Abb. 4).
Die von der Erde aufgenommene Sonnenenergie wird durch drei astronomische Parameter beeinflusst:
- die Erde läuft auf einer Ellypsenbahn um die Sonne mit einer Phase von 96 000 Jahren. Je näher die Erde der Sonne dabei kommt, desto größer ist die eingestrahlte Energie.
- Die Erdachse taumelt mit einer Phasenlänge von etwa 40 000 Jahren. Wenn dabei die Nordhälfte der Sonne stärker zugewandt ist wird es wärmer, denn die Landmasse der Nordhälfte ist mit 39 % doppelt so groß wie jene der Südhälfte (19 %) – und Land absorbiert mehr Sonnenenergie als Wasserflächen. Überdies ist die Südhälfte auch stärker vergletschert und Eis- und Schneeflächen nehmen wenig Sonnenenergie auf: allein die vereiste Antarktis ist neunmal größer als die Gletscherflächen auf Grönland. Auch die Flächen von Seeeis auf der Südhalbkugel übertreffen jene des Nordens.
- Zudem torkelt die Erdachse mit einer Phasendauer von 22 000 Jahren.
Abb. 4 Temperatur auf Zentralgrönland in den vergangenen 25 000 Jahren nach Informationen aus dem Gletschereis
Diese Einflüsse überlagern sich und zu dieser Zeit führten sie zu einem Minimum der Sonneneinstrahlung auf die Erde. Als Folge setzten die wärmeren Interstadiale über lange Zeit völlig aus und über Jahrtaussende hinweg blieb es bitterkalt. Aus den Ozeanen wurde daher noch mehr Wasser ausgefroren und in Gletschern deponiert und der Meeresspiegel senkte sich zu einem Tiefstniveau ab, tiefer als alle Meeresstände während der gesamten bisherigen Eiszeitperiode von etwa hunderttausend Jahren Dauer. Um 17 000 v.h. wurde ein Tiefststand von 130 Metern unter dem heutigen Meeresspiegel erreicht! In den flachen Schelfgebieten der Meere waren nun große neue Landschaften entstanden. Der Ärmelkanal war trocken gefallen, sodass die britische Insel mit dem europäischen Festland verbunden war. Auch ein großer Teil der Nordsee lag trocken: die Rheinmündung war bis vor Schottland vorgerückt und Elbe und Themse waren Nebenflüsse des Rheins. Südlich von Frankreich breitete sich im Golf du Lion und an der Cote d´Azur ein Festlandstreifen aus. Als er später wieder überflutet wurde, tauchten viele Zugänge zu Höhlen in den Hängen, welche damals von Menschen besucht wurden, ins Meer ab. Der nördliche Teil der Adria lag völlig und der Süden teilweise trocken. Auch die heute mit Wasser gefüllte Rinne des Bosporus war trocken gefallen, sodass Europa und Asien hier über eine Landbrücke verbunden waren. Im Nordwesten des Schwarzen Meers hatte sich eine riesige Tiefebene gebildet und das flache Asow´sche Meer an der heutigen Insel Krim lag völlig trocken.
In Asien waren Sri Lanka und Indien durch eine Landbrücke verbunden und an der heutigen Mündung des Ganges lag ein riesiges Areal trocken. Die Andamanen-Inseln südlich Birma (Myanmar) bildeten einen langgezogenen Festlandstreifen. In Südostasien schließlich hatten sich die heutige südostasiatische Halbinsel und die Inseln fast bis Sulawesi im Osten zu einem riesigen Subkontinent vereinigt. Malaysia und Thailand waren Teil dieses Kontinents. Weiter nördlich bildeten Japan und Korea eine territoriale Einheit und auch zwischen China und Korea lag das Meer trocken. Das Festland reichte in der heutigen Gelben See weit nach Süden und Taiwan war über einen Festlandsockel mit China verbunden. Der Osten Sibiriens hing an der Beringstraße auf breiter Front mit Alaska zusammen.
Für die spätere kulturelle Entwicklung der westlichen Welt ist von großer Bedeutung, dass der gesamte Persische Golf nun trocken gefallen war. Die über tausend Kilometer lange neue Schwemmlandebene im Anschluss an Mesopotamien, den heutigen Irak, reichte sogar noch fast 150 Kilometer weit durch den heutigen Golf von Hormuz hinaus in das Arabische Meer. Erst hier mündete der Schatt al Arab, die Vereinigung von Euphrat, Tigris und weiterer Flüsse, ins Arabische Meer.
