K.P. Hand

Das Gold der Felder


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machten und auf dem strammen Soldatenkörper auf Wanderschaft gingen. Er verfolgte den Lauf des klaren Wassers, das durch jede Körperrille floss, und spürte, wie sein Herz raste wie das eines Kaninchens, das aus der Ferne einen Fuchs beobachtete, der seine Beute noch nicht gewittert hatte. Er wusste nicht, woher die seltsame Hitze in seinem Körper kam, aber je mehr sie sich ausbreitete, je größer wuchs in ihm der Wunsch, Brix` nackten Körper statt mit den Augen, mit seinen Händen sehen zu können. Wie ein Blinder, der eine der dekadenten und sündhaft schönen Männerstatuen aus dem alten Rom ertastete.

      Hinter einem der Bäume verborgen, blieb Gérards stehen und linste verstohlen um den Stamm herum, wie ein Junge, der in eine verbotene Stube hineinsah. Brix stand schräg zu ihm, sodass Gérard seinen wohlgeformten Hintern und seinen muskulösen Rücken, aber auch sein Profil sehen konnte, das selten so entspannte wirkte wie an jenem Morgen als er sich unbeobachtet glaubte. Das Bein mit der Narbe war angewinkelt, sodass sein saftiger Schenkel den Blick auf die Lenden verbarg.

      Es wäre gar nichts Ungewöhnliches dabei gewesen, wäre Gérard einfach ins Wasser gegangen um sich ebenfalls zu waschen, sie badeten ständig alle zusammen im Bach und niemand störte sich an der Nacktheit der anderen, doch es gehörte sich ganz sicher nicht, heimlich den Capitaine zu beobachten, ohne überhaupt die Absicht zu haben, sich zu zeigen.

      Aber Gérard konnte einfach nicht anders, obwohl ihm bewusst war, dass er etwas Falsches tat. Etwas Verbotenes, das köstlich süß schmeckte, wie ein Löffel Honig, der auf der Zunge zergeht.

      In seinem Magen staute sich ein seltsames Gemisch aus einer Art Hungergefühl und Ärgernis, etwas an Brix ließ ihm zugleich das Wasser im Mund zusammenlaufen und glutroten Zorn empfinden. Womöglich hatte beides miteinander zu tun, wobei er sich immer noch nicht erklären konnte, was dies zu bedeuten hatte.

      Gérard schluckte, seine Kehle war wie ausgedörrt, während er gebannt die kräftigen Hände beobachtete, die sanft die leichten Erhebungen der Muskeln mit klarem Wasser wuschen. Es schien kalt zu sein, denn die winzigen Brustwarzen hatten sich zu zwei harten Knöpfen zusammengezogen, und über den gesamten Körper legte sich eine deutlich sichtbare Gänsehaut.

      Brix fuhr sich gemächlich über die ausgeprägten Brustmuskeln, und Gérard verfolgte die Berührungen, als wären es seine eigenen. Immer tiefer glitten diese starken Hände, die Gerüchten zu Folge ein Schwert wie einen verlängerten Arm führen konnten. Über die sanften Hügel der Bauchmuskeln, zu dem weichen, behaarten V darunter und schließlich …

      Gérard bemerkte gar nicht, wie er sich streckte, um einen Blick auf jene verborgene und verbotene Körperregion erhaschen zu können. Und tatsächlich, als sich der Capitaine zwischen den Beinen wusch, konnte Gérard seine Männlichkeit entdecken, die Brix mit gleicher Hingabe führte wie sein Schwert.

      Die Sonne glitzerte in Gérards verträumten Blick, seine blassrosafarbenen Lippen öffneten sich um Atem zu holen, ohne dass er irgendetwas davon mitbekam. Brix` Männlichkeit schwoll in seinen massierenden Händen an, während in Gérards Hose nur durch den Anblick bereits ein Zelt wuchs.

      Begierde erstickte Gérard, und da begriff er, was ihn von Beginn an so verärgert hatte. Brix war herablassend, selbstsicher, unnahbar, und dennoch beliebt bei seiner Kompanie … er war ein wahres Mannsbild, wunderschön, faszinierend und absolut unerreichbar.

      Un-er-reich-bar. Das Wort ließ mit jeder Silbe Beklommenheit in Form von trüben Nebel aufkommen.

      Ein Vogel stob plötzlich ausgerechnet direkt über Gérards Kopf aus dem Blätterdach, durchbrach mit einem Schrei die morgendliche Stille und erschrak damit den nichtsahnenden, badenden Brix.

      Gérard zog erschrocken den Atem ein und versteckte sich hinter dem Stamm. Für einen Augenblick hatte er geglaubt, der Capitaine hätte ihn vielleicht gesehen. In der darauffolgenden Stille vergingen die Momente wie viele aneinandergereihte Ewigkeiten. Gérards Herzschlag wurde immer schneller, sodass ihm sein Blut in den Ohren rauschte und er angestrengt ruhig atmete, damit er nicht vor Aufregung keuchte.

