Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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durch Blitzschlag im Jahre 1833 restauriert worden ist.

      Oberhalb des Doms erhebt sich auf 85 m hohem Felsen über der Donau als imposantes Wahrzeichen die viertürmige Burg, deren Geschichte bis ins 10. Jh. zurückreicht; sie entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem ansehnlichen Schloss; die Kaiserin Maria Theresia, auch Königin von Ungarn und Böhmen, erhob es 1740 zur Residenz und ließ die letzten großen Umgestaltungen vornehmen. Nach ihrem Tod im Jahr 1780 büßte das Schloss seine Bedeutung ein und nach dem Großbrand von 1811 verkam es völlig. Erst 1953 begann man mit der Renovierung, jetzt wirkt es mit seinen vier trutzigen Ecktürmen und der hohen umlaufenden Mauer eher wie eine mächtige Festung und ist heute Sitz des Slowakischen Nationalrats.

      Nach der Fahrt über die Donau auf einer der vier unterschiedlich gestalteten Brücken der Stadt ging unsere kurze, aber sehr schöne und informative Stippvisite in der Tschechoslowakei ihrem Ende entgegen, da wir schon nach wenigen Kilometern die Grenze nach

      - UNGARN -

      erreichten. Ein kurzes Überprüfen unserer Pässe, und wir durften passieren. Über gemütliche kleine Dörfer führte uns die Straße teilweise an einem stark gewundenen Nebenarm der Donau entlang. In dem ersten größeren Ort, Györ (Raab), kaum zu glauben, dass er das drittgrößte Industriezentrum Ungarns sein soll, erkundeten wir kreuz und quer, soweit möglich in den engen Gassen, die sehenswerte Altstadt. Neben Plätzen in reinem Barock gibt es zahllose winklige Gassen, ein anheimelndes Labyrinth alter Durchlasshäuser, viel Wasser, daher auch Stadt der Flüsse genannt, da die Rába (Raab), die Rábca und ein Nebenarm der Donau hier zusammenfließen.

      Auf dem in der NW-Ecke der Altstadt am Flussufer aufragenden Berg, dem Káptalandomb (Domkapitelhügel), hatten schon die Römer Befestigungen angelegt. Dort erheben sich nun sehr imposant die einst romanische Kathedrale, die später gotische und barocke Zutaten bekam, die Fassade ist neoklassizistisches 19. Jh., außerdem ein viergeschossiger Wohnturm aus dem 13. Jh. und die mächtige Bischofsburg, die im 16. Jh. entstand, die Residenz des tausend Jahre alten Györer Bistums.

      Herausragend der weite, sehr schön angelegte Platz Városháza, der von dem lang gestreckten imposanten neobarocken Rathaus mit Glockenturm dominiert wird. Das Zentrum der Stadt markiert der Széchenyi tér mit der Säule der Heiligen Jungfrau in seiner Mitte und der barocken St.Ignatius-Kirche (Jesuitenkirche), die Mitte des 17. Jh. nach römischem Vorbild erbaut wurde

      Schon nach kurzer Weiterfahrt an dem Nebenarm entlang erreichten wir mit dem Zusammenfluss wieder die Donau, die uns dann eine ganze Weile begleitete. Am späten Nachmittag fanden wir etwas abseits in

      - Tata -

      einem hübschen Örtchen, auf dem Parkplatz eines direkt an einem kleinen romantischen See gelegenen einladenden Restaurants die ideale Bleibe für die Nacht. Unser Abendessen an einem der leuchtend rot-weiß kariert eingedeckten Tische im kiesbestreuten Garten unmittelbar am Seeufer dehnte sich bis weit in die laue sternklare Sommernacht aus, da sich schon nach kurzer Zeit ein sehr nettes Ehepaar mittleren Alters aus Ostdeutschland mit zwei kleinen Töchtern, von einem nahen Campingplatz kommend, zu uns gesellten. Es ergab sich wieder eine sehr angeregte Unterhaltung. Auf ihre Empfehlung hin genossen wir zusammen mit ihnen zunächst die gleiche Vorspeise, Toast mit Butter und reichlicher Menge köstlichen Kaviars zu wirklich zivilen Preisen. Durch den gemeinsamen Genuss wohlschmeckenden ungarischen Weins, die Töchter natürlich ausgenommen, wurde der Abend immer lustiger, eine dreiköpfige feurig fidelnde Zigeunerkapelle, die in Ungarn natürlich nicht fehlen darf, trug ebenso zu steigender Stimmung bei. Hoch oben die blinkenden Sterne und ein leuchtender Mond, was will man mehr! Fröhlich trennten wir uns erst weit nach Mitternacht, nicht ohne dass die gesamte Familie auf ihren Wunsch hin noch einen Blick in unser Mobi geworfen hatte, solch ein Gefährt stand ganz oben auf ihrer Wunschliste.

