht.“

      „Keine Sorge. Alec hat die meisten Möbel mit Marcus und Macs Hilfe die Woche über schon auseinandergenommen. Das meiste ist also geschafft und beim Rest hilft dir dann“, fragend sah sie zu Rina.

      Die lächelte. „Danny.“

      „Genau, Danny macht das, sobald du sie ausgeräumt hast. Du musst ihm dann nur Bescheid sagen.“

      „Danny?“, fragte ich nach. „Wer ist Danny?“

      „Der beste Freund meines Freunds.“

      Ich musterte Rina und sie lachte leise. „Zu viel?“

      Ehrlich nickte ich. „Aber macht nichts. Ich habe ja den ganzen Tag Zeit durchzublicken. Danny also. Wie sieht er aus? Ich meine, wo und wie ...“

      Grace und Rina sahen sich an und dann fingen beide an zu lachen. Nicht auf meine Kosten und wenn ja, wäre ich nicht böse gewesen. Doch der Grund ihres Lachens war anderer Natur. Ich erkannte ihn, als ich ihren Blicken folgte, mich umdrehte und einem Mann gegenüberstand, der mich zurückhaltend ansah.

      „Ich bin Danny. Wofür brauchst du mich, Lass?“

      Er war nicht besonders groß, ein wenig kleiner als Alec vielleicht. Aber er hatte breite Schultern, ein breites Kreuz und er wirkte gut in Form. Warum mir das auffiel, wusste ich nicht. Vielleicht lag es an dem sportlichen weißen T-Shirt, dass er über der Jogginghose trug. Seine kleinen, schmalen Augen lagen freundlich auf mir und ich versuchte es mit einem Lächeln.

      „Hi“, begrüßte ich ihn erstmal. „Ich bin Eden und eigentlich hast du mir schon geholfen.“

      Irgendwie war ich froh das Tammy nicht hier war. Sie hätte sich bestimmt köstlich über mein unbeholfenes Gehabe amüsiert. Die anderen waren so nett so zu tun, als bemerkten sie nicht, wie verlegen mich die Situation machte.

      „Ich bin eingeteilt, das Kinderzimmer leer zu räumen.“

      „Ach so.“ Er lächelte nun und mir fiel auf, dass man es kaum bemerkte. Selbst wenn sich seine Lippen glätteten, wirkte er freundlich. Er hatte das, was man allgemein als positive Ausstrahlung bezeichnete, obwohl ich ihn nicht sonderlich charismatisch fand. Ihn umgab eine gewisse Direktheit, die nicht darauf hindeutete, dass er viel von großen Reden oder Wortmanipulationen hielt.

      „Dann ruf einfach nach mir, wenn du so weit bist. Ich baue danach die Schränke ab. Ist schnell gemacht.“

      Er drehte sich um, griff nach einer Flasche Wasser, die Grace in großer Menge an der Tür gestapelt hatte, und verließ die Küche. Ich wandte mich daraufhin wieder zu meinen Freundinnen.

      „Das war also Danny.“

      Rina nickte.

      „Lass?“, fragte ich nach. „Was hat es damit auf sich?“

      „Blair kommt aus Inverness.“ Sie erklärte, Blair sei ihr Freund.

      „Dann ist Danny auch Schotte?“

      „Ja, die beiden kennen sich schon ewig. Sie sind zusammen aufgewachsen und haben später mit Blairs Cousins die Firma gegründet.“

      Deswegen war er also hier. Grace hatte mir am Mittwoch erzählt, dass Rina die Hilfe von Blair und seinen Leuten zur Verfügung gestellt hatte. Danny gehörte dazu.

      „Ich verstehe.“

      „Lass klingt doch irgendwie nett, oder?“ Abygails Kommentar zog Schweigen nach sich. „Na es ist charmanter als Baby oder Darling. Ich hasse es, von Männern Darling genannt zu werden.“

      „Jim hat dich nie so genannt, stimmt's?“, stellte Grace mehr fest, als