      Der Bach plätscherte, als Brix ihm entstieg, Gras raschelte leise, als er sich vom Ufer entfernte.

      Gérard linste um den Baumstamm herum und stellte erleichtert fest, dass der Capitaine den Bach verließ und sich in Richtung Lager aufmachte. Seine einfachen Unterkleider trug er wieder am Leib, die von seiner feuchten Haut leicht durchsehbar wurden.

      Gérard blickte ihm kurz nach. Er lehnte den Kopf an die raue Rinde und schloss verhalten fluchend seine dunkelblauen, großen Augen.

      Sein Herz wollte sich nicht beruhigen, doch es schlug keineswegs so hoch, weil er beinahe beim Linsen erwischt worden wäre, sondern weil er den Anblick des nackten Körpers nicht wieder vergessen konnte.

      Von diesem Tag an ging er jeden Morgen runter zum Bach. Und jeden Morgen war Brix dort, während Gérard sich hinter einem Baum versteckte und ihn beobachtete. Nachts träumte er dann von dem Anblick.

      Er schämte sich nur in den ersten Tagen für sein Verhalten, doch das Gefühl der Scham nahm schnell ab, je heller seine Sehnsucht brannte.

      ***

      »Sergent!«

      Gérard zuckte ungewollt schuldbewusst zusammen, als Brix` dunkle Stimme nach ihm rief.

      Eben war er noch ganz vertieft in seine Erinnerungen an das Gesehene von jenem Morgen gewesen, während er nach dem Training die Übungsschwerter der Kompanie in die Ständer stellte, da wurde er brüsk aus seiner Träumerei gerissen. Und zwar ausgerecht von dem Grund seiner Verträumtheit.

      Er schluckte trocken und drehte sich dann strammstehend zu seinem Vorgesetzten um. »Capitaine!«

      Brix kam auf ihn zu, er trug ausnahmsweise lange Lederhosen, seine Schwertscheide hing sogar am Gürtel, das Gewicht des Panzerbrechers zog das Leder auf einer Seite ein Stück nach unten. Nur das lockere Hemd, dessen Schnürung offenstand, zeugte von seiner leicht arroganten Nachlässigkeit.

      Allerdings war es an jenem Sonnentag besonders heiß dort am Fuße des Pic du Canigou, also sei ihm verziehen.

      Zumal er einen deutlichen Blick auf seine muskulöse Brust gewährte.

      Ihm sei mehr als verziehen.

      Erstaunlich, wie schnell Gérard in Anbetracht dieses Mannes seine strenge Ausbildung und seine Disziplin verwerfen konnte …

      Brix hielt einen Bericht in den Händen und sprach mit Gérard, doch dieser konnte ihm nicht für einen Augenblick lang zuhören.

      Gérard war ihm in den letzten Tagen aus gutem Grund aus dem Weg gegangen und hatte nur das Notwendigste mit ihm besprochen, bestmöglich ohne ihm dabei in die Augen sehen zu müssen. Eine irrationale Furcht davor, Brix könnte ihm ansehen, dass er ihm beim Baden beobachtete, sorgte dafür, dass Gérard ihm kaum mehr ohne rot zu werden gegenübertreten konnte.

      Oder ohne ihn mit einem verhangenen, ganz verträumten Blick anzustarren.

      Gérard konnte nicht verhindern, dass seine dunkelblauen Augen an Brix hinab glitten und an der Ausbuchtung der Lederhose haften blieben.

      So nahe und doch so fern …

      Er wusste, was die Beule beinhaltete, selbst wenn er es immer nur vom Weiten sah, er wusste es. Kannte bereits die leicht gebogene Form, die Länge, die nicht in eine Hand passte, die blass pflaumenfarbige Spitze, die einem Speer glich, die lose Haut, die sacht auf und ab geschoben wurde …

      »Sergent!« Brix` strenge Stimme ließ Gérard umgehend aufblicken. »Habt Ihr verstanden?«

      »Ja, Capitaine«, versicherte er, obwohl er gar nicht zugehört hatte. Aber er kannte seine Arbeit innerhalb der Kompanie mittlerweile auswendig. Er wusste, was von ihm erwartet wurde, weshalb er sich kaum einen Kopf darum machte. Er sorgte für Ordnung, die schon geherrscht hatte, bevor er eingetroffen war, und er war der Laufbursche des Capitaine. Das war nicht schwer, sich zu merken, und er führte seine Aufgaben immer hervorragend und vorbildlich aus.

      Sofern ihn nicht gerade Brix` Anwesenheit in einen verträumten Knaben verwandelte,