      Bei abermals herrlichem Sommerwetter, wie sollte es auch anders sein, wenn Engel reisen (o weh!), brachen wir am Mittwochmorgen frohgemut auf und machten, bevor wir an die schöne Donau zurückkehrten, einen kleinen Schlenker an den größeren See nahe des Städtchens, wegen seiner es umgebenden Gewässer und der über 100 Quellen übrigens auch Stadt des Wassers genannt, um die sich am romantischen Ufer des Öreg-tó als sehr schönes Motiv darbietende einzige erhaltene Wasserburg aus dem 14. Jh. aufs Foto zu bannen, ursprünglich königlicher Sommerpalast, später Jagdschloss.

      Danach setzten wir unsere Fahrt, immer dem Verlauf der Donau folgend, fort, mit Unterbrechung in Esztergom, früher Hauptstadt von Ungarn, im Mittelalter drei Jahrhunderte lang königliche Residenz und damit Regierungszentrum und seit über tausend Jahren der Sitz des ersten Erzbischofs (Primas) in Ungarn. Schon von weitem grüßt vom Burgberg über der Donau die hoch aufragende imposante Basilika, Ungarns größter Kirchenbau, entstanden im 19. Jahrhundert als Abbild des römischen Petersdoms an Stelle einer 1010 von Stephan I. gegründeten romanischen Domkirche, die im 16. Jh. von den Türken schwer beschädigt wurde.

      Natürlich wollten wir uns dieses Kleinod aus der Nähe ansehen; am Ende einer gepflegten Parkanlage erhebt sich sehr eindrucksvoll der klassizistische Monumentalbau mit seinen hohen schlanken Säulen und der 72 m emporragenden Kuppel, die durch einen sie umgebenden Säulenring wie ein Rundtempel erscheint.

      Dank Parkplatz direkt vor dem Portal konnten wir auch das prachtvolle Innere bewundern; über dem Hauptaltar befindet sich das weltweit größte Altarbild, eine Kopie von Tizians Mariä Himmelfahrt. Der schönste Teil der Basilika ist die 1506 als Grabkapelle für den Kardinal Thomas Bakócz erbaute, nach ihm benannte Kapelle aus rotem Marmor, deren Schatzkammer prächtige Kirchenschätze birgt; sie hatte als Einzige die Wechselfälle der Geschichte überstanden und wurde in den Südflügel der neuen Basilika integriert.

      Höchst beeindruckt ging es weiter über gemütliche kleine blitzsaubere Städtchen, am schönsten Szentendre, in dessen schmalen gewundenen Gassen sich noch viele gut erhaltene Bauten aus Barock und Rokoko mit den typischen verschnörkelten Verzierungen aneinander reihen. Von dort waren es nur noch wenige Kilometer bis

      - Budapest -

      die Hauptstadt Ungarns, die „Perle der Donau“, wohl eine der ältesten und charmantesten Metropolen der Welt. Die Donau fließt auf 28 km Länge durch die Stadt und teilt sie in das am hügeligen Westufer liegende Buda (früher Ofen genannt) mit seinen zahlreichen historischen Bauten und das sich am flachen Ostufer ausbreitende Geschäfts- und Wirtschaftszentrum Pest, Teil der großen ungarischen Tiefebene. Erst 1873 wurden die beiden, inzwischen durch neun große Brücken miteinander verbundenen, bis dahin selbständigen Städte vereinigt. Die schweren Schäden des Zweiten Weltkriegs hat man durch sorgsame Restaurierung behoben.

      Davon konnten wir uns auf unserer ausgedehnten Sightseeingtour zur Genüge überzeugen. Zunächst widmeten wir uns dem romantischeren Teil, dem am rechten Ufer bis auf 500 m ansteigenden, von Mauern umgebenen mittelalterlichen Buda. Auf leicht gewundener Straße erklommen wir den Burgberg, durchzogen von einem Gewirr verwinkelter Gassen, dem historischen Burgviertel, geprägt von malerischen Häusern, an eine mittelalterliche Stadt erinnernd, 1987 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.

      Den gesamten Südteil des Hügels nimmt der gewaltige Burgpalast (Schloss) ein, eines der Wahrzeichen der Stadt, angeblich das größte Gebäude Ungarns, dessen ganze Mächtigkeit ich bereits bei unserer Anfahrt vom anderen Ufer aus aufs Foto