Die Voraussetzungen für die Menschen hatten sich nun wegen der geografischen Umgestaltung und der lang dauernden starken Kälte fundamental verändert: nördlichere Regionen und höhere Lagen wurden menschenleer und die Menschen zogen sich in tief liegende wärmere Regionen zurück. Da es vielerorts auch recht trocken wurde – mit der Temperatur sinkt der Dampfdruck des Wassers und damit die verdampfende Wassermenge, die als Niederschlag wieder zurückkehren kann – fanden Mensch und Tier vor allem in der Nähe von tief liegenden Zuflüssen zum Meer noch die günstigsten Lebensbedingungen vor. Leider wurden diese aber später beim Wiederanstieg des Meeres überflutet und sie bleiben es bis heute. Das erschwert es, die Geschicke der Menschen dieser Zeit an Hand von materiellen Spuren zu verfolgen. Eine Chance besteht allenfalls auf damaligen Höhen, welche noch als Inseln verblieben sind, sowie in erhöhten Randlagen der Ufer. Lit.3.0
Plötzliche starke Erwärmung vor knapp 15 000 Jahren (Boelling-Interstadial)
Urplötzlich kündigte sich um 14 700 v.h. mit einem riesigen Temperatursprung von mindestens 6°C ein Ende der Eiszeit an (s.Abb. 2 und 4)! Er leitete das sog. Boelling-Interstadial ein, eine Warmzeit, in welcher fast die heutigen Temperaturen erreicht wurden. Innerhalb von weniger als einem einzigen Jahrzehnt wurden die Kaltluftmassen auf Grönland von warmer und feuchter Luft verdrängt: in den bisher eisigen Nordatlantik waren Warmwassermassen eingebrochen, weil der Golfstrom wieder zu voller Wirkung gekommen war! Er brachte nun riesige Wärmemengen aus dem Süden mit und dies veränderte die Welt innerhalb einer ganz kurzen Zeit!
Hochphase der Eiszeitkunst in Europa
Der plötzliche riesige Temperatursprung um 14 700 v.h. schuf für Mensch und Tier eine völlig neue Situation! Es gab wieder reichlich Nahrung und für die Menschen verblieb auch Zeit für Betätigungen außerhalb der Nahrungsbeschaffung! Die Bevölkerungszahl in bisher kalten Räumen wie Europa dürfte sich in kurzer Zeit verdreifacht haben! Mit der zunehmenden Bevölkerungsdichte mehrten sich auch die menschlichen Kontakte, sodass auch künstlerische Anregungen aufgenommen und weiter gegeben werden konnten. Fast explosionsartig blühte daher die Kunst der Höhlen und der Felsüberhänge auf! In dieser Periode des Kunstschaffens (Aurignacien) entstanden mehr als achtzig Prozent der bekannten Eiszeitkunst. Vor allem im Raum von Südwest-Frankreich bis ins spanische Kantabrien an der Nordwestküste finden sich zahlreiche Höhlen mit Malereien und Zeichnungen, in den Fels oder in Lehm geritzt oder mit Kohle oder Ocker gezeichnet. Und dazwischen sind immer wieder Hände, auf den Fels aufgelegt und mit Ocker umblasen. Dargestellt sind vor allem Tiere, meist Jagdtiere, aber auch Jagdkonkurrenten. So finden sich Mammut und Nashorn, Wisent, Rentier, Ziegen und Steinböcke und immer wieder Pferde! Es gibt einen Hinweis darauf, dass die Menschen damals sogar schon mit der Zähmung von Pferden begonnen haben könnten.Vereinzelt finden sich im Inland auch Darstellungen von Seefischen, wohl ein Verweis auf jahreszeitliche Wanderungen der Menschen. Im sog. „Schwarzen Salon“ einer Höhle in Niaux, Ariege in Frankreich, befinden sich in einem einzigen Höhlenraum über Hundert teils meisterhafte Tierdarstellungen, einzeln und in Gruppen. Darstellungen von Menschen oder menschenähnliche Gestalten hingegen sind selten; häufig trifft man dagegen abstrakte Zeichen an, Punktfolgen und –reihen wie auch geometrische Figuren. Stellen sie Vorläufer eines Schriftsystems dar? Lit. 4.1
Haupteinwanderung nach Amerika: die Clovis-Jäger
Mit der Absenkung des Meeresspiegels als Folge der zunehmenden Kälte entstand zwischen 25 000 und 20 000 v.h. an der Beringstraße wieder eine Verbindung zwischen Ostsibirien und Alaska, deren Breite immer mehr zunahm. Ein riesiges Tor von Eurasien nach Amerika war nun über viele Jahrtausende offen; allerdings standen zunächst keine Tiere und Menschen davor, um es zu passieren, denn die Kälte hatte sie in südlichere Regionen zurückgedrängt. Mit der plötzlichen Erwärmung im Boelling-Interstadial jedoch änderte sich die Szene schlagartig: der sibirische Nordosten füllte sich schnell mit Jagdtieren und mit Menschen, die ihnen auf der Fährte folgten. Zahlreiche Menschen, „Clovis-Jäger“ genannt, konnten so auch die breite Landbrücke nach Alaska überqueren. Ihre frühen Spuren finden sich in Alaska schon gegen 15 000 v.h. und die amerikanische Urbevölkerung ist in erster Linie von dieser Haupteinwanderwelle geprägt. Ihre Waffen – fein behauene Speerspitzen mit einem Alter von mindestens 11 000 Jahren – hat man erstmals in der Ortschaft Clovis in New Mexico entdeckt. Mittlerweile kennt man jedoch in Nordamerika zahlreiche weitere